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»Guten Abend, Schmied.«

Er blickte auf und schob sich ein paar rotblonde Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er blickte Fidelma freundlich an; seine eng beieinanderliegenden hellblauen Augen hoben sich stark von der wettergegerbten Haut ab und leuchteten.

»Guten Abend, Lady.«

Fidelma war erstaunt. Gewöhnlich wurde sie von Fremden mit »Schwester« begrüßt. Dieser hier schien zu wissen, daß sie eine Frau von adligem Geblüt war.

»Ihr wißt, wer ich bin?«

Der Schmied lächelte verbindlich. »Wissen denn nicht alle hier in der Festung, daß du eine dalaigh bist und die Schwester der Königs von Cashel?«

Fidelma seufzte. Selbstverständlich kannten alle den Grund für Beccs Reise nach Cashel und wußten daher auch, in wessen Begleitung er zurückgekehrt war.

»Du arbeitest aber noch spät, Schmied«, sagte sie.

»Ich muß diesen Topf für den Verwalter Adag fertigstellen. Doch jetzt ist es geschafft.«

Er nahm den erkalteten Topf aus dem Wasser, stellte ihn auf ein Regal und hängte sein Werkzeug an ein Brett.

»Als kleines Mädchen war ich schon einmal hier. Damals gab es innerhalb der Festung eine Unmenge von Schmieden. Jetzt sind es nur noch wenige, wie ich sehe.«

Der Schmied lächelte kurz.

»Das stimmt. Dank unserer Minen war das hier einst eines der großen metallverarbeitenden Zentren des Königreiches. Doch erst gab es kein Gold mehr, dann ging das Silber aus, und auch andere Erze findet man kaum noch. Eine Bleimine wird genutzt, drüben bei Dün Draighneain. Das liegt einen kurzen Ritt von hier entfernt.«

»Ich habe erfahren, daß nach wie vor Kupfer und Eisen abgebaut werden«, meinte Fidelma.

»So ist es, Lady, aber nicht genug, um der Gegend hier und ihren Bewohnern zu dem früheren Wohlstand zu verhelfen. Unsere Gold- und Silberschmiede haben einst Aufträge für die Großkönige im fernen Temhair ausgeführt, heute ist das nicht mehr so. Ich begann meine Ausbildung als Silberschmied, als für die Klöster dieser Gegend viele juwelenverzierte Abendmahlskelche hergestellt wurden. Doch nun beschlage ich Pferde und schmiede Pflugscharen und Metalltöpfe.« Mit düsterem Blick schaute er sich in seiner Werkstatt um. »Ach, man müßte eine neue ergiebige Goldader oder Silbermine entdecken ... Aber das ist wohl aussichtslos.«

Fidelma lachte leise auf.

Der Schmied legte die Stirn in Falten.

»Was amüsiert dich so?« wollte er wissen.

»Ich habe heute zwei kleine Jungen am Fluß angetroffen . Wie nennt ihr ihn? Den Tuath? Die beiden suchten nach Gold.«

Der Schmied schüttelte den Kopf. »Die Kinder haben da nur gespielt. Man hat dort zuletzt Gold gefunden, als der Vater unseres Stammesfürsten ein kleiner Junge war.«

»Nun, sie erzählten mir aber, einer ihrer Freunde habe genau da einen Goldklumpen entdeckt.«

Der Schmied schaute überrascht auf.

»Und wer soll das gewesen sein?« fragte er schroff. »Haben sie es gesagt?«

»Den Namen des Jungen? Sie nannten ihn Sioda.«

»Natürlich, der kleine Sioda.«

»Kennst du ihn?«

»Eigentlich ziemlich gut. Er ist der Sohn von Beccs Schildträger. Erst vor ein paar Tagen kam der kleine Halunke zu mir gerannt und verkündete, er hätte Gold gefunden, das ich ihm abkaufen sollte.«

Plötzlich drehte er sich um, holte etwas von einem Regal herunter und hielt Fidelma seine Hand hin. Ein Stück Metall in Daumengröße lag darauf. Es glänzte gelblich.

»Es sieht wie Gold aus«, sagte sie.

»Eisenkies. Völlig wertlos.«

»Katzengold?«

Der Schmied nickte, erfreut über ihre Kenntnisse. »Es ist tatsächlich Katzengold. Ich habe Sioda ein bißchen Geld gegeben, damit er nicht so enttäuscht ist. Ich kann den beiden Burschen nur viel Glück wünschen, aber sie können noch bis zum Jüngsten Tag da am Fluß hocken und werden nicht das kleinste Goldkörnchen finden.«

»Bis zum Jüngsten Tag ...«, seufzte Fidelma nachdenklich.

