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Constantin ließ die Kette durch seine Finger gleiten; sie glitzerte ebenfalls im Sonnenlicht.

»Es ist nur das Bild einer Frau mit Liebe im Blick und mit einem Geschenk.«

Rhapsody spürte bei seinen Worten einen stechenden Schmerz in den Augen. Sie strich ihm über die Schulter. Es sollte eine Geste des Mitleids sein, doch der Gladiator zuckte davor zurück und krümmte sich zusammen. Rhapsody erstarrte vor Angst.

»Es tut mir sehr Leid«, stammelte sie. »Ich wollte dich nicht aufregen.« Sie stand hastig auf und eilte wieder zur Tür.

»Warte, Rhapsody.« Constantin stand auf und trat neben sie, hielt aber einige Schritte Abstand. Sie senkte den Blick zu Boden. Das Letzte, was sie wollte, war, ihn weiter aufzuwühlen. »Du hast mich nicht aufgeregt. Ich will versuchen, dich nicht mehr zu verletzen oder zu erschrecken.«

Rhapsody begegnete seinem Blick. Seine Augen glitzerten vor blauer Eindringlichkeit, doch es lag nicht mehr die Wildheit in ihnen wie in der Nacht, als sie ihn aus Sorbold entführt hatte. Vielleicht hatte ihn bereits die geringe Menge von Dämonenblut, die ihm entzogen worden war, menschlicher gemacht.

»Constantin, was immer in Sorbold geschehen ist, war allein meine Schuld. Der Plan war dumm und schlecht überlegt, und deine Handlungen waren eine Folge meiner Fehleinschätzungen. Ich bitte dich um Verzeihung und hoffe, du siehst ein, dass ich dir wirklich helfen wollte, wie gefühllos und ausgeklügelt es auch erschienen sein mag.«

Constantin nickte. »Ich habe schon bemerkt, dass du dich oft zu solchen Maßnahmen gedrängt fühlst.« Die Tiefe in seiner Stimme ließ ihn viel älter erscheinen.

»Wenn dich meine Gegenwart stört, werde ich gehen ...«

»Das ist es nicht«, unterbrach er sie. »Sie ist eher, äh, verwirrend.« Er sah aus dem Fenster; je rosiger der Sonnenuntergang wurde, desto sanfter klang seine Stimme. »Ich fürchte, ich habe noch nie einen wirklich freundlichen Menschen gekannt. Ich weiß nicht, wie ich mich in deiner Gegenwart verhalten soll.«

Rhapsody lachte. »Es gibt einige Leute, die deine Beschreibung von mir als sehr belustigend empfinden würden. Du machst es wirklich gut.«

»Es ist ein Kampf«, sagte er. Seine so unbedacht herausgerutschten Worte schienen ihn einen Moment später bereits zu überraschen. »Die Kette ist nicht das Einzige, das ich brauche und haben will.« Er wandte die Augen ab, als die Farbe des Sonnenuntergangs sich über sein Gesicht legte.

Rhapsodys Kehle zog sich zusammen, und Hitze durchpulste sie. Unbewusst glitt ihre Hand hoch zum Hals. Sie berührte das Medaillon, das sie immer trug. Ihr kam ein Gedanke. Sie öffnete vorsichtig den Verschluss und zog die Kette aus. Als Constantin den Mut aufbrachte, sie wieder anzusehen, hielt sie ihm das Medaillon entgegen.

»Ich glaube, wir haben etwas gemeinsam«, sagte sie. »Das ist alles, was mir von meiner Mutter geblieben ist.« Die Tränen, die ihr in die Augen gestiegen waren, rannen ihr nun über die Wagen.

»Träumst du von ihr?«

Rhapsody drehte sich um. »Nicht mehr«, sagte sie traurig. »Ich habe es oft getan, aber jetzt kommt sie in meinen Träumen nicht mehr zu mir. Ich kann ihr Gesicht nicht mehr erkennen.«

»Ich träume jede Nacht von meiner Mutter«, meinte Constantin. »Ich habe keine Ahnung, ob sie so war, wie ich sie in meinen Träumen sehe.«

»Wie siehst du sie?«

»Freundlich. Ich vermute, das beweist, dass es keine Erinnerung, sondern nur ein Traum ist.«

Er setzte sich wieder auf das Bett.

