Выбрать главу

Sie war gewaltig und dunkel. Kerzenleuchter aus Eichenholz mit Messingbeschlägen hingen von der hohen Decke und verströmten das Licht tausender kleiner, kraftloser Kerzen. Die Basilika war nüchtern eingerichtet. Bänke aus unverziertem Holz standen im Mittelschiff. Sie war auch fensterlos; unter den mächtigen Glocken befand sich die einzige Öffnung in der Decke, durch die der Wind den hoch über dem Mittelaltar in die Dunkelheit ragenden Turm umspielen konnte.

Eine lange Galerie zog sich an allen vier Seiten des erhöhten Teils entlang; eine Wendeltreppe führte in jeder Ecke hinauf.

Dort waren die Bänke mit dunklen Stoffkissen ausgepolstert, vermutlich zur Bequemlichkeit der reicheren Gläubigen von Bethe Corbair.

Rhapsody stand nun mitten im Gang und schaute nach vorn auf das Allerheiligste, vor dem der Seligpreiser wartete und ihr immer noch den Rücken zudrehte. Der Steinboden der Basilika führte zu den polierten Marmorstufen, die ähnlich wie in Sepulvarta, aber dunkel waren. Adern aus Weiß und Silber verliefen durch den Stein. Die Stufen endeten in einer halbrunden Apsis; die Rückenwand war aus uraltem Mahagoni geschnitzt, deren aufsteigende Säulen mit sorgfältig eingesetzten Löchern eine natürliche Orgel bildeten. Rhapsody wusste, dass der Wind schon seit vielen Jahren nicht mehr die Rückseite des Heiligtums erreicht hatte. Schließlich wandte sich der Seligpreiser von dem schlichten Steinaltar ab und sah Rhapsody an. Sie erkannte seine Augen, obwohl sie so weit von ihm entfernt war. Sie funkelten im Dämmerschein.

»Willkommen, meine Liebe. Bitte bestehe nicht auf einer Zeremonie. Komm einfach her. Hier auf dem Altar steht Tee für dich. Wenn deine beiden Freunde kommen, können sie mittrinken.« Er lachte leise, als er ihren Gesichtsausdruck sah. »Natürlich habe ich dich erwartet. Ich habe schon seit einigen Jahrzehnten keine Schülerin Oelendras mehr gesehen; daher ist es für mich ein seltenes Vergnügen.« Er wandte sich kurz ab und drehte sich dann wieder mit einer Teetasse in der Hand um. Er streckte sie Rhapsody entgegen, so wie er es in ihrem Traum von dem Patriarchen getan hatte.

Zur Antwort zog sie ihr Schwert. Die Klinge blitzte in der Dunkelheit der Kirche auf; die Flammen loderten wütend über die ganze Länge der Tagessternfanfare.

Der Seligpreiser lachte. »Ach ja, die Tagessternfanfare. Ich bin gebührend beeindruckt. Ich muss zugeben, dass ich ein wenig entsetzt war, als ich dich damals in Sepulvarta damit gesehen habe. Keiner anderen von Oelendras jungen Kriegern ist sie je anvertraut worden. Wie hast du sie ihr nur entreißen können? Niemand sonst wusste, wer oder wo ich war, bis es zu spät war. Ist das der Grund? Hat sie dir das Schwert anvertraut, weil du meine Identität herausfinden konntest?« Er richtete den Blick auf sie. Das Weiß in seinen Augen verdunkelte sich an den Rändern zu Rot. »Nun, es ist gleichgültig. Ich vermute, du weißt, dass keine der etwa vier Dutzend Kriegerinnen je zu ihr zurückgekehrt ist. Sie gehören zum Wertvollsten, was ich je besessen habe, wenn du mir dieses Wortspiel erlaubst.«

Rhapsody schüttelte den hypnotischen Effekt der weichen Stimme ab und schritt langsam den Mittelgang entlang. Kalte Wut bildete sich in ihrer Seele, die sie ebenfalls auszublenden versuchte, denn sie störte ihre Konzentration. Nun befand sie sich unmittelbar unter der Öffnung in der Decke, als die Worte sie erneut innehalten ließen.

»Aber du bist sehr gut mit dem Letzten bekannt, der es versucht hat, nicht wahr, meine Liebe? Gwydion muss den Sternen für dich gedankt haben. Wer hätte geglaubt, dass einer der Drei Mitleid mit ihm hat und ihn sogar ins Herz schließt, wo er doch solch ein menschliches Wrack war? Und ihn sogar ins Bett lässt?« Der Seligpreiser schüttelte den Kopf und kicherte leise; dann schaute er sie wieder an. Selbst auf die große Entfernung konnte Rhapsody sehen, wie er ihr böse zuzwinkerte. Hass blitzte in seinen alten Augen auf. »Nun, meine Liebe, ich danke dir dafür, dass wir jetzt einiges gemeinsam haben. Wenn du nicht gewesen wärest, hätte ich nie erfahren, dass er noch lebt. Ich hätte ihn niemals gefunden.«

Rhapsody schloss auch die andere Hand um den Schwertgriff und hob es, bis die Spitze auf den Seligpreiser wies. Lanacan Orlando lachte laut auf.

