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»Dieses Knie, das sich nie in Demut gebeugt hat, nicht einmal vor dem All-Gott – wie viel Stärke hat darin gewohnt. Gib es mir, denn jetzt ist es mein.«

Mit einem abscheulichen Geräusch zerfiel die Kniescheibe unter seinem Griff und entsandte einen Lichtstrahl, der stärker als der erste war, in die Schuppe und die Hand des Mannes, der sie hielt. Sein ganzer Körper zuckte nach vorn, als der Kraftstrom durch ihn floss. Seine Muskeln zogen sich zusammen, das Herz hämmerte, während das Blut durch ihn pulsierte. Er rötete sich, schwoll an, wurde fester. Es war ein so wunderbares Gefühl, dass er kaum mehr die Schmerzen der Kaiserinwitwe beobachten musste, um seinen Genuss zu vervollkommnen.

Er schloss die Augen. Sein Verstand schwamm im neuen Meer der Macht, die ihn umspülte. Dieses Gefühl war in all seiner Süße schon beinahe schmerzhaft. In fernen Gedanken hörte er seine eigene Schwäche, sah seine andauernden Fehlschläge. Alles verschmolz im Rauschen des göttlichen Rechts, das in ihn eindrang, ihn ausfüllte, ihn ganz machte.

Der heftige Stoß eines kleinen, harten Fußes gegen seine Genitalien riss ihn ins Bewusstsein zurück. Alle Pracht verschwand und wurde sogleich durch eine Kälte ersetzt, unter der er bis zum Hals gefror und die Übelkeit in ihm erregte. Sein Blick verschwamm kurz; als er wieder klar sehen konnte, bemerkte er, dass die alte Vettel ihn anstarrte. Die steifen Muskeln in ihrem Gesicht kämpften darum, das triumphierende Grinsen aufzunehmen, das klar und ungehemmt in ihren Augen leuchtete und aus dem Ringen mit den Schmerzen, die sie in eisernem Griff hielten, als Sieger hervorging. Eine unbändige Wut schoss aus den Tiefen seines Wesens hervor, die plötzlich von einer neuen, hochherzigen Regung erstickt wurde – von einem Gefühl belustigten Mitleids, das in seinem Mund einen wunderbar reichen Geschmack hinterließ. Es war neu hinzugewonnene Würde. Nachdem er wieder Atem holen konnte, lächelte der Mann, ohne die geringste Spur von Schmerz zu zeigen.

»Gut getroffen, Euer Durchlaucht. Ich sehe, dass ich Recht hatte, als ich vorhersagte, es werde ein vergnüglicher Kampf.«

Er packte das Nachthemd der Kaiserin und zog es bis zum Hals herauf, sodass ihr Körper nackt vor seinen Augen lag. Ohne ein Anzeichen von Ekel liebkoste er ihr hängendes Fleisch und beobachtete eingehend den Ausdruck des Grauens und der Erniedrigung in ihrem Blick. Er trank ihre Gefühle und lächelte breit.

»Diese Brüste haben nie Milch gegeben, nie Leben geschenkt und keinerlei Lust verspürt. Leider ist hier keine Kraft zu ernten. Ihr fühlt sowieso nicht mehr viel, Kaiserin, oder? Ihr seid vom Hals ab doch Euer ganzes Leben lang tot gewesen.«

Als er sein Spiel mit ihr schließlich beendet hatte, glitt er mit den Fingern an ihrem Arm hoch, bis er die Hand erreichte. Die arthritischen Gelenke waren geschwollen und vom Alter geweitet. Er beugte sich über sie, führte ihre Hand an die Lippen und drückte ihr einen Kuss auf.

»Dies ist die Hand, die die Armlehne des Sonnenthrones gepackt hielt und die Zepter und Schwert allzu lange gehalten hat«, psalmodierte er. »Die Waage hat nun zu meinen Gunsten ausgeschlagen, Euer Durchlaucht. Es ist Zeit für Euch, den Griff zu lockern.«

Er drehte ihre Hand um und liebkoste den Ring an ihrem Mittelfinger. Es war ein großer, ovaler, leuchtend schwarzer Hämatit, eingefasst mit blutroten Rubinen aus den Minen der östlichen Berge Sorbolds. Es war der Staatsring, den schon ihr Vater getragen hatte, und vor ihm sein Vater, Großvater und Urgroßvater. Vorsichtig schob er ihn über den angeschwollenen Knöchel und steckte ihn sich an die eigene Hand. Er hielt ihn dem Mondlicht entgegen. Der Hämatit leuchtete noch stärker, und die Rubine funkelten wie dunkles Feuer. Er drehte sich um und hielt die Hand dicht vor ihre Augen. Die sengende Wut in ihnen beachtete er nicht.

