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»Wie du willst, Neffe«, meinte Anborn. Seine Stimme klang ruhig und besonnen und hatte nicht den herablassenden Tonfall, mit dem er für gewöhnlich sprach, vor allem wenn es um Kriegsangelegenheiten ging.

»Daher fällt mir die Aufgabe zu, das Land selbst zu halten«, fuhr Ashe fort. »Der Drachenanteil wird den Bau bewachen und den Schutzschild um die Welt erhalten. Der menschliche Anteil, also der cymrische Herrscher, muss zum Schutz der Menschen kämpfen, die auf seinem Land wohnen. Im Namen Llaurons, meines Vaters, und in dem von Elynsynos, meiner Urgroßmutter, werde ich beides tun. Ich werde sofort die Versammlung der Herzöge einberufen und das Oberkommando über alle Provinzstreitkräfte übernehmen und sie unter Anborns unmittelbaren Befehl stellen.«

»Das wird Tristan Stewart gar nicht gefallen«, sagte Gwydion Navarne. »Ich glaube, er hat erwartet, als Regent diesen Posten übertragen zu bekommen.«

»Er wird sich eines Besseren besinnen, sobald er den Umfang und die Reichweite dessen begreift, wogegen wir kämpfen«, wandte Ashe ein. »Aber wir haben keine Zeit, auf die Versammlung der Streitkräfte aller Provinzen zu warten, falls uns das, was Ihr befürchtet, Euer Gnaden, unmittelbar bevorsteht. Anborn sollte Euch sofort zurück nach Sepulvarta begleiten und alle Truppen mitnehmen, die in den Außenposten und Kasernen des südöstlichen Navarne und des südlichen Bethania auszuheben sind. Ich werde Befehlsschreiben aufsetzen, die Euch die Macht verleihen, so viele Soldaten einzuziehen, wie Euch möglich ist. Entlang Eurer Route sollten es mindestens zehntausend Männer sein, je nachdem wie viele gerade damit beschäftigt sind, die Karawanen zu bewachen.«

Dei Patriarch nickte. »Das erscheint mir weise. Ich hoffe, Ihr lasst Roland nicht schutzlos zurück, nur um Sepulvarta zu helfen. Das wäre sehr töricht.«

»Allerdings«, sagte Ashe. »Anborn, werden zehntausend Mann zur Rettung der heiligen Stadt ausreichen?«

»Es sind mehr als genug, um eine Belagerung zu beenden, falls es bereits zu einer solchen gekommen sein sollte‹›, meinte Anborn.« »Aber ich befürchte ernsthaft, Neffe, dass diese Soldaten nicht von ausreichendem Format sein werden. Schon seit drei Jahren, seit du diese verdammte Position als Herrscher angenommen hast, sage ich dir, dass es Krieg geben wird und du Vorbereitungen treffen musst.«

»Ich habe auf dich gehört«, sagte Ashe geduldig. »Du wirst angenehm überrascht sein, Onkel.«

»Ich bin nie angenehm überrascht«, murmelte der Marschall. »Bereits die bloße Vorstellung einer Überraschung ist mir äußerst unangenehm.«

»Ich werde mich von der Festung in der Hohen Warte aus um die strategischen Aspekte des Krieges kümmern, also um die Verteidigung des Mittleren Kontinents und der Gebiete des übrigen Bündnisses. Ich werde unverzüglich Schiffe zu unseren Verbündeten in Manosse und Gaematria jenseits des Großen Mittleren Meeres schicken, damit sie gewarnt sind und ich sie um Hilfe bitten kann. Auf dem Meer ist Talquist bisher im Vorteil, aber mit ihrer Hilfe können wir vielleicht gleichziehen.

Außerdem werde ich mich der Weisheit meiner Gemahlin beugen, auch wenn ich vor unserer gemeinsamen Entscheidung zurückschrecke«, fuhr Ashe fort. »Ich vertraue Rhapsody und unseren Sohn dem Firbolg-König Achmed an, der nicht nur unser Verbündeter, sondern auch Rhapsodys treuer Freund ist. Er soll sie und Meridion vor allen Gefahren beschützen. Rhapsody ist einverstanden, mit ihm nach Ylorc zu gehen und ihm bei der Entwicklung und Inbetriebnahme eines Apparats zu helfen, den Achmed den Lichtfänger nennt. Dabei handelt es sich um den Nachbau von Gwylliams Lichtschmiede, die von den Nain vor dem Cymrischen Krieg entworfen und gebaut worden war, um das Wissen zu schützen, das ihr zugrunde lag. Der Bolg-König hat seine enge Bindung an das Bündnis bestätigt, auch wenn er keine Truppen versprochen hat, und er versichert uns, den Apparat nur zum Schutz des besagten Bündnisses einzusetzen, falls er denn wirklich einsatzbereit sein wird. Habe ich deine Positionen richtig beschrieben, Achmed?«