»Warum?«

Der Gladiator schaute hoch zu ihr und lächelte spöttisch. »Offenbar glaubst du nicht an Familienmerkmale.«

Rhapsody trat einen Schritt zurück, damit sie ihn besser sehen konnte. »Willst du damit sagen, dass du unfreundlich bist?« Das Lächeln des Gladiators traf sie unvorbereitet. Sie zuckte zusammen. Sie wartete, bis er verstummte, und sah ihn dann ernst an. »Ich habe keinen Scherz gemacht.«

Constantins Gesicht verlor das Lächeln. »Ja, es sollte selbst dir klar sein, dass die Freundlichkeit und ich uns noch nicht offiziell vorgestellt worden sind.« Er schaute weg. »Ich habe sie aber von fern gesehen, wenn auch vielleicht nur einmal.«

Rhapsody betrachtete ihre Hände. »Möglicherweise bist du mit der Freundlichkeit besser befreundet als du weißt.« Sie spürte, wie er sie fragend ansah, und kämpfte darum, unter seinem Blick nicht zu erröten, doch es gelang ihr nicht. Das Blut rauschte ihr ins Gesicht und stach in die sich rötenden Wangen. Unbeholfen setzte sie sich wieder auf den Stuhl.

»Würdest du mir bitte erklären, wovon du redest?«

»Du hättest mir in jener Nacht wehtun können, wenn du es gewollt hättest«, sagte sie und starrte auf die Schwielen an ihren Fingern. »Ich weiß, dass dich meine Angst erregt hat. Ich habe die Grausamkeit in deinem Blick gesehen. Wie deine Welt auch immer ausgesehen hat, du hast dir trotzdem ein wenig Erbarmen bewahrt, wenn auch vielleicht nur in der Größe eines Samenkorns.« Ihre Worte klangen für sie entfernt vertraut; sie dachte an die Nacht zurück, als Ashe in Elysian zum ersten Mal zu ihr gekommen war.

Ich freue mich, dass du den Untergang deiner ganzen Welt überlebt und unter Ungeheuern gelebt hast und doch den Menschen immer noch ehrenwerte Eigenschaften zuschreibst.

Constantin lächelte wehmütig. »Du hast Unrecht, Rhapsody. Ich hatte nicht vor, dich in jener Nacht gehen zu lassen. Ich hätte dich verletzt und es genossen. Du kennst mich nicht sehr gut.«

Rhapsody fand schließlich den Mut, ihm in die Augen zu schauen. »Vielleicht. Aber vielleicht kenne ich dich sogar besser, als du glaubst. Willst du mich immer noch verletzen?«

Der Gladiator stand plötzlich auf und begab sich in die hinterste Ecke des Zimmers.

»Vielleicht ist es das Beste, wenn du jetzt gehst.«

»Wie du willst.« Rhapsody stand ebenfalls auf und ging zur Tür. Sie drehte sich um und betrachtete seinen Rücken. Seine Muskeln waren gespannt wie Sprungfedern. »Ich habe keine Angst vor dir, Constantin.«

»Ich muss dir leider sagen, dass du nicht sehr helle bist.«

Sie lachte. »Das will ich nicht abstreiten, aber ich habe weitaus grausamere Männer als dich gesehen. Ich habe unter ihren Händen viel größere Scheußlichkeiten erlitten, als du mir je antun könntest. Ich kenne den Unterschied zwischen einem verbogenen und einem bösen Geist. Deine Seele ist verkrümmt, Constantin, nicht verrottet. Sie braucht nur etwas Zeit, um sich zu strecken, und ein wenig Sonnenlicht, das sie wieder reinigt. Du wirst bald wieder so gut wie neu sein.«

Constantin schaute aus dem Fenster. »Falls ich die Folter überlebe.«

Rhapsody ließ die Türklinke los. »Folter?«

Er bedachte sie wieder mit seinem eindringlichen Blick. »Spiel nicht den Narren. Du hast mich hergebracht. Du musst wissen, was sie hier machen.«

Sie ging auf ihn zu, drehte ihn um und nahm die Hände nicht von seinen Armen. »Meinst du das, was letzte Nacht geschehen ist?«

Er versuchte sich loszumachen. »Natürlich.«

Rhapsody seufzte. »Es tut mir sehr Leid. Ich wünschte, du müsstest dieses Verfahren nie wieder durchlaufen, aber ich kann dir zumindest versprechen, dass du nie wieder die Schmerzen spüren wirst. Von jetzt an wirst du schmerzfrei sein.«

»Warum machen sie das? Ich habe vorher schon geblutet, aber nie aus dem Herzen.«

Sie nahm seine Hand, führte ihn zurück zum Bett und setzte sich dann auf den Stuhl ihm gegenüber. Langsam und eingehend erklärte sie ihm seinen Ursprung, berichtete von dem F’dor und dem Rakshas sowie dessen systematischen Vergewaltigungen. Constantins ruhiges Gesicht verwandelte sich zu Stein, während sie sprach, doch seine Augen leuchteten auf eine Weise, die bei Rhapsody den Wunsch erweckte, sie hätte es dem Fürsten überlassen, diese Geschichte zu erzählen.

Schließlich berichtete sie ihm von der Rettung der Kinder des Dämons und dem Plan, sie vor der Verdammnis zu retten, indem man ihnen das Blut ihres Vaters entzog und es für die Suche nach dem F’dor einsetzte. Als sie fertig war, sah er sie ernst an.