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»Dann werden wir euch erst einmal in Ruhe lassen.« Fidelma zögerte einen Moment. »Menma, warst du eigentlich bei den Zusammenkünften, bei denen der alte Liag über Sternenkunde sprach?«

»Natürlich, früher, als ich jünger war. Und Suanach ebenfalls.«

»Wie ich hörte, gingen auch Beccnat, Escrach und Ballgel hin.«

»Ja, aber das war später. Sie waren viel jünger als ich.«

»Ich glaube, die meisten der Cinel na Äeda lernen die alten Legenden bei Liag«, fügte Suanach hinzu.

»Er mag sich seltsam gebärden, doch in Wirklichkeit ist er ganz nett.«

»Sogar unser Tanist fand sich bei ihm ein«, erklärte Menma.

»Und bei diesen Zusammenkünften - ging es da nur um die Sagen aus dem Volk, die mit den heidnischen Ansichten über die Bedeutung von Mond und Sternen zusammenhängen?«

»Ja, sicher. Liag behandelte das alles sehr ausführlich«, erwiderte Suanach sofort. »Er betonte immer wieder, daß Wissen Macht sei. Und daß die Kenntnis der geheimen Namen ein ziemlich gefährliches Wissen darstellt .«

Plötzlich verstummte sie. Fidelma hatte gerade noch gesehen, wie Menma ihr einen warnenden Blick zuwarf. Sie ging zur Tür.

»Vielen Dank, Suanach. Ganz besonders für das, was du für mich getan hast. Die Ui Fidgente sind Feinde meiner Familie, und ich muß dir nicht sagen .«

»Mußt du nicht«, unterbrach Suanach sie mit einem Lächeln.

Draußen konnte Eadulf seine Überraschung nicht verhehlen. »Was sollte das alles heißen? Die Eindringlinge sind doch sicher nicht auf das Gold in diesem Stollen aus .?«

Fidelma legte einen Finger an die Lippen. »Kein Wort über die Höhle, zu niemandem, Eadulf.«

Auf einmal öffnete sich die Tür hinter ihnen, und Menma trat heraus. Er wirkte besorgt.

»Ich wollte noch etwas sagen, Lady«, meinte er leise. »Aber ohne daß Suanach es hört.«

Erwartungsvoll schauten sie den Jäger an.

»Ist euch aufgefallen, daß Accobran keine Gefangenen gemacht hat?«

»Ja«, erwiderte Fidelma sofort. »Und das wollte mir gar nicht einleuchten.«

Menma senkte den Kopf. »Accobran gebärdete sich regelrecht blutrünstig.«

Fidelma blickte Menma überrascht an. »Du meinst also, er hätte durchaus Gefangene machen können?«

»So ist es, Lady. Ich habe noch nie einen Mann in so einem Mordrausch gesehen wie ihn. Er hat allein drei Männer getötet, die sich ergeben wollten.«

»Danke, Menma.«

Der junge Mann nickte und ging wieder zu seiner Frau zurück.

Fidelma schwieg eine Weile. Eadulf wartete darauf, daß sie etwas sagte.

»Kein gutes Zeichen für einen Tanist, bei einer Auseinandersetzung derart die Kontrolle zu verlieren. Allerdings hört man manchmal von Kriegern, denen es so ergangen ist. Der Krieg ist eine schreckliche Sache.«

»Aber das hier war kein Krieg«, stellte Eadulf klar. »Ein erfahrener Anführer sollte ein Dutzend Männer umzingeln und gefangennehmen können, ohne gleich zu einem rasenden Schlächter zu werden.«

»Da ist was dran, Eadulf«, stimmte ihm Fidelma zu. »Wir sollten Becc über Accobrans Verhalten klaren Wein einschenken. Auch seinen derbfhine, falls Accobran wirklich Beccs Nachfolge antreten will. Aber wo sind wir stehengeblieben? Ach ja, kein Wort über die Höhle bis auf weiteres.«

»Gut. Doch unter uns, was hat das zu bedeuten? Warum suchen die Ui Fidgente nach dieser Mine? Sie können unmöglich darauf hoffen, dort Gold abzubauen, man würde sie gewiß recht bald entdecken. Für mich ergibt die Sache keinen Sinn.«

»Du hast recht, Eadulf. Wir wissen da einiges noch nicht, auch wenn für mich langsam ein Bild entsteht.«

»Da siehst du mehr als ich.« Eadulf seufzte.

»Wir sollten etwas essen. Dann werden wir mit Bruder Dangila reden und schließlich den schlauen Liag noch einmal aufsuchen.«

Eadulf war einverstanden. »Ich verstehe, warum wir Bruder Dangila verhören wollen, doch alles andere ist mir ein Buch mit sieben Siegeln.«

Nach dem Essen ritten sie zur Abtei des heiligen Finnbarr. Plötzlich rannte ihnen ein kleiner Junge fast vor die Pferde. Es war Sioda.

