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Wenn der Kämpfer ein Freier war, wurden die Lebensangebote der Masse seiner Bewunderer innerhalb der Adelsschicht überlassen, wodurch auf altehrwürdige Weise der hohe Preis der Freiheit versinnbildlicht wurde. Daher zogen es viele der besten Gladiatoren von, in der Sklaverei zu bleiben, obwohl sie genug persönlichen Reichtum und genug Kredit erworben hatten, um sich freizukaufen, denn auf diese Weise erhöhte sich ihre Aussicht, gerettet zu werden, wenn sie sich im Towrik befanden. Constantin war keiner von ihnen.

Wenn alle Lebensangebote abgegeben waren, schlug der Gong des Arenameisters erneut, und die Pferde wurden langsam von der Waage weggeführt. In der Arena wurde es völlig still, während die Menge darauf wartete, dass die gewaltige Maschine das Gewicht ermittelte. Wenn die Waagschalen im Gleichgewicht waren oder zum Vorteil des Kämpfers ausschlugen, nahmen die Ärzte der Arena ihn von der dicken Scheibe herunter und führten oder trugen ihn unter Beifall und Hohngezischel fort. Die Hälfte der Lebensangebote wurden beiseite geschafft, um die Schatztruhen des Herrschers zu füllen, dessen Stadtstaat die Arena gehörte, während die andere Hälfte unter Jubelgeschrei dem Sieger zum Geschenk gemacht wurde. Wenn die Waage aber gegen den Verlierer ausschlug, ertönte ein noch lauteres Brüllen aus der Menge. Dann wurde der gesamte Inhalt der Schale dem Sieger geschenkt, und die Vorbereitungen für das Ereignis, auf welche die Menge ihr höchstes Interesse richtete, wurden getroffen. Ein langes Schwert mit einer Sägeklinge wurde so vor die Waage gelegt, dass es von der Herrscherloge aus zu sehen war, während um die Fußknöchel des Verlierers lange Lederriemen gebunden wurden, die ihn an die Pferde fesselten. Dann kippte man ihn von der Schale. Der Arenameister wartete so lange, bis die Waage wieder im Gleichgewicht war, bevor er den Gong ein letztes Mal schlug.

Wenn es dem unglücklichen Kämpfer gelang, in der Zwischenzeit zu dem Schwert zu kriechen, konnte er die ihm angebotene Möglichkeit ergreifen und sein Leben auf eine halbwegs ehrenhafte Weise beschließen, indem er sich in die Waffe stürzte. Solche gelungenen Versuche wurden stets von wütendem Zischen begleitet, da sie die gierige Menge ihrer eigentlichen Freude beraubte. Denn wenn der Kämpfer das Schwert nicht erreichte, bevor der Gong wieder ertönte, wurden die Pferde losgebunden, die unter dem taub machenden Lärm umherrasten. Die Menge brach in orgiastisches Geschrei aus, und die Tribünen erzitterten, während der Unglückliche einen schrecklichen und schmählichen Tod erlitt. Oft wurden die Pferde erst dann angehalten, wenn der Kopf des Toten abgerissen und irgendwo liegen geblieben war.

Rhapsody schüttelte diese Gedanken ab und stählte ihre Entschlossenheit. Sie wartete auf den richtigen Augenblick, die Arena zu betreten.

Als die Nacht hereinbrach, ebbte der Menschenstrom ab. Sie überquerte vorsichtig die Straße und schlüpfte in den Eingang, der sie wahrscheinlich zu ihrem Ziel bringen würde. Als sie drinnen war, drückte sie sich gegen die dunkle Mauer und huschte still durch die stinkenden Korridore, bis sie vor sich hallende Geräusche hörte, die sie als eine Versammlung von Menschen erkannte.

Sie nahm rasch den wollenen Mantel ab und zog ihre Stiefel aus, denn sie hatte draußen vor der Arena an den Füßen der Sklavinnen keine Schuhe bemerkt. Sie sah sich einen Moment lang um und entdeckte schließlich eine kleine Nische, wo sie ihre Kleidungsstücke verstecken konnte. Hoffentlich wären sie noch da, wenn sie später wieder nach draußen kam. Dann befestigte sie an ihrem Hüftband den kleinen Beutel mit der Flasche, die Llauron ihr gegeben hatte, um den Gladiator bewusstlos zu machen. Sie bemerkte die Kleider der weiblichen Sklaven. Einige waren sehr enthüllend, wie ihre eigenen, doch öfter sah sie einfache Hemden und Kniehosen. Die Frauen, die diese Kleidung trugen, schienen auf einer höheren Ebene der Ausbildung zu stehen und hatten oft Verbände umgelegt. Rhapsody wünschte sich, sie hätte davon gewusst, doch andererseits kannte Llauron die sorboldische Kultur gut, und sie vertraute seiner Entscheidung.

So zog sie den eisgrauen Schleier vor das Gesicht und folgte dem Korridor in den Bauch der Arena, wobei sie über Pfützen aus geschmolzenem Schnee sprang, der durch Risse und Spalten hereingeweht worden war. Je tiefer sie kam, desto bevölkerter wurde der Korridor, bis sie schließlich vor dem unterirdischen Haupteingang zur Arena stand, von dem aus viele Tunnel zurück zu den Unterkünften der Kämpfer führten.

