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»Euer Majestät.«

»Was willst du?«

Der Soldat beobachtete ihn mit einer Mischung aus Nervosität und Verachtung. Die Sorbolder waren für gewöhnlich keine höflichen Leute. Eine gewisse Grobheit lag so tief in ihrem Nationalcharakter verankert, dass besondere Regimenter wie jenes, zu dem der Soldat gehörte, in den Regeln der Etikette unterwiesen wurden, damit grenzüberschreitende Botschaften ausgetauscht werden konnten, ohne einen diplomatischen Zwischenfall heraufzubeschwören. Der Soldat nahm eine steifere Haltung an und räusperte sich.

»Der Seligpreiser von Sorbold, der Segner Nielash Mousa, grüßt König Achmed von Ylorc, erzeigt ihm seine Ehrerbietung ...«

»Was willst du?«, fragte Achmed ungeduldig. »Ich bin beschäftigt.«

Der unterbrochene Bote schluckte die Worte herunter, die er unter Mühen auswendig gelernt hatte, und schaute den König an.

»Ihre Durchlaucht, die Kaiserinwitwe, ist im Schlaf aus dem Leben geschieden«, sagte er bündig.

»Es tut mir Leid, das zu hören«, erwiderte Achmed knapp. »Ihr Sohn wird nun sehr aufgeregt sein.«

»Wohl kaum«, entgegnete der sorboldische Soldat und verließ das königliche Protokoll, damit er endlich seine Botschaft abliefern konnte. »Er ist ebenfalls tot.«

»Was ist passiert? Hatten sie einen neuen Koch eingestellt?«

Der Soldat schwieg lange genug, um sich von dieser Beleidigung erholen zu können. »Ihre Durchlaucht haben vierundneunzig Sommer gesehen und der Kronprinz zweiundsechzig. Es war der Wille des All-Gottes, nichts sonst.«

Der Firbolg-König schaute ihn einen Moment lang schweigend an, dann streckte er die Hand aus.

»Hast du ein offizielles Dekret zu übergeben?«, fragte er.

»Ja, Majestät, und ich soll die Bitte des Segners übermitteln, dass Ihr an dem Staatsbegräbnis teilnehmt.«

Achmed brach das Siegel des Schriftstücks auf, das ihm der Soldat entgegenhielt, öffnete das gefaltete Pergament und las es rasch durch. Es enthielt dieselben Informationen, die ihm mündlich überbracht worden waren, wenn auch in blumigerer Sprache, und zusätzlich einen langen Satz am Ende des Dekrets:

»Da der Kronprinz keinen von Rechts wegen bestätigten Erben hinterlässt, wird ein Kolloquium zusammengerufen, um die Thronfolge der Dunklen Erde zu regeln, zusammengesetzt aus dem Herrscher und der Herrscherin der Cymrer, mit denen Sorbold verbündet ist, sowie aus den Herrschern der Grenzstaaten, nämlich Seiner Majestät König Achmed von Ylorc, Ihrer Majestät Königin Rhapsody von Tyrian, Tristan Steward, dem Regenten von Roland, und Viedekam, dem Verwalter der Neutralen Zone, überdies aus den Vertretern der Kirche, des Adels, der Kaufmannschaft und des Heeres, die sich allesamt unmittelbar nach dem Begräbnis während der Trauerzeit, in elf Tagen, versammeln sollen.«

Der Bolg-König starrte das Dekret lange an und schaute dann dem Boten ins Gesicht, als ob er vergessen hätte, dass der Mann noch da war.

»Du kannst jetzt gehen«, sagte er und nickte seinen eigenen Wachen zu. Der Abgesandte Sorbolds verneigte sich und ging.

Achmed wartete, bis die Schritte des Soldaten aus dem abgeschiedenen Nachbarvolk erstorben waren, dann setzte er sich auf den Marmorthron in der Großen Halle. Sein Magen drehte sich in einem selten verspürten Gefühl von Angst. Er starrte die Worte auf dem Pergament an, deren Bedeutung er nun langsam begriff, und fluchte in der Sprache der Bolg.

»Hrekin«, sagte er.

19

Auf der Transorlandischen Strasse — Bethania

Der königliche Wagen, der nur mit halber Geschwindigkeit gefahren war, wurde noch langsamer. Das kleine Fenster öffnete sich, und die Stimme des Fahrers ertönte im Lärm der abbremsenden Karawane.

»Eines Eurer Regimenter nähert sich, Herr.«

Ashe griff nach dem Samtvorhang an der Seite des Wagens. Er saß gegen die Lederbank gelehnt, auf der Rhapsody ruhte und in seinen Armen schlief.

