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Rhapsody sah ihn nicht an. »Anscheinend bedeutet das nicht viel.«

Llauron seufzte. »Nein, im großen Plan der Dinge wohl nicht. Ich werde nach Gwen sehen; sie sollte die Verkleidung inzwischen bereit haben. Warum isst du nicht etwas? Dabei können wir unsere Reise zu diesem Gladiator planen. Ich bin gleich zurück.«

Rhapsody wartete, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, dann lehnte sie sich gegen das Fenster und stieß einen tiefen, schmerzerfüllten Seufzer aus. Sie legte die brennende Stirn gegen die Kühle der Glasscheibe. Sie vermisste Ashe schrecklich und fühlte sich schuldig deswegen. Ihre Augen suchten den Trost des dunklen Himmels, doch durch die trübe Scheibe waren keine Sterne zu sehen.

Sie ergriff noch einmal ihr Glas und trank den Rest des Branntweins. Dann ging sie zum Kamin und stellte das Glas neben das von Llauron auf den Sims. Die geschwungenen Gefäße fingen das dunkle Licht ein wie ein grimmiger Trinkspruch auf eine Zukunft, von der sie wünschte, sie würde nie eintreten.

25

»Sag mir bitte, dass das ein Scherz ist.« Gwen lächelte unbehaglich und zog dann einen dünnen, eisfarbenen Schleier über Rhapsodys Kopf und Schultern. »Ich fürchte nicht, meine Liebe. Das tragen sie in Sorbold.«

»Wo ist der Rest davon?«

»Das ist alles, meine Liebe. Die meiste Zeit des Jahres ist es dort warm, und die Nähe der Arena zu den heißen Quellen bewirkt, dass es drinnen sehr feucht ist. Jeder zeigt seinen Körper; das wird dort als völlig natürlich angesehen.«

»Was ist das Problem, Rhapsody?«, fragte Llauron mit einem Unterton der Verärgerung. Ein leichtes Glühen trat aus seiner Hand; er betastete eine kleine Kugel aus Wasser, in der eine winzige Flamme brannte. Es war Crynellas Kerze, das Liebeszeichen, das Merithyn, sein Großvater, seiner Drachengroßmutter Elynsynos gegeben hatte. Es verband die Elemente des Feuers und des Wassers und diente ihm als Schlüsselring. Llauron hatte einmal gesagt, er habe dieses Objekt von einem Antiquitätenhändler gekauft. Er drehte es immer dann zwischen den Fingern, wenn er enttäuscht war. Rhapsody schluckte nervös und wandte sich wieder dem Spiegel zu.

Angewidert starrte sie in das Glas. »Erstens haben wir Winter; ich werde mir den Tod holen. Und zweitens: Willst du wirklich, dass ich so in die Kasernen der Gladiatoren gehe? Llauron, bist du verrückt?«

»Also bitte, Rhapsody, sei doch nicht so provinziell. Ich hätte nicht geglaubt, dass eine so aufgeschlossene junge Frau wie du die Gepflogenheiten anderer Kulturen verhöhnt.«

»Ich verhöhne nichts«, antwortete Rhapsody, drehte dem Spiegel den Rücken zu und errötete, als sie sah, wie wenig von ihrem Körper bedeckt war.

»Ich will bloß nicht, dass man mich verhöhnt. Um Himmels willen, Gwen, was soll diesen Fetzen denn zusammenhalten? Reine Entschlossenheit?« Sie deutete unwillig auf die ineinander verschlungenen Schals, die das Leibchen ihrer Garderobe bildeten.

»Na, Rhapsody, so flach bist du oben herum doch nicht«, sagte Llaurons Dienerin.

»Gwen, du bist die Erste, die das sagt. Unter anderen Umständen wäre ich dir dafür sehr dankbar, doch im Moment möchte ich mich nur gern anziehen.«

Llauron stand ungeduldig auf. »Weißt du, Rhapsody, eigentlich hatte ich den Eindruck, dir sei es Ernst mit dieser Mission. Ich hatte keine Ahnung, dass du nur mit der Idee spielst. Wenn mir das bewusst gewesen wäre, hätte ich weder meine noch Gwens Zeit verschwendet.«

Rhapsody wirkte beschämt. »Es ist mir Ernst, Llauron; ich hatte bloß nicht diese Art von Kleid erwartet.«

»Es tut mir Leid, aber wenn du dir zu einem bestimmten Ort Zugang verschaffen willst, bleibt dir nichts anderes übrig, als dich wie die Leute dort zu kleiden. Wenn dir der Ort nicht gefällt, musst du deinen Gladiatorfreund anderswohin locken. Aber wenn du in deinem Abendkleid nach Sorbold gehst, wirst du sofort in die Sklaverei verkauft und endest zweifellos in etwas noch Luftigerem. Also, was ist? Willst du weitermachen oder aufgeben?«