Aus der Ferne hörte sie einen tief dröhnenden Gong, dem eine Welle aus Geschrei folgte:

Tovvrik, Tovvrik, Tovvrik. Sie eilte den rollenden Freudenschreien voraus, huschte in den Tunnel zurück und floh vor dem schrecklichen Lärm der Lustbarkeit.

Eine grobe Liste der Gladiatoren und ihrer Kämpfe war mit Kreide auf die Wand des Gewölbes geschrieben, das in die Eingeweide der Arena führte. Bei jedem Kampf war einer der beiden Namen durchgestrichen. Es war nicht schwer, den von Constantin zu finden. Es war der letzte Kampf am Abend des Hauptprogramms, und wenn sie das Nummernsystem der sorboldischen Sprache richtig deutete, war es der Kampf mit den höchsten Wetten. Sklaven irrten in den muffigen Hallen umher und trugen Essen, Medizinflaschen und Wein, und die Frauen, die wie Rhapsody gekleidet waren, hatten sich in einem pferchartigen Bereich links von dem Durchgang versammelt. Rhapsody zog den Schleier enger um den Kopf und reihte sich in den Strom des menschlichen Verkehrs ein, der sie in den Pferch trug, wo sie hoffte, an der richtigen Stelle zu sein.

Einen Moment später wurde ihre Vorahnung bestätigt. Ein kleiner, muskulöser Mann mit ausgedünntem grauem Haar und viel wertvollerer Kleidung, als die Sklaven sie trugen, erschien am anderen Ende des Tunnels. Als er sich näherte, verstummten die Frauen, sahen einander an und warteten ahnungsvoll. Er schlenderte durch den Tunnel, trat in den gewölbten Durchgang und stieg dann einige Stufen zu einem Podest vor dem Pferch hoch, wobei er den Blick abwechselnd auf die Masse der Sklavenfrauen und die Kreideinschriften hinter ihm richtete.

Er drehte sich um und rief einem der Diener im Gewölbe etwas zu. Kurz darauf kam ein weiterer Mann den Korridor hinunter und übergab ihm ein Pergamentblatt. Der Sklave verneigte sich respektvoll vor ihm und nannte ihn Treilus. Rhapsody merkte sich den Namen und versuchte hinter den größeren, eifrigeren Frauen zu verschwinden, bis Constantins Name an die Reihe kam.

»Ich brauche Heilerinnen für diesen Abend«, kündigte Treilus an.

Ihr drehte sich der Magen um, als sie dem Prozess der Auslese zusah. Die meisten Sklavinnen wetteiferten um die Gelegenheit, auserwählt zu werden, und stellten ihren Körper so vorteilhaft wie möglich zur Schau. Rhapsody vermutete, dass es für sie noch schlimmere Pflichten gab.

Erinnerungen an ihre eigene, ferne Vergangenheit drohten sie mit einer Art psychischer Galle zu überfluten. Sie kämpfte hart darum, diese Gedanken im Zaum zu halten. Angesichts von Llaurons Naivität wurde ihr übel. Treilus sagte zwar, er suche Heilerinnen, aber sie erkannte einen Zuhälter sofort. Ihr Plan zerplatzte in einem Knall der Verzweiflung. Die Rettung t Constantins war zweitrangig geworden. Nun ging es erst einmal darum, das Kommende zu überleben.

Die ersten beiden Kämpfer, für die die Frauen ausgewählt wurden, hatten eindeutig Verbindung zu mächtigen Leuten, denn die Sklavinnen kratzten und balgten sich, um sich selbst am vorteilhaftesten darzustellen. Dann wurde Constantins Name aufgerufen, und das Drücken und Putzen hörte auf. Die Masse der Sklavinnen wurde unheimlich still. Das verhieß für Rhapsody nichts Gutes.

Sie schluckte ihre Angst herunter, senkte den Schleier, der Gesicht und Haare bedeckt hatte, und stellte sich ins Blickfeld, als Treilus auf seine Liste sah. Als er den Blick von dem Dokument hob, schaute er sie an. Er erbebte, als er den Mund aufsperrte und sich die Liste vor den Unterleib hielt, um eine plötzliche Veränderung in dieser Körperregion zu verbergen. Sie hoffte, dass ihm seine Aufgabe wichtiger als alles andere war; es war ihr bisher nicht in den Sinn gekommen, dass er nicht nur nach medizinischer Betreuung für seine Gladiatoren, sondern auch nach einem eigenen Vergnügen für den Abend Ausschau halten könnte. Treilus schritt die Stufen herunter und bahnte sich einen Weg durch die Menge der Sklavenfrauen, bis er unmittelbar vor ihr stand. Er wanderte mit den Augen unverfroren über ihren Körper, während er sie umrundete und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtete. Als er wieder vor ihr stand, packte er den Schal, der ihr als Leibchen diente, und zog sie roh zu sich. Er glotzte auf ihre Brüste unter dem dünnen Stoff. Dann ließ er den Schal mit einer kalten, berufsmäßigen Bewegung wieder los und streckte geistesabwesend die Hand aus, um eine ihrer Haarlocken zu untersuchen. Er liebkoste mit den Fingern die goldenen Strähnen und zog sie durch seine Lippen, als schmeckte er sie oder prüfte ihre Weichheit. Anscheinend fand er sie befriedigend, denn er hüstelte und sah zu ihr herunter, während sich Zustimmung über sein Gesicht legte. »Ich kenne dich nicht«, sagte er mit unangenehm hoher Stimme. »Wer bist du? Wem gehörst du?«