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»Anborn kann diese verdammte Herrscherposition haben! Mir geht es allein um Rhapsody.«

Oelendras Stimme knisterte geradezu. »Darüber hättest du vor deiner Heirat nachdenken sollen.«

»Ich habe nicht geheiratet.«

Oelendra kniff die Augen zusammen. »Du hast Rhapsody erzählt, du seiest verheiratet. Warum solltest du sie belügen?«

Ashe lief erregt und ängstlich auf und ab. »Ich habe nicht gelogen. Ich konnte sie nicht anlügen. Ich habe ihr bloß nicht gesagt, mit wem ich verheiratet bin. Ich konnte es nicht, weil ich wusste, dass ich Khaddyr gegenüberstehen würde, nicht, solange der F’dor dort draußen war und immer noch den Geschmack meiner Seele kannte. Ich habe mich als Köder benutzt, um ihn aus der Deckung zu locken. Was wäre gewesen, wenn ich versagt hätte? Wenn ich gestorben wäre? Sie hätten mich dazu benutzen können, sie zu finden, und sie hätten sie erwischt. Solange Rhapsody es nicht weiß, ist die Ehe nicht bindend. Wenn ich gefangen genommen oder getötet werde, können sie diese Bande nicht dazu benutzen, Rhapsody aufzuspüren. Sie ist in Sicherheit.«

Oelendra streckte die Hände aus. »Willst du mir damit sagen, dass die Frau, die du geheiratet hast, Rhapsody ist?«

Ashe kämpfte die Tränen zurück. »Ja. In jener Nacht in Elysian, als ich ihr von meinem Vater und seinen Plänen erzählt habe, als wir herausgefunden haben, wer wir sind und gewesen waren, haben wir geheiratet. Wir standen zusammen auf der Aussichtsterrasse, haben uns den Eid abgenommen und unsere Seelen auf ewig vereint. Das war die andere Erinnerung, von der ich dir gesagt habe, dass Rhapsody das Recht hat, sie als Erste zu erfahren. Die Erinnerung an unsere Hochzeit, unsere Verbindung.

Ich musste die ganze Zeit darüber schweigen, damit kein Lebender Kenntnis davon hatte, nicht einmal meine Frau, während ich es doch so gern der ganzen Welt erzählt hätte. Niemand sonst wusste es. Und jetzt sagst du mir, dass sie losgezogen ist, um gegen den F’dor zu kämpfen. Soll sie denn niemals wissen, wer ich bin? Was wir beide sind? Darf es sein, dass sie möglicherweise stirbt und glaubt, ich sei mit einer anderen Frau verheiratet? Dass ich sie erneut verlassen habe? Dass ich sie wieder verliere?«

Oelendra schüttelte ihn sanft. Gwydions Blick wurde wieder etwas klarer. »Wovon redest du?«, fragte sie ihn. Zum ersten Mal in dieser Nacht lag eine Spur von Mitleid in ihrer Stimme. »Was willst du damit sagen, dass du sie erneut verlässt und verlierst?«

Er setzte sich traurig auf den Baumstamm und fuhr sich mit der Hand durch das leuchtende Haar, das nass von Angstschweiß war. Oelendra setzte sich neben ihn und streichelte ihm sanft den Unterarm, um ihn zu beruhigen. Als er sich wieder in der Gewalt hatte, erzählte er ihr die ganze Geschichte über ihre Begegnung in der alten Welt, über den Betrug seiner Großmutter und was seitdem geschehen war. Er erzählte die Geschichte in allen Einzelheiten und mit einer Genauigkeit, die nur den Drachen zu Eigen war und deutlich den Verliebten zeigte. Oelendra lauschte mitfühlend, bis plötzlich die Erkenntnis über ihr Gesicht huschte. Ihre Hand, die ruhig auf seinem Gelenk lag, wurde zur zupackenden Klaue. Gwydion beendete seine Geschichte sofort; ihr Gesichtsausdruck machte ihn unverzüglich stumm.

»Die alte Welt? Ihr habt euch in der alten Welt getroffen? Ihr habt euch in der alten Welt ineinander verliebt?« Die ältere Frau zitterte heftig.

»Was ist denn mit dir los, Oelendra?«

Die lirinsche Kriegerin stand zitternd auf und taumelte aus dem Lichtkreis. Sie hastete zum ersten Baum, den sie in der Dunkelheit erreichen konnte, und lehnte sich mit dem Kopf dagegen. Sie kämpfte gegen die Galle an, die bei der Erinnerung an sich und Llauron in ihr aufstieg, als sie vor dem Orakel mit den Spiegelaugen gestanden hatten.

