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»Uns bleibt vielleicht keine andere Wahl«, entgegnete Stephanie hartnäckig. »Ihr habt gesehen, wie Konstanze mit Owen gesprochen hat. Ihr wißt so gut wie ich, worüber sie diskutiert haben. Eine Eheschließung zwischen ihr und dem Todtsteltzer brächte das ganze Haus Wolf unter ihre gemeinsame Kontrolle.

Der Clan Todtsteltzer könnte den Clan Wolf womöglich gar schlucken, und unser Name wäre für immer dahin! Das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen gegen Konstanze losschlagen, solange wir noch können. Wenn erst Owen über sie wacht, kommen wir nie mehr an sie heran.«

»Wie immer denkt Ihr zu kleinkariert, Stephanie. Wenn diese Ehe erst geschlossen ist, dürfte es nicht allzu schwierig sein, Owen zu steuern, indem wir Drohungen gegen Konstanze aussprechen. Vielleicht liebt er sie nicht, aber als ihr Gatte wäre er gezwungen, sie zu schützen oder vor der Gesellschaft weitgehend das Gesicht zu verlieren. Owen ist Realist genug, um die Verhältnisse zu begreifen. Er wird die Herrschaft über den Clan Wolf an Euch abtreten, und dann haben wir sowohl den Clan Wolf als auch den Clan Todtsteltzer in der Hand.«

»Wartet mal eine Minute!« sagte Stephanie. »Was meint Ihr damit, den Clan Todtsteltzer in die Hand zu bekommen? Nur Owen gehört dazu. Er ist der letzte Todtsteltzer.«

»Ihr müßt wirklich lernen, an die Zukunft zu denken, Stephanie. Falls er heiratet, wird es schließlich Kinder geben. Im Schwarzen Block denken wir immer langfristig.«

»Ich hasse es, wenn Ihr mir Vorlesungen haltet!« raunzte Stephanie. »Ich bin kein Kind mehr! Ich bin nicht dumm, aber mir liegt eben nur daran, die Familie wieder groß zu machen.

Euch hat man jedoch den Stolz auf die eigene Familie ausgetrieben, als Ihr dem Schwarzen Block übergeben wurdet. Verdammt, man hat Euch sogar den Namen genommen!«

SB Chojiro lächelte sanft. »Ich habe wenig verloren und viel gewonnen. Der Schwarze Block ist die Summe aller Familien.

Es erfüllt mich mit Stolz, dazuzugehören.«

»Nun, das liegt nur daran, daß Ihr ein durch und durch konditionierter Zombie seid, der einen eigenen Gedanken nicht mal erkennen würde, wenn er darüber stolperte. Was haben sich die Familien nur dabei gedacht, als sie den Schwarzen Block gründeten? Er sollte unsere ultimative Waffe sein, uns die Macht über den Thron einbringen. Und jetzt verneigen wir uns alle vor Euch. Wir haben uns selbst in Ketten gelegt.«

»Ruhig!« sagte SB Chojiro. »Seid jetzt bitte ruhig, oder ich ziehe Eure Leine an. Ein alter Freund nähert sich. Vielleicht hat er gute Nachrichten für uns.«

Kardinal Brendan hatte einmal einem Kommandotrupp der Jesuiten angehört, der im Dienst der Kirche von Christus dem Krieger stand. Er hatte die Ketzer und die Gottlosen umgebracht und überhaupt jeden, der es wagte, die Stärke oder die Stellung der Kirche zu gefährden. Sie war die Staatsreligion des Imperiums gewesen und eng mit Imperatorin Löwenstein verknüpft. Als dann der Eiserne Thron schließlich stürzte, widerfuhr der Kirche das gleiche. Aus der Asche der gefallenen Kirche entstand die kleinere, aber mehr respektierte Kirche von Christus dem Erlöser, eine gewaltlose, der Wohltätigkeit gewidmete Kirche, die von der Obersten Mutter Beatrice Cristiana geführt wurde, der Heiligen von Technos III. Ihre erste Amtshandlung hatte darin bestanden, die krassesten Sünder der alten Kirche und ihre übelsten Elemente hinauszuwerfen – wobei sie jedoch Brendan übersah. Er gehörte zum Schwarzen Block, und dieser kümmerte sich um die seinen. Jetzt war er Kardinal Brendan, der Vertreter der Kirche auf Golgatha und der wichtigste Agent des Schwarzen Blocks in der neuen Kirche.

