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Schließlich schaute Rhapsody auf ihren Schoß und presste die Hände zusammen, bis das Blut aus den Knöcheln wich. »Es besteht die Möglichkeit, dass ich schwanger bin«, sagte sie mit hohler Stimme, die sich kaum über ein Wispern erhob.

Oelendra atmete langsam aus. Sie verbarg ein Lächeln, denn sie wusste, welche Freude diese Nachricht für Gwydion bedeuten und wie begeistert Rhapsody sein würde, sobald sie die Wahrheit erfuhr.

Sie musste bloß die falsche Auffassung überwinden, dass ihr Mann mit einer anderen verheiratet war. »Grund genug, es ihm sofort zu sagen, meine Liebe«, sagte sie mitfühlend. »Er hat ein Recht, es zu wissen.«

»Es ist nicht sein Kind.«

Oelendra war wie vom Donner gerührt, doch nach außen hin ließ sie sich kaum etwas anmerken; sie kniff nur die Augen zusammen. »Oh. Wer ist dann der Vater?«

Rhapsody hob langsam den Blick und sah Oelendra starr an. »Der F’dor.« Jetzt war es an ihr zu beobachten, wie ihre Freundin unkontrolliert zu zittern begann. »Es tut mir Leid, Oelendra, aber du wolltest es ja unbedingt wissen.«

Oelendra stand aus ihrem Stuhl auf und lief vor dem Kamin auf und ab. Sie versuchte, ihr Gesicht vor Rhapsody zu verbergen. Als sie ein wenig von ihrer Selbstsicherheit wiedergewonnen hatte, ging sie hinüber zu der Königin, hockte sich vor sie und ergriff ihre Hände.

»Erkläre mir das, Rhapsody. Was ist geschehen?«

Rhapsody schaute fort. »Ich wünschte, ich könnte es mit Gewissheit sagen. Der Dämon konnte in meinem Inneren sprechen; Achmed und Grunthor haben ihn nicht gehört. Er sagte mir, dass der Rakshas Ashes Platz eingenommen und ... und ... seinen Samen in mich gepflanzt habe. Der F’dor wusste über die Nacht Bescheid, in der es ... es passiert sein könnte. Er wusste vieles, was er eigentlich nicht hätte wissen dürfen, Oelendra, und als er das Wort aussprach, unter dem die Saat wächst, habe ich es in mir gespürt. Er sagte, der Same sei mit seinem Blut durchtränkt und nun nicht mehr menschlich wie die anderen, sondern dämonisch.«

»Glaubst du ihm das alles?«

»Nicht unbedingt«, antwortete Rhapsody ruhig. »Aber es ist schwer, es beiseite zu wischen, weil er Dinge gewusst hat, die er kaum je hätte erraten können.«

»Aber es wäre nicht unmöglich?«

Sie dachte nach. »Nein, vermutlich nicht. Seitdem ist mir andauernd übel, und ich habe Schmerzen.«

»Das könnten die Nerven oder die Angst sein oder beides. Ich habe mich selbst schon einmal so gefühlt.«

Rhapsody verlor beinahe die Geduld. »Ja, Oelendra, es könnte sein. Es könnte aber auch sein, dass ich das Medium bin, durch das der F’dor auf die Erde zurückkehrt.« Sie stand auf, ging zum Kleiderständer und nahm ihren Mantel ab. Oelendra gelang es nicht, ihr zuzusehen. »Ist es wirklich möglich, Rhapsody? Dämonen sind vollendete Lügner. Ein F’dor kann das kleinste Stückchen Wahrheit nehmen und daraus etwas Schreckliches bauen, indem er mit deinen dunkelsten Ängsten spielt. Könnte er dich vielleicht einfach davon überzeugt haben, obwohl es unmöglich ist?«

Rhapsody gürtete ihr Schwert und kam zu Oelendra zurück, die noch immer am Boden hockte. Sie kniete sich neben die Meisterin und legte ihr eine Hand auf die Wange. Oelendra drehte sich kurz darauf um und schaute ihr in die Augen. Sie zuckte unter dem zusammen, was sie sah.

»Ich weiß, dass du es nicht glauben willst, aber es ist durchaus möglich«, sagte Rhapsody leise. »Je mehr ich darüber nachdenke, desto wahrscheinlicher wird es für mich. Aber es spielt keine Rolle, Oelendra. Jetzt kann ich die Antwort noch nicht erfahren. Wenn ich sie wüsste, könnte ich nicht weitermachen. Also hilf mir bitte, wie du es immer getan hast. Ich muss das Konzil hinter mich bringen und die Wiedervereinigung der Cymrer zu einem glücklichen Ende führen. Und vorher muss ich mich vergewissern, dass Tyrian in guten Händen ist. Dabei kannst du mir helfen. Wenn diese beiden Dinge erledigt sind, werde ich nach der Wahrheit suchen. Aber eines kann ich dir versichern, Oelendra, und ich gebe dir mein Wort und meine Seele dafür: Wenn es stimmt und ich dieses dämonische Kind in mir trage, wird es nicht zur Welt kommen. Es wird dieses Land nicht wieder sehen. Vorher sterbe ich. Ich habe schon alles vorbereitet. Nachher treffen wir uns mit Rial. Vielen Dank für den dol mwl.« Sie küsste die ältere Frau, stand auf und ging zur Tür.

