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»Seid verdammt, Mond!« flüsterte Owen. »Was habt Ihr mir angetan?«

»Es tut mir leid, Owen«, sagte Mond. »Ich habe auch hierin keine andere Wahl.«

Owen griff mit der Menschenhand nach seiner Pistole, und ein plötzlicher Krampf erschütterte alle seine Muskeln. Er schrie vor Schmerz auf, und die Agonie brannte in ihm wie eine goldene, verzehrende Flamme. Er stürzte zu Boden und lag zuckend da, die Zähne von einem Krampf des Mundes freigelegt. Hazel wollte ihm helfen, und sofort packten sie ein halbes Dutzend Hadenmänner. Andere ergriffen Bonnie Chaos und Mitternachtsblau und hielten sie fest. Owen schrie erneut vor Schmerz und Entsetzen auf über den Verrat des eigenen Körpers, bis er schließlich verstummte. Befehle von außen liefen durch sein Gehirn, und er kam elegant auf die Beine, ein Gefangener im eigenen Kopf. Er spürte, wie sich die goldenen Fäden in ihm regten, wie sie sich durch den ganzen Körper schlängelten, parasitischen Metallwürmern gleich. Er konnte nicht mal den Kopf oder die Augen drehen, um zu sehen, was mit Hazel passierte, bis die Hadenmänner es für ihn taten.

Hazel wehrte sich gegen den Griff der Hadenmänner, und es fiel ihnen verdammt schwer, sie festzuhalten. Tobias Mond trat ohne Eile vor sie, wobei er irgend etwas in der Hand hielt.

Owen erkannte es und versuchte verzweifelt, eine Warnung zu brüllen, aber die Stimme gehorchte ihm nicht mehr. Hazel war so sehr darin vertieft, sich freizukämpfen, daß sie Mond nicht sah, bis es zu spät war. Er gab den anderen Aufgerüsteten einen Wink, und unter Aufbietung aller Kräfte gelang es ihnen, Hazel auf die Knie zu drücken und für einen Moment in dieser Stellung festzuhalten lange genug für Mond, um ihr sein Hypospray an den Hals zu setzen und ihr eine massive Dosis Blut zu verabreichen. Sie schrie vor Schreck und Entsetzen auf, und Tränen liefen ihr übers Gesicht, als die alte, kalte Segnung von Blut erneut durch ihren Kreislauf strömte. Und alles, was Owen tun konnte, war zuzusehen.

Mond trat zurück und und gab den anderen Hadenmännern mit einem Wink zu verstehen, daß sie Hazel loslassen sollten.

»Die aufgezwungene Blut-Sucht wird sie für den Rest ihres Lebens beherrschen. Sie wird nicht gegen uns kämpfen. Sie wird nicht einmal den Wunsch hegen, es zu tun.« Er sah das leere Hypospray in seiner Hand an und ließ es fallen, als wäre es ihm peinlich. Er sah Owen an, der nach wie vor erstarrt dastand. »Wir tun… was nötig ist, Owen. Das ist die Art der Hadenmänner.« Er drehte sich wieder um und musterte Bonnie und Mitternacht. »Ihr seid neue Faktoren in der Gleichung.

Eure Anwesenheit kommt unerwartet. Bleibt ruhig, und Euch wird kein Leid zugefügt, während die Ereignisse ihrem unvermeidlichen Ziel zustreben.«

»Glaubt… ihm nicht«, sagte Hazel, die noch auf den Knien lag, und aller Augen wandten sich wieder ihr zu. Ihr Gesicht war bleich und abgespannt und tropfte vor Schweiß, und plötzliche Schauder schüttelten sie, Die Linien des Mundes wirkten jedoch fest, und ihr Blick war stetig und schleuderte Mond Trotz entgegen. »Du hast einen Fehler gemacht, Hadenmann!

Blut ist ein alter Hut für mich. Ich habe es früher besiegt, und ich werde es erneut besiegen. Sieh nur!«

Schwarzes Blut schoß ihr plötzlich aus der Nase und lief ihr über Mund und Kinn. Noch mehr davon quoll ihr unter den Augenlidern hervor und tropfte ihr langsam über die Wangen.

