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Elizabeth Haydon

Tochter des Sturms

In Liebe

meinen adoptierten Geschwistern gewidmet der Tochter des irdischen Gartens, dem Sohn des Meeres – für alles, was sie getan haben, um dieses Buch voranzutreiben

Ode

Wir sind die Musikanten, Wir leben in unseren Träumen, Wandern entlang der Wellenkanten Und sitzen neben Flüssen, die schäumen, Wir Weltverlierer, Weltverbannten, Die im bleichen Mondlicht säumen; Doch wir sind die Gesandten, Unter denen sich Welten aufbäumen. Mit unsrer Lieder Unsterblichkeit Errichten wir Städte, hoch und weit, Und mit einer wunderbaren Weise Macht Schaffen wir eines ganzen Reiches Pracht: Ein Mann kann erhalten zum Lohne Für einen einzigen Traum eines Reiches Krone. Und drei können mit neuer Lieder Klagen Ein Reich rasch wieder zerschlagen. Wir haben in vergangener Zeit, Die sich im Grab der Erde verliert, Ninive erbaut mit unserem Leid, Und haben in Kindion selbst jubiliert Und ihnen der neuen Welt Wert prophezeit, Der nach dem Glanz der alten giert, Denn jede Zeit ist ein Traum, den der Tod befreit, Oder einer, der Neues gebiert.
Arthur O’Shaughnessy
Sieben Gaben des Schöpfers, Sieben Farben des Lichts, Sieben Meere auf der weiten Welt, Sieben Tage in einer Woche, Sieben Monate Brache, Sieben Kontinente durchwandert, webe Sieben Zeitalter der Geschichte Im Auge Gottes.

Gesang des himmlischen Webstuhls

O unsre Mutter die Erde, O unser Vater der Himmel, Eure Kinder sind wir, Müd und gebeugt. Wir bringen euch die Gaben, die ihr liebt. Daraus webt für uns ein Gewand der Helle ... Möge die Kette das weiße Licht des Morgens sein, Möge der Schuss das rote Licht des Abends sein, Mögen die Fransen der fallende Regen sein, Möge die Bordüre der stehende Regenbogen sein. So webt für uns ein Gewand der Helle, Dass wir dort schreiten können, Wo die Vögel singen, Dass wir dort schreiten können, Wo das Gras am grünsten ist. O unsre Mutter Erde, O unser Vater Himmel.
Volkslied, Tewa

Klagelied des Webers

Ein Teppich ist die Zeit, Aus drei Fäden bereit. Man wisse Bescheid, Es sind Zukunft, Gegenwart, Vergangenheit. Unbeständig sind Kettfaden Zukunft und Gegenwart, Doch ihrer Farben Gnaden Macht das Herz vernarrt. Vergangenheit, der Schuss, Ist der Geschichte Muss. Jeder Augenblick, Jedes Kriegsgeschick, Findet seinen Ort In der Zeit Gedächtnishort. Das Schicksal, Weber dieser Fäden, Hält sie fest in seinen Händen, Flicht daraus ein Band, Das Rettung sein kann, Netz – oder Tand.

Das Erwachen

1

Ylorc

Als der Gipfel des Gurgus explodierte, fraßen sich die Schwingungen bis in die Grundfeste der Erde. Auf der Oberfläche erstreckten sich die Schuttfelder meilenweit; die Trümmer reichten von felsblockgroßen Stücken am Fuß des Berges bis zu feinem Sandstaub, der in weiter Ferne die Steppe überzog. Dazwischen lagen, gleich einem zerbrochenen Regenbogen, Scherben aus farbigem Glas, das in den ausgehöhlten Gipfel des Berges eingelassen worden war; sie glitzerten in der Sonne, die sich immer wieder hinter Schleiern aus glimmerndem Staub verbarg.

Im Innern der Erde spürte eine kleine Gruppe von Firbolg-Soldaten die Erschütterungen unter den Füßen, obwohl sie sich einige Meilen östlich des Gurgus befanden. Augenblicke der Stille zogen vorüber, während sich Staub auf den Tunnelboden legte. Als Kram schließlich den angehaltenen Atem ausstieß, schüttelte der Rest der Patrouille die Betäubung ab und nahm seine Pflichten wieder auf. Der Sergeant-Major würde sie bei lebendigem Leibe häuten, wenn sie es zuließen, dass eine kleine Erschütterung sie von ihrem Rundgang abhielte. Wenige Tage später krochen die Soldaten zögerlich unter einem wolkenlosen Himmel aus der Erde hervor, denn sie hatten den äußersten Punkt dieses Teils des Tunnelsystems und das Ende ihres Patrouillengangs erreicht. Krarn stand am Rande der kraterähnlichen Ruinen des Großen Gerichthofes, des Versammlungsplatzes aus alter Zeit, der nun von Kohlenstaub geschwärzt war und als Spukort angesehen wurde. Nichts als das Heulen des Windes begrüßte ihn. Niemand lebte in dem felsenreichen Vorgebirge, das sich bis in die Steppe und die Krevensfelder erstreckte.

