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Ein Rang hatte genauso große Vorteile wie allseits bekannte Hässlichkeit.

»Ich will mit den Künstlern sprechen«, sagte er fest und trat so wenig bedrohlich wie möglich an die Soldaten heran.

Sie schauten zuerst einander und dann den Kolonnenführer an.

»Die meisten von ihnen sprechen keine bekannte Sprache«, sagte der Anführer. »Majestät«, fügte er widerstrebend nach einer Sekunde hinzu.

»Wer sind sie?«

Der Soldat schüttelte den Kopf. »Wanderer. Reisende Handwerker aus dem Südosten. Sie nennen sich die Panjeri. Offenbar hat die Kaiserin sie angestellt; sie sind immer wieder hergekommen und haben sich um die Glasarbeiten gekümmert. Eine der Frauen hat gesagt, dass sie bald abreisen.« Bei dem Wort Frauen hatte seine Stimme einen unangenehmen Unterton angenommen.

»Welche Frau?«, fragte Achmed und sah an den Soldaten vorbei zu den Kunsthandwerkern. Er erkannte vier Frauen.

Der Kolonnenführer zuckte die Achseln, drehte sich um und schaute sie eine Weile an.

»Sie sehen alle gleich aus«, sagte er schließlich. »Ich empfehle Euch diese dort, Majestät.« Er deutete an einem Felsvorsprung vorbei auf ein Gerüst, das an der runden Klippe verankert war, in denen die Gruftfenster steckten.

Auf diesem Gerüst befand sich noch eine einzelne Künstlerin, während die übrigen bereits zusammenpackten. Sie war in die Hocke gegangen und polierte eingehend einen kleinen Teil des frisch eingesetzten Glases vor der Gruft des Kronprinzen. Sie bemerkte weder die untergehende Sonne noch die gelegentlichen Rufe ihrer Kameraden.

Achmed nickte knapp. Ihm schmerzte der Kopf vor einem unangenehmen Summen und dem Wissen, dass das Kolloquium entweder auf ihn wartete oder – schlimmer noch ohne ihn angefangen hatte. Er erkletterte die Überreste der Böschung und überquerte rasch den Felsvorsprung. Vor dem Gerüst blieb er stehen. Einige Panjeri hielten in ihrem Tun inne und starrten ihn an.

»Wer ist euer Anführer?«, fragte er drei Männer und eine Frau, die ihn genau beobachteten. Die Männer tauschten einen raschen Blick aus und schauten ihn wieder an.

»Versteht mich jemand von euch?«, fragte Achmed und versuchte, seine Enttäuschung im Zaum zu halten.

Nur Schweigen antwortete ihm.

Schließlich entfernte er sich von ihnen. Er spürte, wie ihre Blicke ihm folgten, und näherte sich dem Gerüst.

Die Frau darauf war noch immer mit ihrer Arbeit beschäftigt. Sie fuhr mit einem kleinen, groben Werkzeug über das Glas und polierte es, während sie gleichzeitig noch einmal die Naht überprüfte. Einer der anderen Handwerker rief ihr ungeduldig etwas in einer Sprache zu, die Achmed nicht erkannte, und sie gab darauf eine bissig klingende Bemerkung zurück. Als sie sich umdrehte und noch etwas sagen wollte, fiel ihr Blick für den Bruchteil einer Sekunde auf den Bolg-König, doch sie schenkte ihm keine weitere Aufmerksamkeit, sondern wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Während sich schließlich der Rest der Panjeri zusammen mit den Kisten und Tieren an den Abstieg machte, kamen zwei Männer hinüber zum Gerüst. Einer packte die Stützstreben und schüttelte sie. Dabei schwankte die Frau leicht, aber sie brachte sich mit einer blitzschnellen Bewegung wieder ins Gleichgewicht. Sie ergriff einen kleinen Messingtopf, in den sie ihr Werkzeug eingetaucht hatte, und warf ihn dem Mann entgegen. Sie verfehlte seinen Kopf um Haaresbreite, doch die Flüssigkeit ergoss sich über ihn. Ihre Werkzeuge warf sie in Richtung des anderen Mannes und stieg von der Plattform herunter. Aus ihren dunklen Augen schössen Blitze auf den Mann, der an dem Gerüst gerüttelt hatte. Achmed stand in der Nähe und versuchte, ihre Aufmerksamkeit zu erringen, während sie mit ihrem Gefährten einige heftige Worte austauschte und sich dann bückte, um den Topf aufzuheben. Die Männer packten das Gerüst, schlugen es rasch ab und trugen die Einzelteile zu dem übrig gebliebenen Wagen. Als die Frau ihren Topf wieder in der Hand hielt, drehte sie sich um und wollte den Männern folgen. Achmed drängte sich schnell zwischen sie und den Wagen.