Leibhaftig wirkte er nicht gerade unvergeßlich: Groß, dunkel, mit sardonischem Lächeln und Augenbrauen, die stets im Begriff schienen, sich zu wölben. Er kleidete sich schlicht, aber gut, und da er darauf achtete, allen Gesprächspartnern die gleiche Aufmerksamkeit und Gunst zu schenken, fiel niemandem auf, daß er zuzeiten ganz offen mit der berüchtigten SB Chojiro sprach. Er verbeugte sich tief vor ihr und nicht ganz so tief vor Stephanie Wolf.

»Ein gutes Arrangement, meine Damen. Wem verdanke ich das Vergnügen dieser Einladung? Das Parlament kommt normalerweise ganz gut ohne meine illustre Gegenwart aus.«

SB gab ihren Ratgebern mit einem Wink zu verstehen, daß sie ein wenig auf Distanz gehen sollten. Sie verneigten sich und folgten widerspruchslos ihrem Geheiß, bis sie gerade eben außer Hörweite waren. Sie wußten, daß Intrigen über Intrigen liefen, in die selbst sie nicht immer eingeweiht wurden. SB lächelte Kardinal Brendan an.

»Ihr seid zugegen, weil Owen und seine Freunde alle hier sind. Die Überlebenden des Labyrinths. Falls der Schwarze Block überleben und gedeihen soll, müssen sie entweder in den Schoß der Gemeinde zurückkehren oder eliminiert werden.

Und da wir Eure Meinung schätzen, wurdet Ihr gerufen, um diese vier Personen als mögliche künftige Freunde oder Feinde einzuschätzen. Wen kann man umdrehen oder unter Druck setzen, überreden oder bestechen?«

»Und falls sie wirklich die sind, für die man sie hält, und sie kein Interesse zeigen, sich uns anzuschließen?« fragte Brendan.

»Dann benötigen wir Euren höchst kundigen Rat dazu, wie man sie am besten umbringt oder anderweitig beseitigt«, antwortete SB ruhig.

»Ihr verlangt nicht gerade viel, wie?« fragte Brendan. »Nicht einmal Löwenstein mit all ihren Leuten und Ressourcen ist mit diesen vieren fertig geworden, und Ihr denkt, wir könnten es?«

»Alles ist möglich, wenn man genug Zeit hat und ausreichend plant«, behauptete SB Chojiro. »Diese Leute denken nach wie vor in Begriffen der offenen Kriegsführung und zusammenprallender Armeen. An Disruptor und Schwert und die einfachen Freuden des Metzelns. In subtileren Formen des Konflikts haben sie bislang keine Erfahrung. Und schließlich sind sie inzwischen… viel besser erreichbar als früher.«

»Sie haben den Krieg gegen die Familien gewonnen«, stellte Stephanie fest. »Ihr habt verloren. Erinnert Ihr Euch?«

»Wir haben eine Schlacht verloren«, entgegnete SB. »Der Krieg geht auf anderen Feldern weiter.«

»Trotzdem solltet Ihr lieber auf Euer Fell achtgeben, Kardinal«, riet ihm Stephanie. »Solltet Ihr gar zu offen die Partei des Schwarzen Blocks ergreifen oder einen unserer großen Rebellenhelden verärgern, wirft Euch die Heilige Bea ruckzuck aus der Kirche, genau wie all die anderen.«

»Unserem höchst loyalen Kardinal wird nichts widerfahren«, sagte SB. »Man wird Meldungen falsch ablegen, Dokumente verlieren, die falschen Gerüchte hören. Mutter Beatrice bekommt nur zu hören, was wir möchten.«

»Ihr wärt nicht der erste, der Sankt Bea unterschätzt«, sagte Stephanie. »Und die meisten davon sind tot oder wünschen, sie wären es.«

»Sie kann nicht ewig leben«, meinte Brendan. »Und sollte sie eines plötzlichen und unerwarteten Todes sterben, würde die neue Kirche in völligem Chaos versinken. Genau die Art Situation, von der der Schwarze Block schon immer am meisten profitiert hat. Und die Reste der alten Ordnung, die Bruderschaft des Stahls, ist immer noch da – wenn auch versteckt –, und wartet nur auf eine Gelegenheit, die Kirche wieder zu übernehmen. Ihr wärt überrascht zu erfahren, wie viele von denen, die heute Macht und Einfluß genießen, sich insgeheim der Bruderschaft beugen.«

»Und der Schwarze Block steuert die Bruderschaft des Stahls«, stellte SB Chojiro fest. »Sankt Bea sonnt sich vielleicht derzeit in öffentlicher Zuneigung, aber die Öffentlichkeit ist von der wankelmütigen Sorte. Sie kann es sich jeden Augenblick anders überlegen. Oder hinnehmen, was über ihren Kopf hinweg entschieden wird.«