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»Erniedrige dich nicht selbst, Sergeant-Major«, sagte Achmed mit ernster Stimme. »Sie ist es nicht einmal wert, dir die Stiefel zu putzen. Besudele deine Hände nicht, indem du ihr die Kehle herausreißt, wie sehr sie es auch verdient haben mag.« Er sah dem Riesen ins Gesicht. Grunthor keuchte vor Zorn. Er hatte jeden Muskel angespannt, um zu verhindern, dass er Achmed einfach aus dem Weg schleuderte. »Als dein König befehle ich es dir.«

»Nicht wert?«, ertönte die mächtige Trompetenstimme. Anwyn lachte, und dieser Laut fuhr der Menge schmerzhaft in die Ohren. »Ich, die Herrin der Cymrer, die Siegerin im Großen Krieg, bin es nicht wert? Das beweist, dass Prophezeiungen für gewöhnlich eine Enttäuschung sind.« Manwyn fuhr bei ihren Worten hoch und ballte die Hände zu Fäusten.

»Mein Volk, seht euch die Drei an, eure angeblichen Retter, von denen meine Schwester gesagt hat, dass sie uns alle vom Zorn eines unsichtbaren Dämons erlösen werden. Seht sie in all ihrem Glanz. Da haben wir zunächst diese gigantische Missgeburt, ein Tier, das anscheinend vor kurzem aus einem Reisezirkus entkommen ist. Neben ihm sein edler Herr, Hoflieferant des Todes, der Mörder, der wie eine Hure jedem diente, der ihn bezahlte, und unterschiedslos jeden tötete, der ihm aufgetragen war...«

»Ich glaube, sie meint mich«, sagte Achmed zu der Menge und hob die Hand. Er drehte sich zu Anwyn, deren Rede er mit seinem Einwurf unterbrochen hatte. Ein höhnisches Lächeln legte sich auf sein Gesicht. »Oh, es tut mir Leid, Annie, das war anmaßend. Oder hast du dich selbst gemeint? Sicherlich hast du dir diesen Titel besser verdient als ich. Hoflieferant des Todes? Meine Trophäen verblassen im Vergleich zu deinen. Im Gegensatz zu dir kann ich nicht behaupten, ein Viertel meines Volkes wegen eines häuslichen Streits ausgelöscht zu haben. Wenn Gwylliam dich härter geohrfeigt hätte, hätte er dir vielleicht das Genick gebrochen, und keiner von uns müsste jetzt deinen Wortschwall ertragen. Schade, dass er es nicht getan hat.

Hure? Ich vermute, das trifft auch auf dich zu. Wer sonst würde sein Königreich und das seiner Verbündeten, der Lirin, an denselben Dämon verschachern, der schon einmal beinahe eine ganze Nation vernichtet hat? Und ihm die Möglichkeit verschaffen, es wieder zu tun? Und das alles nur, um sich an einem Narren von Gemahl zu rächen? Du bist die vollendete Hure, Anwyn. Komm von dem Grat herunter und verlasse mein Land, bevor ich beiseite trete und es zulasse, dass Grunthor dir den Kopf abreißt und deinen Schädel als Nachttopf benutzt.«

Die Stille in der Senke war vollkommen; selbst die Natur gab keine Geräusche mehr von sich. Anwyns Gesicht war in Verwunderung erstarrt. Ihr ganzes Leben lang hatte niemand gewagt, so mir ihr zu reden. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, während sie ihre Antwort überdachte. Als sie damit fertig war, lächelte sie grausam.

»Ich danke dir dafür, dass du mir den Titel einer vollendeten Hure gegeben hast, aber ich fürchte, ich kann ihn nicht annehmen. Er gehört jemand anderem in dieser Versammlung.«

Sie wandte sich an Rhapsody. »Tretet vor, Euer Majestät, und ...«

»Genug!« Ashes Stimme donnerte durch die Senke und hallte wider von den vielen verschiedenen Tonfärbungen des Drachen in seinem Blut. Er wusste, was jetzt kommen würde, und wollte lieber sterben oder Anwyn an Ort und Stelle töten, als das zuzulassen. Er wandte sich an die Seherin der Gegenwart. »Rhonwyn, wer ist die Herrin der Cymrer?«

Die zerbrechliche Seherin schaute in den Himmel, während sich die Blicke der Menge auf sie richteten. »Es gibt keine Herrin der Cymrer«, sagte sie selbstverloren und wie im Traum.

