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»Klar, aber liebst du den Mann nun oder nicht?« fragte Ruby hartnäckig weiter.

»Wir… verstehen uns.«

»Verständnis hält einen nicht warm in den frühen Morgenstunden. Du hast einfach Angst davor, dich festzulegen. Hazel.

Hattest du schon immer.«

»Das ist wirklich gut, von jemandem, der sein Leben lang noch keine persönliche Beziehung mit irgend wem hatte!«

»Wir reden nicht über mich«, versetzte Ruby gelassen. »Wir reden von dir. Und Owen. Er wird nicht ewig warten, weißt du? Der Krieg hat euch zusammengeführt, aber er ist vorbei.

Owen ist das Beste, was dir je passiert ist, Hazel D’Ark, und du wärst eine verdammte Idiotin, wenn du ihn dir durch die Lappen gehen läßt. Stimmt’s, Jakob?«

»Sieh mich nicht an«, sagte er. »Ich knabbere immer noch an der Frage herum, welche Art Beziehung wir haben. Außerdem war ich schon sieben Mal unter verschiedenen Namen verheiratet, und keine dieser Ehen hat funktioniert. Die Arbeit als Berufsrebell hat viel Zeit verschlungen. Nicht immer blieb Zeit für jemand anderen übrig, egal, welche Gefühle ich für die betreffende Person hegte.«

»Aber deine Arbeit ist jetzt getan«, fand Hazel.

»Nicht, daß es mir aufgefallen wäre«, gab er zu bedenken. Er traf Anstalten, die Flasche an die Lippen zu setzen, stoppte und setzte sie wieder ab. »Ich war der Mann, der gegen das System kämpfte. Jedes System. Ich habe mich selbst nur in Bezug auf Löwenstein und ihr korruptes Imperium definiert. Jetzt, wo beides nicht mehr ist, weiß ich nicht mehr, was ich mit mir anfangen sollte und was auch nur einen Furz wert wäre.«

»Du mußt einfach eine neue Art Kriegsführung lernen«, sagte Ruby. »Man nennt sie Politik.«

»Ich bin zu alt für neue Tricks«, sagte Jakob. »Obwohl ich einen neuen jungen Körper habe, habe ich das ganze Leben darauf verwandt, zu einer ganz bestimmten Person zu werden, nur um dann festzustellen, daß niemand mehr so jemanden benötigt. Statt dessen dreht sich alles um Konferenzen und Komitees und endlose verdammte Kompromisse. Ständig muß ich mich bemühen, alte Feinde davon abzuhalten, daß sie sich gegenseitig an die Gurgel fahren. Und ich frage mich die ganze Zeit, ob irgendwas davon den Aufwand lohnt…« Er seufzte tief. »Ich schätze, ich könnte mich um Arbeit als Kopfgeldjäger bewerben wie du und Owen, kann mich aber nicht von dem Gefühl befreien, daß hier alles zusammenbricht, wenn ich nicht mehr anwesend bin und die Veränderungen im Auge behalte.

Man vertraut mir, versteht ihr? Ich bin der legendäre Berufsrebell. Der Mann, der ihnen endlich die Freiheit gebracht hat.

Wie soll ich ihnen klarmachen, daß mir ihre alltäglichen kleinen Probleme einen Scheiß bedeuten?«

»Ich weiß, was du meinst.« Ruby nickte weise. »Weiß genau, was du meinst. Der Erfolg ruiniert uns. Ich meine, seht mich an. Endlich bin ich so reich, wie ich es mir immer erträumt hatte. Vielleicht sogar noch reicher… Verdammt, ich behalte nicht mal mehr den Überblick darüber! Dafür habe ich Buchhalter. Sie schicken mir die Kontoauszüge, und ich kapiere nichts davon. Ich wußte früher nie, daß es so große Zahlen gibt.

Ich verfolge reiche Verbrecher, finde ihre versteckte Beute, konfisziere sie und übergebe sie dem Parlament, abzüglich meiner saftigen Provision. Nicht, daß ich viel von der eigentlichen Arbeit selbst tun würde… Ein ganzer Haufen Kyberratten arbeitet für mich. Sie stöbern die Gelder und den Aufenthaltsort des Mistkerls auf, und dann bahne ich mir einen Weg dorthin und verhafte den bösen Buben. Sie liefern mir selten einen nennenswerten Kampf, sobald ich ihre Abwehrsysteme erst mal überwunden habe. Verdammt, die meisten brechen in Tränen aus, wenn sie sehen, wie ich hereinspaziere.«

»Jetzt mal langsam«, wandte Jakob ein. »Verhaften? Wann härtest du dir je die Mühe gemacht, jemanden zu verhaften?«

