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»Mir liegt an deiner Sicht der Dinge.«

Creoda zögerte, ehe er mit seiner Schilderung begann. »Ich war gerade mit dem Mittagessen fertig, da rief mich Tomma, und wir gingen gemeinsam zur Gerberei. Wir beide hatten da noch zu tun, während die anderen nicht benötigt wurden. Lesren war nicht da. Wir fragten Bebhail, wo er sein könnte, sie wußte es nicht, also machten wir uns auf die Suche nach ihm. Dann fanden wir ihn am Waldrand. Das ist alles.«

»War er noch am Leben?« erkundigte sich Fidelma.

»Am Leben? Tja, eigentlich kaum noch, er rang mit dem Tode.«

»Hat er was gesagt?«

»Tomma hat sich zu ihm hinuntergebeugt. Er wird es euch erzählen.«

»Wir würden gern wissen, was du gehört hast.«

»Nichts, was irgendwie einen Sinn ergab. Nur ein paar Bruchstücke, und einen Namen ... Kaum zu verstehen. Tomma drehte sich zu mir um und fragte mich, ob ich ihn kannte.«

»Was für einen Namen? Hast du ihn genau mitbekommen?«

Creoda schüttelte den Kopf. »Tomma wiederholte den Namen noch einmal deutlich, denn zuerst hatte ich geglaubt, daß Lesren nach seiner Frau rief, nach Bebhail. Doch offenbar hatte er >Biobhal< gemurmelt. Den Namen kannte ich nicht.«

»Biobhal«, wiederholte Fidelma. »Bist du ganz sicher?«

»Ich habe Tomma gebeten, ihn noch einmal zu wiederholen. Der war mir noch nie untergekommen«, bekräftigte der junge Bursche.

»Dann werden wir dich jetzt nicht weiter behelligen«, sagte Fidelma ernst und drehte sich zu ihrem Pferd um.

»Schwester, wirst du den Verbrecher finden, der soviel Unheil stiftet?« fragte Creoda. »Drei Mädchen, die ich gut kannte, sind von diesem Mondsüchtigen ermordet worden, und nun ist auch mein Lehrmeister tot.«

»Lesren wurde aber bei Sonnenschein ermordet«, entgegnete Fidelma.

Der Junge sah sie an, als hätte er noch nicht darüber nachgedacht.

Fidelma wartete einen Augenblick, dann sagte sie: »Du kanntest also die Mädchen alle. Haben sie sich untereinander gut verstanden?«

»Die drei waren eng befreundet. Sie gingen zusammen durch dick und dünn und teilten all ihre Geheimnisse. Zumindest glaube ich das«, antwortete Creoda.

»Hast du nicht auch an den Unterweisungen über die Sterne teilgenommen?«

Creoda senkte den Kopf. »Ja.«

»Und wer ist noch hingegangen?«

»Gabran mit Beccnat natürlich. Die waren immer zusammen. Ich hörte sogar, daß sie heiraten wollten, obwohl Lesren dagegen war.«

»Und wer noch?«

»Escrach. Ich habe Escrach sehr gemocht . Ich hatte gehofft, daß . « Er zuckte mit den Schultern. »Nun ja, Escrach versuchte nach Beccnats Ermordung Gabran zu trösten, als er von der Küste wiederkam. Escrach war ein nettes Mädchen. Beide waren seit ihrer Kindheit befreundet. Ballgel ist natürlich auch zu Liag gegangen und manchmal auch Accobran, der Ta-nist.«

»Accobran?« Eadulf war überrascht. »Er ist doch um einiges älter als ihr.«

Creoda grinste.

»Ich bin mir nicht sicher, ob er an den Sternen oder an Beccnat interessiert war«, sagte er verbittert. »Ich weiß, daß Gabran die Art und Weise nicht mochte, wie der Tanist sie bei Festen zum Tanz aufforderte.«

»Hat sie sich gegen seine Bemühungen gewehrt?« fragte Fidelma.

Creoda seufzte und schüttelte den Kopf. »Accobran hatte auf viele Mädchen ein Auge geworfen. Ich glaube, er und Gabran haben sich gestritten, weil Beccnat auf irgendeinem Fest mit ihm getanzt hatte. Aber Accobran war nicht der älteste, der Liags Unterricht besuchte. Dieser Schmied, Gobnuid, war auch ein paarmal da.«

»Mich interessiert, was Liag euch beigebracht hat«, sagte Eadulf. »Etwas über den Mond und die Sterne? Worum ging es genau?«

»Um die alte überlieferte Sternenkunde, die alten Namen der Sterne und was ihre Bahnen bedeuten, um den Mond und seine Macht . Mußt du so etwas denn wissen? Wenn Liag nicht so viel über den Mond erzählt hätte, wären die Mädchen vielleicht noch am Leben.«

Fidelma zog die Augenbrauen hoch.

