»Rhapsody, es tut mir Leid, dass das gerade jetzt geschieht, wo wir noch ein wenig Zeit miteinander verbringen wollten. Ich fürchte, ich muss mich ihm stellen. Ich bin verpflichtet, diese Herausforderung anzunehmen.«
»Das ist absurd«, meinte Rhapsody und warf einen Blick über die Schulter auf Khaddyr und seine Sekundantin. »Diese Narren. Erlaube mir, dass ich ihm das selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht prügele. Das wäre eine gute Gelegenheit, ihm seine Übergriffe heimzuzahlen, als er mich zum ersten Mal zu dir führte.«
Llaurons Griff war sanft, als er sie bei den Schultern nahm und ihr ins Gesicht lächelte. »Nein, meine Liebe, das werde ich dir nicht erlauben. Aber ich freue mich natürlich über dein Angebot.«
Rhapsody war erstaunt. »Was willst du denn damit sagen? Kommt sonst noch jemand? Ist Ashe in der Nähe? Oder Anborn?«
»Nein, ich fürchte nicht. Das ist eine Schlacht, die ich allein zu schlagen habe. Sie ist ein Teil meines Amtes.«
Rhapsodys Stimme klang sanft, aber der Unterton der Besorgnis war nicht zu überhören.
»Llauron, das ist lächerlich. Deine Stärke ist dein Geist, deine Weisheit, aber nicht dein Körper. Außerdem ist es meine Pflicht, in solchen Fällen Beistand zu leisten. Aus diesem Grund habe ich schließlich mein Schwert. Geh einfach zu Khaddyr und sage ihm, dass ich gegen ihn oder Lark kämpfen werde. Ich hoffe, es wird der Bastard persönlich sein, denn ich habe noch eine Schuld mit ihm zu begleichen mit Zins und Zinseszins. Darauf freue ich mich wirklich.«
»Hör mir zu, Rhapsody«, sagte Llauron mit befehlendem Ton in der Stimme. »Ich werde nicht um deinen Beistand bitten. Du begreifst nicht die Feinheiten meines Amtes. Das ist ein Kampf, den ich allein auszufechten habe. Ich will trotzdem, dass du etwas für mich tust.«
»Sag, was es ist, Llauron.«
»Du musst meine Zeugin sein und als Botin dienen, wenn es vorbei ist. Was immer du siehst, musst du in allen Einzelheiten berichten. Davon hängt das Schicksal des filidischen Ordens ab. Als Benennerin garantierst du dafür, dass du die Wahrheit sagst.«
»Natürlich, aber...«
»Du musst auf dein Schwert einen heiligen Eid schwören, dass du dich hier nicht einmischen wirst, egal was geschieht. Halte dich von dem Kampf fern.«
»Bist du verrückt geworden?«, keuchte Rhapsody, bevor sie ihre Worte oder ihren Zorn mäßigen konnte. »Llauron, ich bin für solche Situationen ausgebildet worden, und zwar von dir selbst. Diese ganze Sache ist verrückt; du bist erschöpft und krank. Bitte, geh einfach fort und lass mich die Dinge in die Hand nehmen.«
»Rhapsody, die Zeit wird knapp. Hör mir zu. Entweder schwörst du jeglicher Einmischung ab und bist meine Zeugin, oder ich bin gezwungen, dich von dem Kampf zu verbannen. Hier sind meine Kräfte stärker als deine, meine Liebe. Ich kann dich aus diesem Wald verbannen, aber dann verdammst du mich dazu, die Sache allein und ohne Herold oder Freund durchzustehen. Ich glaube nicht, dass du das willst, oder? Würdest du, eine Benennerin und lirinsche Sängerin, mir im Angesicht des Todes die Freundschaft verweigern?«
Rhapsody erzitterte. »Nein.«
»Das hatte ich mir gedacht.« Llaurons Gesicht und Stimme wurden wieder sanft. »Ich erkenne deine selbstlosen Absichten an, meine Liebe, aber das hier ist eine vorherbestimmte Angelegenheit, und du kannst kein Teil davon sein. Du würdest alles entehren, was mir heilig ist, wenn du deinen Eid brächest und in irgendeiner Weise an dem Kampf teilnähmest. Hast du das verstanden?«
Sie senkte den Blick; ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ja.«
»Gut, gut. In Ordnung, wir nehmen die Herausforderung an.«
Rhapsody versuchte es ein letztes Mal. »Zögere doch wenigstens ein bisschen«, sagte sie mit einem erstickten Flüstern. »Bitte, Llauron, verlange einen kleinen Aufschub. Stell dich erst, wenn du frisch, ausgeruht und auf dem Höhepunkt deiner Kraft bist.«
Llauron lachte. Er streckte eine faltige Hand aus und streichelte Rhapsody sanft über die Wange. »Du bist so gut, meine Liebe«, sagte er, während ihm die Tränen aus den Augen rannen.
