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»Ist dein Owen auch so ein Stockfisch?« erkundigte sich Hazel.

»Zum Teil«, antwortete Bonnie. »Aber ich habe ihn verändert. Er hat sich stark gelockert, seit wir verheiratet sind. Wie macht sich dein Owen im Bett?«

»Wir… haben uns dergestalt noch nicht festgelegt«, sagte Hazel.

»Was hat das denn mit Festlegen zu tun?« wollte Bonnie wissen. »Ich rede von Sex, nicht Liebe. Verdammt, ich habe meinen Owen in weniger als vierundzwanzig Stunden nach unserer ersten Begegnung auf die Matte gelegt. Er war so süß… Ich konnte einfach nicht die Finger von seinem aristokratischen Arsch lassen. Und Männer verhalten sich so viel vernünftiger, wenn sie regelmäßig bumsen können. Probiere es mal.«

»Ich merke es mir«, sagte Hazel.

»Also«, wandte sich Owen an Mitternacht, »wie war Euer Owen?«

»Ein Held, obwohl er nie einer sein wollte«, berichtete Mitternacht. »Impulsiv, nüchtern und viel zu tapfer, als gut für ihn war. Er scherte sich nie darum, welche Chancen er hatte; solange es der Sache diente, sprang er immer ins Getümmel und machte alles nieder, was sich bewegte. Ein Krieger, wie seine ganze Familie.«

»Klingt nicht sonderlich nach mir«, fand Owen. »Ich habe immer nur gekämpft, wenn es sein mußte.«

»Mein Owen… hatte einen härteren Kampf zu bestehen als du. Unser Krieg war lang und hart und weckte das Ungeheuer in allen, die mitkämpften. Mein Owen wurde von Blut und Bestimmung getrieben und stürmte über das Schlachtfeld, um zu metzeln, wobei er wie ein Wolf grinste. Er lebte für den Kampf, und nichts machte ihn glücklicher, als wenn er den Sieg in letzter Minute dem Maul der Niederlage entreißen konnte. Ihm gefiel es, wenn die Chancen schlecht standen. Er sagte, dadurch würden die Vorteile ausgeglichen, die ihm das Labyrinth des Wahnsinns verliehen hatte. Auf seine Art war der Todtsteltzer ein ehrenwerter Mann. Wir mußten ganze Planeten rächen und wußten nicht mehr, was Gnade bedeutet. Der Krieg war die Hölle, und so verwandelten wir uns in Dämonen.

Wir waren Krieger, und das Leben war einfach. Hätte die Rebellion doch nur nie geendet! Wir hätten für immer glücklich sein können.«

Eine Zeitlang gingen sie schweigend dahin. Mitternacht hatte alles gesagt, was ihr auf dem Herzen lag, und Owen wollte verdammt sein, wenn ihm darauf etwas einfiel. Er wußte, was sie mit dem Ungeheuer meinte. Er hatte es selbst schon in sich gespürt, in Form einer blutrünstigen Tobsucht, die nichts mehr auf die Sache oder die Ehre gab, die nur für den Rausch des Adrenalins auf dem Schlachtfeld lebte. Stets hatte er es jedoch niedergerungen, denn er war ein Gelehrter, kein Krieger; ein Mensch, kein Ungeheuer. Er fragte sich, ob Mitternachts Owen ganz anders gewesen war als er, ob er das Zeichen des Ungeheuers offen und mit Stolz getragen hatte. Oder hätten sie sich gegenseitig anblicken können und nur ihr Spiegelbild gesehen?

Owen schauderte es plötzlich. Er fragte sich häufig, wie stark die Rebellion ihn verändert hatte, ob sie ihn ungeachtet seiner eigenen Wünsche zu dem brutalen Krieger gemacht hatte, wie es seit jeher das Ziel seiner Familie gewesen war. Jetzt schien ihm jedoch, daß er auf diesem Weg viel weiter hätte gehen können, als er es tatsächlich getan hatte. So wie Mitternachtsblau die perfekte Kampfmaschine war, zu der sich auch Hazel unter anderen Umständen hätte entwickeln können.

»Du bist nicht damit einverstanden, was?« fragte Mitternacht auf einmal. »Das kann ich sehen.«

»Mein Leben… ist anders verlaufen«, antwortete Owen.

»Gott weiß, daß ich selbst genug Schändliches getan habe. Ich fälle über niemanden mehr ein Urteil. Ich habe nicht das Recht dazu.«

Mitternacht löste sich von ihm. »Du bist nicht mein Owen. Er hat stets Urteile gefällt und die Schuldigen von den Unschuldigen geschieden. Und er behielt immer recht. Ein Krieger kennt keine Unentschlossenheit und ein Schlachtfeld keine Grautöne.

