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Fidelma dachte einen Moment nach.

»Es muß eine Anhörung stattfinden, soviel steht fest. Ich werde mit dem Stammesfürsten der Cinel na Äeda und dem Abt darüber beraten. Komm zur Halle des Fürsten, wenn du am Abend von der Abtei das Angelusläuten hörst.«

Tomma schien damit nicht zufrieden zu sein, doch Bebhail senkte zustimmend den Kopf.

»Es sei, wie du sagst, Lady«, meinte sie.

Fidelma lächelte ihr aufmunternd zu. »Daß du dein Geständnis freiwillig abgelegt hast, wird dir vor Gericht auch zugute kommen. Wenn du es nicht getan hättest, hätten wir noch mehr Zeit vergeudet.«

Nun blickte sie Tomma an.

»Deine Schuld ist viel größer als die Bebhails«, sagte sie ernst.

Dem Gerbergehilfen verschlug das für einen Moment die Sprache.

»Das Din Techtugad sagt, Falschaussage zählt zu den drei großen Verbrechen, die Gott am härtesten bestraft. Ein Mensch, der ein güfiadnaise ist, verliert seinen Sühnepreis.«

Eadulf war sich nicht sicher, was der juristische Begriff bedeutete. Deshalb war er froh, daß Tomma Fidelma um eine Erklärung bat.

»Das ist jemand, der eine falsche Aussage macht. Wie bist du auf Biobhal gekommen?«

Tomma zuckte die Schultern. »Der Name mußte so ähnlich wie Bebhail klingen. Biobhal war das einzige, was mir einfiel. Ich mußte doch Creoda ablenken.«

»Aber wo ist dir Biobhal schon einmal begegnet? Ich finde es ungewöhnlich, daß ein Gerber diesen Namen kennt.«

Tomma dachte angestrengt nach. »Der alte Liag hat mir mal eine Geschichte erzählt. Ich weiß nicht mehr, wovon sie handelte. Biobhal spielte eine Rolle darin.«

Fidelma blickte unwillkürlich zu Eadulf.

»Also Liag hat dir eine Geschichte erzählt. Bist du sicher?« fragte sie noch einmal nach.

»Ja. Es tut mir leid, daß ich dich in die Irre geführt habe, Lady. Ich wollte doch nur Bebhail beschützen.«

»Und hast du Creoda gesagt, er solle Gabran zur Flucht raten?«

»Ich habe Creoda gegenüber nur gemeint, daß alle glaubten, Gabran sei der Täter. Er hat ihm dann selbst dazu geraten.«

Nun äußerte sich die Witwe. »Tomma ist mir schon seit vielen Jahren ein guter Freund. Als ich ihm erzählte, was ich getan hatte, versuchte er mir beizustehen. Du darfst ihm nichts vorwerfen.«

Accobran prustete los. »Gesetz ist Gesetz.«

Fidelma überging das. »Man wird all diese Dinge berücksichtigen, Bebhail. Kommt beide heute abend in die Halle von Becc, und ihr werdet das Urteil hören. Doch denk daran, Tomma, alles, was wir tun, hat Folgen. Im Brief des heiligen Jakobus steht: >Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet’s an!< Ein unschuldiges Wort kann großen Schaden anrichten. Vergiß das nicht.«

Der Gerbergehilfe nickte und führte Bebhail am Arm hinaus.

Accobran war aufgebracht, daß Fidelma die beiden einfach so fortließ. »Man sollte sie gefangennehmen. Lady, du bist viel zu nachsichtig. Das verstehe ich nicht. Du bist eine dalaigh, aber du hältst dich selbst nicht an das Gesetz.«

Fidelma blickte ihn kühl an. »Manchmal ist es besser, eher dem Geist des Gesetzes zu folgen als seinen bloßen Worten. Was willst du, Tanist? Auge um Auge?«

»Die Frau hat einen Mord gestanden, der Mann war ihr Komplize - und doch hast du die beiden einfach laufenlassen!«

»Ich habe sie nicht laufenlassen. Sie müssen zu ihrem Urteilsspruch hierher zurückkommen.«

Accobran lachte höhnisch auf. »Rechnest du etwa damit? Was Gabran gemacht hat, das können sie auch.«

Fidelma beharrte auf ihrem Standpunkt. »Gabran ist aus Angst geflohen. Die beiden aber haben keine Furcht vor den Folgen ihrer Tat. Warum also sollen sie fortlaufen? Unserem Gesetz und Brauch nach steht die Wahrheit über der Tat. Unsere Gesetze wurden geschrieben, damit die Einfältigen gehorchen und die Klugen gelenkt werden.«