Der Bolg-König schnaubte: »Im Hinblick auf die Geschichtsschreibung sicherlich. Mir bedeutet die Geschichte nichts; ich habe noch keinen Teil von ihr gesehen, der mir gefallen hätte.«

»Vielleicht wird dieser hier ja der erste sein«, meinte Ashe milde. »Die lirinische Königin und cymrische Herrscherin Rhapsody hat Rial, den Vizekönig von Tyrian, darum gebeten, auch die Position eines Reichsverwesers anzunehmen und herauszufinden, ob das Diadem in Tomingorllo ihn als Führer an ihrer statt für würdig befindet. Sie bekräftigt ihre Treue zu Tyrian, der nur die Treue zum Bündnis als Ganzes vorgeht.« Die cymrische Herrin stieß die Luft aus und nickte zustimmend.

»Ich kann Euch gar nicht sagen, wie traurig mich das macht, Herrin«, klagte Rial. »Ich erinnere mich so gern an den Tag, als Ihr das Diadem aufnahmt, das aus den Splittern des Reinen Diamanten zusammengesetzt ist, der von Anwyn durch den Pakt mit dem Dämon zerstört wurde, den sie eingegangen war, um ihrem Gemahl zu schaden. In Euren Händen wurde es wieder mit Leben erfüllt. Es war ein Symbol der Einheit, die Ihr den lirinischen Königreichen bringen würdet – und auch dem cymrischen Bündnis. Es ist ein tragischer Gedanke, dass Ihr es aufgeben müsst, um beides zu schützen.«

Rhapsody schüttelte den Kopf. »Ich gebe nichts auf, Rial. In meinem Herzen werde ich immer eine Tochter Tyrians bleiben, ob ich nun das Diadem oder nur ein Tuch auf dem Kopf trage. Ich wünschte nur, ich hätte diesem vereinigten Königreich eine Ära des Friedens bringen können, anstatt die Waffen ergreifen zu müssen, um es abermals zu verteidigen. Wenigstens kämpft diesmal Anborn an der Seite der Lirin und nicht gegen sie. Das allein ist schon den Verlust der Krone wert.«

»Das Kommende wird uns alle auf eine Art und Weise verändern, die wir jetzt noch nicht vorhersehen können«, meinte Ashe. »Es ist gewiss, dass nichts so bleiben wird, wie es jetzt ist. Wir können es nicht verhindern, aber wenigstens sind wir uns einig in unserer Entschlossenheit, gemeinsam dagegen anzukämpfen. In dieser Hinsicht könnte sich das zweite cymrische Zeitalter nicht stärker vom ersten unterscheiden.«

Anborn nickte. »Und wir werden siegen. Auch in dieser Hinsicht könnte es sich nicht stärker unterscheiden.«

»Obwohl ich sehr froh bin, dass Ihr bei uns seid, Marschall, so könnt doch auch Ihr nicht den tobenden Ozean aufhalten. Nichts kann sich dem Willen dieser Gewalten widersetzen«, sagte Rial ernst. »Man kann lediglich einen Damm errichten und ihn immer wieder ausbessern. Mit etwas Glück zieht der Sturm ab, bevor der Damm vollständig bricht.«

»Ich würde eher versuchen, das Meer trockenzulegen«, murmelte Anborn. »Aber da ich das nicht kann, bleiben uns nur die Sandsäcke.«

»Ja«, sagte der Patriarch, der sich gemeinsam mit den anderen erhob, als die Versammlung aufgelöst wurde. »Aber an dem Tag, an welchem Ihr einen Weg findet, das Meer trockenzulegen, werde ich an Eurer Seite stehen – mit einem Eimer in der Hand.«

Anborn ging unter ziemlichem Lärmen mithilfe seiner Maschine den Korridor entlang, der von der Großen Halle mit ihren vielen Säulengängen und Abzweigungen wegführte. Dabei griff er wie selbstverständlich hinter den Vorhang eines Alkovens, in dem die kleine Steinstatue Merithyns des Eroberers stand, und packte eine Hand voll goldener Haarlocken. An diesen zog er den Kopf hinter dem schweren Samtvorhang hervor. Ein hohes Keuchen hallte die Große Treppe hinauf bis in die oberen Stockwerke.