Выбрать главу

»Und so kam sie einige Tage vor ihrem Tod zu dir und berichtete davon?«

»So war es. Ich versprach ihr, bald Bruder Dangila einzuladen, vor unserem kleinen Kreis seine Ansichten zu erklären. Ich hätte seinen Vortrag den anderen übersetzt.«

»War sie einverstanden?«

»Natürlich. Ein paar andere äußerten Einwände gegen die Einladung. Sie hatten vor ihm Angst.«

»Wer befand sich zu dieser Zeit gerade in deinem Kreis?«

»Ballgel, Escrach, Gabran und Creoda. Ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht, als ich die Macht des Wissens so sehr betonte. Daß unsere Bezeichnungen für den Mond und seine Erscheinungsform als Göttin und Beherrscherin unseres Schicksals uns gehörten und nicht Außenstehenden. Was ich damit sagen wollte, war, daß die Macht, die Namen auszusprechen und direkt mit der Macht in Verbindung zu treten, den Eingeweihten aller Völker gehören sollte. Sie hatten mich aber so verstanden, daß das nur den Cinel na Äeda vorbehalten sein sollte. Deshalb lehnten sie es ab, daß Bruder Dangila mit unserer Gruppe Kontakt aufnahm.«

»Accobran hat doch auch zu deiner Gruppe gehört, nicht wahr? Du hast ihn aber nicht erwähnt. Was meinte er denn dazu?« fragte Fidelma.

»Accobran war .«

Da ertönte auf einmal der lange, klagende Ton eines Horns. Er wiederholte sich, nun wirkte er noch dringlicher. Fidelma hob verwundert den Kopf.

»Das kam von Rath Raithlen her«, murmelte Eadulf besorgt und blickte zu dem Hügel, der von Bäumen fast verdeckt war. »Was hat das zu bedeuten?«

»Das ist ein Alarmsignal«, erklärte der alte Liag, stand ruhig auf und holte seine Angel ein. »Das habe ich schon viele Jahre nicht mehr gehört. Gewöhnlich bläst man auf diese Weise ins Horn, wenn das Gebiet von Feinden angegriffen wird und sich die Leute in der Festung versammeln sollen.«

Eadulf sprang auf die Beine. »Die Ui Fidgente. Darauf wette ich einen screpall.«

Liag wandte sich mit verbittertem Gesicht zu ihm hin. »Ich fürchte, du wirst niemanden finden, der mit dir wettet. Nach dem gestrigen Angriff könnte das nun die Rache für Accobrans übertriebene Brutalität sein.«

Fidelma und Eadulf stiegen bereits auf die Pferde.

»Wir werden zur Festung zurückreiten. Für manch einen könnte ein Angriff der Ui Fidgente eine günstige Gelegenheit sein, selber böse Machenschaften voranzutreiben«, erklärte sie dem alten Heilkundigen.

»Wollen wir hoffen, daß sich das nicht bewahrheitet«, erwiderte er, als sie fortritten.

Kapitel i6

»Unsere Späher berichten, daß ein sluaghadh der Ui Fidgente an unserer Grenze sein Lager aufgeschlagen hat«, erklärte Becc, als Fidelma und Eadulf in die Halle stürmten und nach dem Grund für das Hornsignal fragten. Der in eine Rüstung gekleidete Fürst war von mehreren Gefolgsmännern umgeben. Accobran befand sich nicht unter ihnen.

»Ein sluaghadh?« fragte Eadulf, dem die militärischen Bezeichnungen der Iren nicht geläufig waren.

»Ein Trupp von Kriegern«, erläuterte Fidelma rasch. »Weißt du, wie groß das Lager ist?« fragte sie Becc.

»Nicht sehr groß, aber immer noch zu groß für uns. Die Späher meinen, daß der Trupp wie ein lucht-tighe aussieht, ein Haufen von nicht mehr als achtzig Kriegern. Doch ich bezweifle, daß wir im Augenblick zwanzig Männer aufbringen können. Deshalb habe ich Accobran befohlen, das Alarmsignal zu blasen.«

»Es war nicht sonderlich klug von ihm, sich nicht darum zu kümmern, ob die Angreifer von gestern die Vorhut eines größeren Trupps waren«, äußerte Fidelma. »Jetzt wissen wir es. Zweifellos wollen sie Rache für ihre umgekommenen Gefährten nehmen.«

Becc war offensichtlich sehr besorgt. »Was können wir tun? Wir sind vor allem Bauern und Holzfäller, wir haben nur wenige Krieger unter uns. Wenn der Trupp der Ui Fidgente allein aus Kriegern besteht, haben wir keine Chance gegen sie.«

In dem Augenblick trat Accobran geräuschvoll ein. Sein Blick war finster.

