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Ein junger, besorgt aussehender blonder Mönch trat heraus, um sie zu begrüßen. Er sah Brocc, und seine Miene verdüsterte sich sofort. Brocc stellte sich hinter Accobran, als wolle er Schutz suchen. Der drahtige junge Mönch betrachtete die Ankömmlinge der Reihe nach und wandte sich an den Tanist.

»Deus tecum, Accobran. Was führt dich hierher -und ausgerechnet in Begleitung dieses Mannes?« Er deutete auf Brocc.

»Gott sei mit dir, Bruder Solam. Ich bringe die dalaigh aus Cashel her«, erklärte er. »Das ist Fidelma von Cashel und ihr Gefährte, Bruder Eadulf.«

Der junge Mann drehte sich zu Fidelma und Eadulf um und warf ihnen ein schüchternes Willkommenslächeln zu. »Fidelma von Cashel?« In seiner Nervosität stotterte er beinahe.

»Das ist Bruder Solam, der Verwalter der Abtei«, verkündete Accobran.

Bruder Solam verneigte sich vor Fidelma. »Fidelma von Cashel.« Ihm stockte fast der Atem. »Wer hat nicht von dir gehört.«

Fidelma machte seine devote Haltung ein wenig verlegen.

»Ich könnte mir vorstellen, daß es eine ganze Reihe von Leuten gibt, die noch nicht von mir gehört haben«, erwiderte sie, wenn auch ihre Augen dabei funkelten. »Wir wollen Abt Brogan sprechen.«

»Ich werde ihn sofort von deiner Ankunft unterrichten, Lady. Bitte tretet ein. Wer steht dafür ein, daß sich dieser Mann hier anständig benimmt?« fragte er Accobran und deutete dabei auf Brocc.

»Ich«, erwiderte der junge Tanist und fuhr mit der Hand demonstrativ zum Griff seines Schwertes. »Solange ich hier bin, haben die Brüder nichts zu befürchten.«

Sie folgten Bruder Solam auf den Hof, und das Tor schloß sich hinter ihnen.

»Bitte wartet einen Augenblick hier, ich werde den Abt benachrichtigen«, sagte Bruder Solam nun.

»Zunächst möchten Bruder Eadulf und ich den Abt gern allein sprechen«, erklärte ihm Fidelma. »Accobran und Brocc können hier warten.«

»Bei der Schmiede ist es warm und bequemer«, meinte der Mönch und wies über den Hof.

»Nun gut«, stimmte ihm Accobran zu. »Gib mir Bescheid, wann du uns zu sehen wünschst, dalaigh.«

Ein paar Minuten später führte Bruder Solam sie zu Abt Brogan.

Der Abt war trotz seines hohen Alters immer noch ein schöner Mann. Er begrüßte sie höflich lächelnd.

»Welch große Ehre, Schwester Fidelma. Deine Taten sind dir vorausgeeilt. Man hat mir berichtet, daß man deinen Namen sogar in Tara kennt.«

»Ich habe dem Großkönig einen kleinen Dienst erwiesen«, gestand Fidelma, als der Abt Eadulf die Hand entgegenstreckte.

»Sei auch du willkommen, Bruder. Verzeih, es fällt mir schwer, sächsische Namen richtig auszusprechen. Es klingt so kompliziert. Doch auch von dir habe ich schon gehört. Du hast im Jahr 664 an dem großen Konzil von Whitby teilgenommen, oder irre ich mich?«

»Du bist sehr gut im Bilde, Abt«, sagte Eadulf.

»Nun, es freut mich sehr, daß ihr beide Beccs Ansinnen gefolgt und nach Rath Raithlen gekommen seid. Böse Dinge geschehen hier. Und unsere Mitmenschen leben so in Angst und Schrecken, daß sie jedes Maß für die Wirklichkeit verloren haben und sogar uns angreifen, uns Mönche.«

»Bruder Solam hat es dir wahrscheinlich bereits mitgeteilt - wir haben Brocc, den Bruder des Müllers, mitgebracht.«

Der Abt senkte den Kopf. »Ja. Und er hat mir gesagt, daß Accobran ihn mit gezogenem Schwert bewacht. Wir sind also keineswegs besorgt.« Er hieß sie Platz zu nehmen und bat Bruder Solam, Wein und Met zu holen.

»Ich habe gehört, diese Klostergemeinschaft beherbergt drei Fremde, und die Leute aus dem Ort wollten die Abtei stürmen«, fing Fidelma an.

