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Rhapsodys Gesicht, das gegen die harten Muskeln seiner Brust gepresst war, nahm ein halbherziges Lächeln an. In seiner Stimme lag eine Frage, die er niemals offen stellen würde, also antwortete sie ihm: »Nachdem du gegangen bist, habe ich mit niemandem mehr geschlafen, Sam. Ich dachte, seit letzter Nacht wäre dir das klar. Aber das erklärt noch nicht, warum ich dieses Gefühl in meinem Bauch habe und was Elynsynos wahrgenommen hat.«

Gwydion sah sie nachdenklich an, nahm sie bei der Hand und führte sie zurück in das Schlafzimmer und auf das Bett. »Leg dich hin«, sagte er sanft. »Vielleicht entdecke ich etwas.« Sie legte sich auf die Kissen, während er sich neben sie setzte und eine Hand auf ihren flachen Bauch legte. Es gab keinerlei Anzeichen für eine Schwellung.

Er nahm sich Zeit und untersuchte sie mit allen geschärften Sinnen seiner Drachennatur, erhielt jedoch nur das bestätigt, was er von Anfang an gewusst hatte. Sie war unverändert. Er hatte jede Einzelheit ihres Körpers bis in ihr tiefstes Selbst in der Erinnerung bewahrt, wie es nur einem Drachen möglich war, und wusste unwiderlegbar, dass sie nicht schwanger war oder etwas Lebendiges in sich trug. Es gab allerdings eine winzige Spur von Verunreinigung in ihrem Blut, die mit jedem Herzschlag abnahm, als ob das endlose Kreisen des Blutes sie auflöste. Dazu war ein Glühen in ihr, das er nicht benennen konnte, eine undeutliche Energie, vielleicht ihr Band zum Element des Feuers. Er lächelte sie beruhigend an und hoffte, damit die Unsicherheit in ihrem Blick zu tilgen.

»Was hat der Dämon gesagt?«, fragte er sanft.

Sie dachte kurz nach. ›»Virack urg caz‹«, sagte sie schließlich und erschauerte angesichts der Erinnerung. »Dann sagte er: ›Empfange.‹ Und danach ›Merlus‹ oder etwas Ähnliches, und schließlich: ›Wachse.‹«

Ein Zittern lief über Ashes Rücken. »In Ordnung, meine Liebe. Ich kann dir versichern, dass nichts mehr in dir wächst.«

Rhapsody erschauderte. »Nichts mehr?«

Gwydion streichelte ihren Arm. »Da war nie etwas Wirkliches. Du weißt, dass es verschiedene Arten gibt, auf die der F’dor jemanden besitzen kann, wie die Soldaten, die nur seinen Befehlen folgten und sich an nichts erinnerten.« Sie nickte. »Der Dämon wusste zweifellos, dass er in der Falle saß und sterben würde. Daher hat er einen letzten Versuch unternommen und einen Samen gepflanzt. Nicht den Samen für ein Kind, sondern den Samen des Zweifels. Er hatte dich vorbereitet und die ganze Zeit mit dir gesprochen. Er kannte die Schwingungen deines Hirns und wusste, wie er dich etwas glauben machen konnte. Die F’dor sind die Väter der Täuschung. Aber weil du eine Benennerin bist, Rhapsody, bist du für so etwas besonders empfänglich. Wie oft hast du mir schon gesagt, dass du gern das glaubst, was du willst, und es dann wahr werden lässt, anstatt die Wirklichkeit hinzunehmen?«

»Ja«, gab sie widerwillig zu.

Gwydion liebkoste ihr Gesicht. »In gewisser Weise hast du ihn dazu eingeladen und es nicht einmal gewusst«, sagte er leise und versuchte den Ausdruck der Angst aus ihrem Gesicht zu vertreiben. »Sobald du die Möglichkeit in Betracht gezogen hast, dass er die Wahrheit sagen könnte, hast du ihm bei dir Eintritt verschafft. Er hat ein kleines Stück von dir besetzt, und je mehr du ihm geglaubt hast, desto mehr hat er von dir Besitz ergriffen. Die Saat des Zweifels ist gewachsen. Wenn du nicht mehr daran gezweifelt, sondern es als wahr angesehen hättest, wäre deine Seele in seinen Besitz übergegangen. Dann hättest du ganz ihm gehört.«

Er streichelte ihren Bauch, als er sah, wie er sich zusammenzog. »Die gute Nachricht ist, dass diese Besessenheit aufgehört hat, da dieser Glaube jetzt ausradiert ist. In gewisser Weise haben dich deine Hoffnung und dein Glaube gerettet. Seitdem du die Wahrheit erkannt hast, hat jeder Atemzug und jeder Herzschlag deinen Körper von den Überbleibseln dieser Besessenheit gereinigt. Jetzt bist du davon befreit. Du gehörst wieder ganz dir selbst.«

Rhapsody lächelte. Sie ergriff seine Hand und küsste sie. »Das stimmt nicht«, sagte sie. »Ich gehöre ganz dir.«

Gwydion grinste. »Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest«, meinte er schelmisch und beugte sich über sie. »Warum wohl habe ich dir gesagt, du sollst dich auf das Bett legen?«

Sie zog ihn zu sich herab, küsste ihn und umschlang ihn mit ihren schlanken Beinen. »Mal sehen, ob ich es errate.«

82

Obwohl sie weit vom Gerichtshof entfernt war, hörte sie das Kreischen und Grölen und sah die Flammen der Freudenfeuer in der Ferne vor dem dunklen Himmel. Der Wind, der um den Ring der Senke blies, auf dem sie stand, brachte den Geruch von Asche und den Geschmack einer bitteren Vergangenheit mit, die wiederum von Hoffnung gesüßt wurde.

