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gang entlang, die bekam gerade ein Kalb, direkt dort, es hing halb heraus. Ich wusste, sie würde sterben, also zog ich das Kalb heraus. O Mann, ist mein Chef an die Decke gegangen … Diese Kälber werden »slunks« (»Glitscher«) genannt; ihr Blut wird in der Krebsforschung verwendet. Er wollte das Kalb haben. Normalerweise läuft es so: Wenn die Innereien der Kuh auf den Untersuchungstisch fallen, gehen Arbeiter hin, reißen die Gebärmutter auf und holen das Kalb raus. Ist ganz normal, so eine Kuh vor sich hängen zu haben und das Kalb drinnen treten zu sehen, weil es rauswill … Mein Chef wollte dieses Kalb haben, aber ich habe es zurück ins Gatter geschickt … [ich beschwerte mich] bei den Vorarbeitern, den Inspektoren, dem Leiter der Schlachtabteilung. Sogar dem Leiter der ganzen Rindfleischverarbeitung. Eines Tages haben wir uns in der Kantine lange über den ganzen Mist unterhalten, der so läuft. Manchmal hämmere ich vor Wut gegen die Wand, weil einfach niemand was dagegen unternimmt … Ich habe noch nie einen Tierarzt vom USDA in der Nähe der Schussbox gesehen. Da will niemand hin. Wissen Sie, ich war bei den Marines. Das ganze Blut und so macht mir nichts aus. Aber die unmenschliche Behandlung. Es passiert einfach zu viel.

Innerhalb von höchstens zwölf Sekunden ist das geschossene Rind – bewusstlos, halb betäubt, gar nicht betäubt oder tot – beim »Anhänger«, der ihm eine Kette um einen Hinterlauf schlingt und das Tier an der Schlachtbahn aufhängt. Vom Anhänger wird das Rind, nun an einem Bein baumelnd, automatisch zum »Stecher« weiterbewegt, der die Karotisarterien und die Jugularvene am Hals durchtrennt. Wieder wird das Tier automatisch weitergefahren, wobei es entblutet, das heißt, dass Blut mehrere Minuten lang aus dem Körper rinnt.

Ein Rind hat ungefähr 20 Liter Blut im Körper, das dauert also seine Zeit. Das Unterbrechen der Blutzufuhr zum Kopf führt natürlich zum Tod, jedoch nicht sofort (weshalb die Tiere auch bewusstlos sein sollten). Ist das Rind noch halb bei Bewusstsein oder der Schnitt nicht korrekt ausgeführt, kann das das Entbluten behindern und das bewusste Leiden in die Länge ziehen. »Sie machen die Augen auf und zu, recken den Hals von links nach rechts, blicken total panisch um sich«, erklärte ein Schlachtbahnarbeiter.

Jetzt sollte das Rind nur noch ein »Schlachtkörper« sein, der zum »Kopfschlachter« weitertransportiert wird, der die Haut vom Kopf des Tieres abzieht. Nur ein geringer Prozentsatz der Tiere ist hier noch am Leben, aber es kommt vor. In manchen Betrieben ist das sogar ein regelmäßig auftretendes Problem, sodass es inoffizielle Vorschriften gibt, wie mit diesen Tieren umzugehen ist. Ein anderer Arbeiter, der solche Praktiken kennt, dazu: »Oft merkt der Kopfschlachter, wenn er die Kopfseite aufschneidet, dass das Tier noch am Leben und bei Bewusstsein ist, es tritt dann wie wild aus. Wenn das passiert oder wenn das Rind schon austritt, während es zu ihrem Arbeitsplatz transportiert wird, dann rammen die Arbeiter ihm ein Messer in den Hinterkopf, um das Rückenmark zu durchtrennen.«

Diese Maßnahme macht das Tier zwar unbeweglich, aber nicht gefühllos. Ich kann nicht sagen, bei wie vielen Rindern das so ist, Untersuchungen dazu sind nicht gestattet. Wir wissen nur, dass es eine unvermeidliche Nebenwirkung unseres derzeitigen Schlachtsystems ist, die weiterhin eintreten wird.

Nach dem Enthäuten kommt der Schlachtkörper (oder die Kuh) zu den »Fußschneidern«, die – genau – die Füße abschneiden. »Wenn da noch welche zum Leben erwachen«, sagt ein Schlachtbahnarbeiter, »dann sieht das aus, als ob sie die Wände hochlaufen wollten … wenn sie zu den Fußschneidern kommen, na ja, die wollen natürlich nicht warten, bis irgendwer herkommt und das Rind noch mal schießt. Also schneiden sie mit ihren Zangen einfach die Unterbeine ab. Und wenn sie das tun, dann werden die Rinder richtig wild und treten in alle Richtungen.«

Danach wird das Tier komplett enthäutet, ausgenommen und »gespalten«, also in zwei Hälften zerteilt. Jetzt endlich sieht es aus, wie man sich ein geschlachtetes Rind vorstellt – Rinder-hälften, die gespenstisch reglos in Kühlräumen hängen.

6.