Die Männer hatten das Gebiet abgesucht und sich hinter ihrem Anführer gesammelt. Gerade als Krarn sie wieder in den Tunnel schicken wollte, richteten sich ihm die Rückenhaare vom Nacken bis zum Gürtel auf.

Es begann als äußerst schwaches Grollen in der Erde. Die Erschütterungen waren so gering, dass sie nicht wirklich spürbar waren, doch Krarn bemerkte ein Erzittern der Pflanzen und winzigste Veränderungen in dem trockenen Land – kaum mehr, als eine starke Brise hervorgerufen hätte. Doch er wusste, dass kein Wind diese Störung verursachte. Sie kam aus der Erde selbst.

Leise befahl er seinen Männern, sich in einer Schützenlinie aufzustellen. Er beobachtete angestrengt die Gegend und suchte nach weiteren Zeichen. Einige Minuten später schwand das seltsame Gefühl, und die Erde wurde wieder still. Nur der Wind seufzte noch in den hohen Gräsern.

»Nachbeben«, murmelte er zu sich selbst.

Mit einem Kopfschütteln führte Krarn seine Männer zurück in den Tunnel.

Damit vergab er die Gelegenheit, vor dem Kommenden zu warnen.

Mit jedem Tag wurden die Beben stärker.

Die Oberfläche des Großen Gerichtshofes, der von der Sommersonne zu einer wasserlosen Hülse gebacken worden war, zeigte dünne Risse, die sich wie das spinnwebartige Muster auf einem Spiegel ausbreiteten, der zerbrochen, aber noch nicht zersplittert ist.

Dann kam der Dampf. Winzige Wölkchen stinkenden Rauchs stiegen Unheil verkündend aus dem Boden unter den dünnen Rissen.

Bei Tage waren sie nicht zu sehen, falls überhaupt jemand da gewesen wäre, der sie hätte sehen können. Doch in der Nacht vermischten sie sich mit dem heißen Dampf, der vom Boden aufstieg, und wurden vom Wind empor getragen, bis sie sich mit den niedrig hängenden Wolken vereinigten.

Schließlich kam der Ausbruch.

Schockwellen rollten durch die Erde, als ob sie ein Meer wäre. Die Wellen wurden immer dichter und stärker. An manchen Stellen bewegten sich die Gesteinsschichten und hoben sich gar.

Dann bekam der Boden einen schrecklichen Sprung und klaffte auseinander.

Plötzlich gewann das Grollen unter der Oberfläche an Heftigkeit. Es nahm seinen Ausgang vor Ylorc, setzte sich aber rasch nach Norden fort.

Unfehlbar, entschlossen raste es auf das eisige Land des Hintervold zu.

Am östlichen Rand des Gebirges und dann westwärts in der Steppe war eine Bewegung in der Erde zu verspüren, ein so starkes Heben und Senken, das Nachbeben im ganzen Land verursachte, Bäume entwurzelte und Spalten in die Berghänge grub. Noch Meilen entfernt wachten in der Nacht die Kinder auf und zitterten vor Angst.

Ihre Mütter drückten sie eng an sich und beruhigten sie. »Es ist nichts, mein Kleines«, sagten sie in all den Sprachen, die ihre eigenen waren. »Manchmal bebt die Erde, aber sie wird sich wieder beruhigen. Siehst du? Es ist schon vorbei. Du brauchst keine Angst zu haben.«

Tatsächlich war es schon vorbei.

Die Kinder drückten die Köpfe gegen die Schultern ihrer Mütter; ihre Augen leuchteten in der Dunkelheit, und tief in ihrem Innern wussten sie, dass dies mehr gewesen war als nur eine kräuselnde Bewegung in der Kruste der Welt. Jemand, der genau hinhörte, mochte vielleicht hinter dem Beben eine Antwort aus tieferen Schichten des Bodens heraushören.