Anwyn schaute auf das Hörn in ihrer Hand herunter. Selbst ohne Mondlicht glänzte es wie eine leuchtende Perle in der Finsternis. Das Metall war noch warm; zweifellos war es die Hitze der Frau, die sich das Instrument angemaßt, ihren vollkommenen Mund daran gelegt und Anwyns eigenes Volk zu sich gerufen hatte. Natürlich waren sie gezwungen gewesen, auf der Versammlung zu erscheinen. Niemand, der aus Serendair gekommen oder von altem Geblüt war, konnte sich dem Befehl des Horns widersetzen. Dafür hatte Gwylliam gesorgt. Das war keine Entschuldigung, auch nicht für den Verrat, unter dem sie litt.

Überhaupt keine Entschuldigung.

Sie schloss die Augen, hielt das Hörn hoch, streckte die Arme der Sternerhellten Himmelsdunkelheit entgegen.

Die Worte der anmaßenden Dirne kamen ihr wieder in Erinnerung, wie sie ihr im lachenden Nachtwind voller Feiertrunkenheit entgegengeweht waren.

Anwyn ap Merithyn, tuatha Elynsynos, ich gebe dir den neuen Namen Die Vergangenheit.

Deine Handlungen sind nicht mehr im Gleichgewicht. Von nun an wird deine Zunge nur noch dazu dienen, über den Bereich zu sprechen, zu dem allein dein Blick Zugang hat. Du wirst nichts mehr über den Herrschaftsbereich deiner Schwestern, die Gegenwart und die Zukunft, sagen können. Niemand wird dich mehr aus einem anderen Grund aufsuchen. Also solltest du dein Wissen besser darbieten, denn sonst wirst du bald vollkommen vergessen sein.

Die Seherin lachte auf. Zuerst brach sich ihre Fröhlichkeit in einem Kichern Bahn, dann im Keuchen. Sie warf den Kopf zurück und brüllte vor Freude genauso wild wie ihre Schwester Manwyn, aber viel heimtückischer. Sie lachte, bis nicht mehr zu erkennen war, ob sie vor Vergnügen kreischte oder in Wahnsinn brüllte, auch wenn keine lebende Seele sie durch das Knacken der Freudenfeuer hören konnte, die den Gerichtshof noch immer mit tanzendem Licht erfüllten.

Ab nun wird deine Zunge nur noch dazu dienen, über den Bereich zu sprechen, zu dem allein dein Blick Zugang hat.

Anwyn packte das Hörn noch fester. Ihre sengenden blauen Augen durchglühten die Finsternis.

»Sehr gut«, sagte sie. »Wie Ihr befehlt, Euer Majestät.«

Ich brauche deine Erinnerungen, hatte der Dämonengeist aus dem Feuer geflüstert. Ihre Antwort mischte sich mit dem zischenden Wind.

»Ich verstehe«, sagte sie.

Anborn war in ungewöhnlich guter Stimmung, als er nach Westen durch das Vorgebirge zu den weiten Krevensfeldern ritt. Wenn man bedachte, wie der Tag begonnen hatte, war es erfrischend, wie sich die Dinge entwickelt hatten.

Zum ersten Mal seit vielen Jahrhunderten fühlte sich der Marschall frei und unbeschwert. Der Wind brauste, die Nacht war sternenklar, die dunstige Luft erfüllt vom frischen Duft des Sommers, gefärbt vom scharfen Rauch der fernen Freudenfeuer. Anborn nahm den Helm vom Kopf und fuhr sich mit der Hand durch das schweißnasse Haar. Der sanfte Schritt des Pferdes, das Trappeln der Hufe über die Erde es gab noch Dinge im Leben, die man genießen konnte. Nach so vielen Jahrhunderten der Enttäuschung war die Steingruft um sein Herz schließlich aufgebrochen. In seiner Jugend war Anborn ein Idealist gewesen. Er erinnerte sich an die Kraft, mit der er das Leben gelebt hatte, an die unsterblichen Eide, die er zu Beginn seiner Kampfausbildung auf die Statuten der Blutsverwandten abgelegt hatte, der alten Kriegerbruderschaft, die er um Aufnahme ersucht hatte. All diese leidenschaftlichen Ideale waren auf den Schlachtfeldern des Großen Krieges gestorben, zusammen mit seiner Seele das zumindest hatte er angenommen.