Vorschläge

IN DER GAR NICHT SO FERNEN VERGANGENHEIT der amerikanischen Tierschutzorganisationen standen sich die wenigen, aber gut organisierten, die für Vegetarismus eintraten, und jene Mehrheit, die eine sorgfältige Lebensmittelwahl propagierte, eher unversöhnlich gegenüber. Die Allgegenwart von Massentierhaltung und Industrieschlachtung hat die einstmals breite Kluft zwischen Gruppen wie PETA, die für eine vegane Lebensweise eintritt, und der HSUS, die zwar nett von Veganern redet, aber vor allem an der Verbesserung des Tierschutzes arbeitet, deutlich schmaler werden lassen.

Unter all den Viehzüchtern, die ich im Lauf meiner Recherchen kennengelernt habe, hat Frank Reese eine ganz besondere Stellung. Und das aus zwei Gründen: Zunächst mal ist er der einzige von ihnen, der auf seinem Hof tatsächlich nichts offensichtlich Grausames tut. Er kastriert keine Tiere wie Paul, brandmarkt nicht wie Bill. Wo andere Landwirte sagen: »Das müssen wir tun, um überleben zu können«, oder: »Die Verbraucher verlangen das von uns«, ist Frank große Risiken eingegangen (würde sein Betrieb Bankrott machen, hätte er kein Zuhause mehr). Seine Kunden hat er dazu erzogen, Essgewohnheiten zu ändern (seine Vögel müssen länger gebraten werden, sonst schmecken sie nicht richtig, sie haben auch mehr Aroma, weshalb man sie in Suppen und zahlreichen anderen Gerichten sparsamer einsetzen kann. Er hält auch Rezepte bereit und gelegentlich kocht er sogar für seine Kunden, um sie wieder mit alten Zubereitungsmethoden vertraut zu machen). Seine Arbeit erfordert enorme Empathie und enorme Geduld. Und sie ist nicht nur von moralischem Wert, sondern auch von ökonomischem: Die neue Generation von Allesessern verlangt von ihren Produzenten echten Tierschutz.

Frank ist außerdem einer der ganz wenigen Farmer, die ich kenne, dem es gelungen ist, das Erbgut gefährdeter Geflügelrassen zu bewahren (er ist der erste und einzige Geflügelzüchter in den USA, dem das USDA erlaubt hat, seine Vögel als »alte Nutztierrasse« zu bezeichnen). Diese Arbeit ist unglaublich wichtig, denn das mit Abstand größte Hindernis auf dem Weg zu tolerierbaren Hühner- und Putenmastbetrieben ist die Tatsache, dass alle Geflügelfarmen ihren Nachwuchs von industriellen Brütereien beziehen müssen – andere gibt es im Grunde nicht. Fast alle im Handel erhältlichen Vögel sind unfähig zur Fortpflanzung, und man hat ihnen ernstliche Gesundheitsprobleme ins Erbgut manipuliert (die Hühner, die wir essen, sind genau wie die Puten »Sackgassentiere« – sie sind so konstruiert, dass sie nicht lange genug leben, um sich fortzupflanzen). Weil ein Durchschnittshof keine eigene Kükenzucht betreiben kann, sorgt die konzentrierte Industriekontrolle über das genetische Material dafür, dass kein Farmer, kein Tier aus dem industriellen Agrarsystem ausbrechen kann. Abgesehen von Frank müssen sich eigentlich alle kleineren Geflügelzüchter – sogar die wenigen guten, die sich das Erbgut alter Rassen etwas kosten lassen – die Vögel, die sie jedes Jahr großziehen, mit der Post von Brutfabriken schicken lassen. Man kann sich leicht vorstellen, dass der Kükenversand per Post aus Tierschutzsicht höchst problematisch ist, doch das ist bei den Haltungsbedingungen der Eltern und Großeltern dieser Küken noch viel mehr der Fall. Auf solche Brütereien zurückgreifen zu müssen, wo das Tier-wohl ebenso mit Füßen getreten wird wie in den schlimmsten Mastfabriken, das ist die Achillesferse vieler ansonsten hervorragender Geflügelproduzenten. Darum sind Franks alte Rassen und sein Können als Züchter so wichtig, denn kaum ein anderer ist in der Lage, eine Alternative zur industriellen Geflügelhaltung zu schaffen.

Doch wie so viele Farmer, die lebende Kompendien althergebrachten landwirtschaftlichen Wissens sind, wird auch Frank sein Potenzial sicherlich nicht ohne Hilfe umsetzen können. Rechtschaffenheit, Können und Erbgut allein machen noch keinen erfolgreichen landwirtschaftlichen Betrieb. Als ich ihn kennenlernte, hätte die Nachfrage nach seinen Truthähnen (inzwischen züchtet er auch Hühner) kaum höher sein können – sein Bestand war meist schon sechs Monate vorm Schlachttermin komplett verkauft. Auch wenn seine treusten Kunden eher einfache Leute waren, wurden seine Vögel auch von Spitzenköchen und Feinschmeckern geschätzt, von Dan Barber über Mario Batali bis hin zu Martha Stewart. Dennoch machte Frank Verluste und finanzierte seinen Betrieb mit anderen Jobs.