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Er wirkte verwirrt. »Nachdem ich gegangen bin? Woher soll ich das wissen?«

Verzweiflung stahl sich in Rhapsodys Blick. »Ich meine nicht den Kessel. Was ist mit dir geschehen?«

»Ich bin auf unser gegenseitiges Betreiben hin gegangen und habe mich auf den Weg zur Küste gemacht. Geht es darum, dass ich nicht da war, als du verletzt wurdest, Aria?«

»Nein«, antwortete sie zitternd. »Bleib bitte bei der Sache. Was genau ist in jener Nacht passiert? Du bist ein Drache. Ich will die Einzelheiten wissen.«

»Ich bin durch die Barrikaden ins Gebirge gegangen und von dort aus in Richtung Steppe. Ich war gerade auf dem Abhang, als ich dich nach mir rufen gehört habe. Ich dachte zuerst, es sei der Wind.«

»Und was hast du getan?«

»Ich bin zurückgekommen und habe dich in diesem Unterschlupf gefunden. Du hattest beinahe nichts am Leib. Darüber müssen wir übrigens noch einmal reden. Ich liebe es, wenn du fast nackt bist, aber nicht mitten im Winter.«

Rhapsody hätte ihn beinahe angegriffen. »Weiter!«

Ashe zuckte die Achseln. »Du bist in der Dunkelheit auf mich zugekrochen. Ich musste schwören, dass ich den Rakshas nicht jage, und wider besseres Wissen habe ich zugestimmt. Dann haben wir uns geliebt. Es war nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte. Es war so verzweifelt, und die ganze Zeit über hatte ich Angst, ich könnte dir wehtun, aber ich konnte mich einfach nicht zurückhalten. Wir waren beide so erregt, dass ...« Seine Worte verstummten, als sichtbare Erleichterung sich auf ihrer Miene breit machte und sie vor Freude laut schluchzte. »Was? Jetzt bin ich vollkommen verwirrt.« Rhapsody konnte die Tränen nicht zurückhalten, doch jetzt mischte sich freudiges Lachen darunter. Die Schmerzen, die sich in ihrem Unterleib verkrallt hatten, ließen nach, und sie warf die Arme um Gwydion. Sie verwirrte und erfreute ihn gleichzeitig.

»In Ordnung«, sagte er und zog sie näher. »Ich verstehe das nicht, aber ich könnte mich daran gewöhnen.«

Rhapsody trocknete die Augen an den Ärmeln ihres Hemdes. »Nein, tu das nicht«, sagte sie und lächelte. »So lange ich lebe, will ich nie wieder eine solche Erleichterung spüren, denn ich will vorher nie wieder solche Angst haben.«

Gwydion streichelte ihre Wange. »Kannst du mir das erklären?«

Rhapsody nickte, während sie in die Tasche seines Umhangs griff und nach einem Taschentuch suchte. Gwydion lächelte und seufzte erleichtert. Die alte Rhapsody kehrte zurück. Nachdem sie sich die Nase geputzt hatte, berichtete sie ihm in allen Einzelheiten das, was in der Zwischenzeit vorgefallen und was aus dem Dämon geworden war. Er erblasste, als er das Ausmaß des Schmerzes begriff, den sie mit sich herumgetragen hatte. Selbst seine eigenen Qualen über den Verlust seines Seelenstücks konnten kaum an die Angst heranreichen, die sie verspürt haben musste. Er nahm sie wieder in die Arme.

»Gute Götter, Aria, warum bist du nicht zu mir gekommen? Warum hast du mir nicht erlaubt, dich zu sehen? Ich hätte dir gesagt, dass ich in jener Nacht in den Zahnfelsen dein Liebhaber war, und du hättest nicht so leiden müssen.«

»Weil deine Antwort auch anders gelautet haben könnte«, meinte Rhapsody ruhig. »Und wenn sich das, was der Dämon gesagt hatte, als wahr herausgestellt hätte, wäre ich zusammengebrochen. Es wäre mir niemals möglich gewesen, dieses verdammte Konzil durchzustehen.«

»Du hast diese Angst zum Wohl der Cymrer ausgehalten?«, fragte Gwydion ungläubig. »Das haben sie nicht verdient.«

»Wie dem auch sie, sie mussten gerufen und vereinigt werden zum Segen aller, die diese Welt mit ihnen teilen. Ich habe übrigens noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen.«

»Oh?« In seinen Augen glitzerte es. »Ich stehe dir ganz zur Verfügung. Du hast meine Aufmerksamkeit und auch alles andere von mir.«

Sie sah ihn ernst an. »Was hast du dir dabei gedacht, mich zur Herrin des Konzils zu nominieren? Bist du verrückt?«

»Warum?«

»Wir reden darüber seit der ersten Nacht, in der wir ... seit unserer ersten Nacht als Liebespaar«, sagte sie. »Du kennst meine Stellung. Warum hast du mich in diese Position gehoben? Ich will nicht die Herrin der Cymrer sein. Du kennst meine Abstammung. Ich bin dazu nicht geeignet.«

