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bis dir die Zunge aus dem alten Hals hängt.«

»Wie einfallsreich!«, sagte Fenoglio, während er die Finger immer tiefer unter das Kissen schob. »Aber du weißt, was dann passiert. Du wirst ebenfalls sterben.«

Bastas Lächeln verschwand so abrupt wie eine Maus in ihrem Loch. »Ach ja!«, zischte er böse, während seine Hand unwillkürlich nach dem Amulett an seinem Hals griff. »Das hatte ich fast vergessen. Du glaubst ja, dass du mich erfunden hast. Was ist mit ihm?« Er wies auf den anderen Mann. »Das ist der Schlitzer. Hast du den auch erfunden? Schließlich hat er auch mal für Capricorn gearbeitet. Viele Feuerfinger tragen jetzt das Silber der Natter, auch wenn einige von uns finden, dass man unter Capricorn mehr Spaß hatte. All das feine Pack auf der Nachtburg.« Er spuckte verächtlich auf Fenoglios Boden. »Es ist wohl kein Zufall, dass der Natternkopf eine Schlange in seinem Wappen führt. Auf dem Bauch soll man vor ihm kriechen, so hat er es gern, der edle Herr. Aber was soll’s? Zahlen tut er gut. He, Schlitzer?«, fragte er seinen immer noch schweigsamen Begleiter. »Was denkst du, sieht der Alte so aus, als hätte er dich erfunden?«

Der Schlitzer verzog sein hässliches Gesicht. »Wenn ja, dann hat er es, verdammt noch mal, nicht gut gemacht, oder?«

»Stimmt!« Basta lachte. »Eigentlich hätte er es allein für das Gesicht, das er dir verpasst hat, verdient, unsere Messer zu schmecken, nicht wahr?«

Der Schlitzer. Ja, stimmt, den hatte er auch erfunden. In Fenoglios Magen machte sich Übelkeit breit, als er daran dachte, warum er ihn so getauft hatte.

»Nun sag schon, Alter!« Basta beugte sich so tief über ihn, dass sein Pfefferminzatem ihm übers Gesicht strich. »Wo ist das Mädchen? Wenn du es uns verrätst, lassen wir dich vielleicht noch eine Weile am Leben und schicken erst mal die Kleine ihrem Vater nach. Bestimmt hat sie schon Sehnsucht nach ihm. Die beiden waren doch so vernarrt ineinander. Na los, wo steckt sie, spuck es schon aus!« Langsam zog er das Messer aus dem Gürtel. Die Klinge war lang und leicht gebogen. Fenoglio schluckte, als könnte er seine Angst hinunterwürgen. Er schob die Hand noch etwas tiefer unter das Kissen, aber seine Fingerspitzen stießen nur gegen ein Stück Brot, das Rosenquarz dort vermutlich versteckt hatte. Umso besser, dachte er. Was hätte mir ein Messer schon genützt? Basta hätte mich aufgespießt, bevor ich es noch richtig in der Hand gehabt hätte, von dem Schlitzer ganz zu schweigen. Er spürte, wie ihm Schweiß in die Augen lief.

»He, Basta! Ich weiß, du hörst dich gern reden, aber lass ihn uns endlich mitnehmen.« Die Stimme des Schlitzers klang breit wie die der Kröten, die nachts in den Hügeln quakten. Natürlich, so hatte Fenoglio sie beschrieben. Der Schlitzer mit der Krötenstimme. »Ausfragen können wir ihn später, jetzt müssen wir den anderen nach!«, drängte er. »Wer weiß, was dieser tote Fürst als Nächstes tut! Was, wenn er uns nicht mehr hinauslässt aus seinem verfluchten Tor? Was, wenn er uns seine Soldaten nachjagt? Die anderen sind uns bestimmt schon Meilen voraus!«

Basta schob mit einem Seufzer des Bedauerns das Messer zurück in den Gürtel. »Ja, ja, schon gut, du hast Recht«, sagte er mürrisch. »Mit so was soll man sich Zeit lassen. Ausfragen ist eine Kunst, eine echte Kunst.« Grob packte er Fenoglios Arm, zerrte ihn hoch und stieß ihn auf die Tür zu. »Wie in alten Zeiten, nicht wahr?«, raunte er ihm ins Ohr. »Ich hab dich schon einmal aus deinem Haus gezerrt, erinnerst du dich? Benimm dich genauso gut wie damals, und du wirst noch eine Weile atmen. Und wenn wir an der Frau vorbeikommen, die im Hof die Schweine füttert, dann sag ihr, wir holen dich ab, um dich zu einer alten Freundin zu bringen, verstanden?«

Fenoglio nickte nur. Minerva würde ihm kein Wort glauben, aber vielleicht holte sie ja Hilfe?

Bastas Hand lag schon auf der Klinke, als erneut Schritte die Treppe heraufkamen. Das alte Holz knarrte und ächzte. Die Kinder. Um Himmels willen. Aber es war nicht die Stimme eines Kindes, die durch die Tür drang.

