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Ich will dich nicht mehr sehen, bis der Rat zusammentritt. Und danach will ich dir vielleicht nie wieder begegnen.

Die Welt summte um ihn herum, so wie sie es auf seiner Flucht hierher getan hatte. Sanft berührte er die Borke des jungen Baumes. Sie war wunderbar warm unter seinen frierenden Händen.

»Ich liebe dich, Aria«, sagte er leise. Seine Finger zitterten und stachen, als sich seine zweite Natur erhob und ihm unter die Haut kroch.

Auf Wiedersehen, Ashe. Möge dein Leben lang und glücklich sein. Bitte schließ die Tür hinter dir.

Die Wut brannte wieder hinter seinen Augen. Er erinnerte sich an andere Worte, die sie vor sehr langer Zeit gesagt hatte, als sie einander als Liebende erkannt hatten, zusammen gereist waren, sich in einem Raum hinter dem Wasserfall versteckt hatten. Es waren melancholische Worte gewesen, ausgesprochen in geteiltem Vertrauen vor einem knisternden Feuer.

Meine Vergangenheit ist ein Korridor mit Türen, die ich offen gelassen habe und nie schließen wollte. Ich habe nie eine Tür geschlossen, wenn ich es nicht musste, in der Hoffnung, dass alles eines Tages wieder in Ordnung sein würde, wenn ich mir immer alle Möglichkeiten offen halte.

Der Ton der Endgültigkeit in ihrer Stimme zerdrückte ihm die Brust, machte ihm das Atmen schwer und entflammte den Drachen in seinem Blut.

Bitte schließ die Tür hinter dir.

Ashe spürte, wie der Damm seiner menschlichen Entschlossenheit mit einem Knall auseinander riss. Über den schlüpfrigen Boden, auf dem er sich so unsicher hielt, brüllte der Drache hinweg. Als ob es in einer dunklen Flut ertränke, ergab sich sein Bewusstsein der Bestie, und er wurde von der Leere in sich selbst verschluckt und verschwand an einen Ort, der dunkler als der Tod selbst war, während der rasende Drache sich erhob.

Gwynwald

Als der Angriff erfolgte und die ersten Bäume am Waldrand den flammenden Pfeilen erlagen, die aus dem Himmel regneten, setzte sich Khaddyr im Bett auf. Er war hellwach und zitterte. Obwohl er wusste, dass die Nachtmahre nichts anderes als Heimsuchungen der Angst waren, die sich mit den alten Legenden vermischte, spürte er deutlich, dass sich nun etwas verändert hatte. Er spürte es durch die Erde.

Er wusste, dass der Drache nach ihm suchte.

Zuerst war er so entsetzt, dass er befürchtete, er könnte das Bett benässen. Nach einem Augenblick des Nachdenkens aber kehrte seine Ruhe zurück.

In Gwynwald lag viel mehr Macht als in jedem Drachen, selbst als in Elynsynos. Die Stärke des Gwynwaldes war der Große Weiße Baum, das lebende Gefäß der Erdenergie, der letzte der Orte, an dem die Zeit begonnen hatte. Er war der Grund dafür, dass die Filiden in dem Kreis wohnten und ihr Leben der Erhaltung und Pflege des Baumes geweiht hatten. Der Baum war das Zeichen des Anfangs der Welt; der Fürbitter des Ordens, der ihn hegte, konnte durch seine Kraft den heiligen Wald schützen. Er hatte oft gesehen, wie Llauron das getan hatte. Llauron war tot. Nun war er der Fürbitter. Und während er damit begonnen hatte, die Erde um die Wurzeln des mächtigen Baumes mit seinem Blut zu beflecken, um ihn dem Willen seines Meisters zu beugen, wusste er, dass er wegen der Verbannung des Wyrms aus dem heiligen Wald leicht die Kraft des Baumes nutzen konnte. Drei Jahrzehnte lang war er Llaurons Tanist gewesen. Nun war er der Fürbitter, von einer Benennerin als solcher bekannt gemacht und unangefochten.

Langsam erhob sich Khaddyr aus seinem wunderbaren Bett und zog die einfache graue Robe an. Er schlurfte zum Abtritt, wusch sich dann Hände und Gesicht in dem Keramikbecken. Das Gesicht, das ihn aus dem Spiegel anstarrte, war ein edles, entschied er. Es war frei von den Furchen der Sorgen und anstrengenden Pflichten, die sich so lange in ihm eingegraben hatten, als er nur ein einfacher Heiler gewesen war. Das Amt des Fürbitters hatte ihn sowohl mit einem starken Gesichtsausdruck als auch mit der Macht der Erde bedacht. Er griff nach seinem Stab und genoss es, wie das goldene Eichenblatt an der Spitze im Feuerschein glitzerte.

