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Ein kleines, sarkastisches Bellen entschlüpfte Faedryths Mund.

»Willst du etwa zusehen, wie ich eine weitere Staatskugel gegen die Wand schmettere?«, fragte er, während die Augen in seinem grimmigen Gesicht freundlich blitzten. »Die Scherben der letzten liegen noch auf dem Boden verstreut.«

Gyllians Miene veränderte sich nicht. »Wenn das der Preis für angemessene Überlegungen ist, dann ist er nicht sehr hoch«, sagte sie ruhig. »Bevor du zum Gebrauch des Lichtfängers schreitest, hätte ich nichts dagegen, wenn hundert weitere Kugeln zerplatzen würden, es sei denn, du bist dir vollkommen sicher, was du tust.« Ihr stoischer Gesichtsausdruck wich großer Besorgnis. »Das Risiko ist ungeheuer groß. Außerdem hilft es deinem Selbstwertgefühl, wenn du weißt, dass du immer noch eine Kugel aus gehärtetem Glas stemmen und zerschmettern kannst, genau wie ein Jüngling von hundert Wintern.«

Faedryth kicherte. »Na gut, Gyllian, wenn du es wünschst, dann rufe Garson.« Die Prinzessin nickte knapp und kehrte zur Tür zurück. Sie ließ den Nain-König allein mit seinen Gedanken in der flackernden Düsternis.

Und mit seinem Kästchen aus schwarzem Elfenbein.

Faedryth hatte Angst, es in der Hand zu halten, und zugleich hatte er Angst, es abzusetzen. Der Inhalt hatte ihn verhext, seit dieser vor etwa einem halben Jahr aus der tiefsten aller Kristallminen herausgeholt worden war. Der König war in seiner Gegenwart nervös und befürchtete, dass diese seltsame Magie der letzte Stein sein könnte, der das Boot seiner geistigen Gesundheit zum Kentern brachte. Der Lichtfänger konnte ihm bei der Frage helfen, was sich wirklich in diesem Kästchen befand, doch Faedryth setzte seine Macht nur ganz selten ein, denn er kannte die Gefahren, die ihm und der Welt dadurch drohten.

Die Tür der Großen Halle wurde wieder geöffnet und ließ Garson ben Sardonyx sowie den Scharfschützen herein, der einen Grubenhelm mit einem dunklen Sichtschutz trug und eine gewaltige Armbrust über den Rücken geschlungen hatte. Überdies brachte er einen schweren Ständer mit. Faedryth schluckte. Plötzlich war sein Mund trocken. Ungeduldig gab er Garson ein Zeichen, woraufhin dieser doppelt so schnell wurde und bald vor dem König stand. Das blau-gelbe Zellgewebe hinter seinen Augen, das den Nain erlaubte, in der Dunkelheit ihrer unterirdischen Heimat zu sehen, fing das Fackellicht ein und glomm auf, wodurch er wie ein wildes Tier erschien, das sich in der Finsternis näherte.

»Berichte mir noch einmal, was der Bolg-König während deines Besuches bei ihm zu dir gesagt hat«, verlangte Faedryth von ihm, während Gyllian an seine Seite zurückkehrte. »Lass keine Einzelheit aus. Vielleicht gibt es etwas, das wir in den früheren Berichten übersehen haben.«

Garson reckte die Schultern, und sein Brustkorb weitete sie, als er tief einatmete. Er fuhr sich mit der Hand über seinen großartigen Bart, der braun am Kinn, silbern in der Mitte und an den Spitzen weiß war. Garson war Faedryths offizieller Botschafter in der Oberwelt und der einzige Nain des Tiefen Königreiches, der diplomatisch mit Menschen anderer Völker umgehen konnte; außerdem war er seit seiner Kindheit in der Perfektion seines Gedächtnisses ausgebildet worden. Er runzelte die Stirn, begann aber geduldig das Gespräch zu wiederholen, über das er schon bei drei früheren Gelegenheiten berichtet hatte, seit er von seinem Staatsbesuch in den Bolglanden zurückgekehrt war.

»König Achmed war natürlich von Anfang an über meine Gegenwart verärgert«, sagte Garson. »Ich habe ihm Eure Botschaft überbracht – dass Ihr um seinen Versuch wisst, den Lichtfänger von Gwylliam und Anwyn in den Bergen seines Reiches zu rekonstruieren, und dass Ihr mich gebeten habt, ihm mitzuteilen, er dürfe dies auf keinen Fall tun.«

Faedryth nickte. »Und?«

»Er hat mir gesagt, ich sei ein tapferer Mann mit zu viel Zeit, weil ich den ganzen Weg bis zu ihm gereist sei und es gewagt hätte, ihn auf diese Weise zu belehren.«

