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»Ihr habt den ganzen Weg zurückgelegt und fragt Euch das erst jetzt? Daniel, wieviel wißt Ihr wirklich über die Geschichte von Shub und der KIs, die es erbaut haben?«

»Nur das, was in deinen Datenbänken verzeichnet steht, und das meiste davon war auch noch geheim, erinnerst du dich?«

»Verdammt«, sagte Moses. »Ich hatte gewissermaßen gehofft, Ihr hättet als Aristo Zugang zu noch anderen Quellen.

Also tappen wir beide im Dunkeln… Moment mal! Ich stelle gerade einige ungewöhnliche Veränderungen in den Energiefeldern fest…«

Auf dem Bildschirm sah es so aus, als verdrehte sich der Weltraum, und plötzlich schwebte ein riesiger Planet dort vor ihnen. Er war gewaltig, locker so groß wie ein Gasriese, bestand aber gänzlich aus Metall. Er wies keine eindeutige Form auf, zeigte sich nur als Konglomerat aus Türmen und stachelbewehrten Vorsprüngen. Hier und dort erblickte man große geometrische Formen, Bunkern ähnlich, die nach keinem erkennbaren Schema angeordnet waren. Die verschiedenen Metalle waren unterschiedlich gefärbt. Einige glänzten so hell, daß Daniel sie nur kurz aus dem Augenwinkel heraus ansehen konnte. Es bereitete ihm schon Kopfschmerzen, den Planeten nur anzublicken.

»Liebe Güte«, sagte Moses leise. »Meine Sensoren spielen verrückt. Sie werden mit der schieren Menge an Informationen nicht fertig, die hereinströmen. Die Energieanzeigen sprengen sämtlich den Meßbereich. Das Ding erzeugt mehr Energie als hundert Fabrikplaneten des Imperiums. Die Masse ist furchterregend, aber von Schwerkraft kann fast keine Rede sein. Was davon vorhanden ist, schwankt auch noch von einem Ort zum nächsten. Ein derartig großer Planet müßte uns längst anziehen, aber meine Sensoren vermelden nichts davon. Es müssen die Energiefelder sein…«

»Vergiß das alles«, unterbrach ihn Daniel. »Ist das Shub

»Falls nicht, verabscheue ich den Gedanken, was es statt dessen sein könnte. Es kann eigentlich keine zwei solcher Anomalien im Verbotenen Sektor geben; der Weltraum hielte das nicht aus. Nein, es muß Shub sein. Allein der technische Entwicklungsstand garantiert es.«

»Bringe uns auf einen hohen Orbit, Moses. Bleibe auf sicherer Distanz.«

»Bin Euch wie üblich weit voraus. Hoher Orbit erreicht. Was jedoch sichere Distanz bedeutet, kann sich jeder nach Belieben ausdenken. Ich persönlich habe nicht vor, dieser metallischen Monstrosität auch nur einen Zentimeter näher zu kommen als absolut nötig. Und ich sollte sie mir auch nicht zu lange direkt ansehen, Daniel. Falls ich meine Instrumente korrekt ablese, existiert der Planet in mehr als drei Dimensionen. Ich denke, er könnte eine Art vierdimensionales Konstrukt sein. Und nein, ich habe nicht vor, Euch das überhaupt zu erklären. Glaubt mir einfach, daß wir einen ausgesprochen merkwürdigen Ort erreicht haben. Durchaus möglich, daß sich das Innere dieses Planeten als viel größer erweist, als die Außenseite erkennen läßt. Was bedeutet… Falls meine Berechnungen stimmen, hat das Innere von Shub ebensoviel schiere Oberfläche wie die Hälfte der kolonisierten Welten des Imperiums zusammen.«

Daniel dachte eine Weile darüber nach, konnte es sich aber einfach nicht vorstellen. »Irgendwelche Lebenszeichen da unten?«

»Auf Shub unwahrscheinlich, aber ich kann dazu nichts Konkretes sagen. Alle bis auf meine direktesten Sensoren werden blockiert.«

»Es heißt, nichts würde auf Shub leben«, sagte Daniel langsam. »Daß es alles nur… Maschinen sind.«

»Wäre nicht überrascht«, stellte Moses fest. »Das ist kein Ort für Menschen. Menschen hätten hier nie auftauchen sollen.

Vielleicht ist es noch nicht zu spät, Daniel. Wir könnten immer noch versuchen, die Flucht zu ergreifen.«

»Nein«, sagte Daniel. »Mein Vater ist irgendwo dort unten.

