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Es ist schwierig, sich 33 000 Vögel in einem Raum vorzustellen. Man muss es nicht selbst gesehen haben, man muss nicht mal rechnen, um zu verstehen, dass das ganz schön eng ist. Das National Chicken Council legt in seinen Tierschutzrichtlinien eine Fläche von 0,074 Quadratmetern (ca. 27 x27 Zentimetern) pro Vogel als angemessenen Platz fest. Das ist das, was von einer Mainstream-Organisation, die die Hühnerfarmer vertritt, für artgerecht gehalten wird. Es zeigt, wie willkürlich die Vorstellungen von Tierschutz geworden sind – und warum man Labels nicht vertrauen kann, die nicht aus einer unabhängigen Quelle stammen.

Bleiben wir kurz bei diesem Thema. Auch wenn viele Tiere auf deutlich weniger Platz leben, gehen wir einmal von den vollen 0,074 Quadratmetern aus. Stellen Sie sich das einmal vor. (Es ist unwahrscheinlich, dass Sie je persönlich in eine Geflügelfarm schauen werden, aber im Internet gibt es reichlich Bilder.) Nehmen Sie sich ein DIN – A4-Blatt Papier und stellen Sie sich einen ausgewachsenen Vogel in der Form eines Fußballs mit Beinen darauf vor. Und dann stellen Sie sich 33 000 dieser Rechtecke nebeneinander vor. (Masthühner werden nie in Käfigen gehalten und auch nicht in mehreren Stockwerken übereinander.) Dann umgeben Sie das Ganze mit fensterlosen Wänden und einem Dach. Dazu kommen Systeme für automatische Futterzuführung (mitsamt Medikamenten), Wasser, Heizung und Belüftung. Das ist eine Farm.

Und jetzt zu der Landwirtschaft, die dort betrieben wird.

Zuerst suchen Sie sich ein Huhn, das so schnell wie möglich wächst, bei so wenig wie möglich Futter. Muskeln und Fettgewebe der neu gezüchteten Masthühner wachsen deutlich schneller als ihr Skelett, was zu Deformitäten und Krankheiten führt. Zwischen einem und vier Prozent der Hühner werden in konvulsivischen Zuckungen am Sudden Death Syndrome sterben, einem Leiden, das außerhalb der Massentierhaltung praktisch nicht vorkommt. Ein weiteres Leiden, das nur bei Intensivhaltung auftritt, bei dem die Bauchhöhle sich mit Flüssigkeit füllt, tötet noch mehr Tiere (weltweit fünf Prozent der Vögel). Drei von vier Tieren haben Schwierigkeiten beim Gehen, und der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass sie chronische Schmerzen haben. Eines von vieren wird so schlecht laufen können, dass es außer Frage steht, dass es Schmerzen hat.

Lassen Sie für Ihre Masthühnchen in ungefähr den ersten sieben Tagen ihres Lebens das Licht 24 Stunden am Tag an. Dann fressen sie mehr. Danach machen Sie gelegentlich das Licht aus, sodass sie am Tag vielleicht vier Stunden Dunkelheit haben – gerade genug Schlaf, um nicht zu sterben. Natürlich werden Hühner verrückt, wenn sie lange unter diesen unnatürlichen Bedingungen leben müssen – das Licht, die Überfüllung, das Gewicht ihrer grotesken Körper. Normalerweise werden Masthühner schon am 42. Tag ihres Lebens geschlachtet (oder zunehmend schon am 39.), da haben sie wenigstens noch keine sozialen Hierarchien aufgebaut, derentwegen sie kämpfen müssten.

Es liegt auf der Hand, dass es nicht besonders gesund sein kann, deformierte, mit Medikamenten abgefüllte, gestresste Vögel in einem schmutzigen Raum voller Kot zusammenzupferchen. Abgesehen von Deformitäten sind Augenschäden, Blindheit, bakterielle Knocheninfektionen, Wirbelverschiebungen, Lähmungen, innere Blutungen, Anämie, Sehnenschäden, verkrümmte Unterschenkel und Hälse, Erkrankungen der Atemwege und schwache Immunsysteme häufige und seit Langem bestehende Probleme in der Massentierhaltung. Wissenschaftliche Studien und amerikanische Regierungsberichte lassen darauf schließen, dass praktisch alle Hühner (mehr als 95 Prozent) mit E. coli infiziert werden (ein Indikator für fäkale Verunreinigungen) und zwischen 39 und 75 Prozent der Hühner im Supermarkt es immer noch sind. Etwa acht Prozent der Vögel haben Salmonellen (vor einigen Jahren war es noch jeder vierte, und auf manchen Farmen ist das immer noch so). 70 bis 90 Prozent sind mit einem anderen potenziell tödlichen Krankheitserreger verseucht, Campylobacter. Normalerweise werden Schleim, Geruch und Bakterien durch Chlorbäder entfernt.

