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»Ich glaube, unser nächster Gesprächspartner bringt uns der Lösung des Rätsels näher«, sagte sie.

»Bruder Dangila?«

Fidelma nickte.

Als sie bei der Abtei des heiligen Finnbarr angelangt waren, sah Fidelma eine vertraute Gestalt, die gerade fortreiten wollte. Sie blieb stehen und wartete darauf, daß der Mann an ihr vorbeiritt.

»Bruder Tüan, nicht wahr?«

Der eulengesichtige Mönch begrüßte sie lächelnd. »Schwester Fidelma. Hast du den Fall bald gelöst?«

»Es gibt jede Menge Schwierigkeiten«, gestand sie. Dann zeigte sie auf Bruder Eadulf und stellte ihn vor.

»Ich habe schon von Bruder Eadulf, dem Angelsachsen, gehört«, sagte der Verwalter des Klosters Molaga freundlich. »Also kommst du nicht recht voran?« fuhr er fort.

Ihre Mundwinkel sanken ein wenig nach unten. »Mein Mentor, Brehon Morann, hat immer gesagt, einfache Wege erfordern die meiste Aufmerksamkeit, denn dort trifft man auf mehr Fußangeln als auf Wegen, die schwierig erscheinen.«

»Zweifellos hat er da recht«, bestätigte ihr Bruder Tüan.

»Da wir gerade von Wegen reden, ich bin froh, daß sich die unseren hier gekreuzt haben. Erinnerst du dich daran, worüber wir uns das letztemal unterhalten haben? Du hattest angedeutet, daß Accobran die drei Fremden ermuntert hat, das Kloster Molaga zu verlassen und in die Abtei des heiligen Finnbarr zu ziehen.«

Bruder Tüan nickte. »Ich bin froh, daß du sagst, ich hätte es angedeutet, denn beschwören könnte ich es nicht. Accobran ist kurz nach dem Lughnasa-Fest wieder zur Festung zurückgekehrt. Bald darauf sind auch die drei Fremden hier in der Abtei erschienen.«

»Aber du hast mir erzählt, daß Accobran sich mit ihnen unterhalten hat, als er bei euch war?«

»Ja, das hat er.«

»Weißt du vielleicht, worüber?«

Bruder Tüan lächelte leicht. »Ich habe nicht alle ihre Gespräche mitverfolgen können, das einzige Gespräch, das ich mit angehört habe, war ziemlich unerheblich. Deshalb habe ich nur vermutet, daß es mit ihrem Umzug von Molaga hierher zu tun gehabt hat.«

»Was hast du denn mitgekriegt?«

»Ziemlich Belangloses, wie ich schon sagte. Einer der Fremden berichtete Accobran von ihrer Heimat und welchen Tätigkeiten sie nachgingen, ehe sie Mönche wurden, und so weiter.«

»Accobran spricht ein wenig Griechisch, ich weiß. Wurde die Unterhaltung auf griechisch geführt?«

Bruder Tüan nickte. »Accobran hat im Kloster Mo-laga studiert und kann daher ein wenig Griechisch. Zu Beginn war dies die einzige Möglichkeit, sich mit den Fremden zu verständigen. Sicherlich habe ich das schon erwähnt. Später habe ich versucht, ihnen etwas von unserer Sprache beizubringen.«

»Weißt du, welchen Geschäften Accobran im Hafen von Molaga nachging?«

Nachdenklich rieb sich der Verwalter das Kinn. »Ich glaube, daß es um Waren ging, mit denen die Ci-nel na Äeda handeln. Er wartete auf ein Schiff, das etwas mitnehmen sollte. Felle, wie ich glaube.«

»Also hat er sich eine gewisse Zeit unter den Kaufleuten im Hafen aufgehalten?«

»Vermutlich.«

»Der Seehandel spielt eine wichtige Rolle für das Kloster Molaga. Weißt du noch, welche Schiffe damals im Hafen vor Anker lagen?«

Bruder Tüan lachte belustigt auf. »Das wäre ein Wunder. Zu dieser Jahreszeit blüht der Handel. In den Sommermonaten, insbesondere zu Lughnasa, müssen die Schiffe manchmal weit draußen warten, ehe sie im Hafen ihre Fracht entladen oder neue aufnehmen können. Als Verwalter notiere ich mir jedoch, mit welchen Schiffen wir zu tun hatten.«

Leise seufzte Fidelma. Sie hatte geahnt, daß es nicht leicht sein würde, doch sie hatte Hoffnung gehabt. Bruder Tüan sah erheitert in ihr enttäuschtes Gesicht.