Rhapsody seufzte. »Natürlich gebe ich nicht auf«, sagte sie und sah sich nach einem wärmeren Kleidungsstück um. Schließlich ging sie zu einem Kleiderständer, nahm ihren Umhang ab und wickelte sich in ihn. Sie setzte sich in einen Ohrensessel nahe dem Flügelspiegel, vor dem Gwen sie angezogen hatte. »Können wir jetzt unsere Strategie beraten?«

Llauron schien sich zu entspannen. Er steckte Crynellas Kerze zurück in die Tasche und entrollte eine lange pergamentene Landkarte. »In gewisser Weise hast du Glück«, sagte er.

»Der Vergnügungskomplex befindet sich in dem Stadtstaat Jakar, der nahe am südlichen Rand des orlandischen Waldes liegt eigentlich genau südöstlich davon. Das heißt, du musst nicht lange durch Sorbold reisen, um an dein Ziel zu kommen.

Das ist gut. Sorbold ist ein viel kriegerischerer Ort als Roland, und du würdest zweifellos angehalten, wenn du lange durchreisen müsstest.« Rhapsody nickte. Llauron warf einen Blick auf Gwen, die sich wortlos empfahl und den Raum verließ.

»Nun«, fuhr Llauron fort und kehrte zu dem Pergament zurück, »hier ist ein Plan des Vergnügungskomplexes. Das große Gebäude in der Mitte ist natürlich die Arena. Es wird dir leicht fallen, dich an einem Kampftag unter die Menge zu mischen. Ich bezweifle, dass du je in deinem Leben mehr Menschen gesehen hast als an diesen Tagen auf den Durchgangsstraßen.

Wenn ich mich nicht irre, kämpfen sie nach dem Mondzyklus; es gibt jeden Tag einen Wettkampf außer bei Neumond und Vollmond. Dein Gladiator hat die besten Aussichten, auf dem Programm zu stehen, wenn du einen Tag nach dem letzten Brachtag eintriffst.«

»Sein Name lautet Constantin. Hast du je von ihm gehört?«

»Ja«, sagte Llauron. »Er ist schon seit einiger Zeit aktiv. Ich weiß nicht viel über ihn, aber er ist zweifellos der typische sorboldische Gladiator: viele Muskeln, wenig beweglich.«

»Oelendra sagte, der Trick sei, ihn nicht zum Einzelkampf herauszufordern.«

Bei der Erwähnung der Lirin-Kämpferin zog Llauron die Lippen leicht hoch. Rhapsody hatte diese kaum merkliche Reaktion schon mehrfach bemerkt und war sich nie sicher, ob es nur eine Einbildung war. »Das wird etwas schwierig sein, nicht wahr? Ich dachte, dies sei eine sehr geheime Mission.«

»Das ist sie auch.«

»Warum planst du dann, Hilfe zu haben, wenn du doch allein gehst?«

Rhapsody blinzelte. »Allein? Hattest du nicht gesagt, Khaddyr sei meine Unterstützung? Ich hatte angenommen ... nun ja, ich hatte geglaubt, er würde Truppen mitbringen oder wenigstens ein paar Waldläufer.«

»Das wird er auch, aber nicht in den Vergnügungskomplex selbst. Ich werde Khaddyr und einen oder zwei sehr vertrauenswürdige Männer losschicken, die in den Wäldern außerhalb der Arena auf dich treffen. Sie werden dort mit Pferden und Vorräten warten und dich durch den Wald zurück nach Tyrian geleiten. Bist du mit diesen Wäldern vertraut?«

»Nein, aber ich glaube, ich bin einmal auf dem Weg zu Stephen durch sie gewandert.«

»Ja.«

»Das war allerdings nur der nördlichste Zipfel. Ich habe keine Ahnung, wie es im Süden aussieht.«

»Dort werden Khaddyr und seine Männer dir weiterhelfen.« Llauron schaute in das Kaminfeuer; es brannte unregelmäßig.

Auch Rhapsodys Gesichtsausdruck war zweifelnd. »Llauron«, sagte sie nachdenklich, »wenn ich so etwas mit Achmed und Grunthor planen würde, dann würde ich einfach hineingehen und ihn zu ihrem Versteck locken, aber ich glaube nicht, dass sie von mir erwarten würden, mich allein dort hinzubegeben.«

Ein Reptilienhaftes Glitzern trat in die Augen des alten Mannes. »Dann möchtest du vielleicht lieber nach Ylorc zurückkehren und sie dir zur Verstärkung holen, Rhapsody?«