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unerträglich machen, wahrscheinlicher jedoch die Gesundheit seiner Familie gefährden; nein, sie steht schlicht im Gegensatz zu allem, wofür Paul sein ganzes Leben gearbeitet hat.

»Die einzigen Menschen, die für solche Fabriken sind, sind die Besitzer«, sagte Paul. Phyllis führte den Gedanken weiter: »Die Leute hassen diese Farmer. Wie muss sich das anfühlen, wenn man einen Job hat, für den die Menschen einen hassen?«

In dieser Küche offenbarte sich in diesem Augenblick das schleichende Drama agroindustriellen Wachstums. Aber es offenbarte sich auch Widerstand, am spürbarsten durch Paul selbst verkörpert. (Auch Phyllis hat sich aktiv an regionalen politischen Auseinandersetzungen beteiligt, bei denen die Macht und Allgegenwart der Massenschweinehaltung in Iowa eingeschränkt werden sollte.) Die Worte, die ich gerade niederschreibe, sind natürlich auch von diesem Augenblick geprägt. Wenn diese Geschichte Sie in irgendeiner Weise berührt, dann wird das Drama agroindustriellen Wachstums vielleicht dazu beitragen, den Widerstand zu wecken, der das Wachstum beendet.

3.

Viele Haufen Scheiße

DIE SZENE IN DER KÜCHE der Familie Willis hat sich schon viele Male abgespielt. Gemeinden auf der ganzen Welt haben gegen die Umweltverschmutzung und den Gestank der Massentierhaltungsbetriebe gekämpft, vor allem der riesigen Schweinefabriken.

Die erfolgreichsten Gerichtsprozesse gegen Schweinegroßbetriebe in den Vereinigten Staaten nahmen deren unfassbare Umweltbilanz ins Visier. (Wenn man von Umweltbelastung durch Tierhaltung spricht, meint man meist genau das.) Das Problem ist recht einfach beschrieben: ungeheure Mengen Scheiße. So viel und so schlecht kontrolliert, dass sie einfach in Flüsse, Seen, Meere sickern – die Tierwelt gefährden und Luft, Land und Wasser so sehr verschmutzen, dass die menschliche Gesundheit Schaden nimmt.

Ein typischer amerikanischer Schweinemastbetrieb produziert derzeit 3,3 Millionen Kilogramm Dung im Jahr, ein durchschnittlicher Hühnermastbetrieb etwa drei Millionen Kilo, eine gewöhnliche Mastanlage für Rinder 156 Millionen Kilo. Das Government Accounting Office (GAO, Untersuchungsbehörde des amerikanischen Kongresses) hat berichtet, dass einzelne Betriebe »mehr Fäkalien erzeugen als die Bevölkerung einiger amerikanischer Großstädte«. Insgesamt produzieren Nutztiere in den Vereinigten Staaten das 130-Fache der Fäkalien der gesamten Bevölkerung – ungefähr 40 000 Kilo Scheiße pro Sekunde. Das Verschmutzungspotenzial dieser Masse ist 160-mal so hoch wie das von städtischem Abwasser. Trotzdem gibt es bei der Nutztierhaltung fast keine Abwasserinfrastruktur – natürlich keine Toiletten, aber auch keine Abwasserrohre, Aufbereitungsanlagen und so gut wie keine behördlichen Richtlinien. (Der GAO – Bericht stellt fest, dass keine einzige Bundesbehörde verlässliche Daten über Betriebe mit Massentierhaltung erhebt oder überhaupt nur weiß, wie viele legale Massentierhaltungsbetriebe es landesweit gibt, und dass sich daher auch keine »sinnvollen Richtlinien« entwickeln lassen.) Was also geschieht mit der Scheiße? Ich werde mich hier auf die Scheiße von Smithfield, dem größten amerikanischen Schweinefleischproduzenten, konzentrieren.

Smithfield allein tötet pro Jahr mehr Schweine, als Menschen in New York City, Los Angeles, Chicago, Houston, Phoenix, Philadelphia, San Antonio, San Diego, Dallas, San Jose, Detroit, Jacksonville, Indianapolis, San Francisco, Columbus, Austin, Fort Worth und Memphis zusammengenommen leben – etwa 31 Millionen Tiere. Nach konservativen Berechnungen des Umweltschutzamtes EPA produziert ein Schwein zwei-bis viermal so viel Fäkalien wie ein Mensch; im Falle Smithfield heißt das ungefähr 127 Kilo Scheiße für jeden US – Bürger. Und das wiederum bedeutet, dass Smithfield allein – ein einziges Unternehmen – mindestens so viele Fäkalien ausscheidet wie die gesamte Bevölkerung der Bundesstaaten Kalifornien und Texas.