»Es tut mir leid, wenn ich dir nicht weiterhelfen kann. Um die Wahrheit zu sagen, ich kann mich nur an ein Schiff genau erinnern, das damals im Hafen lag. Es nahm Ware vom Kloster Molaga zur Abtei Eas Geiphtine mit.«

»Zur Abtei am Wasserfall von Geiphtine? Das ist eine kleine Bucht am Fluß Sionnain. Das liegt doch auf dem Territorium der Ui Fidgente, nicht wahr?«

Der Verwalter schien überrascht über ihre geographischen Kenntnisse.

»Die Ui Fidgente sind kein Volk ohne Religion«, erinnerte er sie, denn er wußte ihr Interesse nicht anders zu deuten. »Wir haben häufig Kontakt zu der genannten Abtei. Ich kenne Bruder Coccan, der ihr vorsteht, sehr gut.«

»Mich interessiert eigentlich nur, ob dieses Handelsschiff aus Molaga ausgelaufen ist, während Accobran dort war. Könntest du das bestätigen?« fragte Fidelma.

Bruder Tüan runzelte die Stirn, denn er versuchte ihre plötzliche Wißbegierde zu begreifen.

»Ich weiß ganz sicher, daß wir Bruder Coccan verschiedene Waren geschickt haben. Und das war tatsächlich zu dem Zeitpunkt, als sich der Tanist der Ci-nel na Äeda bei uns aufhielt und nach einem Schiff suchte, das eine Ladung Felle nach Ard Mhor bringen sollte.«

»Weißt du auch, ob er mit dem Kapitän gesprochen hat, der die Waren zur Abtei bei Geiphtine befördern sollte?«

»Das ist gut möglich. Aber Geiphtine liegt doch genau in entgegengesetzter Richtung von Ard Mhor. Warum fragst du?«

»Das mußt du nicht verstehen«, erwiderte Fidelma. »Ich bin diejenige, die Verschiedenes zusammentragen muß. Solange du meine Frage ehrlich beantwortest, mußt du dir keine Gedanken machen, Bruder Tüan«, erklärte sie ruhig.

Der Verwalter rümpfte verärgert die Nase. »Ich will mich ganz gewiß nicht in die Angelegenheiten einer dalaigh einmischen.«

»Das weiß ich«, erwiderte Fidelma ernst. »Und wir wollen dich auch nicht länger aufhalten. Vielen Dank für deine Hilfe, Bruder.«

Bruder Tüan schaute einen Moment verwirrt drein.

»Deus vobiscum«, murmelte er. Dann ritt er, ohne auf eine Antwort zu warten, davon.

Bruder Eadulf sah ihm verwundert hinterher.

»Versuchst du nun herauszufinden, ob Accobran beim Auftauchen der Ui Fidgente hier die Hand im Spiel hatte?« fragte er Fidelma nach einer Weile.

»Das weiß ich längst, direkt oder indirekt«, antwortete Fidelma. »Bisher hatte ich nur keine Ahnung, auf welche Weise die Ui Fidgente davon erfahren haben.«

»Wovon?«

Fidelma stieß einen kleinen, ungeduldigen Seufzer aus. »Ich meine ihre Kenntnisse über das Eberdik-kicht.«

»Du willst doch wohl nicht behaupten, daß der Überfall etwas mit dem Gold dort zu tun hat?«

»Davon gehe ich sogar aus. Doch wir wollen nichts überstürzen. Ach, da ist ja Bruder Solam«, sagte sie und blickte auf den blonden jungen Verwalter der Abtei. »Jetzt werden wir auch Bruder Dangila finden.«

Kurz darauf traf Bruder Dangila im Klostergarten auf sie. Er verneigte sich feierlich und ließ sich auf einer Bank gegenüber nieder. Fidelma und Eadulf selbst saßen bereits unter einem Apfelbaum. Der Tag war warm, und die Oktobersonne am wolkenlosen Himmel lud zum Verweilen ein.

»Wie man mir sagte, willst du mit mir sprechen, Schwester«, sagte Bruder Dangila in seinem melodischen Griechisch.

»So ist es. Woher kennst du den Heilkundigen Liag?«

Der Fremde verzog keine Miene. Er zögerte.

»Er ist eine alte Seele. Ich bin mir sicher, daß er auf dieser Erde schon mehrere Leben hatte«, erwiderte er schließlich. »Vielleicht sind wir einander früher schon einmal begegnet.«

Fidelma machte rasch eine abweisende Geste mit der Hand. »Bleiben wir bei diesem Leben und an diesem Ort.«

Bruder Dangila sah sie unerschüttert an. »In diesem Leben, zu dieser Zeit und an diesem Ort ist mir Liag begegnet, als ich draußen das große Wunderwerk der Gestirne betrachtete. Er teilt dieses Interesse mit mir, und wie ich bereits erwähnte, ist es auch das Interesse meiner Gefährten. Es ist der Grund unseres Hierseins. Wir studieren die Handschriften Aibhistins.«