»Leider Gottes fürchten die Menschen stets das Unbekannte, und diese Angst nährt Haß«, fuhr Abt Brogan fort, nachdem Bruder Solam die Getränke gereicht hatte.

»So ist es wohl«, meinte Fidelma. »Wir sind gekommen, um uns zu vergewissern, daß es keinen Anlaß gibt, deine drei Gäste der Mitverantwortung an den Morden zu verdächtigen.«

Abt Brogan blickte sie überrascht an. »Du wünschst sicher, daß ich sie holen lasse, damit du sie befragen kannst, nicht wahr?«

»Das wäre das beste«, erwiderte Fidelma leise.

Der Abt wandte sich an seinen Verwalter und erteilte ihm eine entsprechende Anweisung.

»Wie lange kennst du diese Männer?« fragte Eadulf.

»Sie sind vor zwei Monaten hier eingetroffen«, antwortete der Abt. »Ich weiß nicht, ob ich behaupten könnte, auch nur einen von ihnen wirklich zu kennen. Sie kamen vom Kloster Molaga an der Küste her, wo sie nach einem Schiffbruch gestrandet waren. Inzwischen haben sie sich erholt und den Wunsch geäußert, hier zu studieren. Wir verfügen über eine Bibliothek, um die uns viele beneiden.« Er lächelte, als er Fidelmas Erstaunen bemerkte. »Es stimmt schon, unsere Klostergemeinschaft ist recht klein, nicht mehr als zwanzig Mönche leben hier. Doch wir haben viele Ogham-Schriften auf Holzstäben und Handschriften gerettet, die unseren Reichtum darstellen und unsere Bedeutung unter den größeren Klöstern ausmachen.«

»Diese Fremden kamen also übers große Meer?«

»Das werdet ihr gleich selbst feststellen können.«

Genau in dem Augenblick erschien Bruder Solam wieder und hielt die Tür auf.

»Unsere drei Gäste sind hier, Abt«, verkündete er feierlich.

Drei hochgewachsene Männer betraten den Raum. Die anderen Anwesenden wirkten regelrecht klein gegen sie. Sie waren schlank und kräftig und trugen ihre ungefärbten wollenen weißen Gewänder mit großer Eleganz, als seien es königliche Kleider. Jeder von ihnen besaß ein verziertes Silberkreuz an einer auffallenden Kette. Einen derartigen Schmuck hatte Fidelma noch nie zuvor gesehen, nicht einmal in Rom. Die Männer hatten bemerkenswert schöne Gesichter, ihre Augen blickten wachsam um sich. Fidelma fiel jedoch auf, daß ihre Mienen seltsam unergründlich waren, als hätten sie bewußt jedes Gefühl daraus verbannt. Sie standen in einer Reihe vor dem Abt und neigten wie auf ein geheimes Zeichen hin gleichzeitig mit einer knappen Bewegung ehrerbietig die Köpfe. Ihre äußere Erscheinung wirkte einschüchternd, und Fidelma und Eadulf konnten nicht verbergen, wie überrascht sie von dem ebenholzfarbenen Schwarz ihrer Haut waren, die sich von dem Weiß und Silber ihrer Tracht stark abhob.

»Du hast uns rufen lassen, Abt?«

Der in der Mitte stehende Mann hatte gesprochen. Er drückte sich in der Sprache von Eireann aus, wenn auch mit starkem Akzent.

»Ja. Das ist Fidelma von Cashel, Schwester unseres Königs Colgü. Sie ist eine dalaigh, wie wir hier sagen - eine Richterin.«

Fidelma wollte schon seine Erläuterung etwas präzisieren, merkte aber, daß der Abt bewußt einfach sprach, damit die Ausländer ihn gut verstehen konnten.

Der große Fremde sagte schnell etwas zu seinen Begleitern, und alle drei sahen Fidelma an. Diesmal legten sie eine Hand an die Brust und verneigten sich gleichzeitig vor ihr. Sie fühlte sich ein wenig beschämt, erhob sich jedoch und erwiderte etwas auf ihren Gruß.

»Das ist mein Gefährte, Bruder Eadulf von Seax-mund’s Ham«, sagte sie dann, und damit waren alle einander vorgestellt.

Wieder verneigten sich die Gäste, doch diesmal legten sie nicht die Hand an die Brust.

»Wir wollen uns setzen«, schlug sie vor.

Daraufhin brachte man den Fremden Stühle. Als sie Platz genommen hatten, blickte Fidelma Abt Brogan an.

»Habe ich die Erlaubnis fortzufahren?«

Der Abt stimmte ihr zu.

Fidelma wandte sich an den Sprecher unter den Fremden.