»Rhapsody?«

Sie drehte sich um und sah, dass die alte Kriegerin aus dem Fenster schaute. »Ja?«

Oelendra hatte den Blick starr in die Ferne gerichtet. »Ich liebe dich, als wärest du meine eigene Tochter. Ich wünsche mir mehr, als du dir vorstellen kannst, du wärest es wirklich. Pass auf dich auf.«

Rhapsody sah sie einen Moment lang an, dann ging sie so leise, wie sie gekommen war.

70

Mit dem Wissen, dass Tyrian in guten Händen war, brach Rhapsody nach Nordosten zu den Bolg-Landen auf. Die Erde um sie herum reckte und streckte sich in der Erleichterung des kommenden Tauwetters; Büschel aus gefrorenem Gras und nackter Erde lugten hier und dort hervor. Die Bäume in den Wäldern und die Felder bereiteten sich darauf vor, winzige Knospen als Vorboten der neuen Blätter auszutreiben, die sich im Frühling entfalten würden, und die widerstandsfähigsten frühen Schneeglöckchen blühten bereits überall.

Rhapsody betrachtete diese Anzeichen nachdenklich. Sie bemühte sich, all das wahrzunehmen, was sie schon immer als schön empfunden hatte, und es in der Erinnerung zu speichern, denn vielleicht würde sie all das nie wieder sehen. Es jetzt zu sehen war nicht dasselbe wie damals, als sie sich daran so erfreut hatte. Es war eine freudlose Zeit. Ihr Bauch war zwar noch glatt und geschmeidig, aber er verkrampfte sich mit jedem Tag mehr, und das wenige Essen, das sie herunterbekam, blieb oft nicht im Magen. Außerdem waren ihre Alb träume gewalttätiger und eindringlicher denn je geworden. Sie hatte Visionen des Seligpreisers, der lachte, als der Rakshas sie wieder und wieder vergewaltigte und mit Ashes Stimme sprach, sich dann in ihr zusammenrollte und seine entsetzliche Wiedergeburt erwartete. Selbst die zahmeren Träume von Ashe und der Zeit mit ihm, von ihrer sanften, beruhigenden Liebe endeten immer mit seiner Verwandlung in das Geschöpf des F’dor. So sehr sie es auch versuchte, konnte sie doch den Albtraum, der sich an sie geheftet hatte, nicht abschütteln. Daher schlief sie nur gerade so lange, wie es für ihr Überleben nötig war. Sie wurde in ihrer Erscheinung und Rede abgehärmt und konnte manchmal keine zusammenhängenden Sätze mehr formen oder einfache Gedanken zu Ende denken. Rial war besorgt gewesen und hatte versucht, sie vom Alleinreisen abzuhalten. Oelendra hatte sich angeboten, sie zu begleiten, doch sie hatte abgelehnt und nur gesagt, bald werde sie wieder lange und gut schlafen. Vor ihrer Abreise hatte sie allen Leuten aus Tyrian, die ihr viel bedeuteten, Lebewohl gesagt:

Sylvia und den Dienern im Palast, Rial, den Bewohnern der Stadt Tyrian, den Soldaten und lirinschen Kindern, ihren adoptierten Enkeln und vor allem natürlich Oelendra. Ihre Lehrerin hatte sich aller gut gemeinten Ratschläge enthalten und mit ihr nur geschwiegen oder über belanglose Dinge geredet, ins Feuer geschaut und unter den Sternen gesessen. Die ältere Kriegerin hatte Rhapsodys Hand gehalten und Rhapsodys Gebete für sie gesungen, als ihr die Stimme versagt hatte. In der Nacht vor ihrer Abreise hatte Rhapsody die Tür zu ihren Gemächern in Newydd Dda geöffnet und davor die alte Frau angetroffen, wie sie ein Bündel im Arm gehalten hatte. Sie hatte es eilends in Rhapsodys Hände gedrückt und die Einladung, doch bitte hereinzukommen, abgelehnt.

»Ich will, dass du das bekommst, meine Liebe«, hatte sie als Antwort auf Rhapsodys fragenden Blick gesagt. »Es war ein Geschenk von Pendaris an mich, und es steckt mehr Liebe darin, als du dir vorstellen kannst. Ich hoffe, es wird dir genauso viel Trost bringen, wie es mir gebracht hat. Wir werden uns auf dem Konzil wieder sehen.« Rhapsody hatte den Mund aufgemacht, weil sie etwas hatte entgegnen wollen, doch bevor die Worte zwischen ihren Lippen hervorgedrungen waren, war Oelendra schon gegangen.