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Llauron, Fürbitter Gwynwald

Zufrieden schrieb er diese Botschaft siebenmal ab und löschte dann die Bögen.

Als die Tinte trocken war, blies er die Öllampe aus, rollte die Botschaften zusammen und steckte sie in die Tasche. Er kehrte zu dem Kreis der Käfige zurück und stand einen Moment nachdenklich davor.

Jeder Käfig enthielt sowohl Brüter als auch Botenvögel, die darauf abgerichtet waren, zu dem Gebäude zu fliegen, das ihren Käfig symbolisierte. Die Boten flogen heim zu besonderen Käfigen, wo sie gefüttert wurden, sich ausruhen konnten und oft mit einer Rückantwort versehen wurden, während die Brüter nur innerhalb des Bauwerks blieben und für Nachkommen zu sorgen hatten.

Der Gebrauch der Brüter hatte eine schändliche Geschichte. Anwyn hatte sie mit großem Erfolg im Krieg gegen Gwylliam eingesetzt, um Krankheiten zu verbreiten oder Giftfläschchen zu verschicken, und in einer scheußlichen Schlacht hatten sie glühende Kohlen getragen, die sie über den Strohdächern von Bethe Corbairs Dörfern abgeworfen und sie völlig niedergebrannt hatten.

Diese Waffe war doppelt erfolgreich gewesen, denn Gwylliam hatte die Vögel geliebt und gewusst, dass Anwyn sie nun benutzte, um seine Ländereien zu vernichten. Es war eine beschämende Episode in einer beschämenden Zeit gewesen, und Llauron war froh, dass die Tiere nicht mehr für solche Zwecke eingesetzt wurden, wenngleich das, was er vorhatte, einen ähnlichen Stempel trug.

Das Vogelsystem funktionierte gut, wenn es darum ging, wichtige Botschaften an andere Staatsoberhäupter oder religiöse Führer zu schicken, auch wenn es im Winter nicht so verlässlich wie in den wärmeren Jahreszeiten war. Mit der Einsetzung der königlichen Postkarawane, die Achmed vor einiger Zeit eingeführt hatte, war das Vogelsystem in Vergessenheit geraten.

Llauron schaute nachdenklich in die Käfige, die bis in die Einzelheiten jeweils einem der herzoglichen Paläste glichen: der Großen Halle von Avonderre; Haguefort, der Festung von Herzog Stephen; dem Hohen Turm, wo Cedric Canderre in der Provinz Hof hielt, die seinen Namen trug; dem Richtersitz von Yarim, der Heimat von Ihrman Karsric, ihrem Herzog;

Grünhall, dem Provinzsitz von Bethe Corbair, sowie dem Regentenpalast von Bethania, wo Tristan Steward lebte. Einer der Käfige war ein Modell von Sorbolds Jierna Tal, dem Ort des Gewichtes, wo die großen Gerichtswaagen standen und die verschrobene Königinwitwe mit ihrem Schwächling von Kronprinz lebte.

Er vermutete schon seit langem, dass der Wirt des F’dor einer dieser Männer oder jemand von hohem Rang war, doch trotz seiner jahrelangen Suche war es ihm nicht gelungen, ihn zu entdecken. Der Schreibkrampf, den er sich soeben zugezogen hatte, war den Schmerz und die Anstrengung wert, sobald die falsche Nachricht ihr Ziel gefunden hatte, auch wenn diese ersten sieben Vögel nicht die entscheidenden waren. Llauron nahm eine Hand voll Beinhülsen aus dem Regal unter den Käfigen.

Still griff er in jedes Haus, wählte brütende Vögel aus, die aus Protest über die Störung ihres Schlafes kreischten und zwitscherten. Llauron kraulte ihnen freundlich den Nacken mit dem Finger und machte sanfte Geräusche, damit sie sich beruhigten.

»Es tut mir sehr Leid, deinen Schlaf zu stören und dich aus der Wärme zu nehmen«, sagte er zum ersten Vogel, einer Schneetaube, während er ihr die kleine Büchse an das Bein band.

»Aber ich fürchte, es ist unvermeidbar.«

Er trug sie vorsichtig zum Fenster, das auf den Großen Weißen Baum hinausschaute, blieb dort einen Moment lang stehen und sah den Schneeflocken nach, die im dunklen Wind tanzten. Dann öffnete er das Fenster, schirmte sich gegen den kalten Luftzug ab, warf den Vogel hinaus in die Nacht und schloss das Fenster schnell wieder.

Er wiederholte diesen Vorgang, bis auf jedes der Staatsgebäude ein Brüter zuflog. Dann begab er sich zu dem gewaltigen Käfig, der wie das Gebirgsreich von Canrif aussah. Die Botenvögel in diesem Käfig waren schwarze Mauerschwalben, kleine und zähe Wintervögel mit einer beachtlichen Reichweite, von schlichtem Gefieder und völlig unauffällig. Sie waren sehr verlässlich und häufig für Botschaften an Rhapsody benutzt worden, als sie sich noch in Ylorc aufgehalten hatte.