»Das mußt du uns erklären«, meinte sie.

»Liag hat immer viel davon geredet, daß Wissen auch Macht ist. Vor dem Dunkel der Nacht brauche keiner Angst zu haben, wenn er nur die geheimen Namen des Mondes kenne, denn dann könne er die Nacht beherrschen, hat er uns gelehrt. Für Liag barg die Nacht keine Geheimnisse, und er sagte, daß die Macht mit der Nacht kommt.«

»Die Macht kommt mit der Nacht?« fragte Eadulf erstaunt.

»Hätte er uns erzählt, daß es nachts auch Dinge zu fürchten gibt, dann hätten sich Beccnat, Escrach und Ballgel möglicherweise nicht nachts hinausgewagt«, erklärte Creoda. »Hätten sie Angst gehabt, dann wären sie vielleicht noch am Leben.«

»Wo Furcht ist, herrscht Unwissenheit und Unsicherheit«, hielt ihm Fidelma entgegen.

Creoda starrte sie einen Moment an und fragte dann beinahe flehend: »Wirst du herausfinden, wer das Böse über uns gebracht hat?«

»Ich werde den Täter finden«, versicherte ihm Fidelma. »Was das betrifft, solltest du keine Angst haben.«

Eadulf und sie stiegen wieder auf die Pferde und kehrten auf den Weg am Fluß zurück.

»Wollen wir immer noch zu Liag?« erkundigte sich Eadulf nach einer Weile.

In Gedanken versunken nickte Fidelma. Schweigend ritten sie weiter. Sie gelangten an die Stelle, wo sie am Vortag die beiden Jungen bei der Goldsuche angetroffen hatten. Zuerst sah es so aus, als sei jetzt niemand dort, doch dann hörten sie, wie etwas ins Wasser plumpste. Sofort blickten beide zu dem Felsen, der über das Ufer hinausragte.

Oben hockte ein Junge, der wohl gerade einen Stein ins Wasser geworfen hatte; nun hielt er einen neuen bereit. Zuerst dachten sie, es handele sich um einen der beiden Jungen vom Vortag. Er war ungefähr zwölf Jahre alt, hatte blondes Haar und schmale Glieder. Auch war seine Kleidung ähnlich der, die die Jungen getragen hatten. Fidelma brachte ihr Pferd in der Nähe des Felsüberhangs zum Stehen. Eadulf sah sie überrascht an.

»Ein schöner Tag, nicht wahr?« rief sie dem Jungen zu.

Der Junge schien sie erst jetzt zu bemerken. Er reagierte zurückhaltend.

»Der Tag mag ja schön sein, aber nicht gerade das, was er so mit sich bringt«, erwiderte er altklug.

Fidelma mußte lachen. »Du bist ja ein richtiger Philosoph, mein Junge.«

Er legte den Stein hin und schlang die Arme um die Knie. »Das habe ich von den Erwachsenen, sie sagen es immer, wenn irgend etwas schiefgelaufen ist.«

»Und was ist bei dir schiefgelaufen an so einem strahlenden Tag?«

»Gobnuid hat sich über mich lustig gemacht.«

»Der Schmied?« Fidelma runzelte die Stirn.

Der Junge nickte. »Ich habe ihm etwas gezeigt, was ich für wertvoll hielt, und er hat mich ausgelacht.«

»Bist du etwa Sioda?«

Auf der Stelle verfinsterte sich das Gesicht des Jungen.

»Woher weißt du das?« fragte er trotzig. »Hat Gobnuid die Geschichte zum besten gegeben ...«

»Ich habe von deinen Freunden gehört, daß du etwas Kostbares entdeckt hast«, sagte Fidelma.

»Ich dachte, es sei Gold«, erwiderte der Junge, und seine Augen wurden wieder traurig. »Gobnuid meinte, es sei keins. Hat mir dafür eine Münze gegeben, und ich hatte gehofft, richtig reich zu werden.«

»»Ad praesens ova eras pullis sunt meliora«, sagte Eadulf.

Der Junge blickte ihn an, als sei er blöd. »Er ist ein Fremder, nicht wahr?« fragte er Fidelma.

»Das war ein lateinisches Sprichwort. Es bedeutet: Die Eier von heute sind besser als die Küken von morgen«, erklärte sie. »Mit anderen Worten, eine Münze in der Tasche ist besser als das Versprechen zukünftigen Reichtums. Ein guter Rat.«

Der Junge schnaubte. »Ich war mir so sicher, daß es sich um Gold handelte.«

»Hast du den Klumpen im Fluß gefunden?« fragte Fidelma.

»Nein.«

»Die beiden anderen Jungen haben aber gestern hier im Fluß nach Gold gesucht. Sie haben angenommen, daß du es von hier hast.«