»Aber«, fuhr sie fort, als sie bemerkte, wie ihm der Atem ausging, »wenn du willst, kann ich jetzt aufhören, zur Tür gehen und auf dem Korridor nachsehen, ob jemand kommt …«
»Nein«, keuchte Tristan heiser. »Nein!«
Portia kicherte. »Wie du willst«, sagte sie, ließ seine Hose zu Boden fallen und folgte ihr mit dem Mund.
Damit er nicht ohnmächtig wurde, zählte Tristan die Atemzüge, bis der Liebesakt, den er so schmerzlich herbeigesehnt hatte, schließlich begann. Als Portia ihm schließlich nach neckischen Verzögerungen zu Willen war, spürte er, wie seine Muskeln erschlafften und sein Körper unter ihr auf dem Boden zusammensackte. Im Gegensatz zu ihrer letzten Vereinigung, die vor vier Monaten in der Nacht, als er sie verlassen hatte, auf demselben Boden stattgefunden hatte, war es diesmal er selbst gewesen, der nackt und völlig verwundbar war, während Portia noch fast völlig angekleidet war und die Lage unter Kontrolle hatte.
Er konnte es nicht ändern, konnte die Position nicht mehr umkehren und seine Stellung als Herr der unterwürfigen Dienerin einnehmen.
Selbst wenn es ihm möglich gewesen wäre, hätte er kein Verlangen danach gehabt.
Stattdessen ergab er sich ihren Diensten und erlaubte ihr atemlos, ihn wie ein gehorsames Pferd zu behandeln. Auch als sie auf ihn kletterte, ihn packte und wild ritt, verspürte er den süßen Trost des Ausgeliefertseins und die hilflose Freiheit, die sich einstellt, wenn eine gequälte Seele auf jede verbliebene Kontrolle über ihr eigenes Schicksal verzichtet.
Er empfand eine schleichende Verwirrung, die sich wie ein rieselnder Bach oder wie Weinranken einen Weg zu seinem Herzen bahnte, und fühlte ein seelentiefes Bedürfnis nach Erlösung, die ihr heißes Fleisch aus ihm zog, wie ein Breiumschlag das Gift aus einer entzündeten Stelle saugt. Es heilte ihn, riss das Gefängnis seines unglücklichen Lebens ein und band ihn freudig an seine junge Dienerin. Er wusste, dass er diese Verbindung nie wieder ohne Schmerzen auflösen könnte. Dieses Gefühl machte ihn schwach vor Dankbarkeit.
Nach vielen vergeblichen Versuchen, den Gipfel der Lust zu erklimmen, während Portia ihn immer wieder an den Rand der Ekstase brachte, nur um sie erneut hinauszuzögern, erlöste sie ihn nun endlich und ließ es zu, dass all das Gift und die Enttäuschung, die in seiner Seele gewurzelt hatten, in einem heißen Ausbruch körperlicher und geistiger Lust aus ihm hervorschossen. Tristan gelang es, seinen umwölkten Blick einen Moment lang auf ihr Gesicht zu richten. Hinter ihr sprangen die Flammenzungen, und sie schaute eindringlich auf ihn herunter. Ihr Gesicht war keine starre Maske der Lust, mit offenen Lippen, zwischen denen Stöhnen hervordrang, wie er es vermutet hatte, sondern es zeigte eher einen Ausdruck eingehenden Interesses. In diesem Augenblick, bevor ihm die letzten wilden Stöße wieder lustvolles Vergessen schenkten, hatte Tristan Steward den Eindruck, dass sie nach etwas Tieferem in ihm suchte, was er gar nicht besaß.
Dieser Gedanke währte nur einen Augenblick.
Als sie später nebeneinander vor dem knisternden, heißen Kaminfeuer lagen, ergriff der Herr von Roland die Hand der jungen Frau und küsste sie dankbar. Er war glücklich darüber, dass er sich noch immer mit einem Geist verbunden fühlte, der dem seiner verachteten Frau und seiner eigenen nachlässigen Natur so unähnlich war, auch wenn die höchste Leidenschaft inzwischen wieder abgeklungen war.
»Wenn ich bei dir bin, fühle ich mich stark, Portia«, sagte er leise. »Dann habe ich den Eindruck, dass die Welt nicht einfach nur an mir vorbeizieht.«
Die junge Frau reckte und streckte sich vor dem Feuer; ihre schimmernde Haut war nass vor Schweiß.
