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Und auf das von Rhapsody.

In einiger Entfernung links von ihm bemerkte er, wie sich etwas langsam zwischen den blassen Bäumen bewegte. Der Puls in seinem behandschuhten Finger klopfte gegen das Gewicht des Cwellan-Abzuges.

Plötzlich teilte sich einen Steinwurf entfernt zu seiner Rechten das Gebüsch.

Achmed wirbelte herum und legte die Cwellan mit einer Schnelligkeit an, die jahrhundertelanger Erfahrung entsprang.

Der Hirsch in der Brombeerhecke vor ihm gefror.

Einen Augenblick erstarrte auch Achmed. Dann senkte er langsam die Waffe und atmete tief durch.

Das Tier starrte ihn einen Moment lang an, drehte sich dann um und sprang zurück in die Tiefen des Waldes, wobei es wütend schnaubte. Im Westen hörte er die Geräusche seiner Partnerin, die durch die Schneekruste brach und Zweige knickte, während sie gemeinsam mit dem Hirsch floh.

Achmed sog die Luft wieder ein, ließ sie langsam entweichen und eilte dann zu dem Haus in der Ferne vor ihm.

Hundert Schritte, bevor er die Stelle erreichte, wo das Haus gestanden hatte, erkannte Achmed die Schäden, die der Feuerball angerichtet hatte, der an diesem Ort niedergegangen war. Schnee hatte die Asche und Schlacke bedeckt, sodass bei jedem Schritt seine Abdrücke unter dem weißen Grund schwarz wurden. Die Bäume in dieser Gegend waren verkohlt, die Rinde verbrannt oder von Ruß geschwärzt; es war umso schlimmer, je näher sie dem Haus gestanden hatten. Der äußere Ahornring war eine Ansammlung von geschwärzten Strünken, während die Birken in der Nähe des äußeren Hofes nur noch feiner, rußiger Staub waren. Von dem Haus selbst waren nicht mehr als ein Turmgerippe und Berge verkohlten Schutts übrig geblieben.

Die weiße Eiche in der Mitte aber hatte überlebt. Es war ein Ableger der Sagia, des Weltenbaumes, den Rhapsody mit dem endlosen Spiel ihrer Harfe gerettet hatte, die sie bei ihrer Abreise zwischen die Zweige gesteckt hatte. Selbst das Inferno des Elementarfeuers ein halbes Jahr später, das den Baum von seiner verseuchten Wurzel gereinigt und auch das Haus angezündet hatte, hatte nicht ein einziges Blatt versengt. Der Baum stand immer noch da wie in ewigem Sommer; weiße Blüten schaukelten im Wind, der durch die Zweige pfiff. Rhapsody kauerte unter dem Baum und warf etwas auf die verschneiten Ziegel des Hofbodens, in dem eine kleine Gruppe Wintervögel sich versammelt hatte. Sie zerstreuten sich, als Achmed durch die Bäume brach. Rhapsody schaute auf, erhob sich und wischte sich dabei die Hände an ihrer Hose ab.

In Achmeds Haut stach es heftig, als er sie ansah. Es hatte eindringlich in ihm gesummt, seit er vor einer Woche eine Nachricht von ihr erhalten hatte die Nachricht, auf die er seit dem Moment gewartet hatte, als sie sich auf den Krevensfeldern getrennt hatten. Der BolgSoldat, der ihm das Stück Ölpapier gebracht hatte, war vor seiner Reaktion zurückgeschreckt, obwohl sich der König während des Lesens überhaupt nicht gerührt hatte. Anscheinend hatte der Blick in seinen Augen ausgereicht, den Wächter doppelt so schnell zur Voliere zurückzuscheuchen.

Achmed hatte das Papier stundenlang angeschaut; es war ein einfaches, zerknittertes Stück Ölpapier gewesen, auf dem nur ein einziges Wort gestanden hatte: Ja. Dieses Wort war der Schlüssel zum Anfang des Endes.

Von diesem Zeitpunkt an war es ein Krieg des Willens gewesen. Der tiefe, ihm eingeborene Drang nach Vernichtung hatte ihm endlos ins Ohr geflüstert und ihn zur Jagd getrieben. Alles, was Achmed tun konnte, war, dem Blutdrang nicht nachzugeben. Es war ein Zwang, den jeder von dhrakischem Geblüt in sich spürte: den alles verzehrenden Drang, die F’dor zu vernichten. Er hatte beizeiten gelernt, dass die angeborenen Instinkte seines dhrakischen Blutes sowohl gegen als auch für ihn arbeiteten. Nun kontrollierte er seine Atmung und bemühte sich, ruhig zu bleiben.