»Bitte, meine Liebe, versuch es und komm her. Kämpfe gegen mich auf meinem eigenen Boden. Es wird lustig werden, auch wenn es ungerecht dir gegenüber ist. Aber sicherlich bist du kein so großer Dummkopf, oder? Wir haben schließlich schon einmal gemeinsam an diesem Ort gestanden einer von uns am Altar, der andere hinten in der Basilika und völlig hilflos. Aber diesmal sind die Rollen umgekehrt, nicht wahr, Euer Majestät? Diesmal stehst du auf meinem Grund und Boden.«

»Das hier ist göttlicher Boden, Euer Ungnaden.«

Rhapsody hob das Schwert über den Kopf und sprach seinen Namen aus.

Blendendes Licht erhellte den Glockenturm und ergoss sich von oben in das Kirchenschiff. Das war das Vermächtnis des Tagessterns, nach dem die Waffe benannt war. Einen Moment später erschütterte ein Fanfarenstoß die Basilika und den Turm. Die Glocken dröhnten in einer Ohrenzerfetzenden Kakophonie.

Der Seligpreiser lächelte bloß. »Oh, wie beeindruckend.«

»Das war nur ein Zeichen.«

Der Seligpreiser zuckte die Achseln. »Zu spät. Wenn die Leute aus der Stadt hier eintreffen, gehörst du schon mir und wirst dich bei ihnen dafür entschuldigen, dass du ihre Ruhe so harsch gestört hast. Jetzt bin ich an der Reihe. Komm zu mir.«

Die statische Luft in der Basilika schlug gegen Rhapsodys Haut. Große, uranfängliche Hitze hüllte sie ein, leckte durch ihre Kleidung bis in die Knochen, ließ ihr Herz schneller schlagen und ihr Blut heiß kreisen. Die Bannworte des Dämons, die er sanft mit der beruhigenden Stimme des Seligpreisers aussprach, liebkosten sie und streichelten ihre Seele, wie eine Mutter ihr Kind streichelt.

Rhapsody schüttelte wieder den Kopf und biss die Zähne zusammen, bis es ihr in den Ohren brauste. Die einschmeichelnde Stimme prickelte in ihrem Trommelfell, die warmen Worte wickelten sich besänftigend um ihren Hals und schickten ihr ein Schauern, ein silbernes Zittern den Rücken entlang. Sie schloss die Augen und versuchte, die Auswirkungen der dämonischen Worte abzuschütteln.

Nein, beim All-Gott, dachte sie, während sie immer wütender wurde. Ich ergebe mich deinem Bann nicht. Ich bin stärker als du, du Stück Unrat. Sie nahm all ihre Willenskraft zusammen, schüttelte noch einmal heftig den Kopf, und die Wärme des dämonischen Banns zerfiel wie Zucker und löste sich in der knisternden Luft auf. Zorn brandete durch sie.

»Ich komme zu meinen eigenen Bedingungen«, sagte sie gelassen und versuchte, ihre Stimme ruhig zu halten. »Und wenn ich bei dir bin, werde ich mein Schwert durch dein elendes Herz stoßen, es dir aus dem Körper reißen, es verbrennen und zusehen, wie es zu Asche zerfällt. Ich werde dein verworrenes Innerstes auslöschen und deine böse Seele in den Flammen des Elementarfeuers verbrennen, so wie es war, bevor deine Art es geschwärzt hat.«

Der Seligpreiser kicherte.

»Wirklich? Das ist allerdings eine tapfere Behauptung, auch wenn sie aus dem Mund einer Königin ein wenig unfreundlich und krass klingt. Ihr enttäuscht mich, Euer Majestät, ja, wirklich. Du bedienst dich einer alten Waffe eigentlich kaum mehr als ein brennender Zahnstocher und glaubst deshalb, du verstündest etwas vom Elementarfeuer?« Er lachte wieder. Der Ausdruck ehrlicher Belustigung wandelte sich einen Moment später zu Nachdenklichkeit, die seine Miene vor Rhapsodys Augen immer dunkler machte.

Er sagte matt: »Erlaube mir, dir etwas über das Feuer beizubringen, was du noch nicht weißt.«

Mit einer Hand machte er eine beiläufige Geste. Eine Kugel aus schwarzem Feuer erschien in seiner Handfläche. Er warf den Ball in ihre Richtung. Als er sich ihr näherte, wurde er immer größer und zischte bedrohlich, während er rasch an Geschwindigkeit zunahm und Kraft aus der vom Bösen geschwängerten Luft zog. Die Flammen breiteten sich wie ein Netz aus Schwarz und Orange aus und tasteten mit gierigen, zuckenden Feuerfingern nach ihr. Anstatt zur Seite zu springen, öffnete Rhapsody den Mund und sang leise die Note ela, die letzte der uralten Tonleiter ihre eigene Namensnote. Ihre Stimme blieb fest, als die kleinste der Glocken im Turm den Ton aufnahm und zu summen begann, was die anderen Glocken, die sich noch von der Kakophonie erholten, zunächst nicht bemerkten.