»Hallo«, sagte er unbeholfen. Er biss die Zähne zusammen und wünschte sich, Rhapsody wäre hier und würde den Kontakt für ihn herstellen. Er hasste Gespräche im Allgemeinen und den Beginn von Gesprächen im Besonderen. Seine Abscheu vor einer Kontaktaufnahme mit Leuten, die nicht seine Sprache sprachen, überstieg jedes vernünftige Maß. »Sprichst du die Sprache dieses Kontinents?«

Die Augen der Frau verengten sich. »Nein, leider nicht«, sagte sie knapp und wollte an ihm vorbeigehen.

Achmed sprang zur Seite und schnitt ihr so wieder den Weg ab. »Warte bitte.« Er schaute auf sie herunter, und ein Gefühl gezügelter Erregung überkam ihn.

Die Frau war kaum so groß wie Rhapsody. Und wie Rhapsody steckte sie in praktischen Kleidern, in einer Hose und einem fleckigen cambrischen Hemd. Vor Erschöpfung atmete sie schwer, und ihre Wangen waren gerötet. Kurze, dunkle Haarlocken rahmten ihr Gesicht ein, das unter einer Lage aus schmutzigem Sand und Streifen getrockneten Schweißes von der Arbeit auf dem Gerüst sehr zarte Züge zeigte. Die dunklen Augen waren groß und bemerkenswert geformt. In diesen Augen schimmerte eine Verachtung, die er nicht übersehen konnte. Er kannte sie vom Spiegelbild seines eigenen Gesichtes her.

Ihre Haltung ähnelte der seinen; sie ertrug weder Narren noch jemanden, der sich ihr in den Weg stellte.

»Bist du hier fertig?«, fragte er.

Die Frau warf den Topf einem der Männer zu, die neben dem Wagen warteten. »Hat man dich geschickt, um uns zu bezahlen?«

»Nein«, sagte Achmed rasch.

»Dann geh mir aus dem Weg.« Sie schritt an ihm vorbei zu dem Wagen und machte sich daran, auf ihn zu klettern. Achmed packte sie am Arm.

Der Aufruhr, der sich daraus ergab, überraschte ihn. Er verfluchte sich, dass er ihn nicht vorhergesehen hatte.

Ohne das geringste Zögern rammte die Frau ihm die Faust gegen die Schulter und drückte ihn fort. Er musste seinen Griff lockern. Als sie herumwirbelte, zogen die übrigen Kunsthandwerker, Männer sowie Frauen, scharfe Messer und Werkzeuge. Achmed ließ rasch ihren Arm los und hielt die Hände hoch.

»Entschuldigung«, sagte er und verfluchte sich still. »Ich kann das nicht gut. Ich will euch anheuern.«

Die Frau schaute ihn kurz an und nickte dann ihren Gefährten zu, die weiter den Wagen beluden.

»Uns anheuern?«, fragte sie verächtlich. »Das kannst du dir nicht leisten.«

»Ich ... ich bin König Achmed von Ylorc«, stammelte er.

»Wie schön für dich. Du kannst es dir trotzdem nicht leisten. Und jetzt sei bitte so freundlich und geh mir aus dem Weg.« Die Frau wandte sich um und ging fort.

Achmed fühlte sich, als ertrinke er. Seine übliche Gelassenheit war verschwunden; er war verzweifelt und über jedes vernünftige Maß hinaus besorgt.

»Wie hoch ist der Preis?«

Die Frau drehte sich um und schaute ihn scharf an. Sie dachte über seine Frage nach und atmete tief ein, um sich zu beruhigen; dann sagte sie: »Jeder von uns ist ein verbriefter Meister. Zweihunderttausend Goldsonnen.«

Achmed schluckte schwer. »Abgemacht«, sagte er.

»In Edelsteinen. Wir können nicht so viele Münzen mit uns herumschleppen.«

»Wie ihr wünscht.«

»Heute.«

Der Bolg-König hüstelte. »Heute?«

Die Frau nickte und hielt die Augen auf sein Gesicht gerichtet. »Heute. Vor Sonnenuntergang.«

»Das werde ich wohl kaum schaffen.«

Sie nickte. »Wie ich dir gesagt habe, du kannst es nicht bezahlen.« Sie kehrte zum Wagen zurück und machte sich daran hinaufzuklettern.

Achmed setzte ihr nach. »Warte bitte. Ich kann euch heute Abend einen gedruckten Schuldschein geben.«

Die Frau lachte. Sie sprang vom Rand des Wagens und stellte sich vor Achmed.