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Also tat er das einzige, was ihm blieb. Er tastete mit den Gedanken zu Ruby hinaus, und ihrer beider Gedanken verschmolzen miteinander. In einem Augenblick außerhalb jeder Zeit drangen sie tief ins eigene Innere vor, und Energie flammte aus dem Unterbewußtsein hervor, stieg in ihren veränderten Verstand hinauf und sprang hinaus in die wirkliche Welt, wo sich die Energie in eine Wand aus sengenden, verzehrenden Flammen verwandelte. Sie bahnte sich ihren Weg von Ohnesorg und Ruby weg und verzehrte alles, was ihr in die Quere kam. Geistkrieger verkohlten und verschrumpelten, als wäre ein Stück der Sonne vom Himmel gesunken und hätte die Erde berührt. Totes Fleisch wurde verschlungen und gab endlich Frieden. Shubtech schmolz und zerlief in Pfützen aus rauchender Metallschlacke. Über hundert Geistkrieger fielen den Flammen allein in den ersten Sekunden zum Opfer. Die Hitzewand setzte brüllend ihren Weg fort und verschlang weiterhin alles. Die Armee aus Geistkriegern wandte sich zur Flucht, aber die Feuerwand war schneller und setzte ihnen über die Ebene nach.

Als der Brand schließlich erlosch, war mehr als die halbe Shub- Armee zu geschwärzten Schalen reduziert worden, in dunklen, gleichförmigen Haufen über die Ebene verstreut. Die Überlebenden hatten sich vor Jung Jakob Ohnesorg aufgebaut, der inzwischen nicht mehr lächelte. Am Talausgang waren Ohnesorg und Ruby auf die Knie gesunken und ließen erschöpft die Köpfe hängen. Sie hatten die letzten Kraftreserven in den Feuerangriff gesteckt und waren wie ausgebrannt. Die selbsterzeugten Flammen hatten sie nicht verletzt, aber jetzt war die von den versengten Talwänden ausgestrahlte Hitze fast überwältigend.

»Das war aber eine tolle Nummer!« krächzte Ruby tonlos.

»Denkst du, wir würden das noch mal hinkriegen?«

»Keine Chance«, antwortete Ohnesorg. »Hoffen wir lieber, daß Jung Jakob Ohnesorg das nicht weiß. Gott, fühle ich mich schlecht!«

»Gilt auch für mich. Und wir haben nicht mal die Mehrheit von ihnen erwischt. Ich hege den fürchterlichen Verdacht, daß wir vielleicht zu früh zum äußersten gegriffen haben.«

»Uns blieb keine Wahl. Sie hätten uns überwältigt.«

»Das können die Überlebenden immer noch.« Ruby hob schmerzhaft den Kopf und blickte in die Ebene hinaus. »Scheiße. Wir haben etwa die Hälfte erwischt. Und dieser eingebildete Metallbastard ist immer noch da draußen. Ich frage mich, worauf er noch wartet.«

»Wahrscheinlich will er erst mal sehen, wie stark wir geschwächt sind. Auf die Beine, Ruby. Vielleicht können wir sie bluffen.«

Aber sie konnten sich nicht erheben, ohne daß sich der eine schwer auf den anderen lehnte, und selbst als sie endlich auf den zitternden Beinen standen, hingen ihnen die Schwerter schlaff in den Händen.

»Ich weiß nicht, ob es dir schon aufgefallen ist«, sagte Ruby, »aber unsere Wunden heilen nicht mehr.«

»Ich habe es bemerkt. Ich denke, diese Feuerwand hat uns alles gekostet, was wir hatten. Solange wir nicht Gelegenheit finden, uns zu erholen, sind wir am Ende. Wir sind… einfach wieder Menschen. Haben nichts mehr außer den Pistolen und Schwertern und gesunden rechten Armen.«

»Gut«, fand Ruby. »Ich war schon immer der Meinung, daß das eine viel ehrenvollere Art zu kämpfen ist.«

»Wir haben immer noch… eine weitere Möglichkeit«, erinnerte sich Ohnesorg.

»Bei Gott, wirklich?« fragte Ruby. »Ich würde sie nur zu gern hören.«

»Sieh zu, daß du wie der Teufel von hier verschwindest.

Kehre nach Vidar zurück, während ich sie hier aufhalte, so lange ich kann. Vielleicht verschaffe ich dir genug Zeit, damit du in der Stadt eine Abwehr organisieren kannst.«

»Netter Gedanke«, sagte Ruby. »Aber nein.«

»Falls du bleibst, kostet es uns beide das Leben. Welchen Sinn hätte das? Durch meinen Vorschlag bliebe wenigstens einer von uns am Leben. Sei logisch, Ruby.«

»Das bin ich. In Vidar gibt es nichts mehr, woraus man eine Abwehr organisieren könnte. Und du müßtest eigentlich wissen, daß ich noch nie vor einem guten Kampf weggelaufen bin.« Sie machte eine Pause. »Jeder muß irgendwo sterben.