Der Schmied wandte sich um, da das Schmiedefeuer zu zischen begann und eine blaue Flamme aufloderte. Fidelma nutzte die Gelegenheit, fuhr rasch mit einem spitzen Gegenstand über das Metall und untersuchte den goldenen Glanz, den der Kratzer hinterlassen hatte. Als sich der Schmied wieder zu ihr umdrehte, gab sie es ihm zurück.

»Es ist jammerschade, daß die Cinel na Äeda nun so magere Zeiten erleben«, sagte sie. »Doch mal abgesehen von den Erzen, ist es ein reiches Land, und niemand muß darben. Hier gibt es reichlich Wälder, fruchtbare Böden und einige gute Weideflächen. Von der Festung sind es auch nur zwölf Meilen bis zum Hafen beim Kloster Molaga.«

»Du hast schon recht«, meinte der Schmied und legte das vermeintliche Gold wieder ins Regal. »Man muß sich eben allen Bedingungen und Schwankungen anpassen, denn nichts währt ewig. Wir haben eine Redensart: Selbst die Straße nach Temhair hat Kurven und Windungen.«

Fidelma lächelte freundlich, wurde aber sofort ernst, als sie sich an den Grund ihres Besuchs in der Festung erinnerte.

»Ich muß dir nicht sagen, warum ich hier bin, Schmied.«

»Nein«, meinte er. »Becc hat dich hergeholt, weil er deine Meinung über die Fremden im Kloster hören will.«

Das Wort, das der Schmied für »Fremde« benutzt hatte, war ein juristischer Begriff - murchoirthe, der eigentlich einen Schiffbrüchigen bezeichnete. Fidelma horchte auf, als der Schmied diese Bezeichnung wählte, denn sie konnte sich ebenso auf eine Person ohne Anspruch auf Freikauf von der Strafe beziehen, die wegen eines Verbrechens auf See ausgesetzt und dann an Land gespült wurde. Alle anderen hatten zuvor den Ausdruck deorad oder »Außenseiter« benutzt. Das bezog sich auf jemanden, der vor dem Gesetz als Rechtsperson galt. Fidelma ließ sich ihr Interesse an der Wortwahl des Schmieds nicht anmerken.

»Also liege ich richtig mit meiner Ansicht, daß du glaubst, Brocc hätte recht?«

»Hast du schon mit Brocc gesprochen?«

»Natürlich.«

»Und hast du die Fremden schon getroffen?«

»Ja.«

Der Schmied zuckte daraufhin mit der Schulter, als wäre die Sache für ihn erledigt.

»Zu welchem Schluß bist du gekommen?« forschte Fidelma vorsichtig nach.

»Es sind keine Menschen, wie wir sie kennen. Sie wirken so fremd und häßlich. Wie nachtaktive Tiere -einfach gefährlich, wenn sie sich bei Vollmond unseren Frauen nähern. Ich teile irgendwie Broccs Ansichten. Man sollte sie vertreiben oder bestrafen für das, was sie getan haben. Nur durch Beccs Eingreifen wurden sie gerettet. O ja, Lady. Ich gebe zu, daß ich unter den Leuten war, die zur Abtei marschiert sind und ihre Bestrafung verlangt haben. Ich würde selbst Hand anlegen, wenn sich kein anderer dazu findet.«

Mißbilligend sah Fidelma ihn an. »So sollst du wissen, Schmied, daß das Gesetz deine Handlung nicht gutheißt. Was wäre geschehen, wenn ihr die Fremden verletzt oder getötet hättet?«

Der Schmied lachte, seine Voreingenommenheit war spürbar.

»Ein murchoirthe besitzt vor dem Gesetz keinen Sühnepreis. Das hat mir Brocc gesagt. Also müßte man weder eine Geldstrafe noch eine Entschädigung zahlen.«

»Ach ja? Brocc hätte dir auch erklären sollen, daß der Abt den Fremden Gastfreundschaft gewährt. Vor dem Gesetz haben sie also einen Sühnepreis, der halb so hoch wie der des Abts ist.« Sie blickte sich in seiner Schmiede um. »Ich bezweifle, daß deine Schmiede diese Summe abwerfen würde.«

Aufgebracht wandte Fidelma sich ab. Sie wollte schon davoneilen, doch sie zögerte. Ihr war klar, daß ihr Zorn genausowenig nützlich war wie seine Ablehnung jener Fremden. Sie wollte den Grund für seine Haltung begreifen und nicht etwa durch ihr Verhalten seine Ansichten bestärken.

»Wie heißt du?«