»Oh, in Ordnung, ich breche also ein und bringe die bösen Buben um, wenn du auf Genauigkeit bestehst. Sie würden vom Kriegsverbrechertribunal ohnehin gehängt, und ich brauche mich so nicht mit dem Papierkram herumzuschlagen. Worauf ich hinauswilclass="underline" Ich wälze mich in Geld. Mehr, als ich in einem ganzen Leben ausgeben kann. Habe ein großes Haus, Diener und den ganzen modernen Komfort und Luxus. All das, was ich mir immer gewünscht habe – wie ich dachte. Aber man kann diese Sachen wirklich schnell satt haben. Wenn man es genau nimmt, sind es nur Spielsachen. Sogar die Diener anzuschreien hat seinen Reiz verloren. Es macht keinen Spaß, jemanden einzuschüchtern, wenn man ihn selbst dafür bezahlt, sich einschüchtern zu lassen. Und außerdem beschleicht mich der Verdacht, daß ich verweichliche, meinen Biß verliere. Immer lauert jemand hinter den Kulissen auf eine Gelegenheit, einem alles wegzunehmen.«

»Ja«, sagte Jakob seufzend. »Das Problem mit der Erfüllung aller Wünsche besteht darin, daß man anschließend aufwacht und sich in der Wirklichkeit wiederfindet.«

»Oh, sehr tiefsinnig«, fand Ruby. »Sehr philosophisch. Was zum Teufel soll das heißen?«

Jakob zuckte die Achseln. »Ich will verdammt sein, wenn ich es wüßte. Aber für einen Moment hat es sich ganz gut angehört.« Er blickte durch die volle Halle zu Owen hinüber. »Was macht er da? Unterhält sich mit dieser Wolf?«

»Vielleicht hat sie einen Hinweis, wo wir Valentin finden«, sagte Hazel.

»Vielleicht«, sagte Jakob. »Aber ich würde keinem Wink trauen, der aus dieser Ecke stammt. Das letzte, was ich gehört habe, war, daß Konstanze Wolf mit den Chojiros untereiner Decke steckt. Üble Familie. Üble Leute.«

Hazel sah ihn nachdenklich an. »Es hatte so einen Unterton, als du Chojiro gesagt hast. Irgendwie kalt… und wütend. Welche Verbindung hast du zu den Chojiros?«

»Richtig«, fiel Ruby ein. »Nicht zum ersten Mal habe ich gehört, wie du sie heruntermachst. Was macht die Chojiros so viel schlimmer als den übrigen aristokratischen Abschaum?«

Jakob starrte auf die Flasche vor ihm, damit er nicht Ruby oder Hazel ansehen mußte. »Meine Mutter war eine Chojiro«, sagte er leise. »Sie haben sie ausgestoßen und ihr den Geldhahn komplett abgedreht, nur weil sie den Mann geheiratet hatte, den sie liebte, und nicht den, den die Familie für sie ausgewählt hatte. Sie waren damals allesamt Arschlöcher und sind es heute noch. Traue niemals einem Chojiro.«

»Du hast aber recht schnell ein Abkommen mit ihnen geschlossen«, gab Ruby zu bedenken. »Du hast jedes Prinzip verkauft, das dir je was bedeutet hat, als du den Aristos den Arsch gerettet hast.«

»Es war nötig«, erklärte Jakob. »Es hat die Familien und ihre Privatarmeen aus dem Krieg entfernt. Ohne ihre Beteiligung sind Millionen noch am Leben, die andernfalls hätten umkommen können. Kein schlechter Handel. Was sind schon ein paar Prinzipien im Vergleich zu Menschenleben?«

»Selbst wenn es heißt, daß die meisten Schuldigen an generationenlangen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ungestraft ausgehen?«

Jakob drehte sich um und sah sie böse an. »Das sind ganz schön anspruchsvolle Worte für eine professionelle Killerin!

Wann hast du dir je etwas aus der Menschlichkeit gemacht?

Wann hattest du je Prinzipien?«

»Nie«, antwortete Ruby. »Und ich habe auch nie was anderes behauptet. Vielleicht habe ich mich aber mal anders gefühlt.

Ich habe an dich geglaubt, Jakob. Und dann hast du dich als jemand ganz anderes entpuppt.«

Es war ein alter Streit, ohne daß ein Ende absehbar gewesen wäre. Hazel wandte sich ab und ließ sie fortfahren. Sie blickte durch die Halle, und die Menge schien sich gerade im richtigen Augenblick vor ihr zu teilen, damit sie sehen konnte, wie Owen Konstanze Wolf in die Arme nahm und küßte.

Finlay Feldglöck, der erneut auf dem Höhepunkt der Mode war, durchquerte gewandt die dichtgedrängte Menge, wie ein Hai, der mit den Strömungen schwamm und sich an einem Meer voller Beute ergötzte. Sein zerknitterter Samtgehrock war erstklassig geschneidert, saß perfekt wie eine zweite Haut und war in einem strahlenden Blau gehalten, so hell, daß es in den Augen schmerzte. Finlay trug lederne Stulpenstiefel über kanariengelben Beinlingen und eine rosenrote Krawatte, gerade unordentlich genug gebunden, um zu zeigen, daß er es selbst getan hatte. Solche Einzelheiten waren wichtig. Darüber hinaus trug er eine Nasenkneiferbrille, die er im Grunde nicht brauchte, und hatte das lange Haar zu einem einzelnen, komplizierten Zopf gebunden. Früher hätte ihm eine solche Meisterung der Mode, dieser Inbegriff des Geckenhaften bewundernde Blicke von aller Welt eingetragen, vielleicht sogar einen kurzen Applaus im Vorbeigehen. Aber das lag lange zurück, in einem anderen Leben.