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Cyme we inne frið, fram the grip of deaþ to lif inne ðis smylte land.

Wir kommen in friedlicher Absicht, den Klauen des Todes entronnen, um in diesem schönen Land zu leben.

Wie das Läuten der großen Glocke im Turm von Bethe Corbair hallte ihr Lied durch den Gerichtshof. Die Senke verstärkte den Klang und erstickte das unzufriedene Gemurmel. Zweihunderttausend Augen richteten sich auf Rhapsody, die auf dem Sims über ihnen stand die Sterngekrönte Königin, die Benenner in, die die Cymrer rief und zur Ordnung mahnte. Die Versammlung starrte sie mit offenen Mündern an. Der Erste, der wieder zu sich kam, war Anborn. Er brach in breites Grinsen aus und seufzte erleichtert. Zehntausende taten es ihm gleich. Die Spannung in der Luft löste sich auf, und die Stille wurde ehrfurchtsvoll.

»Das war hübsch, nicht wahr?« Eine raue Stimme voller Kraft und Tiefe, wie brechende Wellen oder brüllendes Feuer, hallte durch die Senke und zerschmetterte die angenehme Stille. Ein Keuchen erhob sich aus dem Konzil. Rhapsody gefror das Blut. Sie sah, wie die Cymrer rasch aus der Mitte des Amphitheaters wichen.

In der Mitte des Eingangs standen drei Gestalten. Vor ihnen hatte sich eine Gasse in der Menge gebildet, die sich hinter ihnen wieder schloss. Die wieder einsetzende Stille war schwer vom Zorn. Drei Frauen standen dort, groß wie ihr Vater und aufrecht in stiller Würde. Die Gesichter der cymrischen Versammlung waren verzerrt vor Hass und Angst.

Rhapsody erkannte die ersten beiden der Schwestern sofort. Rhonwyn war in den schwarzen Habit ihres Klosters gekleidet. Sie war blass und wirkte zerbrechlich und traumverloren. Im Gegensatz zu ihr wirkte Manwyn keck. Ihr flammend rotes Haar flatterte im Wind; ihre Spiegelaugen warfen das Sonnenlicht zurück. Doch alle Aufmerksamkeit richtete sich auf die dritte Schwester, eine Frau, die größer als Achmed oder Ashe und nicht viel kleiner als Grunthor war, mit breiten Schultern und einem Gesicht, das beinahe schmerzhaft schön war. Anwyns Erscheinen hatte Rhapsody keineswegs erwartet. Sie war verblüffend und beängstigend. Ihre Haut war golden, wie wohl die ihres Vaters gewesen war. Das Gesicht wirkte zwar bezaubernd, aber die Linien waren so hart, als wären sie in Metall geschnitten. Und das Haar war kupfern wie bei Ashe. Die Sonne, die unmittelbar über ihr stand, spiegelte sich darin und blendete viele in der Senke. Sie schaute sich mit Drachenhaften Augen in der Versammlung um; ihre Augen aus stechendem Blau durchschnitten jeden, der es wagte, ihren Blick zu erwidern. Ihr Verdruss war unübersehbar.

Achmed beobachtete sie mit großem Interesse. Unter all den mächtigen und alten Leuten hier besaß allein Anwyn eine ähnlich verblüffende Vollkommenheit wie Rhapsody. Er hatte zugesehen, wie die Cymrer als Volk unter Rhapsodys Bann gefallen waren und ein Blick auf die Sängerin oder ein Wort von ihr sie völlig verzaubert hatten. Doch während Rhapsody Liebe und Verlangen hervorrief, brachte Anwyns Erscheinen Einschüchterung und Angst mit sich. Sie wusste es; das war an dem Lächeln ihrer Augen abzulesen, nachdem sie sich einen Überblick über das Konzil verschafft hatte.

Mit der Ankunft der Seherinnen war die Versammlung vollständig, und in der Senke wurde es ruhig. Die tiefe Stimme des Nain-Königs grollte zwischen den Reihen seiner Untertanen. Verärgerung lag darin.

»Wer hat uns herbestellt? Mit welchem Recht wurde dieses Konzil zum ersten Mal seit tausend Jahren wieder ins Leben gerufen?«

Achmed sah hoch zu Rhapsody, die auf dem Rufersims stand. Sie wirkte erstaunlich gelassen, selbst bei der Ankunft der Seherinnen, und als sie antwortete, war ihre Stimme ruhig und melodisch.

»Ich bin diejenige, die das Hörn geblasen hat, Euer Majestät.«

»Mit welchem Recht?«, wollte der alte Nain wissen. »Wir sind kein Konzil mehr, und viele haben nicht den Wunsch, noch einmal eines zu bilden.«

Aus der Liringruppe am Rande der Ersten Flotte ertönte Oelendras Stimme und schnitt durch den Lärm in der Senke. »Sie ist die Königin der Lirin und die Iliachenva’ar«, verkündete sie. Sogleich erhob sich ein Murmeln und Flüstern unter den Nain.

