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»Natürlich hast du nicht an mich gedacht.« Ashe lächelte schwach. »Ich war der Empfänger von Manwyns Prophezeiungen. Sie kann nicht lügen, aber sie ist nicht gezwungen, in ihren pathetischen Reden klar und deutlich zu sein. Sie ist verrückt. Eines der letzten Dinge, die mein Vater zu mir gesagt hat, bevor er ... er sagte mir, ich solle mich vor Prophezeiungen in Acht nehmen, denn sie bedeuteten nicht immer das, was sie zu sein scheinen.« Er streichelte ihren Arm. »Er hat dich also begleitet? Warum? Ich hatte immer angenommen, du wärest mit meinem Vater nicht gut zurecht gekommen, weil er im Großen Krieg Anwyns Heer anführte und du vernünftigerweise nicht in es eingetreten bist. Solche Missstimmigkeiten zwischen den älteren Cymrern, die den Krieg durchgemacht haben, sind nicht gerade selten.«

Die lirinsche Meisterkämpferin seufzte. »Nein, Gwydion. Es gab eine Zeit vor dem Krieg, in der dein Vater und ich uns recht gut verstanden haben. Er blieb mir trotz meiner Entscheidung herzlich zugetan, obwohl ich nicht behaupten kann, dass ich ihm die Schrecklichkeiten, die er über unsere cymrischen Mitbürger gebracht hat, ganz vergeben kann, ob er es nun absichtlich getan hat oder nicht. Wenn du die ganze Geschichte hörst, wirst du unsere gegenwärtige Feindschaft verstehen.« Sie schaute in den sternenvollen Himmel, vor dem Wolkenfetzen dahintrieben und das Licht für eine Weile dämpften.

»Es ist viele Jahrhunderte her, seit ich die faulige Luft des F’dor im Wind zum ersten Mal gespürt habe. Ich habe zahllose Meister für die Suche nach ihm ausgebildet, doch keiner ist je zurückgekehrt. Es war mir nicht gelungen, den F’dor auf andere Weise zu finden. Ich war verzweifelt. Ich wusste, dass die Bestie immer stärker wurde. Dein Vater war einer der Wenigen, die wie ich glaubten, dass der F’dor noch lebe, sich irgendwo in einem menschlichen Wirt versteckt halte und auf den geeigneten Zeitpunkt warte. Also haben Llauron und ich gemeinsam Manwyn aufgesucht in der Hoffnung, sie könne uns sagen, wo sich der F’dor befindet, damit wir ihn endlich zur Strecke bringen.

Wir mussten die Frage auf eine bestimmte Weise stellen, da Manwyn nur in die Zukunft schauen kann, nicht aber in die Vergangenheit oder Gegenwart. Sie war sehr hilfsbereit. Sie hat uns den genauen Zeitpunkt mitgeteilt, wann er sich hier im Haus der Erinnerung aufhalten werde, um den Ableger des Baumes zu stehlen.« Sie deutete auf die blühende Eiche, deren glänzende Blätter im Schein des Feuers schimmerten.

»Manwyn sagte, wir sollten in der ersten Nacht des Sommers herkommen, wenn der Patriarch das neue Jahr in Sepulvarta einsegnen würde und die Filiden ihre Riten der Heiligen Nacht in Gwynwald abhielten. Es ist eine Nacht großer Kräfte; eine Nacht, in welcher der All-Gott seine Kinder mit seiner Liebe sicher einhüllt.« Oelendra schaute in das Feuer, als blickte sie in die Vergangenheit. »Eine Nacht, in der die Bestie verwundbar ist.

Da dein Vater der Fürbitter war, musste er bei den Filiden seines Ordens sein und ihre Riten überwachen; also musste ich ohne ihn gehen. Aber schließlich hatten wir die Informationen, die wir brauchten, um das Ungeheuer zu töten. Llauron und ich sahen uns an. Wir konnten angesichts der Bedeutung dessen, was wir erfahren hatten, nichts mehr sagen. Wir würden uns aus der Hand des Bösen befreien können.

Doch als wir gerade Manwyns Tempel verlassen wollten, spuckte sie die andere Prophezeiung aus.« Oelendras Blick verschleierte sich unter der Erinnerung. »Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so gefürchtet wie damals, als ich diese Worte hörte.

Zum ersten Mal in dieser Welt hatte ich Panik. Du musst wissen, Gwydion, dass ich den F’dor schon in der alten Welt bekämpft habe. Ich habe dabei alles verloren, was mir je etwas bedeutet hat, und alle, die ich geliebt habe. Mein Mann und ich wurden von ihnen gefangen genommen; sie haben ihn umgebracht. Zu mir waren sie nicht so freundlich.

