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»Bebhail, es tut mir leid, dir folgende Fragen stellen zu müssen. Aber wenn wir Lesrens Mörder finden wollen, ist das unvermeidlich. Wann hast du deinen Mann zum letztenmal gesehen?«

Bebhail starrte Fidelma an, als würde sie sie gar nicht wahrnehmen. Fidelma mußte ihre Frage einige Male wiederholen, ehe sie eine verständliche Antwort von sich gab. Lesren hatte mit ihr zu Mittag gegessen und war dann wieder an die Arbeit gegangen. Irgendwann danach war Tomma gekommen, um ihr mitzuteilen, daß er und Creoda Lesren suchten. Später kehrte Tomma mit der schrecklichen Nachricht zurück. Und während Tomma nach Rath Raithlen lief, um Becc oder Accobran zu informieren, war sie bei dem Toten geblieben.

Aufmerksam hörte Fidelma ihr zu. Ihre Aussage deckte sich mit der von Tomma.

»Und wo befand sich Liag zu der Zeit?«

»Der Heilkundige?«

»Er war doch da, nicht wahr?« fragte Fidelma.

»Er tauchte erst auf, nachdem der Tanist mit deinem sächsischen Gefährten losgeritten war.«

»Wie war das genau?«

»Tomma und ich waren bei Lesren, auf einmal kam Liag aus dem Wald. Da gibt es einen schmalen Fußweg, ganz nahe der Stelle, wo Lesren lag.«

»Und wo führt dieser Fußweg hin?«

»Bis rauf nach Rath Raithlen, zur Festung.«

»War Liag überrascht, als er Lesren da liegen sah?«

»Überrascht?« Bebhail dachte einen Moment nach und schüttelte den Kopf. »Der alte Mann zeigt seine Überraschung nie.«

»Was hat er dann getan?«

»Er hat Lesren untersucht und dessen Tod festgestellt. Anschließend erklärte er mir, daß ich ihn auf den Rücken drehen sollte, ehe er ganz erkaltete, und ihn für das Begräbnis vorbereiten könnte.«

»Du hast also die Leiche auf Liags ausdrückliche Anweisung hin gewaschen und hergerichtet?«

»So ist es.«

Fidelma fragte sich, was Liag dazu bewogen hatte. Hatte er absichtlich Beweise vernichten wollen, oder hatte er einfach nur unüberlegt gehandelt?

»Hast du in der Zeit, nachdem Lesren die Hütte verließ und man später seine Leiche entdeckte, irgend etwas Ungewöhnliches gehört oder gesehen?«

Bebhail schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Und du hast in dieser Zeit niemanden hier oder im Umkreis der Gerberei bemerkt?«

»Keine Menschenseele.«

»Hast du irgendeinen Verdacht, wer Lesren getötet haben könnte?«

Bebhail sah Fidelma mit großen dunklen Augen an.

»Mein Mann war nicht gerade sehr beliebt«, sagte sie ruhig. »Du weißt sicher, daß er einige Feinde hatte. Doch du kannst nicht von mir erwarten, daß ich Namen nenne.«

Fidelma schwieg eine Weile. Dann bohrte sie weiter: »Hast du jemals den Namen Biobhal gehört? Er klingt dem deinen sehr ähnlich, ich weiß. Dein Mann hat ihn wohl im Sterben gemurmelt.«

Erneut schüttelte Bebhail den Kopf.

»Hier gibt es niemanden, der so heißt«, sagte sie nur. »Biobhal? Bist du sicher, daß er nicht meinen Namen sprach?«

»Tomma ist sich ganz sicher, und Creoda hat es wohl auch gehört.«

»Ich kenne niemanden, der so heißt.«

Fidelma lächelte sie beruhigend an. »Das war’s dann. Kann ich dir irgendwie helfen, Bebhail? Wird jemand bei dir bleiben und sich um dich kümmern? Wer kann für dich die Vorkehrungen für das Begräbnis treffen?«

»Ich habe eine Schwester ganz in der Nähe. Tomma wird sie holen.«

Ihre Stimme war leise, beherrscht und immer noch ganz emotionslos. Fidelma stand auf und legte tröstend eine Hand auf die Schulter der Witwe.

»Ich werde den Tanist darum bitten. Tomma sollte hierbleiben, bis deine Verwandten eintreffen, damit du nicht allein bist.«

»Allein?« Bebhail seufzte tief. »Oh, so sollen die Tage der Trauer um meinen Mann beginnen, der nun tot ist. Weint und klatscht in die Hände und singt das Nuall-guba, das alte Klagelied.«

»So soll es sein, Bebhail«, versicherte ihr Fidelma feierlich auf die rituelle Aufforderung hin. Dann rief sie Accobran herein, damit Bebhail ihn zu ihrer Schwester schickte.