»Gefällt es Euch, wie er an meiner Hand aussieht?« Er bewunderte den Ring noch eine kleine Weile, dann seufzte er und nahm ihn ab. »Doch leider muss ich warten, bis ich als rechtmäßiger Herrscher eingesetzt werde.« Er beugte sich über die Kaiserin und steckte ihr den Ring wieder an den Finger. Dabei kicherte er zunächst unterdrückt, brach aber schließlich in lautes Lachen aus. Die steife Hand der Herrscherin war in einer obszönen Geste erstarrt.

»Nochmals bravo, Durchlaucht. Das war wiederum sehr vergnüglich.« Schließlich war der Ring wieder an seinem alten Platz. Grob packte er die verschrumpelte Hand, zog wie schon zuvor die Kraft heraus und leitete sie in die Schuppe, bis das Fleisch nur noch lose an den Knochen herabhing. Ein feierlicher Ausdruck legte sich über sein dunkles Gesicht. Er kniete nieder und lehnte sich gegen das Bett. Ihre Blicke hatten sich ineinander verkrallt. Angesichts dessen, was sie in den Augen des Mannes sah, nahm die Widerspenstigkeit der Kaiserin ab.

Der Mann fuhr mit den Fingern an ihrem Kopf entlang und beschrieb einen Kreis um die Locken aus dünnem weißem Haar an ihren Schläfen.

»Dieses Haupt trug die Krone Sorbolds, das goldene Zeichen der Staatsgewalt und Herrschaft«, sagte er leise; seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Dieser Schädel bewahrt viele Geheimnisse, die ihm von den Monarchen der Vergangenheit zugeflüstert wurden – Weisheit, die durch die Jahrhunderte von Herrscher zu Herrscher in einer ununterbrochenen Linie weitergegeben wurde.« Das Glänzen in seinen Augen wurde sanfter, als der alten Frau die Tränen in die Augen stiegen, und seine Stimme wurde noch leiser. »Diese Geheimnisse und diese Weisheit gehören nun mir, Kaiserin«, sagte er und nickte langsam, als ob er sie besänftigen müsste.

Unter großen Anstrengungen drehte die Kaiserinwitwe den Kopf weg.

Der Mann erhob sich, nahm aber die Hand nicht fort. Der sanfte Ausdruck in seinen Augen verhärtete sich, als er den zerbrechlichen Schädel bei den Schläfen packte.

Er hielt die Schuppe noch einmal hoch.

Die Runen glühten heftig und hell.

»Bitte grüßt Kronprinz Vyshla ganz herzlich von mir, wenn Ihr ihn innerhalb der nächsten Augenblicke seht«, sagte der Mann. »Wie gut, dass Ihr Euer ganzes Leben in Sorbold verbracht habt, Durchlaucht. Das Klima hier sollte Euch gut auf das vorbereitet haben, was Euch nun bevorsteht.«

Mit einer plötzlichen Anspannung der Muskeln und des Willens packten seine Finger den oberen Teil des kleinen Schädels und drückten unbarmherzig zu.

Eine lodernd helle Lichtschnur trat aus dem Fleisch des Kopfes genau dort aus, wo die Krone gesessen hatte. Als hätte sie eigenes Leben, sprang sie zu einem leuchtenden Bogen auf und schoss in die violette Schuppe, wobei sie das verzerrte Gesicht der Frau beschien. Es war ein Ausbruch an Helligkeit, in dem sich gewaltige, immer wieder erneuernde Wellen aus farbigem Licht über den ausgefransten Rand der Schale ergossen.

Der Mann zuckte heftig und orgiastisch, während ein harscher Laut aus seiner Kehle drang. Der Körper versteifte sich und wurde undurchsichtiger. Ein Gefühl von Macht und Gewalt suchte ihn heim und wärmte ihn. Er schüttelte sich und versuchte, die Haltung zu bewahren. Dabei fiel er auf ein Knie. Die Oberherrschaft über das Land, seine Schätze und Bewohner überwältigte ihn. Er wusste nicht, wie lange er gekniet und um Atem und Gleichgewicht gerungen hatte. Als die Beine das Körpergewicht schließlich wieder tragen konnten, stand er auf und schaute auf das königliche Bett hinunter.

Die Kaiserin der Dunklen Erde war grau und kalt; sie hatte die Farbe von Lehm angenommen. Ihr Körper zitterte nicht mehr, und die Brust zeigte nur noch winzige Anzeichen von Atmung. Alle Farbe auf Haut, Haaren und Augen war verblasst und hatte sie bleich und farblos zurückgelassen. Nicht einmal eine Spur von Widerstand war in ihrem glasigen Starren verblieben, doch ihre Skeletthand hielt noch immer den Staatsring im Todesgriff umfasst. Der Mann seufzte tief, während seine Belustigung zurückkehrte. Man würde den Ring ihren toten Fingern entreißen müssen. Wie passend. Er beugte sich über den Körper der sterbenden Kaiserin und küsste sanft die kalte, papierne Stirnhaut.

»Vielen Dank, Durchlaucht«, flüsterte er. Dann trat er zurück in den einhüllenden Glanz des Mondlichts, das ihn vor den schweren Damastvorhängen im kaiserlichen Schlafgemach wieder durchscheinend machte.