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»Vielleicht«, sagte Ruby. »Aber warum uns und nicht Owen und Hazel? Sie haben doch heutzutage die Lizenz zum Problemlösen. Da muß ich mich einfach fragen, ob wir bei unseren Ermittlungen zu dicht an etwas oder jemanden geraten sind, das oder der nicht enttarnt werden wollte.«

»Nein«, sagte Ohnesorg. »Ich hätte ohnehin darauf bestanden, diesen Auftrag zu erhalten, und das war ihnen bekannt.

Ich muß das einfach tun. Ich war nicht dabei, als mein metallischer Doppelgänger zerstört wurde. Ich erhielt nie die Chance, ihm gegenüberzutreten, mich gegen ihn zu bewähren. Ich muß einfach sehen, wie er vor mir fällt, Ruby. Ich muß ihn einfach mit bloßen Händen zerreißen für all das, was er tat, während er mein Gesicht trug.«

»Und nicht nur deshalb, weil er eine Zeitlang ein besserer Anführer zu sein schien und ein viel eher glaubhafter Held?«

»Natürlich nicht«, verwahrte sich Ohnesorg. »Wie kannst du nur so etwas von mir denken?«

Sie lächelten einander trocken an, und dann explodierte die Kabinenwand ihnen gegenüber. Ein ganzer Abschnitt des Rumpfs verschwand einfach, wurde vom direkten Treffer einer Disruptorkanone weggepustet. Die Marineinfanteristen wurden durch das klaffende Loch gesaugt; die Sicherungshaken lösten sich innerhalb eines Augenblicks aus dem Stahlboden, und die Männer waren verschwunden, ehe sie auch nur die Zeit fanden zu schreien. Neue Alarmsirenen heulten auf, und rote Warnlampen leuchteten, als die Kabinenatmosphäre durch den Rumpfbruch entwich und die Temperatur in den Keller stürzte.

Die Pinasse rotierte im Sturz und raste in Spiralen zum Planetenboden hinunter. Der Pilot fuhr die Triebwerke hoch und bemühte sich, die gegnerische Zielerfassung auszumanövrieren. Ohnesorg und Ruby rangen nach Luft, als der Kabinendruck fiel, und Atemmasken fielen von oben herab vor ihre Gesichter. Sie wollten nach den Masken greifen, aber ihre Sicherungsnetze wurden zur Rumpföffnung gesaugt, und sie konnten nichts weiter tun, als sich festzuhalten. Ohnesorg atmete schwer und betete darum, daß die Sicherungshaken hielten. Weder er noch Ruby konnten irgendwas tun, bis das Schiff tief genug gesunken war, damit sich wieder ein Druckausgleich herstellte.

Dann blickte Jakob zu Ruby hinüber und stellte fest, daß sie sich bemühte, die Gurte zu lösen. Er schrie sie an, aber sie wollte nicht auf ihn hören. Das Netz öffnete sich schließlich, und Ruby sprang auf den rutschigen Stahlboden und klammerte sich wie mit Schraubstöcken an einen nahen Haltegriff. Dann ließ sie mit einer Hand wieder los und streckte sie nach einem Waffenschrank an der Wand aus. Er war fast so breit wie hoch und mußte mehr als eine halbe Tonne wiegen. Ruby riß ihn aus der Wand, und mit einer Anstrengung, die ihr einen gequälten Schrei entriß, schleuderte sie ihn auf die Rumpföffnung zu. Er wurde dort von der entweichenden Luft festgesaugt und dichtete die Lücke ab.

Der Luftdruck in der Kabine normalisierte sich rasch wieder, und Ohnesorg kämpfte sich aus seinem Sicherungsnetz heraus und rannte hinüber, um den Waffenschrank an Ort und Stelle festzuhalten. Ruby war schnell an seiner Seite. Blut tropfte ihr aus der Nase, aber sie hielt einen Schweißbrenner in der Hand, den sie in einem Werkzeugkasten gefunden hatte. Sie brauchte nur wenige Augenblicke, um den Schrank festzuschweißen.

Dann brachen sie beide förmlich zusammen und lehnten sich ans Schott. Sie atmeten schwer, aber jetzt eher vor Anstrengung als vor Luftmangel.

»Gut geworfen«, sagte Ohnesorg schließlich.

»Danke«, sagte Ruby. »Gut gefangen.«

»Bleib du, wo du bist, und geh es für einen Moment ruhig an.

Ich wechsle mal ein Wort mit dem Piloten.«

Ruby nickte müde und massierte sich behutsam die schmerzende Schulter, während sich Ohnesorg mühsam aufrappelte und zum vorderen Ende der Pinasse stolperte. Weder der Pilot noch der Sergeant drehten sich um, als er zu ihnen trat.