Und ich habe nie damit gerechnet, mal im Bett zu sterben.

Wollte es auch nie. Das hier ist eine so gute Art abzutreten wie jede andere.«

»Ich habe mir immer gewünscht, im Bett zu sterben«, versetzte Ohnesorg lächelnd. »Vorzugsweise mit dem Bauch voller gutem Brandy und einer schönen Frau im Arm. Aber falls ich im Kampf abtreten muß… Dann fällt mir niemand ein, in dessen Gesellschaft ich es lieber täte.«

»O Jakob, du sagst wirklich die nettesten Sachen!«

Sie küßten sich einmal und ohne Hast und wandten sich dann ein letztes Mal den feindlichen Streitkräften zu. Und sahen, wie Jung Jakob Ohnesorg sich ihnen näherte, ganz allein und ohne Waffen. Die übriggebliebenen Geistkrieger standen reglos und lautlos da und sahen zu. Ohnesorg und Ruby blickten sich gegenseitig an.

»Was zum Teufel glaubt er eigentlich, was er da tut?« fragte Ohnesorg. »Er erwartet doch sicher nicht, daß wir uns ergeben.«

»Vielleicht möchte er sich ergeben«, überlegte Ruby hoffnungsvoll.

Die Stahlmaschine in ihrer menschlichen Umhüllung kam mit langen Schritten über die Ebene, zeigte ihr endloses Lächeln und blieb schließlich in respektvoller Distanz zu den beiden Menschen stehen, die den Talausgang schützten. Er war zwar in Disruptorreichweite, aber Ohnesorg war sich ziemlich sicher, daß sein Shub-Doppelgänger einem Energiestrahl ausweichen konnte, wenn es sein mußte.

»Nun, nun«, sagte Jung Jakob Ohnesorg freundlich. »Da sind wir ja ein weiteres Mal alle versammelt. Komisch, wie wir uns immer wieder gegenseitig über den Weg laufen, nicht wahr?

Muß wohl Schicksal sein. Wie fühlt Ihr beide Euch?«

»Stark genug, um dir in den Metallhintern zu treten«, knurrte Ruby.

»Was möchtet Ihr?« fragte Ohnesorg.

»Meinen Einsatz abschließen«, antwortete Jung Jakob Ohnesorg, der in seiner silbernen Rüstung groß und heroisch dastand. »Jeden lebenden Menschen auf diesem Planeten vernichten und hier eine Basis von Shub begründen.«

»Ich vermute, daß Eure rebellischen Bundesgenossen das nicht wissen«, sagte Ohnesorg.

»Oh, ich denke, tief im Herzen tun sie es, möchten es sich aber nicht eingestehen. Die Begabung der Menschen, sich selbst etwas vorzumachen, erstaunt mich immer wieder. Aber ihre klägliche Armee ist nicht mehr von Bedeutung. Während sie Eure Truppen beschäftigt hält, führe ich meine Armee nach Vidar und zerstöre es.«

»Da mußt du erst mal an uns vorbei«, sagte Ruby. »Und du hast schon gesehen, wozu wir fähig sind, wenn wir uns entschlossen haben.«

»Ja, und es war wirklich eindrucksvoll«, räumte Jung Jakob Ohnesorg ein. »Aber nicht völlig unerwartet. Wir haben wirklich sehr umfangreiche Dateien über Euch, haben jeden Einsatz Eurer bemerkenswerten Fähigkeiten studiert. Und als die großen Denker, die wir nun mal sind, haben wir eine Antwort gefunden.

Seht Ihr, Ihr redet wahrhaftig mit den abtrünnigen KIs von Shub.

Wir lenken alle unsere Truppen auf diesem jämmerlichen Planeten vermittels des Fokus, mit dem Ihr sprecht. Deshalb konntet Ihr uns auf Golgatha auch nicht töten. Nur ein Körper ist dort umgekommen, und wir verfügen über so viele Körper! Und dieser hier ist etwas ganz Besonderes. Wir haben etwas sehr Machtvolles eingebaut, wohl wissend, daß Eure menschlichen Egos fordern werden, Euch damit zu konfrontieren.«

»Warte mal eine Minute«, verlangte Ruby. »Du meinst, du hast all das inszeniert und all diese Menschen umgebracht, nur um uns zu erwischen?«