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Nion sah nicht auf, als sie sich näherten.

»Es tut gut, dich am Leben zu sehen, Nion«, begrüßte ihn Finguine. Er schien den Schmied seit langem zu kennen.

Nion schaute auf und erkannte den Fürsten von Cnoc Äine.

»Mein Fürst, Gott sei Dank, daß du rechtzeitig kamst, sonst wären wir alle erschlagen und die ganze Stadt eingeäschert worden.«

»Leider kam ich nicht rechtzeitig genug, um dir deinen Verlust zu ersparen, Nion«, erwiderte der Fürst von Cnoc Äine und betrachtete finster die Ruinen der Schmiede.

»Ich werd’s überleben, denke ich. Andere aus unserer Stadt werden das nicht schaffen. Wir werden sehen, was wir aus der Asche retten können.«

»Es wird eine Weile dauern, bis deine Schmiede wieder aufgebaut ist«, bemerkte Finguine traurig. »Schade. Ich dachte gerade daran, deine Kunst zu nutzen und noch eine dieser Silberspangen bei dir zu bestellen.« Zerstreut betastete er seine Mantelspange. Dann fiel ihm Nions Verletzung auf. »Bist du schwer verwundet?«

»Schlimm genug«, erwiderte Nion. »Eine Weile werde ich wohl mein Geld nicht als Schmied verdienen können.«

»Warst du hier, als der Überfall begann?« schaltete sich Fidelma zum erstenmal ein.

»Ja.«

»Kannst du genau beschreiben, was sich abspielte?«

»Da gibt’s nicht viel zu sagen, Lady«, meinte er trübe. »Ich wurde durch den Lärm geweckt. Ich schlief im hinteren Raum meiner Schmiede. Ich lief hinaus und sah, wie mehr als zwanzig Mann durch die Straßen ritten. Creds Herberge stand schon in Flammen. Die Leute rannten wild durcheinander. Ich konnte nicht erkennen, wer die Angreifer waren, merkte nur, daß sie es darauf abgesehen hatten, die Stadt in Brand zu stecken. Also griff ich mir eins von den Schwertern, die ich zum Schärfen da hatte. Als bo-aire hatte ich meine Pflicht zu tun. Ich lief hinaus und wollte meine Schmiede und die Stadt retten, doch so ein Feigling schlug mich von hinten nieder. Als ich am Boden lag, stieß mir ein anderer die Lanze ins Bein. Dann griffen die Flammen auf die Schmiede über. Suibne, mein Gehilfe, schleppte mich weg und brachte mich in Sicherheit.« Verlegen sah er Finguine an. »Ich bin zwar bo-aire und müßte meine Leute schützen, aber man kann nicht von mir verlangen, daß ich Selbstmord begehe. Es waren keine Krieger hier, und niemand konnte mir helfen, den Angriff abzuwehren.«

»Du hast die Angreifer nicht erkannt? Du weißt nicht, wer sie waren oder woher sie kamen?« fragte ihn Finguine.

»Sie kamen aus dem Norden und ritten auch wieder nach Norden fort.« Der Schmied spuckte auf den Boden. »Da braucht man nicht viel zu fragen, wer sie waren.«

»Aber du weißt nicht mit Bestimmtheit, wer sie waren?« beharrte Fidelma.

»Wer sonst als die Dal gCais? Wer sonst als diese mordlustigen Ui Fidgente würde einen solchen Angriff auf Imleach unternehmen und den großen Eibenbaum zerstören?«

»Aber du weißt es nicht mit Sicherheit?« betonte sie nochmals.

Der Schmied kniff die Augen in unverhohlenem Zorn zusammen. »Wenn ich wieder einem Ui Fidgen-te begegne, brauche ich keinen Beweis, bevor ich ihn totschlage. Wenn ich mich irre, dann fahre ich gern zur Hölle aus Freude darüber, daß ich einen Ui Fidgente dahin mitnehme! Seht euch an, was sie meiner Stadt angetan haben.« Mit ausholender Armbewegung wies er auf die schwelenden Ruinen.

Finguine wandte sich mit ernster Miene an seine Kusine. »Die meisten unserer Leute denken so, Kusine. Wer sollte es auch sonst gewesen sein als die Ui Fidgente?«

Fidelma führte ihn und Eadulf weg von der Schmiede, bis sie außer Hörweite von Nion waren.