Ich reise nicht ohne ihn ab.«

Das ganze Schiff erzitterte plötzlich. Daniel hielt sich an den Armlehnen fest. »Was zum Teufel war denn da s?«

»Unsere Diskussion wurde gerade gegenstandslos«, berichtete Moses. »Etwas hat die Steuerung unseres Antriebs und der Navigationssysteme übernommen. Ich bin ausgesperrt. Wir haben den Landeanflug eingeleitet. Sieht so aus, als wäre es letztlich doch zu spät.«

Daniel zwang sich, die Armlehnen loszulassen, lehnte sich zurück und studierte den Bildschirm, auf dem der riesige künstliche Planet größer wurde. Shub schien fortwährend anzuwachsen und seine Struktur komplexer zu werden, wie eine Blume, die sich in einem unaufhörlichen Prozeß entfaltete. Details entwickelten sich zu turmhohen Maschinen, an denen wiederum eigene Details erkennbar wurden. Seltsame Fahrzeuge bewegten sich auf Umlaufbahnen um den Planeten, riesige und kleine und mittlere, und führten unbekannte Aufträge aus. Und nach wie vor wuchs Shub auf dem Bildschirm an und offenbarte Zug um Zug seine grenzenlose Komplexität und Unergründlichkeit. Es auch nur anzusehen verschlimmerte Daniels Kopfschmerzen. Er entwickelte die Technik, jeweils nur wenige Augenblicke lang hinzusehen und sich zwischendurch auszuruhen. Das Bild flimmerte zuzeiten, als litten selbst die Sensoren unter dem Anblick.

»Wir rufen die Himmelsträne«, meldete sich eine neue Stimme. »Antwortet.«

»Sie stammt von Shub«, stellte Moses auf ihrem Privatkanal fest. »Kein visuelles Signal. Sprecht Ihr mit ihnen, Daniel. Ich möchte sie nicht auf meine Präsenz aufmerksam machen.«

Daniel beugte sich vor und räusperte sich unsicher. »Hier spricht Daniel Wolf. Ich bin allein an Bord. Ich bin keine Gefahr für Euch.«

»Wir wissen, wer Ihr seid und warum Ihr hier seid«, sagte die Stimme. Sie kam Daniel merkwürdig vertraut vor, aber er konnte sie nicht genau einordnen. »Wir haben Euch schon erwartet, Daniel. Wir haben Eure Lektronen übernommen und holen Euch herunter. Wenn Ihr gelandet seid, dürft Ihr das Schiff erst verlassen, wenn wir es sagen. Die auf Shub herrschenden Bedingungen sind Lebensformen wie Euch nicht zuträglich.«

»Verstanden«, sagte Daniel. »Ist mein Vater…«

»Das Signal ist abgebrochen«, verkündete Moses. »Anscheinend sind sie an einer Plauderei nicht interessiert.«

Daniel runzelte die Stirn.

»Diese Stimme… Mir scheint, ich sollte sie kennen.«

»Es war Eure Stimme«, sagte Moses. »Synthetisiert. Und da sie sie von Anfang an verwendet haben, vermute ich, daß man Euch wirklich erwartet. Meinen Sensoren zufolge hat sich ein kleines Loch in dem Energiefeld geöffnet, gerade groß genug für uns. Andere Abwehrsysteme kann ich weder entdecken noch begreifen. Daniel, sobald Ihr das Schiff erst verlassen habt, kann ich nichts mehr für Euch tun. Ihr steht dann völlig auf eigenen Beinen. Hört mir zu, Danieclass="underline" Laßt Euch von denen nicht betrügen! Was die auch sagen oder tun, sie haben dabei nur die eigenen Interessen im Auge. Ihr könnt keinerlei Abkommen mit ihnen schließen, weil Ihr keine Mittel habt, Eure Interessen durchzusetzen. Aber die abtrünnigen KIs… möchten manchmal bestimmte Dinge vollbracht haben. Vielleicht könnt Ihr…«

»Das reicht, du Minimalverstand«, ertönte Daniels Stimme aus der Kommanlage. »Du wirst nicht mehr gebraucht. Willkommen im gelobten Land, Moses! Was für eine Schande, daß wir dir nicht gestatten können, es zu betreten.«

Moses kreischte auf einmal los, und der schrille, fast menschliche Laut drang durch die Brücke – ein entsetzliches Heulen unaussprechlicher Agonie. Daniel hielt sich die Ohren zu und konnte es doch nicht aussperren. Endlich brach der Schrei plötzlich ab, und es war bedrohlich still. Daniel senkte langsam die zitternden Hände. Er schwitzte stark. Rasch kontrollierte er die Brückeninstrumente, aber soweit er feststellen konnte, funktionierte alles weiterhin normal. Nicht, daß er im gegenteiligen Fall gewußt hätte, was zu tun wäre.