Gwydion lachte. »Offenbar stimmt das Konzil nicht mit dir überein, denn du bist einstimmig gewählt worden. Das muss schön sein. Über meine Eignung haben sie sich stundenlang gestritten.« Rhapsodys Gesicht wurde heiß. Sie senkte den Blick. Ashe hörte auf zu lachen und ergriff ihre Hände. »Rhapsody, ich habe dir die ganze Zeit zu erklären versucht, dass es wohl kaum einen so guten Führer für diese Leute gibt wie dich und sicherlich keinen besseren.«

»Das ist eine traurige Feststellung.«

»Vorsicht«, meinte Gwydion ernst. »Du sprichst von meiner Herrin und von der Frau, die ich liebe. Hast du mir nicht einmal gesagt, dass wir die Verpflichtung haben, auf jede erdenkliche Weise zu helfen? Wer außer dir hätte diesen Pöbel besänftigen und erreichen können, dass sie zum ersten Mal seit Jahrhunderten zivilisiert miteinander reden? Die Mitglieder der Ersten und Dritten Flotte haben wie alte Freunde zusammengestanden und sich auf deine Gesundheit zugeprostet. Begreifst du, was das bedeutet? Wer außer dir hätte Anwyn ohne eine Spur von Erbitterung zum Schweigen bringen und sie dorthin zurückschicken können, wo ihr Platz ist, um ihr danach ein Ehrenlied zu singen? Wer sonst hätte sie zum Weinen aus Liebe zu dir bringen können?«

»Ich bezweifle, dass Anwyn dir in deiner Einschätzung ihrer Gefühle zustimmen würde.«

Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und betrachtete sie ernst. »Wer sonst hätte eine so scheußliche Überzeugung und den Gedanken an den sicheren Tod mit sich herumgetragen, nur um Leuten zu helfen, denen er sich verpflichtet fühlt, obwohl er keine Macht über sie ausüben will? Wenn das nicht deinen Wert beweist, was sonst? Ich habe dich nicht zu meiner Frau gemacht, damit du die cymrische Herrin wirst, und ich habe dich auch nicht zur Herrin der Cymrer gemacht, damit du meine Frau wirst. Ich habe es getan, weil es für beide Rollen keinen anderen Bewerber gegeben hat einfach niemanden! Und ich bin hier, um dir zu helfen. Ich werde mich zumindest anfangs um die Fangrechte der Fischer, die Pflanzzyklen, die Steuern auf Ochsen aus den orlandischen Provinzen und die Waffenankäufe kümmern, während ich dir alles darüber beibringe...«

Rhapsody stieß einen gespielten Seufzer aus. »Ich kann es kaum erwarten. In Tyrian habe ich schon viel über diesen Unsinn gehört.«

Er wurde wieder ernst. »Wirst du mir vergeben, Rhapsody? Lässt dein Herz es zu, wenn du mich wieder aufnimmst? In der Nacht unserer Hochzeit konnte niemand vorhersehen, was geschehen würde. Ich wusste, dass du schreckliche Qualen leiden würdest, aber ich hatte keine Vorstellung davon, wie schlimm sie wirklich waren. Liebst du mich noch?«

Sie seufzte. »Ja. Immer.«

»Reicht das für dich?«

Sie sah ihn ernst an. Die Schmerzen waren vernichtend gewesen, und die Lügen hatten sie beide beinahe in den Untergang getrieben. Doch es waren nicht ihre eigenen Lügen gewesen, und jetzt waren sie die Führer und diejenigen, die die Entscheidungen fällten. Ungebeten kam die Erinnerung an ihre Hochzeit und an das unglaubliche Glück zurück, das sie gefühlt und in seinen Augen gesehen hatte, als sie sich einander versprochen hatten; an die Zärtlichkeit des Liebesaktes, als sich ihre Seelen berührt hatten und in dem Wissen um ihr eigenes Selbst vereinigt waren; an das Hochgefühl des Gelächters zwischen den Laken, das Teilen von Geheimnissen und Plänen in jener Nacht; an die Hoffnungen, die sie einander erzählt hatten. Es war für sie die erste Erfahrung echter und vollkommener Freude gewesen, und diese Erkenntnis rief ihr eine andere Stimme der Weisheit in Erinnerung. Sie sah das Lächeln auf dem Gesicht des Patriarchen.

Vor allem wirst du erfahren, was Freude ist.

Es wurde zu einer einfachen Entscheidung. Sie stellte sich das Bündel schlechter Gefühle vor und setzte es mit Gedankenfeuer in Brand. Es verkohlte rasch zu Asche und ließ nur jene Dinge zurück, die ihr heilig waren. Ryle hira. »Ja«, sagte sie und sah, wie sein Gesicht in der Freude erglühte, die sie seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen hatte. »Ja, ich glaube, das hast du mir beigebracht. Es ist genug. Es ist sogar mehr als das. Es ist etwas, für das man voller Demut dankbar sein soll, und das bin ich.«