»Hast du es schon gehört?« fragte Becc.

Der Tanist nickte kurz. »Vermutlich kann ich fünfunddreißig Männer gegen sie aufstellen, doch davon sind bisher nur ein Dutzend kampferprobt. Vielleicht können wir die Ui Fidgente aufhalten, bis wir aus anderen Landesteilen mehr Männer zusammengetrommelt haben.«

»Wo befinden sie sich jetzt?« wollte Fidelma wissen.

»Nicht mehr als eine Meile von hier entfernt, vielleicht sogar weniger«, antwortete Becc.

»Wir könnten sie irgendwo in einen Hinterhalt locken«, schlug Accobran vor. »Wir können sie töten, ehe sie es mitbekommen.«

»Und wenn das nicht klappt?« erkundigte sich Fidelma. »Bist du auf das Risiko vorbereitet, dein Volk ohne Schutz und Verteidigung zu lassen? Das ist keine gute Entscheidung für einen Tanist.«

»Wie lautet dein Vorschlag, Fidelma?« fragte Becc mit ruhiger Stimme.

»Wir suchen sie auf, reden mit ihnen und finden heraus, weshalb sie hier sind und was sie für Forderungen haben. Dann können wir uns überlegen, ob wir die Angelegenheit vielleicht durch eine Übereinkunft statt mit Blutvergießen beenden können.«

Accobran lachte laut auf. »Das ist die Antwort einer Frau und nicht die eines Kriegers.«

Becc drehte sich mit düsterem Gesicht zu seinem Tanist um. »Denk daran, mit wem du sprichst, Accobran. Und denk daran, daß einige unserer größten Krieger Frauen waren. Die Zauberin Scathach hat unseren mythischen Stammeshelden Cüchulainn in ihrer Schule der Kriegskünste ausgebildet. Und war nicht auch Creidne eine Frau, eine der grausamsten Kriegerinnen der Fianna? Hat nicht Medb von Connacht die Kriegerin Erni dazu auserwählt, ihre Schätze zu bewachen? Und hier, unter den Eoghanacht, war nicht Mughain Mhor unsere größte Königin und Heerführerin? Schäm dich, Accobran, daß du dein Erbe so rasch vergißt, daß du dein Volk mit so gedankenlosem Geschwätz beleidigst!«

Der Tanist errötete vor Zorn, schwieg aber.

Becc blickte Fidelma entschuldigend an. »Du hast recht, Cousine. Wir sollten zuerst friedlich verhandeln, ehe wir den Weg des Kummers und Blutvergießens einschlagen.«

»Gut. Vielleicht ...«

Da wurde die Tür aufgestoßen, und der Verwalter eilte atemlos herein.

»Becc!« rief er, ohne sich für sein unangemeldetes Eindringen zu entschuldigen. »Ein Reiter ist draußen vor den Festungstoren. Er trägt das meirge, das Banner der Ui Fidgente.«

Accobran griff mit der Hand nach dem Heft seines Schwertes und stürzte zur Tür.

»Das erledige ich«, rief er. »Schlagt Alarm!«

»Halt!« gebot ihm Fidelma. »Bist du von allen guten Geistern verlassen, Accobran?« Nachdem sich alle Augenpaare auf sie gerichtet hatten, sagte sie zu Adag: »Ich vermute, daß dieser Reiter ein Bote der Ui Fid-gente ist, oder?«

Der Verwalter nickte rasch. »Er ist ein techtaire, der unserem Fürsten eine Botschaft überbringen will.«

Fidelma schaute Becc ernst an. »Das erspart es uns, loszureiten und nach den Ui Fidgente zu suchen. So wollen wir diesen techtaire empfangen und herausfinden, was der Kriegstrupp hier will.«

Sie verließen die Halle des Fürsten und gingen auf den Hof hinaus. Dort standen einige von Beccs Kriegern mit gezückten Schwertern nervös vor einem Reiter. Der saß hoch zu Roß und hatte nichts Bedrohlicheres bei sich als ein rotes Seidenbanner, auf dem ein Wolf, ein altes Symbol seines Volkes, abgebildet war. Er trug langes Haar und einen buschigen blonden Bart. Seine eng stehenden, leuchtenden Augen betrachteten ungerührt den Fürsten und sein Gefolge.