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Unter meinen Freunden und Bekannten sind eine Menge Veganer, von denen einige mit PETA oder Farm Sanctuary zu tun haben. Viele von denen glauben, die Menschheit würde das Problem Massentierhaltung letztlich dadurch lösen, dass die Leute aufhören, Fleisch zu essen. Da bin ich anderer Ansicht. Jedenfalls werden wir das nicht mehr erleben. Wenn es überhaupt möglich ist, dann wird es noch viele Generationen dauern. Bis dahin müssen wir uns auf andere Weise mit dem ungeheuren Leid befassen, das Tierfabriken verursachen. Wir müssen Alternativen fördern und unterstützen.

Zum Glück gibt es für die Zukunft ein paar Silberstreifen am Horizont. Die Rückkehr zu umsichtigeren landwirtschaftlichen Methoden ist auf dem Vormarsch. Es formiert sich ein gemeinsamer Wille – ein politischer Wille, aber auch ein Verbraucherwille, und damit der Wille des Lebensmittelhandels und der Restaurants. Verschiedene Forderungen fallen zusammen; eine davon ist die nach besserer Behandlung von Tieren. Wir erkennen langsam die Absurdität darin, dass wir lange nach Shampoo suchen, das ohne Tierversuche produziert wird, während wir gleichzeitig (und zwar mehrmals täglich) Fleisch kaufen, das in einem zutiefst grausamen System erzeugt wird.

Auch ökonomische Anforderungen ändern sich: Die Kosten für Treibstoff, für landwirtschaftliche Chemikalien und für Getreide steigen. Die Subventionen für die Landwirtschaft, die seit Jahrzehnten vor allem Großbetrieben, also Tierfabriken zugutekamen, werden zunehmend unhaltbar, vor allem vor dem Hintergrund der Finanzkrise. Eine Neuorientierung findet statt. Und die Welt braucht übrigens längst nicht so viel Tiere zu produzieren, wie wir es derzeit tun. Massentierhaltung ist nicht aus der Notwendigkeit entstanden, mehr Nahrung zu produzieren, um »die hungrigen Massen zu ernähren«, sondern damit die Agrarindustrie größeren Profit daraus schlagen kann. Bei der Massentierhaltung geht es nur um Geld. Und das ist auch der Grund, warum das System scheitert und auf lange Sicht nicht funktionieren kann: Es ist eine Lebensmittelindustrie entstanden, deren Hauptaugenmerk nicht die Ernährung der Menschen ist. Bezweifelt irgendjemand ernsthaft, dass die Konzerne, die den weitaus größten Teil der amerikanischen Nutztierhaltung kontrollieren, vor allem Profitinteressen verfolgen? In den meisten Industriezweigen ist das als Triebfeder ja auch ganz in Ordnung. Aber wenn es sich bei den Rohstoffen um Tiere handelt, bei den Produktionsstätten um das Land selbst, wenn die produzierten Güter verzehrt werden, dann stehen andere Dinge auf dem Spiel, und dann muss auch anders gedacht werden.

Wenn man die Menschen ernähren will, ergibt es zum Beispiel keinen Sinn, Tiere zu züchten, die körperlich nicht mehr in der Lage sind, sich fortzupflanzen; aber wenn man vor allem Geld verdienen will, ist das ganz logisch. Bill und ich haben inzwischen auch ein paar Truthähne auf unserer Ranch, eine ganz alte Rasse – dieselbe Rasse, die vor allem Anfang des 20. Jahrhunderts gezüchtet wurde. So weit mussten wir zurückgehen, um einen Zuchtstock zu finden, denn heutige Truthähne können kaum einen Schritt laufen, ganz zu schweigen von Paarung oder Brutpflege. So was kommt dabei heraus, wenn das System sich nur ganz am Rande für die Ernährung der Menschen und kein bisschen für die Tiere selbst interessiert. Massentierhaltung ist das allerletzte System, das einem einfallen würde, wenn man menschliche Ernährung nachhaltig über einen längeren Zeitraum sichern wollte.