»Hallo, Schwester«, begrüßte der Junge Fidelma freundlich.

»Genau dich wollte ich sprechen«, sagte Fidelma lächelnd. »Würdest du dir gern einen screpall verdienen?«

»Was muß ich tun?« fragte er und blickte sie mißtrauisch an.

Sie griff in ihr marsupium, zog eine Münze heraus und hielt sie hoch. »Eine Frage beantworten. Erinnerst du dich an das Stück Gold, das du gefunden hast?«

Der Junge verzog den Mund. »Das falsche Gold?« »Du hast es auf dem Hügel in der Nähe des Steinkreises der Wildschweine gefunden, nicht wahr?«

Der Junge nickte.

»Doch Gobnuid meinte, es sei nicht echt.«

»Ja«, stimmte ihm Fidelma zu. »Kannst du uns die Stelle genauer beschreiben? War es in der Höhle auf dem Hügel, direkt oberhalb des Steinkreises?«

»Nein«, erwiderte der Junge.

»Wo dann?«

»Es lag auf dem Weg. Auf dem alten Weg, der zur Abtei führt und am Steinkreis vorbeiläuft.« Der Junge sah sich verstohlen um. »Erzähl bloß nicht meinen Eltern, daß ich dort gespielt habe. Das darf ich nämlich nicht.«

»Auf dem Weg zur Abtei?« fragte Fidelma nachdenklich.

»Bist du dir da ganz sicher?« wollte Eadulf wissen.

»Da, wo der Weg an den alten Felsen vorbeiführt. Ich kenn mich sehr gut aus. Dort hat Accobran im Sommer Beccnat angeschrien. Genau da habe ich den Goldklumpen gefunden.«

Fidelma starrte den Jungen an.

»Accobran hat Beccnat angeschrien? Wieso das?«

Gleichgültig hob der Junge seine schmalen Schultern. »Du weißt schon, wie die Erwachsenen eben sind. Einen Moment schreien sie sich an, im nächsten küssen sie sich.«

»Sie haben sich geküßt?«

»Sagte ich doch, oder?«

»Und an die Stelle erinnerst du dich ganz genau?« fragte Fidelma noch einmal eindringlich. »Wann war das? Im Sommer, hast du gesagt. War das um das Lughnasa-Fest herum?«

»So ist es.«

»Hast du Gobnuid den Fundort verraten?«

Der Junge schüttelte den Kopf. »Von dem Gold? Nein, nicht genau.«

»Was meinst du damit?«

»Nun, als ich es noch für wertvoll hielt, da wollte ich nicht, daß jemand anderes die Stelle kennt, könnte ja sein, er sucht dort. Ich habe Gobnuid gesagt, es lag weiter unten am Hügel. Näher zur Abtei hin.«

Fidelma lächelte und reichte dem Jungen die Münze. »Sioda, von unserer Unterhaltung verrätst du niemandem etwas.«

Der Junge warf die Münze vergnügt in die Luft.

»Von welcher Unterhaltung, Schwester?« fragte er lachend. Er drehte sich um und verschwand im Wald.

Eadulf blickte seine Gefährtin ein wenig verwirrt an. »Und was nützt uns das?«

»Das heißt doch, daß Gobnuid die Stelle nicht genau kannte. Von der Höhle muß er aus anderer Quelle erfahren haben. Außerdem wissen wir nun, daß Ga-bran recht hatte - zwischen Beccnat und unserem schönen, blutrünstigen Tanist war etwas im Gange. Sioda hat sie zusammen dort gesehen, wo man Becc-nat später fand, und es war auch um die Zeit herum, zu der sie umgebracht wurde.«

»Willst du damit sagen, daß Accobran Beccnat ermordet hat?« fragte Eadulf erstaunt.

»Wir wissen immer noch zuwenig. Doch jeder kleinste Lichtschimmer ist von Nutzen, wenn man im Finstern herumtappt, Eadulf«, erwiderte sie ernst.

»Woher willst du wissen, wo es langgeht? Ich muß gestehen, daß ich die Dinge weniger klar sehe als zu Anfang. Da waren wir mit den Morden an drei Mädchen konfrontiert. Alle fanden bei Vollmond den Tod. Offensichtlich die Tat eines Wahnsinnigen, eines Kranken. Dann wurden wir von Bebhails Mord an Lesren abgelenkt. Es kam mir logisch vor, daß diese Tat nur entfernt etwas mit den anderen Morden zu tun hatte. Doch nun dieser Überfall der Ui Fidgente, die Goldmine und so weiter . Ich weiß jetzt gar nicht mehr, was ich von alldem halten soll.«