»Stets zu Diensten, Herr«, antwortete sie und fuhr ihm mit den Fingern beiläufig durch die feuchten, kastanienbraunen Locken. »Deine Befriedigung ist die größte Freude für jemanden von meinem niedrigen Stand.«
»Es tut mir so leid, dass ich dir das Gefühl gegeben habe, du wärest weniger, als du bist«, fuhr Tristan fort. Seine Stärke schwand dahin, als die Erschöpfung einsetzte. »Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass ich dich angeblich so behandelt habe, als wärest du eine namenlose Hure. Du bist so viel mehr für mich.«
Portia stützte sich auf den Ellbogen und kicherte. »Du hast unrecht. Ich habe nichts dagegen, wenn du mich als Hure ansiehst. Ich bin tatsächlich eine Hure, und zwar eine der schamlosesten. Aber ich bin nicht namenlos. Ich schätze meinen Namen sehr. Als niedrige Dienstmagd musste ich ihn lange Zeit verbergen und unausgesprochen lassen. Sogar dieser schmierige Kammerherr redet mich kaum anders an als mit ›du, Mädchen‹. Aber wenn meine Arbeit beendet ist, werden die Mächtigen meinen Namen aussprechen und erzittern.« In ihren Augen funkelte es. »Angefangen mit dir, mein Herr.«
Schläfrig rollte sich Tristan Steward näher an sie heran und küsste ihr Ohr. »Portia«, flüsterte er sanft. »Ich erzittere, Portia.«
Die Frau lächelte nur; das zischende Feuer erhellte sie. Sie wartete, bis der Herr von Roland beinahe eingeschlafen war, dann stützte sie sich mit den Händen ab, legte die Lippen an sein Ohr und flüsterte ihren Namen hinein, bis er endlich schlummerte.
Wenn er wacher gewesen wäre, hätte er nur das Geräusch der knisternden Flammen gehört.
26
Mitten in derselben Nacht lag der nackte Herr von Roland zitternd und allein auf dem Boden vor den erlöschenden Kohlen im Kamin. Seine Träume der Erschöpfung waren von einem überwältigenden Gefühl des Verlustes geprägt; es war ihm, als wandere er ohne ein Licht durch dunkle Kavernen. In seinem Schlummer versank er in Verzweiflung, als er spürte, wie ein weiches Laken über ihn gebreitet wurde und ihn eine sanfte Hand mit angenehm schwieligen Fingerspitzen an den Brauen liebkoste. Sein Körper, der unter dem Verlust von Portias Wärme sowie dem des Kaminfeuers fror, erkannte die Gegenwart einer köstlichen Hitze neben ihm.
Tristan Steward blinzelte und rollte auf den Rücken.
In der Dunkelheit kniete eine Frau neben ihm; ihre langen goldenen Locken fingen die letzten Strahlen der verblassenden Kohlen ein. Tristan vermochte ihre Gestalt kaum von den Schatten zu unterscheiden, die sie umgaben, doch die Linien ihres kleinen Gesichts und ihrer großen, dunkelgrünen Augen sah er in jedem wachen Moment vor sich. Der vertraute Duft von Vanille und Gewürzseife, Wiesenblumen und Sandelholz drang ihm in die Nase und vertrieb den schalen Geruch von Einsamkeit und Asche, der noch kurz zuvor da gewesen war.
»Rhapsody?«, flüsterte er. Sein Kopf war noch vom Alkohol umnebelt und sein Körper erschöpft von der sexuellen Raserei.
Sie lächelte ihn an. In ihren Augen lagen Wärme und Freundlichkeit, aber kein Mitleid.
»Es schien dir kalt zu sein«, sagte sie und zog das Laken noch enger um ihn. »Ich mag es nicht, wenn in meinem Haus jemand friert.«
Tristan bemühte sich, sie in dem schwachen Licht genauer zu sehen. »Du … du bist hier? Bist du ein Traum?«
Sie kicherte und ging zum Kamin. Ihr schweres Brokatkleid raschelte musikalisch in seinen Ohren, als sie an seinem Kopf vorbeischritt. Die Kohlen glühten auf, während sie sich ihnen näherte; das war ein Phänomen, das Tristan schon viele Male in ihrer Gegenwart wahrgenommen hatte. Es war, als grüßten die letzten Funken sie ehrerbietig. Sie rückte den Schild beiseite, nahm zwei Scheite und legte sie vorsichtig in die Asche. Ihre Hände schienen gegen den Biss des Feuers unempfindlich zu sein.
Das Kaminfeuer entzündete sich sofort wieder, Flammen leckten wie zum Willkommensgruß hoch, verbreiteten zuckende Helligkeit in dem dunklen Raum und vertrieben die meisten Schatten. Tristan beobachtete sie wie versteinert, als sie an seine Seite zurückkehrte und erneut neben ihm auf den Boden sank.
»Kein Traum, nein«, sagte sie sanft. »Als Benennerin höre ich den stummen Ruf derer, die verzweifelt sind, und kann die Grenzen von Raum und Zeit übersteigen, um zu ihnen zu kommen, wenn ihre Not sehr groß ist.« Sie strich ihm abermals eine Hand voll rot-brauner Locken aus der Stirn. »Du musst sehr große Schmerzen haben, wenn du mich aus solcher Entfernung rufst. Sei nicht traurig, Tristan. Du hast so vieles in deinem Leben wofür du dankbar sein darfst.«