»So spricht die Seherin der Gegenwart, die unbestrittene Autorität!«, rief Ashe. »Meine Gefährten, in diesem Augenblick gibt es keine Herrin der Cymrer. Dein Anspruch wurde soeben zurückgewiesen, Großmutter!«

75

Nach einem Moment des Schweigens erbebte die Senke unter Rufen und Freudenschreien. Anwyn war wie vom Donner gerührt. Sie starrte hinüber zu Achmed und Ashe, die wie zufällige Mitverschwörer einander ansahen.

»Ruhe!«, knurrte sie, und der donnernde Applaus verebbte. »Ihr seid ein führerloser Haufen und unfähig, den Unterschied zwischen königlichem Geblüt und einem selbstherrlichen Opportunisten zu erkennen, der ein Reich von Ungeheuern übernommen hat und sich selbst König nennt.«

»Du irrst dich«, sagte Oelendra mit befehlender Stimme. »Ich glaube, jedermann hier ist in der Lage zu erkennen, wer der selbstherrliche Opportunist ist. Gib auf, Anwyn. Erspare dir weitere Demütigungen. Dieses Konzil ist zusammengekommen, um das wieder aufzubauen, was du zerstört hast, und das Vertrauen wiederherzustellen, das du und Gwylliam vernichtet habt. Die Drei haben dieses Land von dem Dämon befreit, für den nur du die Verantwortung trägst. Wenn du eine wirkliche Führerin wärest, hättest du uns nicht für deine kleinlichen Zwecke an den F’dor verkauft. Geh zurück in deine Höhle. Du gehörst der Vergangenheit an in jeder Hinsicht.«

Anwyn drehte sich langsam in die Richtung Oelendras. Im Gegensatz zu den anderen, die sie bisher angegriffen hatten, war ihr diese Rede nicht gleichgültig. Die Bedachtsamkeit, mit der sie sich umwandte und sich der Anklägerin stellte, blieb der Menge nicht unbemerkt. Das ganze Konzil wurde still, als die Seherin in die Augen der Krieger in blickte. Unmaskierter Hass verzerrte ihr Antlitz.

»So spricht die so genannte lirinsche Meisterin«, sagte Anwyn höhnisch und lachte spöttisch, als Oelendra die Nasenflügel blähte und ihre Augen in einer Abneigung blitzten, die jener der Seherin gleichkam. »Nun gut. Sehr bemerkenswert. Da es um Verrat und selbstsüchtiges Verhalten geht, hättest du besser geschwiegen, Oelendra, und über dein eigenes Verhalten nachgedacht. Ich vermute, du bist genauso dumm wie feige.«

Laute, wütende Protestrufe ertönten hauptsächlich aus der Ersten Flotte und den Lagern der Lirin, doch der Lärm wurde beinahe sofort von einer Vibration in der Senke verschluckt. Anwyn hatte die Oberhand gewonnen, und sie wusste es. Triumph leuchtete in ihren Augen, während sie auf dem Felsvorsprung westlich des Rufersimses höher kletterte.

Als sie auf dem höchsten Punkt des Rednerhügels angekommen war, streckte sie die langen Arme in einer feierlichen Geste gen Himmel, als ob sie Kraft sammeln wollte. Dann deutete sie auf Oelendra und lachte. Es war ein lautes, hässliches Lachen, das von den Felswänden der Senke widerhallte.

»Du pathetische Heuchlerin!«, rief Anwyn und schaute herunter auf Oelendra. Unbewusst zog sich die Menge um die lirinsche Kampfmeisterin ein wenig zurück. Obwohl Oelendra noch von ihren Leuten umringt war, war sie doch allein. Rhapsodys Blut kochte. Sie versuchte, vom Rufersims herunterzukommen. Wenn niemand sonst Oelendra beistand, wollte wenigstens sie es tun. Doch ihre Füße waren wie angefroren. Sie konnte den Sims nicht verlassen.

»Da steht sie, die heilige Kriegerin, der erklärte Feind des mythischen Dämons. Du hast dir einen guten Ruf geschaffen, nicht wahr, Oelendra? Die leidenschaftliche Kämpferin, einzigartig in ihrem Bemühen, uns von allem Bösen zu befreien, das Gwylliam unbeabsichtigt heraufbeschworen hat. Du lehnst die Anführerschaft ab, verweigerst dich der Macht und willst nichts anderes, als die Welt von den F’dor zu befreien. Du bist so edel. Wie viele sind zu dir gekommen und haben versucht, deine Ziele zu den ihren zu machen und gnadenlos ausgebildet zu werden, nur um dann ausnahmslos in den Tod zu gehen? Weinst du noch um sie, Oelendra? Trauerst du um die Blumen der Cymrer? Wo du doch die Macht hattest, sie alle zu retten?«