»Sie soll kommen«, sagte er lächelnd. Das Gesicht im Spiegel lächelte mit zuversichtlicher Stärke zurück. »Die Drachin soll kommen.«

Als das Feuer den inneren Wald erreicht hatte, war klar, dass die Bestie das, was sie vernichtete, genau auswählte.

Im Gegensatz zu den Beschreibungen in den alten Manuskripten verdunkelte kein gewaltiger Schlangenschatten das Land. Kein Erdbeben ereignete sich, keine Wasserwand erschien am Meereshorizont. Man hätte die ersten Phasen der Drachenraserei auch als winterliches Buschfeuer ansehen können, das durch den heiligen Wald mit brutaler, vom Wind angefachter Gewalt brauste.

Die Bewohner der weit draußen liegenden Siedlungen befürchteten genau das und waren in Massen in den Schutz des Kreises gekommen, wo sie unter den Armen des Großen Weißen Baumes Zuflucht suchten. Beinahe genauso schnell gingen sie wieder und kehrten in ihre Behausungen zurück, als die Flammen entlang der Waldstraßen ausbrachen, aber die Dörfer, Herbergen und Ausbildungslager der Waldläufer verschonten, welche die cymrischen Straßen als Pilgerführer bereisten. Wenigstens einer der Bauern sagte über die Macht des neuen Fürbitters, sie sei so allgegenwärtig, dass selbst das Element des Feuers den Allgewaltigen nicht anrühren könne.

Gesegnet seid Ihr, Euer Gnaden.

Khaddyr stand unter dem Baum und sah ihrem Fortgang zu.

57

Lark trat zitternd aus den Feuerschatten. Der Wald brannte. Obwohl das Feuer an den Dörfern und Herbergen vorbeigerast war, schien es die Gläubigen zu verschonen und seinen Zorn von den äußeren Siedlungen fern zu halten.

Stattdessen brach es mit großer Gewalt über den Kreis herein.

Sowohl der Kräutergarten als auch Larks Ländereien, die einige Meilen entfernt lagen, waren von der Feuerwalze verschlungen worden, die vom Waldrand aus heranrollte und den weißen Schnee sowie die braune Erde in orangefarbenes Licht tauchte. Zweige über Lark entzündeten sich, obwohl das Feuer dieses Gebiet noch nicht erreicht hatte; sie regneten herab, fielen um sie herum zu Boden und schienen ihr zu folgen, als sie losrannte.

Khaddyr, dachte sie verzweifelt. Ich muss den Fürbitter erreichen.

Als sie vor der Feuersbrunst über die Waldstraße eilte, sah sie hunderte, vielleicht sogar tausende Gläubige durch den Forst irren und hörte ihre angstvollen Gespräche. Geschichten wehte der Wind hin und her, Erzählungen von einem umherziehenden dunklen Mann, der unbeschadet durch das Inferno lief, kaum mehr als ein in Nebel gekleideter Schatten. Lark konnte mit solchen Gerüchten nichts anfangen und beachtete die Worte der Fliehenden nicht, bis sie ein besonderes auffing.

Drache.

Sie hielt kurz an und rang nach Luft. Bei diesem Wort drückte es ihr das Herz zusammen und die Luft aus der Lunge.

Als sie wieder Luft bekam, bedeckte sie die schmerzenden Augen mit dem Arm und eilte zum Kreis.

Der Fürbitter stand im Schatten des Großen Weißen Baumes und stützte sich auf seinen weißen Holzstab. Die goldene Spitze schimmerte unter der herannahenden Nacht.

Khaddyr atmete tief durch und sog den Geruch des Rauchs und der brennenden Blätter ein. Überall um ihn herum waren die Filiden in Panik geraten und hasteten nach Westen, wo das Feuer den inneren Wald noch nicht eingekreist hatte. Er hatte versucht, sie ruhig zu halten und ihnen zu erklären, dass sie unter den Zweigen des Großen Weißen Baumes sicher waren, doch die Angst war stärker. Er konnte ihnen nichts mehr befehlen, sondern nur dabeistehen und zusehen, wie sie dem Tod in die Arme liefen.