»Das muß eine Disruptorkanone gewesen sein«, sagte er und hielt sich an den beiden Rückenlehnen fest, um die Balance zu wahren. »Begleitet uns irgend jemand hier oben?«

»Ich denke nicht«, antwortete der Sergeant. »Die Sensoren hätten ein anderes Fahrzeug entdeckt, selbst mitten in diesem Mist hier. Muß ein Bodengeschütz gewesen sein.«

»Dann muß Shub es geliefert haben«, fand Ohnesorg. »In den Dateien gibt es keinen Hinweis darauf, daß die menschlichen Verräter über dergleichen verfügten.«

»Na ja, jetzt tun sie es«, sagte der Pilot. »Und wir sind hier oben ein leichtes Ziel. Nur das Wetter und die Turbulenzen hindern sie daran, uns für einen weiteren Schuß ins Visier zu nehmen.«

»Haben wir Energieschirme?« fragte Ohnesorg und beugte sich über die Schulter des Sergeanten, um die Steuerungspaneele in Augenschein zu nehmen. Dort schienen verdammt viele Warnlampen zu brennen.

»Nein. Die Triebwerke brauchen die ganze Energie, um sich gegen den Sturm zu wehren. Und unsere Panzerung war nie für die Abwehr von Strahlenwaffen gedacht. Pilot, könnt Ihr uns nicht schneller hinunterbringen?«

Der Pilot öffnete den Mund für eine schneidende Bemerkung, aber in diesem Augenblick explodierte das Fenster vor ihm zu Schrapnellen, als die Pinasse einen weiteren direkten Treffer einsteckte. Hundert Panzerglasfragmente schlugen innerhalb einer Sekunde im Piloten ein und töteten ihn auf der Stelle. Luft stürzte durch die Öffnung herein. Ohnesorg, der den Trick eben neu gelernt hatte, riß das nächste Schließfach von der Wand und stopfte die Lücke ganz ordentlich, und der Luftdruck stabilisierte sich wieder.

Die Triebwerke heulten, während die Pinasse wie ein Stein vom Himmel fiel. Ohnesorg zerrte den toten Piloten aus dem Weg, schnallte sich selbst auf dem Kommandositz an und betrachtete die Steuerungselemente. Sie waren der Oberfläche schon viel näher, als er erwartet hatte, aber es war trotzdem noch ein verflucht weiter Weg nach unten. Ohne eine Hand am Ruder wechselten sich im Frontfenster Eindrücke von Himmel und Wolken und Bodenflächen rasch ab. Ohnesorg säuberte die Steuerung von Blut, so gut es ging, und achtete sorgfältig darauf, nichts einzuschalten, ehe er nicht wußte, was er damit tat.

Er drehte sich zum Sergeanten auf dem Sitz des Copiloten um und stellte fest, daß der Mann reglos und vornübergesunken dasaß. Ohnesorg streckte die Hand aus und zog ihn zurück auf seinen Platz. Müllers Kopf kippte kraftlos nach hinten und starrte blicklos zur Decke hinauf. Ein großer Splitter Panzerglas steckte in einer blutigen Augenhöhle.

»Mausetot«, stellte Ruby fest, die gerade neben Ohnesorg auftauchte. »Es läuft mal wieder alles erwartungsgemäß.«

»Zieh ihn herunter und setz dich auf seinen Platz«, wies Ohnesorg sie an. »Ich brauche deine Hilfe, um die Mühle zu landen.«

Ruby tat wie geheißen, setzte sich auf den Platz des Copiloten und blickte zu Ohnesorg herüber. »Du hast doch schon mal sowas geflogen, oder, Jakob?«

»Möchtest du die schlechten Nachrichten hören oder die wirklich schlechten Nachrichten?«

»O Scheiße!«

»Eine gelungene Zusammenfassung. Die beiden Disruptortreffer haben die Steuerung schwer beschädigt. Und falls ich die Anzeigen richtig deute, hat es noch weitere Systeme erwischt.

Die Triebwerksleistung sinkt, einer der Hauptlufttanks hat Risse, und die für die Landung zuständigen Lektronen sind zum Teufel. Abgesehen davon müßte es sich als Zuckerschlecken erweisen, eine unvertraute Maschine in einem niemals endenden Sturm in unbekanntem Gebiet zu landen. Noch Fragen?«

»Nur eine. Wo, hat dieser Sergeant gesagt, finden wir die Fallschirme?«

»Vergiß sie. Hier oben blitzt es genug, um dich in Asche zu verwandeln, ehe du auch nur die Reißleine ziehen könntest.«

»Fluchtkapseln? Gravschlitten?«