Stellen Sie sich das einmal vor. Stellen Sie sich vor: Anstelle der ungeheuren Abwasserinfrastruktur, die wir in jeder modernen Stadt für selbstverständlich halten, gäbe es bloß eine riesige Grube unter freiem Himmel, in die jeder Mann, jede Frau, jedes Kind in Kalifornien und Texas einen Tag lang pinkeln und kacken würden. Und stellen Sie sich jetzt vor, das würden sie nicht bloß einen Tag lang tun, sondern das ganze Jahr, für immer und ewig. Um zu begreifen, was es bedeutet, die Umwelt mit einer solchen Menge Scheiße zu belasten, muss man zunächst mal wissen, was alles darin steckt. In seinem großartigen Artikel über Smithfield für den Rolling Stone, »Boss Hog«, stellt Jeff Tietz eine hilfreiche Liste über den ganzen Mist zusammen, den man im Schweinemist aus Massentierhaltung findet: »Ammoniak, Methan, Schwefelwasserstoff, Kohlenmonoxid, Zyanid, Phosphor, Nitrate und Schwermetalle. Dazu gedeihen darin mehr als 100 verschiedene mikrobielle Erreger menschlicher Krankheiten, darunter Salmonellen, Kryptosporidien, Streptokokken und Giardien« (weshalb Kinder, die auf einem typischen Schweinemastbetrieb aufwachsen, zu über 50 Prozent an Asthma leiden, und Kinder, die in der Nähe eines solchen Betriebes aufwachsen, immer noch doppelt so häufig Asthma bekommen als Kinder anderswo). Und die Scheiße ist auch nicht einfach nur Scheiße, sondern alles, was durch die Bodenschlitze der Käfigställe passt. Dazu gehören (und diese Liste ist noch unvollständig) tot geborene Ferkel, Nachgeburten, verendete Ferkel, Erbrochenes, Blut, Urin, Spritzen zur Verabreichung von Antibiotika, Scherben von Insektizidflaschen, Haare, Eiter, sogar Körperteile.

Die Schweineindustrie erweckt gern den Eindruck, dass die umliegenden Äcker die Giftstoffe im Schweinemist absorbieren können, aber wir wissen, dass dem nicht so ist. Der Überlauf sickert in Bäche und Flüsse, giftige Gase wie Ammoniak und Schwefelwasserstoff entweichen ungehindert in die Luft. Wenn die fußballplatzgroßen Güllegruben überlaufen, sprüht Smithfield, ebenso wie andere Unternehmen der Agrarindustrie, den Flüssigdünger auf die umliegenden Felder. Manchmal sprühen sie ihn auch einfach nur senkrecht in die Luft, ein Geysir aus Scheiße, der einen feinen Fäkaliennebel verbreitet, wobei Faulgase frei werden, die Hirnschädigungen hervorrufen können. In den Gemeinden in der Nähe großer Schweinefarmen leiden die Menschen unter ständigem Nasenbluten, Ohrenschmerzen, chronischer Diarrhö und brennenden Entzündungen der Atemwege. Und selbst wenn es Bürgern einmal gelungen ist, Gesetze auf den Weg zu bringen, die solche Praktiken einschränken sollen, sorgt der gewaltige Einfluss der Agrarindustrie auf alle Regierungsebenen meist dafür, dass diese Verordnungen für nicht zulässig erklärt oder ignoriert werden.

Smithfields Bilanzen sehen beeindruckend aus – im Jahr 2007 setzte das Unternehmen zwölf Milliarden Dollar um –, bis man sich klarmacht, wie viele externe Kosten produziert werden: die Umweltverschmutzung durch die Gülle natürlich, aber auch die Krankheiten, die dadurch verursacht werden, und den damit einhergehenden Wertverlust von Grundstücken (um nur die offensichtlichsten externen Kosten zu nennen). Würde Smithfield diese und andere Belastungen nicht der Allgemeinheit aufbürden, könnte das Unternehmen nicht so billiges Fleisch produzieren, ohne pleitezugehen. Wie bei jeder Massentierhaltung wird bei Smithfield die Illusion der Ertragskraft und »Effizienz« nur durch ein ungeheures Ausmaß an Raubbau und Diebstahl aufrechterhalten.

Ein Schritt zurück: Scheiße an sich ist nicht böse. Lange Zeit war sie der Freund des Farmers, düngte seine Felder, auf denen er Futter für die Tiere wachsen ließ, deren Fleisch Menschen ernährte und deren Dung ebenfalls aufs Feld wanderte. Die Gülle