»Ich verstehe nicht.«

»Deshalb bin ich eine dalaigh und du der Tanist. Du mußt noch viel lernen, bis du den Fürstenschwur leistest.«

Accobrans Blick verfinsterte sich. Er fühlte sich in seinem Stolz gekränkt. »Ich gebe zu, daß ich kein Rechtsgelehrter bin. Doch ich begreife nicht, warum Tommas Falschaussage schwerer wiegt als Bebhails Verbrechen.«

»Sie hat Lesren aus Angst getötet. Für mich hat sie damit die Wahrheit gesagt. Das Gesetz sieht in solchen Fällen Milde vor. Man wird sie dennoch zu einer Entschädigung und einer Geldbuße verurteilen, doch wird die Strafe wahrscheinlich wieder aufgehoben werden wegen des Schmerzes, den ihr Lesren zugefügt hat. Aber eine Falschaussage zu machen, zu lügen, das wird vom Gesetz hart bestraft. Ein altes Sprichwort sagt, daß die Götter keine falsche Zunge lieben. Mag die Wahrheit noch so bitter sein, dennoch ist sie heilig und unantastbar.«

»Daß Tomma den Namen Biobhal benutzte, hat dich offenbar beunruhigt. Inwiefern eigentlich?«

»Wir haben geglaubt ...«, setzte Eadulf an, doch er bemerkte rechtzeitig Fidelmas Blick und schluckte seine Worte hinunter. »Wir haben geglaubt, daß Bi-obhal der Name des Mörders ist«, sagte er dafür.

»Nun, der Name ist unter den Cinel na Äeda nicht gerade gebräuchlich«, erwiderte Accobran.

»Vermutlich nicht«, stimmte ihm Fidelma zu und wechselte das Thema. »Hast du nicht gesagt, daß mich Goll und seine Frau sprechen wollten?«

Der Tanist nickte und entfernte sich, um sie rufen zu lassen. Eadulf wartete, bis er fort war.

»Ich nehme an, der Tanist sollte nicht wissen, daß du eine Verbindung zwischen dem Namen und dem Gold siehst, nicht wahr?«

»Das ist richtig«, antwortete Fidelma leise.

»Doch nach Tommas Geständnis, daß dies der erste Name war, der ihm einfiel, weil er so ähnlich wie Bebhail klang, ist die Sache wohl erledigt, oder?«

Fidelma schaute ihn ernst an. »Je mehr ich darüber nachdenke, um so unsicherer bin ich mir da. Wir wollen die Sache mit dem Gold erst einmal für uns behalten, Eadulf. Es gibt hier Dinge, die ich sehr verworren finde.«

»Du warst nicht sonderlich überrascht, daß Lesren von seiner Frau umgebracht wurde.«

»Ich hatte mir so etwas schon gedacht und vermutet, daß zwischen diesem Fall und den anderen drei Morden nicht der geringste Zusammenhang besteht.«

Eadulf lächelte. »Das begreife ich nicht.«

»Ich habe instinktiv gespürt, daß Gabran nichts mit Lesrens Tod zu tun haben kann. Die großen Spannungen zwischen Lesren und Bebhail sind mir bereits bei unserer ersten Begegnung mit ihnen aufgefallen. Doch Liags plötzliches Auftauchen und der Name Biobhal haben mich abgelenkt und mich zweifeln lassen.«

»Du gehst aber hart mit dir ins Gericht.«

»Ich weiß genau, wann mir ein Fehler unterläuft.«

»Rätst du anderen nicht immer, die einen Fehler erkennen, ohne großes Bedauern weiterzumachen?«

Fidelma lächelte. »Das stimmt. Manchmal sagst du genau das Richtige, um mir auf die Sprünge zu helfen, Eadulf.«

»Wie sieht also unser nächster Schritt aus?« fragte er forsch.

»So wie ich bereits sagte. Ich möchte mir dieses Eberdickicht genauer ansehen, ehe es ein anderer tut.«

»Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, daß der Tatort die einzige Verbindung zwischen den Morden an den drei Mädchen ist, oder?«

»So logisch sind meine Gedanken im Moment nicht«, erwiderte Fidelma kurz. »Doch ich will ehrlich sein: Ich spüre da instinktiv etwas. Es ist wie ein Juckreiz auf der Haut, auf den ich mit Kratzen reagieren muß, um nicht wahnsinnig zu werden. Erinnerst du dich daran, daß wir einen der Fremden und den Schmied da oben auf dem Hügel gesehen haben? Ich würde mich gern mit Gobnuid darüber unterhalten, doch ich glaube nicht, daß ihm der Sinn danach steht. Um meinen Fragen Nachdruck verleihen zu können, muß ich vorher noch einiges herausfinden.«