Und eine Liebe wie unsere keine Schwächen.«

Sie beschleunigte ihre Schritte und ging jetzt allein. Nach einer Weile überholte Bonnie Chaos Owen und gesellte sich zu ihrer Kameradin, und sie zwinkerte Owen kurz zu, als sie an ihm vorbeikam. Er brachte ein leises Lächeln zustande. Hazel gesellte sich zu ihm.

»Das ist wirklich eine gefährliche Frau«, fand Owen und betrachtete Mitternachts gepanzerten Rücken.

»Du solltest mal versuchen, eine Zeitlang mit Bonnie zu plaudern«, entgegnete Hazel. »Sie macht mir eine Scheißangst.«

»Ich kann gar nicht glauben, wieviel Metall sie durch ihre Haut getrieben hat«, sagte Owen. »Ich meine, einiges davon muß richtig weh getan haben. Wahrscheinlich gibt es aufgerüstete Menschen mit weniger Metall im Leibe. Und sie sagt, ihr Owen hätte das gleiche getan!«

»Sie hat auch erzählt, sie wäre mit dir verheiratet.«

Owen schauderte. »Da wäre ich mit einem Grendel besser bedient. Und ich weiß gar nicht, worüber Ihr lächelt. Sie ist letztlich nur eine andere Version von Euch.«

Hazel zuckte die Achseln. »Zweifellos lebt irgendwo ein anderes Ich glücklich verheiratet mit sechs Kindern und hält nie etwas Gefährlicheres in der Hand als ein Brotmesser. Das ist nun wirklich furchterregend, aber es kümmert mich nicht. Ich weiß, wer ich bin.«

»Aber die beiden sind ganz schön… extrem«, fand Owen.

»Können wir ihnen trauen?«

»Gute Frage«, sagte Hazel. »Aber falls es hier hart auf hart kommt, werden wir sie brauchen. Außerdem wissen sie, daß wir das hiesige Universum besser kennen als sie. Ich denke, sie werden uns folgen. Falls wir wirklich mit den Hadenmännern aneinandergeraten, würde ich auch gegen schlechte Chancen auf beide wetten.« Sie grinste Owen verschmitzt an. »Ich denke, daß Mitternacht einen Narren an dir gefressen hat.«

»Nein«, erwiderte Owen. »Der Mann, den sie liebte, war mir in keiner Weise ähnlich. In überhaupt keiner.«

Seine Stimme wies auf einmal einen kalten Unterton auf, der Hazel davon überzeugte, dieses Thema lieber nicht weiter zu verfolgen, und eine Zeitlang schwiegen sie. Die Straßen blieben leer, und man sah keine Spur von Mensch oder Hadenmann. Die Schritte warfen an den Häusern Echos, die in der Stille unheimlich laut klangen. Hazel wurde es langweilig, an Owens Seite zu gehen, da er zu sehr in Gedanken versunken war, um auf ihre Gesprächsansätze mehr als ein Brummen von sich zu gehen. Letztlich gesellte sie sich zu ihren beiden anderen Versionen. Zu dritt schwatzten sie bald fröhlich drauflos und ignorierten Owen vollständig, während sie in praktisch jedem Punkt uneins blieben. Owen war nicht überrascht. Er kannte Hazel schließlich. Er wußte, daß er die drei Frauen eigentlich davor hätte warnen sollen, so laut zu reden, aber ihm war auch klar, daß sie ihn dafür nur zum Teufel gewünscht hätten und er sich somit die Luft sparen konnte. Inzwischen hatten sie alle eine ordentliche Strecke zurückgelegt, und Owens Füße bemerkten es allmählich und beschwerten sich.

Er achtete sorgfältig darauf, nicht selbst in die Streitigkeiten verwickelt zu werden, und war es vollkommen zufrieden, daß man ihn ignorierte. Die besitzergreifende Art, mit der die beiden Alternativversionen ihn musterten, gefiel ihm nicht – ebensowenig die Art, wie Hazel lächelte, wenn sie es bemerkte. Auf ihre unterschiedliche Art faszinierten ihn sowohl Bonnie wie Mitternacht, aber es ähnelte der Faszination eines Verkehrsunfalls auf Schaulustige. Und als er gerade diesem Gedanken nachhing, zog Bonnie beiläufig ein Hypospray aus dem Gürtel, hielt es sich an den Hals und injizierte den Inhalt, ohne dabei auch nur einmal das Schrittempo zu senken. Sie stöhnte leise vor Vergnügen und drückte mit hörbarem Schnappen den Rücken durch. Owen beeilte sich, an ihre Seite zu gelangen. Sie zeigte wieder dieses beunruhigende Lächeln, ganz schmale schwarze Lippen und zugespitzte Zähne.