»Unwichtig«, rief Anwyn. »Du hast nicht einmal das Recht, dieses Hörn zu berühren, Mädchen. Dieses Recht steht der Herrin oder dem Herrn der Cymrer zu, genau wie das Recht, das Konzil einzuberufen.«

»Unsinn«, rief Anborn aus der Dritten Flotte. »Das ist das Hörn der Cymrer und dient dazu, in Notzeiten oder zur Einberufung des Konzils geblasen zu werden, wozu jede cymrische Seele das Recht hat. Sein Gebrauch unterliegt keinerlei Beschränkungen, und es handelt sich bei ihm nicht um persönliches Besitztum.« Sein eiserner Ton führte dazu, dass jedermann in der Versammlung die Luft anhielt.

Anwyns Wut loderte auf, und ihre Augen leuchteten in einem noch kräftigeren Blau. »Du solltest vorsichtig sein, Anborn. Ich habe dich vor vielen Jahrhunderten verstoßen. Willst du mich jetzt hier herausfordern?« Anborn erwiderte ihren Blick, sagte jedoch nichts. Die Luft wurde knisternder, und der Himmel verdunkelte sich, als dünne Wolken sich verdichteten und regenschwer wurden. Einen Moment später lächelte Anwyn. »Ich glaube nicht. In Anwesenheit von Zeugen ist es für einen Verräter besser zu schweigen.«

»Verräter?«, rief einer der Lirin aus der Ersten Flotte »Wieso kannst du einen anderen des Verrats anklagen?« Zustimmendes Gemurmel stieg um den Sprecher auf. Anwyn drehte sich langsam um und starrte den Mann an, der unter ihrem Blick im Boden zu versinken schien. Er zitterte vor Angst und konnte den schlangenhaften Blick der Drachin nicht abschütteln.

»Großmutter!«, rief Ashe. Seine Stimme war in der wieder eingekehrten Stille deutlich zu hören. »Wir befinden uns im Konzil! Das Gesetz des Gerichtshofes verbietet dir, jemanden aus der Versammlung anzugreifen. Das weißt du besser als alle anderen!«

»Seit wann hält sich Anwyn an das Gesetz?«, rief jemand aus der Zweiten Flotte. Anwyn beachtete diese Einwürfe nicht und richtete ihren stechenden Blick auf Ashe.

»Wendest du dich ebenfalls gegen mich? Schlägst du dich auf die Gegenseite?«

»Es ist nicht nötig, sich auf eine Seite zu schlagen. Ich betone nur, dass du gerade dabei bist, deine eigenen Regeln zu brechen. Ob es dir gefällt oder nicht unsere Anwesenheit hier beweist, dass wir uns offiziell zum Konzil zusammengefunden haben, und Ihre Majestät hat uns hergerufen.«

»Wenn wir wirklich ein Konzil bilden, dann hat dieses Mädchen nicht das Recht, ihm vorzustehen«, gab Anwyn zurück und wandte sich wieder an Rhapsody. »Es gibt kein Konzil ohne den Vorsitz eines Herrschers oder einer Herrscherin. Es gab, gibt und wird immer nur eine Herrin der Cymrer geben. Ich bin die Vorsitzende dieses Konzils! Komm herunter, Mädchen!« Sie schritt durch die Senke bis zum Fuß des Sprecherhügels und wollte zur Kanzel hinaufsteigen.

In der Senke brach ein Aufruhr aus. Worte der Verdammnis und des Unglaubens erfüllten die Luft und erstickten alle Versuche Rhapsodys, wieder Ordnung zu schaffen. Achmed glaubte zu erkennen, dass Anwyns Lächeln breiter wurde, als der Tumult sich verstärkte. Anborn sprach heftig mit Edwyn Griffyth, der in den Himmel schaute und wütend auf Anwyn deutete. Die Flotten und die Diaspora hatten sich im Chaos verloren. Böse Rufe waren zu hören, und überall wurden Fäuste geschüttelt. Als Anwyn den ersten Kamm der Anhöhe erreicht hatte, stellte sie sich aufrecht und grinste stolz. Sie genoss die Verwirrung, die sie hervorgerufen hatte.

Einen Augenblick später wurde die Luft von dem Schall des Horns zerrissen. Die Versammlung erstarrte, und selbst Anwyns Gesicht wurde bleich vor Entsetzen. Das letzte Echo des Tons verhallte und nahm das böse Gemurmel mit sich.

Rhapsodys Gesicht drückte eine große Ruhe aus, als sie das Hörn von den Lippen nahm. Achmed lächelte über die Anmut, mit der sie handelte. Nur an der Farbe ihrer Augen konnte er ablesen, wie wütend sie war.