Hüte dich, Schwertträger. Vielleicht wirst du den zerstören, den du suchst, aber wenn du heute Nacht gehst, trägst du ein großes Risiko. Wenn du versagst, wirst du nicht sterben, aber was dir im alten Land geschah, wird abermals geschehen: Wieder wird dir ein Stück deines Herzens und deiner Seele entrissen, wie damals, als du die Liebe deines Lebens verlorst, doch dieses Mal an deinem Körper. Und das Stück, das dir weggenommen wird, soll dich verfolgen bei Tag und bei Nacht, bis du um den Tod bettelst, denn er wird es als Spielzeug benutzen, es nach seinem Willen verdrehen, es einsetzen, um seine Missetaten zu vollführen, und selbst dazu, um Kinder für sich zu zeugen.

Oelendra spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte. Während sie würgte, fühlte sie eine starke Hand im Nacken und eine andere, die ihren Rücken hielt. Sie taumelte in die Kühle jenseits des Lagerfeuers. Ashe hielt sich an ihr fest. Die Welt drehte sich um sie. Dann erlangte sie das Gleichgewicht wieder und sah in das Gesicht des Mannes, der freundlich auf sie hinablächelte.

»Du warst das«, flüsterte sie. »Ich hatte geglaubt, dass sie mich meint, aber du bist es.«

Sein Lächeln verschwand. »Wovon redest du? Komm, setz dich.« Ashe führte sie zu einer verschneiten Stelle unter einer großen Ulme und setzte sie sanft auf dem Boden ab. Er entschied, einen unbekümmerten Ton anzuschlagen.

»Wenn alle Freunde Rhapsodys so auf unsere Hochzeit reagieren, brauchen wir nicht viele Einladungen zum Essen auszusprechen.«

Die ältere Frau lächelte nicht darüber, sondern legte ihm die Hand auf die Wange. »Vergib mir, Gwydion«, sagte sie leise. »Ich bin verantwortlich für dein Leid in den Händen des F’dor. Es tut mir so Leid.«

Ashe sah sie ungläubig an. »Wovon redest du? Du hast mir das Leben gerettet.«

Oelendra schüttelte den Kopf. Ihr Blick ging in eine andere Richtung; sie erinnerte sich an ganz andere Begebenheiten. Dann wiederholte sie für sich selbst die Prophezeiung.

»Nimm dich in Acht, Schwert«, flüsterte sie schwach. »Vielleicht wirst du jene Person, die du suchst, vernichten, doch wenn du diese Nacht aufbrichst, ist die Gefahr sehr groß.«

»Ist das ein Rätsel?«

Sie nickte schwach. »Ein schreckliches Rätsel. Eine uralte Prophezeiung Manwyns.«

Ashe ergriff ihre Hand und versuchte sie zu beruhigen. »War das alles, oder gab es noch mehr?«

Oelendra nickte erneut. Ihr Blick war auf das knisternde Feuer gerichtet, das glimmernde Funken in die kalte Nachtluft entsandte. »Wenn du versagst, wirst du nicht sterben, doch da dir im alten Land durch den Verlust der Liebe deines Lebens ein Teil deines Herzens und deiner Seele auf geistige Weise entrissen wurde, wird dasselbe wieder geschehen, aber diesmal auf körperliche Weise.« Sie zitterte noch heftiger.

»Rhapsody hat mir von deinem Gatten Pendaris erzählt«, sagte Ashe sanft. »Es tut mir sehr Leid.«

»Und der Teil, der dir entrissen wurde, wird dich alle Tage heimsuchen, bis du um deinen Tod betest«, fuhr sie fort, »denn er wird ihn als Spielzeug hernehmen und ihn nach seinem Willen beugen und ihn dazu benutzen, seine bösen Taten zu begehen und sogar Kinder für ihn hervorzubringen.«

»Gute Götter«, murmelte Ashe. »Welch eine scheußliche Voraussage. Kein Wunder, dass du Angst hattest.«

Oelendra kniff die Augen zusammen. Schließlich drehte sie sich um und sah Gwydion an.

»Hat dir dein Vater je von dieser Zukunftsschau berichtet?«

»Nein.« Er rieb sich die Arme, um sich zu wärmen, doch Oelendra erkannte an seinem Blick, dass er zu derselben Schlussfolgerung gekommen war wie sie.

»Die vollkommene Eitelkeit«, sagte sie sanft. »Ich hatte vermutet, dass ihr Fluch an mich gerichtet war, weil Llauron der einzige andere in Manwyns Tempel war, und er trug kein Schwert. Doch sie hat nicht mich mit ihrer Prophezeiung verdammt, Gwydion. Du warst gemeint. Du bist das Schwert, du bist der Kirsdarkenvar. Ich hatte weder an dich noch an sonst jemanden, sondern nur an mich gedacht.«