Das Absurdeste ist ja, dass Massentierhaltung zwar keinerlei gesellschaftlichen Nutzen hat, aber trotzdem von der Gesellschaft nicht bloß unterstützt wird, sondern sich sogar ihre Fehler von der Gesellschaft bezahlen lässt. All ihre Abfallentsorgungskosten werden auf die Umwelt und die Gemeinden abgeschoben, in deren Nähe sie produzieren. Die Preise sind künstlich niedrig: Den Anteil, den man an der Supermarktkasse nicht sieht, zahlen wir alle, über Jahre hinweg.

Wir müssen zurück zur extensiven Weidewirtschaft. Das ist keine romantische Idee aus dem Wolkenkuckucksheim – es gibt ein historisches Vorbild dafür. Bis zur Zunahme der Tierfabriken Mitte des

20. Jahrhunderts basierte die amerikanische Viehzucht vor allem auf Gras und war viel weniger von Getreide, Chemie und Technik abhängig. Auf der Weide gehaltene Tiere leben besser, ihre Haltung ist umweltschonender. Auch aus harten wirtschaftlichen Erwägungen heraus wird das Weidesystem immer sinnvoller: Die steigenden Maispreise werden unser Nahrungsverhalten ändern. Man wird Rinder wieder mehr grasen lassen, wie es die Natur vorgesehen hat. Und wenn die Agrarindustrie gezwungen wird, sich selbst des Problems konzentrierter Gülle anzunehmen, anstatt es an die Allgemeinheit weiterzureichen, wird eine auf Weidewirtschaft fußende Tierhaltung ökonomisch noch attraktiver. Da liegt die Zukunft: in überzeugender nachhaltiger, humaner Landwirtschaft.

Sie weiß es besser

Vielen Dank, dass ich diese Niederschrift von Nicolettes Gedanken lesen durfte. Ich arbeite für die Tierschutzorganisation PETA, und sie ist Fleischproduzentin, aber ich betrachte sie dennoch als Mitstreiterin im Kampf gegen Massentierhaltung, und wir sind befreundet. Ich stimme ihr in allen Punkten zu, was die anständige Behandlung von Tieren und die künstlich niedrigen Preise für industriell erzeugtes Fleisch angeht. Und natürlich teile ich ihre Ansicht, dass jeder Mensch, der Fleisch essen will, nur Fleisch von mit Gras gefütterten, auf der Weide gehaltenen Tieren essen sollte – vor allem Rindfleisch. Aber damit steht auch gleich die stets vermiedene Frage im Raum: Warum überhaupt Tiere essen?

Betrachten wir zunächst die Umwelt und die Nahrungskrise: Es gibt aus moralischer Sicht keinen Unterschied zwischen dem Verzehr von Fleisch und der Vernichtung riesiger Lebensmittelmengen, denn die Tiere, die wir essen, können nur einen winzigen Bruchteil ihrer Nahrung in Fleischbrennwert umwandeln – man braucht zwischen sechs und 26 Futterkalorien, um eine Kalorie tierisches Fleisch zu produzieren. Der weitaus größte Teil aller Nahrungsmittel, die in den USA angebaut werden, wird an Tiere verfüttert – mit dieser Nahrung könnten wir auch Menschen ernähren, oder das Land, auf dem sie angebaut wird, könnte in Naturschutzgebiete umgewandelt werden. Überall auf der Welt geschieht das Gleiche, und die Folgen sind verheerend.

Der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen hat es »ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit« genannt, 100 Millionen Tonnen Mais und Getreide zum Treibstoff Ethanol umzuwandeln, während fast eine Milliarde Menschen hungert. Was für ein Verbrechen ist da erst die Nutztierhaltung, die jedes Jahr 756 Millionen Tonnen Mais und Getreide verbraucht, mehr als genug, die 1,4 Milliarden Menschen ausreichend zu ernähren, die in schlimmster Armut leben. Und in diesen 756 Millionen Tonnen sind noch nicht einmal die 220Millionen TonnenSojaenthalten–98Prozent des weltweiten Ertrages –, die ebenfalls in der Tiermast verfüttert werden. Selbst wenn man nur Fleisch von Niman Ranch isst, unterstützt man eine ungeheure Verschwendung und treibt die Lebensmittelpreise für die Ärmsten der Welt in die Höhe. Vor allem diese Ineffizienz – und erst in zweiter Linie die Umweltschäden oder der Tierschutz – hat mich dazu gebracht, kein Fleisch mehr zu essen.