Rhapsody sah ihn genauso durchdringend an und stemmte die Hände in die Hüften. Es war nur wenige Wochen her, seit er sie zum letzten Mal gesehen hatte, doch es schienen Welten dazwischen zu liegen. Ihr Gesicht hatte einen ruhigen Ausdruck angenommen, ihre Augen aber brannten in einer stillen Eindringlichkeit. Das Haar, das sie wie immer mit einem schwarzen Samtband zusammengebunden hatte, reichte ihr bis auf die Knie. Als sie sich getrennt hatten, war es ihr nur bis auf den Rücken gefallen. Sie betrachtete sein Gesicht; schließlich winkte sie ihn hinüber in die Mitte des Hofes und unter die dünnen Zweige des jungen Baumes, der aus ihrer Heimat auf der anderen Seite der Welt stammte.

Er spürte, wie der Herzschlag der Welt in seinen Ohren dröhnte, während er zu ihr ging. Er wusste, was sie ihm mitgebracht hatte.

»Brombeeren«, sagte sie, als er unter den Zweigen des Baumes stehen blieb.

»Was?«

Sie deutete auf den Boden. Einige der Vögel waren zurückgekehrt und pickten vorsichtig herum.

»Brombeeren. Aus dem Gebüsch auf der Lichtung. Als wir zum letzten Mal hier waren, waren die Hecken verseucht und zerrissen. Ich hätte nie geglaubt, dass sie noch einmal Früchte tragen würden. Vielleicht ist das ein gutes Zeichen.«

Achmed nickte. »Davon können wir nicht genug haben. Wo ist es?« Seine Frage klang barscher, als er es vorgehabt hatte.

Zur Antwort nahm sie die Tagessternfanfare ab und hielt sie mit der Spitze nach oben. Langsam glitt die Waffe aus der schwarzen Elfenbeinscheide. Ein ruhiger, silbriger Klang wie von einem unterdrückten Trompetenruf wisperte durch den leeren Hof. Der Korkboden des kleinen, dreieckigen Behälters ruhte auf der Schwertspitze. Er war von den Flammen angesengt. Rhapsody packte beherzt in die Flammen und zog ihn von der Spitze der Waffe.

»Hier«, sagte sie und hielt ihn Achmed entgegen. »Mach etwas Gutes daraus.«

Er hielt es vor seine Augen. »Das ist alles? Von den Dämonenkindern?«

»Ja. Es ist bis zur reinen Essenz destilliert. Ansonsten ist nichts mehr darin, kein mütterliches Blut und auch nicht das des Rakshas. Es ist rein. Es wird kein Irrtum möglich sein, wenn du den Wirt findest.« Ihre smaragdenen Augen loderten auf. Es wirkte wie Erregung, aber Achmed vermutete, es war eher Angst. »Was wirst du jetzt damit machen?«

Achmed betrachtete weiterhin den Hämatitbehälter. Der Stein fühlte sich warm an. Vielleicht kam das von dem Feuer des Schwertes, doch es war wahrscheinlicher, dass der Inhalt des Gefäßes die Wärme selbst erzeugte. Es war zwar versiegelt, aber trotzdem schwang etwas darin; sanfte Stimmen sangen dunkle Hymnen in den knisternden Feuern der Unterwelt. Er spürte die Kraft und das Böse durch den Stein. Sie riefen ihn schmeichelnd, befehlend, und spotteten seiner dhrakischen Seele. Das Blut hinter seinen Augen brannte.

Öffne es. Lass und heraus. Lass uns aus der Gruft.

Achmed steckte den Hämatitbehälter in sein Hemd. »Nichts.«

Die grünen Augen ihm gegenüber weiteten sich bedenklich.

»Nichts? Nach all dem? Was willst du damit sagen?«

»Du hast gefragt, was ich jetzt damit machen werde. Ich habe gesagt: Nichts. Grunthor ist nicht hier, und wir können den Dämon noch nicht jagen. Wir müssen zusammen sein, wie ich vermute. Ansonsten hätte diese schwachhirnige Seherin nicht von den Drei geplappert.« Er warf einen Blick in den Hof, durch den der Wind pfiff, welcher den jüngst gefallenen Schnee zu gewundenen Laken aus eisigem Weiß aufwirbelte.

»Bevor ich etwas unternehme, werde ich warten, bis du wieder in Ylorc bist. Ich muss mich vorbereiten.«

»Bis ich wieder in Ylorc bin?« Auch Rhapsody schaute sich in dem Hof um. »Gehe ich nicht mit dir?«

»Vielleicht. Aber ich war der Meinung, du brauchst ein paar Tage Ruhe.« Achmed griff in eine Falte seiner Robe, holte eine cremefarbene Leinenkarte mit einem erbrochenen Goldsiegel hervor und reichte sie ihr.