»Aufgeblasener Narr«, murmelte Faedryth. »Weiter.«

»Ich sagte ihm, Ihr hättet mir das befohlen, und er erwiderte, das verwirre ihn. Er meinte, er kenne keinen Lichtfänger, aber Ihr hättet seinen Zorn riskiert, der, wie Ihr angeblich wisst, beachtlich sein kann, indem Ihr mich mitten in der Nacht in seine Gemächer geschickt habt, damit ich ihm einen diesbezüglichen Befehl erteile. Er bemerkte, dass selbst er, der weniger Wert auf Diplomatie und Anstandsregeln lege als jeder andere, den er kenne, dieses Vorgehen als beleidigend empfinde.«

»Zweifellos«, sagte Faedryth trocken. »Er hat also abgestritten, dass er etwas über den Lichtfänger weiß?«

»Ja. Ich meinte darauf, er gebrauche vielleicht nicht denselben Namen dafür, aber ich könne wohl annehmen, dass er wisse, worauf ich mich beziehe. Ich erklärte ihm, der Lichtfänger sei ein Apparat, den die Nain für Gwylliam den Visionär vor elf Jahrhunderten erbaut hatten. Dabei handle es sich um eine Maschine aus Metall und gefärbtem Glas, die in einen Berggipfel eingelassen war und das Licht zu verschiedenen Zwecken verändern konnte. Sie wurde im Großen Krieg zerstört, so wie es hatte sein sollen, denn sie rührte an Kräfte, die instabil und unvorhersehbar waren. Ich sagte zu ihm, sie stelle nicht nur für seine Verbündeten und Feinde eine große Gefahr dar, sondern auch für sein eigenes Königreich. Weiter eröffnete ich ihm, dass er den Versuch unternehme, etwas wiederzuerbauen, das er nicht vollständig begriff, und dass diese Dummheit zu seiner Vernichtung und möglicherweise auch zu der aller in seiner Nähe führen würde. Ich rief ihm in Erinnerung, dass er die Auswirkung bereits habe beobachten können; die gefärbten Glassplitter aus seinem ersten Versuch bedecken schließlich immer noch die Gegend um Ylorc. Ich wiederholte, dies sei eine unaussprechliche Unbesonnenheit, und Ihr, Euer Majestät, würdet ihm befehlen, dass er sofort damit aufhört, zum Besten des Bündnisses und auch seiner selbst.«

Gyllian seufzte. »Hast du eine andere Antwort als die erwartet, die du bekommen hast, Vater? Hast du wirklich geglaubt, der Firbolg werde verständnisvoll auf ein so formuliertes Verlangen reagieren?«

»Ich hätte dich darum bitten sollen, die Botschaft aufzusetzen«, murmelte Faedryth und nahm den Faden wieder auf. »Aber der Bolg-König ist immer ein Mann klarer Worte gewesen. Ich dachte, wenn ich ihm eine klare Botschaft schicke, dann werde er sie respektieren. Offenbar war das falsch. Was hat er dann gesagt?«

»Er hat mich beiläufig gefragt, woher ich all das weiß, und hat dabei die Entfernung unseres Reiches sowie unsere Abgeschiedenheit von den Menschen zur Sprache gebracht. Als ich ihm sagte, dass Ihr Wert darauf legt, jegliche Ereignisse zu beobachten, die gefährliche Auswirkungen auf die Welt haben könnten, nannte er mich einen Lügner und meinte dann, er wisse, dass wir einen eigenen Lichtfänger besäßen und ihn zur Ausspionierung seines Landes einsetzten.«

Faedryth seufzte bedrückt.

»Eine vernünftige Vermutung«, meinte Gyllian. »Er hatte halb recht.«

»Dann verlangte er von mir, ich solle sein Land verlassen und Euch diese Botschaft überbringen«, fuhr Garson fort. »Er sagte – ich zitiere: ›Geh zu deinem König zurück und sage ihm dies: Ich hatte einmal Respekt vor ihm und der Art, wie er sein Königreich regiert. Er hat von den Cymrern eine genauso niedrige Meinung wie ich selbst, und er ist nur widerstrebend dem Bündnis beigetreten, genau wie ich. Er bleibt in seinen Bergen, wie ich. Aber wenn er fortfährt, mein Land auszuspionieren oder mir Botschafter zu schicken, die mir sagen, was ich tun und lassen soll, dann werde ich, wenn meine eigene Version eures so genannten Lichtfängers einsatzbereit ist, ihre Vernichtungsmöglichkeiten an weit entfernten Zielen ausprobieren. Welche Ziele das sein werden, überlasse ich eurer Phantasie.«

Die Luft schien aus der riesigen Höhle zu entweichen.

»Als ich ihm sagte, ich bezweifele, dass ich Euch diese Botschaft wirklich überbringen solle, meinte er nur: ›Bezweifle es nicht, Garson. Und nun geh.«