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Goll pflichtete ihr bei. »Seit ich Finmed geheiratet habe, zeigt Lesren offen seine Feindseligkeit gegen uns. Ich bin ihm in all den Jahren aus dem Weg gegangen. Doch als Gabran seine Heiratsabsichten kundtat, wurde Lesren regelrecht zur Plage.«

»Zur Plage?« wiederholte Eadulf rasch. »Inwiefern?«

Gabran hatte die ganze Zeit über schweigend neben seiner Mutter gestanden. Die Sache nahm ihn sichtbar mit. Jetzt konnte er sich nicht länger zurückhalten.

»Wenn jemand Beccnat umgebracht hat, dann Lesren. Sie hat ihn gehaßt. Er hat sie wie ein Tier behandelt, so wie er auch ihre Mutter Bebhail behandelt.«

»Lesren soll Beccnat getötet haben?«

»Er hat ihre Seele getötet. Hat ihr die Kindheit und Jugend genommen. Das meine ich«, erwiderte Gabran trotzig.

»Darauf wollen wir später zurückkommen, Ga-bran«, sagte Fidelma. »Weshalb wurde Lesren zu einer Plage für euch, Goll?«

»Er begann mich auszuspionieren und zeigte mich bei Aolü, dem Brehon von Rath Raithlen, an, weil ich eine Esche gefällt hatte. Ich weiß. Es war nicht rechtens. Ich mußte einen screpall Buße zahlen, deswegen beschwere ich mich nicht. Lesrens Kleinlichkeit machte mich wütend. Ich wollte es ihm auf gleiche Weise heimzahlen. Wie ich gehört hatte, wollte er zur falschen Zeit Baumrinde abschälen. Also legte ich mich auf die Lauer und beobachtete ihn, als er sich im verbotenen Monat an den Rinden der Apfelbäume zu schaffen machte.«

»Und so wurde auch ihm vom Brehon eine Strafe auferlegt. Waren damit die kindischen Streitereien beendet?«

Goll schüttelte den Kopf. »Lesren drehte nun völlig durch. Er setzte alles daran, Beccnat und meinen Sohn auseinanderzubringen. Und über meine Frau brachte er widerliche Geschichten in Umlauf.«

»Hast du Brehon Aolü davon in Kenntnis gesetzt?«

»Natürlich. Aolü riet mir, es zu vergessen.«

»Aolü, der Brehon, hat dir geraten, zu vergessen, daß jemand Lügen über euch in die Welt setzte?« Fidelma konnte es nicht fassen.

Eadulf erinnerte sich sofort daran, daß das Verbreiten von Verleumdungen vom Gesetz streng verfolgt wurde. Ausgerechnet ein Richter hatte geraten, ein solches Vergehen einfach abzutun. Erst gestern hatte Fidelma Lesren gewarnt, daß seine Verleumdungen ernste Folgen haben könnten. Die Strafe würde sich auf den gesamten Sühnepreis des Opfers belaufen.

»Aolü meinte, ich solle die Sache nicht weiter verfolgen. Er sagte, er würde sich Lesren mal unter vier Augen vornehmen, und dann wäre sie aus der Welt.«

»Und, war sie das?«

»Lesren ließ nach wie vor keine Gelegenheit aus, Gerüchte über uns zu verbreiten«, erklärte Goll.

»Beccnat war ganz außer sich«, meldete sich nun wieder Gabran zu Wort. »Das Leben mit ihrem Vater wurde immer unerträglicher, und ihre Mutter war zu schwach, um daran etwas zu ändern. Lesren beherrschte Bebhail voll und ganz. Daher beschlossen wir fortzulaufen.«

Geschwind nickte Finmed. »Darin unterstützten wir unseren Sohn. Das ist ja nicht verboten.«

»Ich weiß«, sagte Fidelma. Es gab zwei Formen der legalen Eheschließung. Eine davon wurde dadurch vollzogen, daß ein Mädchen ohne das Einverständnis ihrer Eltern mit einem Mann durchbrannte. »Wann wolltet ihr fliehen?«

»Sobald ich von der Küste wieder zurück war«, erwiderte Gabran bedrückt.

»Als Beccnat umgebracht wurde, warst du an der Küste?« erkundigte sich Eadulf.

»Er war im Kloster Molaga«, erklärte Finmed rasch.

»Und Beccnat war mit dem Plan einverstanden?« fragte Fidelma mit Nachdruck. »Sie hat dir nicht gesagt, sie hätte es sich anders überlegt und wollte dich nicht mehr heiraten?«

»Das hat dir Lesren erzählt«, fuhr Gabran sie zornig an.