»Eines meiner Regimenter?«

»Ja, Herr. Es scheint, dass es von Anborn angeführt wird.«

»Sehr gut. Brems den Wagen langsam ab und halte an. So sanft wie möglich.«

»Ja, Herr.«

Der Klang von Pferdehufen und gebrüllten Befehlen wurde lauter, als der Wagen schließlich knirschend und quietschend anhielt. Vorsichtig bettete Ashe seine Frau in die Kissen, bedeckte sie sorgfältig mit einem Laken und verließ rasch den Wagen, wobei er versuchte, die blendende Sonne nicht in das dunkle und angenehm kühle Innere zu lassen.

Als er am vorderen Teil des Wagens ankam, sah er, wie der Marschall auf seinem schönen schwarzen Hengst das zweite Regiment von Haguefort in stetigem Galopp nach Osten trieb, um die Karawane auf der Straße zu treffen. Als sie ihr Ziel erreicht hatten, gab der General den Soldaten hinter ihm das Zeichen, langsamer zu werden, und trieb sein Pferd auf Ashe zu.

»Gut gemacht, Onkel«, sagte Ashe und beschirmte die Augen vor der Sonne, als Anborn näher kam.

»Bitte halte das Regiment zurück. Rhapsody schläft, und ich will nicht, dass sie gestört wird.«

Der General zügelte sein Pferd, das sofort anhielt. Es tänzelte ein wenig und stand dann ganz still. Es war vollkommen auf seinen Reiter eingestellt, der seine Beine nicht mehr gebrauchen konnte.

»Sie schläft?«, wunderte er sich. Seine Stimme klang barsch im heißen Sommerwind. »Am Mittag? Ist sie krank?«

Ashe bedeutete Anborn, er solle ihm außer Hörweite der Wagenwachen folgen. Als sie etwa fünfzig Schritte entfernt waren, warf er den beiden Regimentern, die sich in Habt-Acht-Stellung begaben, einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder an Anborn.

»Sie fühlt sich nicht wohl«, sagte er und schaute zu seinem Onkel hoch. »Sie bekommt ein Kind.«

Anborn starrte vom Pferderücken aus auf ihn hinunter, überdachte die Worte eine Weile und erlaubte dem Pferd, unangenehm nahe an Ashe heranzutreten. Dann zog er mit einer Schnelligkeit, die von seiner langen Ausbildung als Soldat herrührte, eine Schiene von seinen nutzlosen Beinen und schlug sie dem Herrn der Cymrer gegen die Brust.

»Bist du verrückt geworden?«, zischte er mit wütender Stimme. »Was hast du getan, du Narr?«

Ashe holte tief Luft und versuchte ruhig zu bleiben, doch er ballte die Fäuste, und der Drache in seinem Blut regte sich.

»Wenn du das fragen musst, tust du mir Leid, Onkel«, sagte er so freundlich wie möglich. Der General richtete sich im Sattel auf. Zorn strahlte aus seinen blauen Augen. »Du ungeheuerlicher Dummkopf! Hast du vielleicht vergessen, was mit deiner eigenen Mutter geschehen ist?«

Schließlich trat Ashe einen Schritt zurück. »Warum bist du hier, Anborn?«, fragte er. Die vielen Drachenstimmen schlichen sich in seinen Tonfall. »Ich vermute, du hast einen anderen Grund dafür, als mich mit Fragen zu bestürmen, die dich nichts angehen.«

Der General spuckte auf den Boden rechts von ihm, als wolle er einen schlechten Geschmack aus dem Mund vertreiben. Dann wendete er das Pferd in einem engen Kreis und rückte höflich von Ashe ab. Wütend griff er in die Falten seines Wamses und holte ein in Öltuch eingeschlagenes Päckchen hervor, das er dem Herrn der Cymrer zuwarf.

»Die Kaiserin von Sorbold ist endlich gestorben«, sagte er verächtlich. »Und ihr fettes Söhnchen ebenfalls.«

Ashe schaute ihn einen Moment lang an, nahm dann das Schreiben aus dem Öltuch und brach das Siegel auf. Mit seinen Drachenaugen überflog er das Pergament.

»Das ist Besorgnis erregend«, sagte er. »Es gibt nicht nur keinen unmittelbaren Erben, sondern während der langen Lebensspanne der Kaiserin sind selbst die entfernten Verwandten der Krone ausgestorben. Sorbold ist nun ein kopfloser Rumpf; das wird zum Chaos führen.«

»Du hast von deinem Vater die Gabe der Untertreibung vererbt bekommen«, bemerkte Anborn und sah ihn vom Sattel aus an. »Behalte diesen Augenblick im Gedächtnis, Neffe. Dies ist der Tag, an dem der kommende Krieg begonnen hat.«

»Du siehst in jedem wachen Augenblick den Krieg, Onkel«, erwiderte Ashe mit einem menschlicheren Ton der Verärgerung in der Stimme. »Es gibt das Konzil, und Sorbold ist ein Freund und Verbündeter, nicht nur durch Leitha, sondern durch alle, die zum Gerichtshof gekommen sind und ihre Treue geschworen haben. Wir sollten keine Schwierigkeiten heraufbeschwören, nicht wahr?«