»Tintenweber?«

Basta warf dem Schlitzer einen besorgten Blick zu, doch Fenoglio hatte die Stimme erkannt: Wolkentänzer, der alte Seiltänzer, der ihm so manches Mal schon eine Nachricht vom Schwarzen Prinzen gebracht hatte. Eine große Hilfe würde der gewiss nicht sein mit seinem steifen Bein! Aber welche Nachricht führte ihn her? Hatte der Schwarze Prinz etwas von Meggie gehört?

Basta winkte den Schlitzer auf die linke Seite und stellte sich selbst rechts neben die Tür. Dann gab er Fenoglio ein Zeichen - und zog erneut das Messer aus dem Gürtel.

Fenoglio öffnete die Tür. Sie war so niedrig, dass er jedes Mal den Kopf einzog, wenn er hindurchtrat. Wolkentänzer stand vor ihm und rieb sich das Knie. »Verfluchte Treppe!«, schimpfte er. »Steil und morsch. Bin nur froh, dass du da bist und ich nicht noch mal hinaufsteigen muss. Hier.« Er sah sich um, als hätte das alte Haus Ohren, und griff in die Ledertasche, in der schon so viele Briefe von Ort zu Ort gewandert waren. »Das Mädchen, das bei dir wohnt, schickt dir das hier.« Er hielt ihm ein Stück Papier hin, mehrmals gefaltet, es sah aus wie eine Seite aus Meggies Notizbuch. Meggie hasste es, Seiten aus einem Buch zu reißen, und aus diesem sicher ganz besonders, ihr Vater hatte es gebunden. Also musste die Nachricht sehr wichtig sein - und gleich würde Basta sie ihm abnehmen.

»Na, nun nimm schon!« Wolkentänzer hielt ihm das Blatt ungeduldig unter die Nase. »Weißt du, wie ich mich beeilt habe, dir das zu bringen?«

Widerstrebend griff Fenoglio zu - und wusste nur eins. Basta durfte Meggies Nachricht nicht bekommen. Niemals. Seine Finger schlossen sich so fest um das Papier, dass kein Zipfel davon mehr zu sehen war.

»Hör zu!«, fuhr Wolkentänzer mit leiser Stimme fort. »Der Natternkopf hat das Geheime Lager überfallen lassen. Staubfinger...«

Fenoglio schüttelte fast unmerklich den Kopf. »Schön. Vielen Dank, es ist nur so, ich habe gerade Besuch«, sagte er und versuchte verzweifelt, Wolkentänzer mit seinen Augen zu erzählen, was sein Mund nicht aussprechen konnte. Er rollte sie nach links und rechts, als könnten sie wie Finger dorthin weisen, wo Basta und der Schlitzer hinter der Tür warteten.

Wolkentänzer wich einen Schritt zurück.

»Renn!«, stieß Fenoglio hervor und machte einen Satz aus der Tür. Wolkentänzer stürzte fast die Treppe hinunter, als er sich an ihm vorbeidrängte, aber dann stolperte er ihm nach. Fenoglio rutschte die Stufen mehr hinab, als dass er ging. Er drehte sich nicht um, bevor er unten stand, hörte Basta hinter sich fluchen und die Krötenstimme des Schlitzers. Er hörte die Kinder im Hof erschrocken aufschreien und von irgendwoher Minervas Stimme, aber da rannte er schon zwischen die Schuppen und die Leinen, auf denen ihre frisch gewaschene Wäsche hing. Ein Schwein lief ihm zwischen die Beine, ließ ihn stolpern und in den Dreck fallen, und als er sich aufrichtete, sah er, dass der Wolkentänzer nicht so schnell gewesen war wie er. Wie auch, mit seinem steifen Bein? Basta hatte ihn am Kragen gepackt, während der Schlitzer Minerva zur Seite stieß, die ihm mit einem Rechen in den Weg getreten war. Fenoglio duckte sich, erst hinter ein leeres Fass, dann hinter den Schweinetrog, er kroch auf allen vieren zu einem der Schuppen.

Despina.

Mit entgeisterten Augen starrte sie ihn an. Er legte den Finger auf die Lippen, kroch weiter, zwängte sich zwischen ein paar Brettern durch, dorthin, wo Minervas Kinder ihr Versteck hatten. Er passte nur gerade hinein, das Versteck war nicht gedacht für alte Männer, die langsam dick um die Hüften wurden. Die beiden Kinder kamen hierher, wenn sie nicht schlafen oder sich vor der Arbeit drücken wollten. Nur Fenoglio hatten sie ihr Versteck gezeigt, als Beweis ihrer Freundschaft - und im Austausch gegen eine gute Geistergeschichte.

Er hörte, wie Wolkentänzer aufschrie, wie Basta etwas brüllte und Minerva weinte. Fast wäre er zurückgekrochen, aber die Angst lähmte ihn. Außerdem, was konnte er schon ausrichten gegen Bastas Messer und das Schwert, das dem Schlitzer am Gürtel hing? Er lehnte sich gegen die Bretter, hörte das Schwein grunzen und die Nase in die Erde stoßen. Meggies Nachricht verschwamm vor seinen Augen, die Seite war schmutzig vom Schlamm, durch den er gekrochen war, aber noch war zu entziffern, was sie geschrieben hatte.