Llauron wählte Oberlan aus, einen Hahn, seinen Favoriten in diesem Nest, und trug ihn zum Fenster. Er sah dem Vogel in die Augen.

»Du allein musst deinen Weg ohne Fehler finden, alter Knabe. Kann ich mich auf dich verlassen?«

Die Augen des Vogels glitzerten in der Dunkelheit. Llauron lächelte.

»Das habe ich mir gedacht. Fliege zu Rhapsodys Voliere.

Wer immer dich empfängt, wird dich zwar nicht so verzärteln wie Rhapsody, aber man wird dich willkommen heißen; daran habe ich keinen Zweifel. Firbolg-Gastfreundschaft! Oje! Du Glücklicher.« Er ließ den Boten los und sah zu, wie er eine warme Luftströmung erwischte, dann nach Osten in die Nacht abdrehte und aus dem Blickfeld verschwand. Er wartete so lange, bis er den Vogel nicht mehr im Bereich seines Landes spürte, dann ging er zurück zu dem hölzernen Stuhl und ließ sich erschöpft darauf niedersinken.

Der Fürbitter griff in die Falten seiner Robe und holte langsam den Schlüsselring mit Crynellas Kerze hervor. Die kleine Kugel aus Feuer und Wasser glimmerte sanft in der verschneiten Dunkelheit.

»Es tut mir so Leid, Rhapsody«, flüsterte er.

Sorbold

Es schien übermäßig lange zu dauern, Kleidung für den Gladiator zu finden; es war kaum etwas im Zimmer außer einem Seidenhemd und einigen langen Musselinschals, die zu Lendentüchern gebunden waren, wie Rhapsody schließlich herausfand.

Schließlich entdeckte sie unter dem Bett eine fortgeworfene Hose und ein schweres Wollhemd sowie ein sorgfältig zusammengelegtes Taschentuch unter einem Ende des geflochtenen Flickenteppichs. Sie hatte Angst, er könnte wieder zu sich kommen, während sie auf dem Boden lag und unter dem Bett nachschaute. Daher blickte sie immer wieder verstohlen auf die stille Gestalt in den zerwühlten Laken. Trotz ihrer Besorgnis blieb er jedoch selbst dann noch bewusstlos, als sie ihn anzog, ihm Hände und Füße fesselte und in das schwerste der Bettlaken einwickelte.

Rhapsody zog sein Seidenhemd an und brachte schließlich den Mut auf, ihm ins Gesicht zu sehen. Sie hoffte, ihn mit dem Kissen nicht verletzt zu haben. Ein Speichelfaden war ihm aus dem Mund getreten. In seiner Starre schien er weitaus weniger erschreckend zu sein als zuvor. Ihr Magen war noch in Aufruhr, und sie atmete flach, um möglichst ruhig zu bleiben. Jetzt war nicht die richtige Zeit, die Kontrolle über sich zu verlieren.

Trotz allem, was vorgefallen war, empfand sie Mitleid mit ihm. Mit der möglichen Ausnahme von Treilus hielt sich keiner der Leute aus freiem Willen an diesem Ort auf. Da sie wusste, woher er kam, wünschte sie, dass sie sich unter anderen Umständen getroffen hätten. Dennoch zweifelte sie nicht daran, dass er ihr das Mitleid, das sie für ihn empfand, nicht zurückgeben würde, wenn sie ihn nicht von hier fortbrachte und in die Obhut der Verstärkung gab, die hinter der Grenze auf sie wartete.

Mit dem Taschentuch, das sie unter dem Teppich gefunden hatte, wischte sie ihm den Speichel aus dem Gesicht und stand auf. Dabei fiel ein silberner Blitz aus dem Leinen. Sie bückte sich, um ihn aufzuheben. Es war das Halsband einer Frau, roh aus Silber gearbeitet, ohne Reiz. Vielleicht ein Liebeszeichen von einem Sklavenmädchen? Rhapsody erinnerte sich daran, wie die Frauen still geworden waren, als Treilus seinen Namen ausgerufen hatte, und entschied, dass das sehr unwahrscheinlich war. Was immer es war, es musste warten. Sie steckte das Halsband zusammen mit den Resten der Flüssigkeit in ihren Beutel und schlich wieder zur Tür.

Der Gang zu den Quartieren der Gladiatoren war leer und still mit Ausnahme der unterdrückten Schreie, die gelegentlich durch die schweren Türen drangen. Die Bewohner, die in diesem Gang lebten, waren eindeutig mit anderen Dingen beschäftigt und würden sie nicht gehen sehen. Ihre Partnerinnen für diesen Abend verdienten sich gerade ihren Unterhalt und erfüllten die Nacht bisweilen mit übertrieben ekstatischen Lauten, weil sie zweifellos vermeiden wollten, als unwillig zu gelten.