Sie wollte gerade den Raum verlassen, da fiel ihr Blick auf ein Stück glänzendes Metall, das auf dem Tisch lag. Sie nahm es in die Hand. Es wog recht schwer, funkelte und sah gelblich aus.

»Du bist ja reich, Bebhail«, sagte sie ruhig. »Das ist ein ziemlich großer Goldklumpen.«

»Laß mich mal sehen«, sagte Accobran, griff nach dem Metallstück, drehte und wendete es mehrmals und legte es gleichgültig wieder auf den Tisch zurück. »Das ist nur Eisenkies - Katzengold«, sagte er schroff. War da Erleichterung in seiner Stimme?

»Ah«, sagte Fidelma leise. »Non teneas aurum to-tum quod splendet ut aurum.«

Bebhail saß weiter unbeweglich da, als würde sie ihre Besucher gar nicht mehr wahrnehmen.

Fidelma teilte Tomma draußen alles Nötige mit, und als Accobran kurz darauf zu ihr hinauskam, erklärte er ihr, daß er sich um die Trauerfeierlichkeiten kümmern werde.

»Ich werde auch Bebhails Schwester und ihre Familie benachrichtigen, Lady. Wann kann mit den Zeremonien begonnen werden?«

»Ganz wie es dem Brauch entspricht«, erwiderte Fidelma. »Die Leiche ist zur Beerdigung freigegeben. Eadulf und ich erwarten dich in der Festung, sobald du zurück bist.«

Fidelma und Eadulf liefen schon zu den Pferden. Rasch schwangen sie sich hinauf.

»Wir müssen uns mit Creoda unterhalten, dann muß ich von Liag erfahren, wieso er hier zufällig in der Nähe war. Vielleicht hat er irgend etwas bemerkt.«

Accobran gefiel das offenbar nicht. »Ich sollte dich begleiten. Ich habe doch schon gesagt, daß er .«

»Mach dir keine Gedanken«, unterbrach ihn Fidelma. »Eadulf und ich werden uns schon nicht verirren. Hol du nur Bebhails Schwester her.«

Sie wußte sehr wohl, daß Accobran nicht gemeint hatte, sie hätten einen Führer zu Liags Einsiedelei nötig. Nein, er war vielmehr um ihr Wohl besorgt. Doch sie wollte nicht länger beaufsichtigt werden. Jetzt, wo sie das Gelände einigermaßen kannte, wollte sie sich frei bewegen können.

Seite an Seite ritten Fidelma und Eadulf schweigend am Ufer des Flusses entlang. Accobran sah ihnen noch einen Augenblick hinterher, saß dann auf und verschwand in der entgegengesetzten Richtung.

Nach einer Weile meinte Eadulf: »Wir hätten Accobran um sein Jagdhorn bitten sollen. Hat er nicht gesagt, daß er damit immer dem Einsiedler ein Signal gibt?«

Amüsiert sah Fidelma ihn an. »Wenn unsere lauten Stimmen ihn nicht herbeirufen, dann wohl auch nichts anderes.«

»Was mag der Einsiedler deiner Meinung nach in der Nähe der Gerberei getrieben haben?« fragte Eadulf nun.

»Das möchte ich ja herausfinden.«

»Und was ist mit dem Vernichten von Beweisen?« fragte Eadulf.

»Auch dem muß ich nachgehen«, erwiderte sie gelassen.

Nicht lange, und sie entdeckten eine Blockhütte zwischen den Bäumen.

»Das muß Creodas Behausung sein«, sagte Fidelma und ritt darauf zu.

Schon trat ein junger Mann heraus und rief mit schriller Stimme: »Was wollt ihr hier?«

»Bist du Creoda?«

Der junge Mann trug die Lederschürze, die alle Gerber kennzeichnete. An seinem Gürtel hing ein scharfes Arbeitsmesser, auf dem nun seine Hand ruhte. Mißtrauisch betrachtete er die Fremden.

»Ich bin Creoda«, erwiderte er. Auf einmal fiel die Anspannung von ihm ab. »Ah, du bist die dalaigh. Ich habe dich gestern bei der Gerberei gesehen.«

Fidelma und Eadulf stiegen von den Pferden ab.

»Wir wollten dir ein paar Fragen stellen, über Lesren«, erklärte ihm Fidelma.

Der junge Mann schob die Unterlippe vor. »Lesren ist tot.« Er zeigte mit dem Kopf auf Eadulf. »Er war mit dem Tanist da. Er hat die Leiche gesehen.«

»Ich weiß. Wir kommen gerade von der Gerberei.« »Da kann ich euch kaum noch was Neues erzählen.«