Natürlich könnte der Verbraucher merken, dass sein Huhn nicht richtig schmeckt – wie gut kann ein mit Medikamenten vollgestopftes, von Krankheiten geplagtes, mit Fäkalien verschmutztes Tier schmecken? –, deshalb kriegen die Vögel eine Injektion mit »Bouillon« oder Salzlösungen (oder werden sonst wie damit aufgepumpt), damit sie das bekommen, was wir für Aussehen, Geruch und Geschmack von Hühnchen halten. (Eine kürzlich erstellte Untersuchung des Consumer Reports hat herausgefunden, dass Hühnchen-und Putenprodukte, von denen viele als naturbelassen gekennzeichnet waren, »mit 10 bis 30 Prozent ihres Gewichts an Bouillon, Geschmacksstoffen oder Wasser aufgepumpt waren«.)

Das war das Leben der Tiere, kommen wir nun zur »Verarbeitung«.

Als Erstes brauchen Sie Arbeiter, die die Vögel in Kisten stecken und dann dafür sorgen, dass die lebenden, ganzen Vögel zu in Plastik verpackten Teilen werden. Wahrscheinlich müssen Sie permanent Arbeiter suchen, denn die jährliche Fluktuation liegt normalerweise bei über 100 Prozent. (Die Interviews, die ich geführt habe, lassen einen Personalwechsel von etwa 150 Prozent vermuten.) Oft werden illegale Ausländer bevorzugt, aber es werden auch gern mittellose Neueinwanderer genommen, die kein Englisch sprechen. Nach internationalen Menschenrechtsstandards verstoßen die üblichen Arbeitsbedingungen in amerikanischen Schlachthöfen gegen die Menschenrechte; aber für Sie sind die Arbeiter vor allem ein entscheidender Faktor, um billiges Fleisch zu produzieren und die Welt zu ernähren. Bezahlen Sie Ihren Arbeitern den Mindestlohn oder wenigstens annähernd, damit sie die Vögel packen – fünf in jeder Hand, an den Beinen, mit dem Kopf nach unten – und sie in die Transportkisten stopfen.

Wenn Ihr Unternehmen im vorgesehenen Tempo läuft – laut verschiedener Hühnerstopfer, mit denen ich gesprochen habe, wird erwartet, dass ein Arbeiter in dreieinhalb Minuten 105 Hühner in Kisten stopft –, dann werden die Hühner entsprechend unsanft angepackt, und die Arbeiter spüren regelmäßig Hühnerknochen in ihren Händen brechen. (Ungefähr 30 Prozent aller lebenden Hühner, die im Schlachthaus ankommen, haben aufgrund ihrer Frankenstein-Genetik und der ruppigen Behandlung frische Knochenbrüche.) Kein Gesetz schützt diese Vögel, aber es gibt durchaus Gesetze, wie man Arbeiter zu behandeln hat, und diese Art Arbeit verursacht mehrere Tage anhaltende Schmerzen. Also stellen Sie besser Leute ein, die sich nicht beschweren können – Leute wie »Maria«, eine Angestellte eines der größten Hühnerverarbeiter in Kalifornien, mit der ich einen Nachmittag verbracht habe. Nach mehr als 40 Jahren Arbeit und fünf Operationen wegen Arbeitsunfällen kann Maria ihre Hände nicht mal mehr so benutzen, dass sie den Abwasch machen könnte. Sie hat so schlimme chronische Schmerzen, dass sie die Abende damit verbringt, ihre Arme in Eiswasser zu baden, und oft nicht ohne Tabletten einschlafen kann. Sie bekommt acht Dollar die Stunde und hat mich aus Angst vor Sanktionen gebeten, ihren Namen nicht zu nennen.

Laden Sie die Kisten auf Lastwagen. Ignorieren Sie extreme Witterungsbedingungen und geben Sie den Tieren weder Futter noch Wasser, auch wenn der Schlachthof Hunderte von Meilen entfernt ist. Wenn Sie dort ankommen, brauchen Sie weitere Arbeiter, die die Vögel kopfunter mit den Füßen in Metallschlingen an einem automatischen Förderband aufhängen. Weitere Knochen brechen. Oft sind die Schreie der Vögel und ihr Geflatter so laut, dass man den Arbeiter neben sich an der Schlachtstraße nicht mehr versteht. Oft koten die Tiere vor Angst und Schmerzen.

Das Förderband zieht die Tiere durch ein elektrisch geladenes Wasserbad. Dadurch werden sie höchstwahrscheinlich betäubt, es macht sie aber nicht gefühllos. In anderen Ländern, unter anderem in vielen europäischen, müssen die Hühner (zumindest dem Gesetz nach) bewusstlos oder tot sein, bevor sie entbluten und gebrüht werden. In Amerika, wo das Gesetz über humane Schlachtmethoden laut Agrarministerium für Geflügel nicht gilt, wird die elektrische Spannung niedrig gehalten – sie beträgt ungefähr ein Zehntel dessen, was die Tiere bewusstlos machen würde. Nachdem sie durch dieses Bad gezogen wurden, werden sich die Augen eines paralysierten Huhns immer noch bewegen. Manchmal werden die Vögel ihren Körper noch so weit unter Kontrolle haben, dass sie langsam den Schnabel öffnen, als wollten sie schreien.