Ich habe die Prophezeiung falsch verstanden. Ich dachte, das Schwert beziehe sich auf mich selbst; mir ist nie der Gedanke gekommen, es könne sich um ein anderes Schwert als die Tagessternfanfare handeln. Die Aussicht, ein Dämonenkind auszutragen ...« Oelendra verstummte und zuckte unkontrolliert.

Ashe nahm sie in die Arme und drückte sie gegen die Brust, um sie warm zu halten. »Psst«, sagte er sanft. »Denk nicht mehr daran. Es ist vorbei.«

»Es wird nie vorbei sein«, sagte Oelendra mit hohler Stimme. »Nie. Anstatt die Informationen zu nutzen, die sie mir gegeben hatte, und die einzige Gelegenheit wahrzunehmen, diese Bestie für immer zu vernichten, floh ich und versteckte mich. Ich wartete, bis die Dämmerung gekommen war, und lief ein wenig umher, um einen klaren Kopf zu bekommen und die Beschuldigungen loszuwerden, die in mir herumschwirrten. Ich konnte ihnen nicht entkommen. Als Iliachenva’ar war es meine Pflicht zu gehen, auch wenn es für mich gefährlich sein könnte. Also stählte ich meine Nerven und begab mich zum Haus der Erinnerung. Ich hoffte, dass er noch dort war, auch wenn seine Macht mit jedem Augenblick stärker wurde.

Dort fand ich dich vor, Gwydion, gebrochen und sterbend im Gras des Waldes von Navarne. Llauron hatte gesagt, er werde Verstärkung schicken, doch ich hatte keine Ahnung, dass es sich dabei um dich handelte und du allein hineingehen würdest. Meine Feigheit hat dein Leben zerstört. Es ist meine Schuld, dass du in Schmerzen leben musstest, versteckt vor deiner Familie und deinen Lieben, zwanzig Jahre lang tot in den Augen der Welt. Es ist meine Schuld, dass der Rakshas diese Kinder in die Welt gesetzt hat.« Tränen strömten aus ihren silbernen Augen.

Asche drückte sie gegen seine Schulter und versuchte etwas zu sagen, das ihr in ihrer Verzweiflung ein wenig Trost zu spenden vermochte. »Rhapsody liebt diese Kinder«, sagte er leise. »Sie haben Achmed die Waffe verschafft, die er brauchte, um den Segner zu finden. Ich hätte niemals so lange überlebt, wenn ich mich nicht versteckt und vorgegeben hätte, tot zu sein. In Anbetracht meiner Abstammung wäre ich sowieso einer der Ersten gewesen, die man getötet hätte. Mein eigener Vater hat mich gegen den Dämon ins Feld geschickt. Wieso sollte ich dich und nicht ihn hassen? Ich tue es nicht, wenn du erlaubst. Was sagt ihr Liringlas noch gleich? Ryle him. So ist das Leben. Vergib dir selbst. Glaube mir, dann sieht die Welt besser aus, das weiß ich. Es ist etwas, das Rhapsody und ich zusammen gelernt haben.«

Bei der Erwähnung ihres Namens veränderte sich sein Gesicht und verzerrte sich erneut in Angst. »Rhapsody! Vermutlich kämpft sie gerade gegen den F’dor. Gute Götter, vielleicht liegt sie im Sterben, und ich kann nichts tun, um ihr zu helfen.« Er zitterte wieder. Oelendra wischte sich die Augen. »Es ist schwierig, nicht wahr?«, meinte sie und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Es ist viel leichter, dem eigenen Tod ins Auge zu blicken, als hilflos dazusitzen, wenn jemand, den man liebt, in Lebensgefahr steckt. Ich wünschte, ich könnte losziehen, den F’dor für sie töten und sie in Sicherheit bringen. Du hast keine Vorstellung davon, wie viele Männer und Frauen ich in ihr Schicksal habe laufen sehen, Gwydion. Man könnte glauben, dass man sich nach einer gewissen Zeit daran gewöhnt, aber das ist nicht der Fall. Nicht, wenn es sich um jemanden handelt, den man liebt.«

Seine Stimme war voller Schmerz. »Wie erträgst du es?«

»Die beste Art ist, mit jemandem zu wachen, der sie ebenfalls liebt. Dann kann man die Last gemeinsam tragen.«

Ashe schaute auf. Sein Blick traf den von Oelendra. Sie nahmen sich bei der Hand, saßen gemeinsam da, warteten. Nach einer Weile erzählten sie sich gegenseitig Geschichten über Rhapsody und teilten ihre Liebe und Erinnerungen miteinander. Doch bald wurden die Sorgen übermächtig, und sie schwiegen.

Schließlich schaute Ashe in den Himmel. Die Morgendämmerung brach an; die Sterne verblassten allmählich am heller werdenden Horizont. »Gute Götter, jetzt ist es vorbei, nicht wahr?«