»Ich möchte nur der Wahrheit auf die Spur kommen«, entgegnete Fidelma ungerührt.

»Als ich Beccnat zum letztenmal sah, war alles in Ordnung«, sagte Gabran leise, aber bestimmt.

»Und wann war das?«

»Zwei Tage vor Vollmond.«

»Warum mußtest du zur Küste?«

Nun antwortete Goll. »Der Abt von Molaga hatte eine Fuhre Steineichenholz gekauft. Es war extra für den neuen Altar in der Kapelle geschlagen worden. Eigentlich wollte ich es zum Kloster schaffen, aber hier wartete viel Arbeit auf mich. Also mußte Ga-bran das Holz hinbringen. Und um nicht mit leerer Fuhre zurückzukehren, beschloß er, mit dem Geld vom Kloster gleich einiges einzukaufen, was wir dringend benötigten. Allerdings war das Schiff mit den Waren noch nicht eingelaufen, so daß er warten mußte. Erst ein paar Tage nach Vollmond ist er zurückgekehrt.«

»Stimmt das?« fragte Fidelma Gabran.

Der junge Mann nickte.

»Du bist also wann zurückgekommen?«

»Zwei Tage nach ... nachdem ...«

Dem jungen Mann schnürte es die Kehle zu, seine Mutter stand auf und legte einen Arm um seine Schultern.

»Das hat man natürlich auch festgestellt, als Lesren seine Anschuldigungen vorbrachte, nicht wahr?« Fidelma fuhr mit ihrer Befragung fort, als bemerke sie die augenblickliche Verfassung des jungen Mannes nicht.

Ihre sachliche Stimme schien Gabran zu beruhigen. Er nickte.

»Frag nur Accobran«, erwiderte er. »Aolü hat ihn darum gebeten, Beweise für meine Abwesenheit zu erbringen.«

»Das habe ich auch getan, wie ich dir schon gesagt habe«, entgegnete der Tanist. »Gabran hat sich zur Zeit des Vollmonds im Kloster an der Küste aufgehalten. Aolü hat diese entlastende Tatsache anerkannt.«

»Lesren ist eine Bestie, ein Ungeheuer«, rief nun Finmed dazwischen, »aber daß er so tief sinkt, zu behaupten .«

Gabran tätschelte beruhigend die Hand seiner Mutter. Sie vermochte den Satz nicht zu beenden.

»Aolü hat erklärt, daß ich nie hätte tun können ... was Lesren behauptet hat«, wiederholte Gabran.

»Und dennoch«, fügte nun Goll hinzu, »hat dieser infame Kerl weiterhin seine Verleumdungen verbreitet. Inzwischen weilt Aolü nicht mehr unter uns, und du hast das Amt des Brehon übernommen. Ich möchte, daß er endlich den Mund hält und mir für seine Boshaftigkeit eine Entschädigung zahlt.«

»Ich bin nur eine dalaigh und kein Brehon«, betonte Fidelma. »Doch wenn meine Untersuchungen abgeschlossen sind, werden Maßnahmen ergriffen gegen all jene, die hier die Unwahrheit sagten.« Sie wandte sich wieder an Gabran. »Ich glaube, du kanntest auch die anderen Opfer - Escrach und Ballgel?«

Traurig nickte der junge Mann. »Die Cinel na Äeda sind kein so großes Volk. Mit Escrach war ich seit der Kindheit befreundet. In letzter Zeit habe ich öfter Korn zu ihrem Vater in die Mühle gefahren. Ballgel kannte ich nicht so gut.«

»Wir waren mit allen Mädchen und deren Familien bekannt«, fügte Finmed hinzu, als wollte sie sich für ihren Ausbruch rechtfertigen. »Wie mein Sohn sagt, sind wir eine überschaubare Gemeinschaft. Warum fragst du?«

»Ich suche nach einer Gemeinsamkeit bei den drei Mordfällen, die erklären könnte, warum die Mädchen getötet wurden.«

Nachdenklich rieb sich Goll das Kinn.

»Also, wenn du mich fragst, dann besteht die Gemeinsamkeit darin, daß sie alle in einer Vollmondnacht allein im Wald waren«, erwiderte er leise.

»Alle Mütter haben inzwischen ihren Töchtern verboten, nachts das Haus zu verlassen«, warf Finmed ein.

»Ganz schön schwierig, wenn das Samhain-Fest bevorsteht und die Nächte immer länger werden«, stellte Fidelma nachdenklich fest.

»Offenbar glauben die Leute, daß in den Wäldern ein Irrer sein Unwesen treibt«, meinte Eadulf, an Goll gewandt. »Wer ist deiner Meinung nach für die tragischen Morde in den letzten Monaten verantwortlich?«