»Bitte, Llauron, bitte.« Der Schmerz und die Tränen in ihren Augen ließen Llauron an einen Regenschauer im Wald denken, bei dem man hoch zum Blätterdach schaute. Er lächelte sie wieder an.
»Mein Sohn ist ein glücklicher Mann«, sagte er sanft. Seine Stimme klang ernst. Ihr Gesicht verzerrte sich in Qual. »Ich werde deinen Sohn nicht mehr sehen, Llauron«, meinte sie traurig. »Ich habe getan, was du von mir verlangt hast. Wir haben uns getrennt.«
Llauron wirkte überrascht. »Wie schade«, sagte er wie zu sich selbst. »Und das, nachdem ich ihm meinen Segen gegeben habe. Eine Schande. Es tut mir Leid, meine Liebe.«
Rhapsodys Magen verwandelte sich in einen Eisklumpen. Llaurons Worte mochten gut gemeint sein, doch sie rissen eine weitere Wunde in ihre Seele. Wenn er seine Bedenken aufgegeben hatte, bedeutete das, dass Ashe selbst sie als unwürdig erachtet hatte. Sie schluckte die Galle herunter, die in ihrer Kehle aufstieg, und zog ihr Schwert.
»Bitte überlege es dir noch einmal«, bat sie ihn erneut. »Ich habe Angst, bald deinen Tod beobachten zu müssen, und ich habe geschworen, das unter Einsatz meines Lebens zu verhindern. Ich werde dafür verantwortlich sein.«
»Ich entbinde dich hiermit von allen Pflichten«, sagte Llauron feierlich. »Ich bitte dich nur um eines, Rhapsody.« Sie nickte. »Wenn ich hier sterben sollte, will ich, dass du meinen Körper unverzüglich den Sternen und dem Feuer übergibst. Errichte einen Scheiterhaufen; es hat keinen Sinn, mich zurück zum Baum zu bringen. Befreie meine Seele mit dem Sternenfeuer der Tagessternfanfare. Und wenn du mir das Lied des Übergangs singst, werde ich dich anlächeln, wo immer ich mich befinden mag.« Er fuhr mit der Hand an einer goldenen Locke herab, die sich aus dem schwarzen Band gelöst hatte.
Rhapsody brach in Tränen aus. »Bitte, tu es nicht.«
»Rhapsody, es reicht. Reiß dich zusammen, mein Kleines.« Llauron stützte sich auf den weißen Eichenstab; das goldene Eichenblatt blitzte in der Sonne auf. »Knie nieder und lege deine Waffe vor mich.«
Sie schluckte ihre Tränen herunter. Angst stieg in ihr auf. Sie fiel auf ein Knie und streckte ihr Schwert nach vorn.
»Jetzt musst du bei allem schwören, was dir heilig ist, bei deinem Leben und auf dein Schwert, dass du meinem Befehl, dich nicht einzumischen, Folge leistest«, sagte er. Seine Augen glommen schwach in dem Licht, das auf sie fiel, als der Wind die dicksten Zweige zur Seite peitschte. Er wartete auf ihre Antwort.
Nach einem Augenblick sagte sie: »Ich schwöre es.«
Ein triumphierendes Lächeln legte sich auf sein Gesicht, doch Rhapsody, die noch immer den Blick gesenkt hielt, sah es nicht. »Gut, gut. Und du wirst den Scheiterhaufen mit dem Schwert entzünden?«
Sie hob den Blick. »Du erwartest nicht zu gewinnen, oder?« Die Traurigkeit in ihrer Stimme berührte ihn tief.
»Im Gegenteil, meine Liebe«, sagte er beruhigend, »das ist das Einzige, was ich erwarte.«
Aus der Ferne sah Ashe zu. Sein Mund wurde immer trockener, und seine Hände zitterten vor Wut. Er musste sich mit Gewalt davon abhalten, herbeizueilen, sein Schwert zu schwingen und alle zu töten. Selbst aus dieser Entfernung spürte er die Qualen, die seine Frau ausstand. Ihm wurde so übel, dass er sich übergeben wollte. Er tastete tief in sich selbst hinein, wo er den Teil seiner Seele spürte, der mit der ihren verbunden war, und versuchte mit aller Macht, sie zu beruhigen; doch er wusste, dass er sie nicht erreichen konnte.
Der Drache in seinem Blut regte sich; er war unruhig, seit Ashe hier angekommen war. Die Drachenworte wisperten in seinem Kopf; hinter seinen Augen brannte es mit sengender Wut.
Sie hat Schmerzen, flüsterte es zornig. Unser Schatz leidet Qualen; er weint. Wenn sich seine Wut entzündete, würde er vielleicht nicht mehr in der Lage sein, sich zurückzuhalten. Ashe zwang sich zu anderen Gedanken, aber es gelang ihm nicht. Als sein Zorn allmählich Feuer fing, spürte er, wie ein neuer Schrecken und eine neue Panik ihn durchströmten. Er rannte bis zum Rand der Lichtung. Das Grauen schnürte ihm die Luft ab.