»Das ist es eben, was ich herausbekommen muß«, sagte sie. »Wenn es die Ui Fidgente waren, dann gut. Aber wir müssen sichergehen. Donennach von den Ui Fidgente hält sich gegenwärtig in Cashel auf, um einen Vertrag mit meinem Bruder zu schließen. Er und mein Bruder sind bei einem Mordversuch verwundet worden. In ein paar Tagen findet eine Verhandlung statt, in der wir den Ui Fidgente Doppelzüngigkeit nachweisen müssen, oder wir stehen vor allen fünf Königreichen von Eireann als die Angreifer da. Ich brauche keine Theorien. Ich brauche Beweise dafür, daß sie daran beteiligt waren.«

Finguine stimmte ihr zu. »Schade, daß sich jemand an eurem Gefangenen gerächt hat, sonst hätten wir etwas von ihm darüber erfahren können.«

»Ich frage mich, ob wirklich Rache der Grund dafür war, daß ihm jemand ins Herz stach und ihn so schnell und lautlos erledigte«, meinte Fidelma nachdenklich.

Finguine und Eadulf sahen sie überrascht an.

»Ich weiß nicht recht, was du damit andeuten willst«, sagte der Fürst von Cnoc Äine zögernd.

»Das ist doch ganz einfach«, erwiderte sie.

»Glaubst du, er wurde ermordet, damit er uns nicht preisgeben konnte, wer die Angreifer waren?« Eadulf hatte sehr wohl begriffen, worauf sie hinauswollte.

Fidelma nickte.

»Aber das würde bedeuten ... Ja, das würde bedeuten, daß ein Mitglied der Abtei mit den Angreifern im Bunde war«, stellte Eadulf fest.

»Oder jemand, der sich in der Abtei aufhält«, verbesserte ihn Fidelma. »Ist das so schwer vorstellbar? Jede Spur dieses Geheimnisses führt in die Abtei.«

Eadulf kratzte sich nachdenklich am Ohr.

»Ich rufe mir die Situation noch einmal ins Gedächtnis zurück. Wir ließen den Krieger gefesselt liegen und stiegen auf den Turm. War er noch am Leben, als wir wieder herunterkamen, nachdem wir Finguine gesichtet hatten? Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen.«

»Ich auch nicht«, pflichtete ihm Fidelma bei. »Wurde er getötet, als wir uns auf dem Turm befanden oder als wir das Tor öffneten und hinausgingen, um Finguine zu begrüßen?«

»Nun, wenn er erstochen wurde, als wir auf dem Turm standen, dann hielten sich da noch mehrere Brüder in der Nähe des Tores auf. Es waren jene, die die Leichen von Cred und Bruder Daig in die Totenkammer schafften, und die, die Bruder Madagan auf sein Zimmer brachten.«

Fidelma überlegte.

»Als wir zurückkamen und das Tor öffneten, waren auch Bruder Tomar und Abt Segdae da. Noch ein paar andere Brüder standen dabei. Wir öffneten rasch das Tor und gingen hinaus zu Finguine. In der Zeit hätte leicht jemand den Mann erstechen können.«

»Es war jedenfalls genug Zeit, ihn zu töten, und jeder der Brüder hätte es tun können«, seufzte Eadulf.

»Das alles hilft uns nicht dabei, Kusine, herauszufinden, wer die Angreifer waren«, unterbrach ihn Fin-guine. »Tote reden nicht.«

Fidelma sah ihren Vetter einen Moment an und lächelte wissend. »Manchmal verrät ein Toter eine ganze Menge«, antwortete sie. »Der tote Krieger ist der einzige, der uns Hinweise auf die Angreifer geben kann. Ich meine, wir sollten ihn und seine Sachen untersuchen. Vielleicht ergibt das eine Spur.«

Sie waren auf dem Weg zur Abtei, als einer von Finguines Männern, der sich den gefällten Eibenbaum genauer angesehen hatte, auf sie zueilte und dem Fürsten etwas ins Ohr flüsterte. Mit einem triumphierenden Lächeln wandte sich Finguine zu ihnen um.

»Ich glaube, wir wissen jetzt, wo die Schuld zu suchen ist«, erklärte er mit Befriedigung. »Kommt mit.«

Sie folgten dem Mann zum Eibenbaum. Er wies auf ein Stück unverbranntes Holz von dem gestürzten Stamm. Darauf war etwas eingeritzt: die groben Umrisse eines Ebers.

»Das Emblem des Fürsten der Ui Fidgente«, erklärte Finguine überflüssigerweise.

Fidelma betrachtete es einen Moment.

»Es ist interessant, daß sich jemand während eines heimlichen nächtlichen Überfalls soviel Mühe machte, uns wissen zu lassen, wer die Angreifer waren«, überlegte sie.

In diesem Augenblick ertönte ein helles Trompetensignal.

Es waren Finguines Leute, die von der Verfolgung der Angreifer zurückkehrten.

Auf staubbedeckten, müden Pferden ritten sie in die Stadt ein. Ihr Anführer erblickte Finguine, kam heran, hielt und glitt vom Pferd. Seine Füße hatten kaum den Boden berührt, als er schon unzufrieden den Kopf schüttelte.