Sie öffnete den Mund, und Blut schoß in einem ruckartigen Strom hervor, während sie die Droge mit schierer Willenskraft aus dem Körper entfernte. Schwarze Tropfen perlten auf der Haut, sickerten aus jeder Pore. Die Droge bildete vor ihr eine Pfütze auf dem Boden und durchnäßte ihre Kleidung, bis der Strom schließlich stoppte, so plötzlich, wie er begonnen hatte.

Hazel stand auf, und der letzte Rest Blut tropfte von ihr ab. Sie lächelte Mond an, und jeder andere wäre gleich mehrere Schritte zurückgewichen.

»Du hast es verpfuscht, Hadenmann! Ich bin nicht mehr die Hazel, die du kanntest. Das Labyrinth hat mich auf eine Art und Weise verändert, die du dir nicht mal vorstellen kannst.

Gib jetzt Owen frei, oder ihr seid alle tot. Ihr habt vielleicht eine Armee, aber ich kann eine Armee sein, wenn ich muß.«

»Das haben wir gehört«, sagte Mond. »Das ist einer der Gründe, warum wir Euch haben müssen. Aber wir kämpfen nicht gegen Euch. Owen wird es für uns tun, nicht wahr, Owen?«

Und Owens Hand zog das Schwert aus der Scheide und hielt es ruhig, während sich sein Körper zu Hazel umwandte. Sie wollte schon nach dem eigenen Schwert greifen, riß sich aber zusammen. Sie blickte ihn offen an, den Blick fest in seinen geheftet.

»Tu das nicht, Owen. Kämpfe dagegen an! Du kannst das besiegen, was sie mit dir gemacht haben, wie ich es mit dem Blut geschafft habe. Wir haben das Labyrinth durchschritten. Niemand kann uns mehr herumkommandieren. Owen, halte ein!

Bitte. Zwinge mich nicht, gegen dich zu kämpfen.«

Er steckte jedoch hilflos im Griff der goldenen Fäden, war ein Gefangener im eigenen Kopf. Er kämpfte darum, wenigstens die allerkleinste Bewegung aus eigener Kraft zu schaffen, aber es gelang ihm nicht. Seine hilflosen Protestschreie drangen nicht nach außen. Er trat gewandt vor und stieß mit dem Schwert nach Hazels ungeschützter Brust. Es war ein mörderischer Angriff, mit unmenschlicher Geschwindigkeit vorgetragen, und hätte jedem anderen Gegner das Leben gekostet. Aber Hazel D’Ark war schon eine verdammt gute Kämpferin gewesen, ehe sie das Labyrinth des Wahnsinns durchschritt, und ihre Reflexe waren den seinen in jeder Beziehung gewachsen. Sie fand mühelos genügend Zeit, das Schwert zu ziehen und Owens Angriff abzublocken. Sie umkreisten einander langsam, und die Schwerter zuckten hin und wieder vor, um die Abwehr des Gegenübers auf die Probe zu stellen. Mond gab den anderen Hadenmännern mit einem Wink zu verstehen, daß sie sich heraushalten sollten. Das Experiment mußte seinen Lauf nehmen. Und weiterhin umkreisten Owen und Hazel einander und lauerten auf Lücken in der Abwehr. Die Technik der goldenen Hand hatte umfassenden Zugriff auf Owens kämpferische Fähigkeiten und Kenntnisse und wandte nun all das für einen erbarmungslosen Angriff auf. Beide waren sie unglaublich stark und schnell, Kämpfer, die in der Schule harter Schläge ausgebildet worden waren und ihren letzten Schliff durch die Rebellion erhalten hatten. Niemand sonst hätte in diesem Duell länger als ein paar Augenblicke überlebt. Aber Owen und Hazel kämpften weiter, stampften, machten Ausfälle, nahmen zurück, während Stahl auf Stahl klirrte.

Owen zog weiter an. Hazel folgte seinem Beispiel, und beider Schnelligkeit und Kraft erreichten übermenschliches Niveau. Schläge und Paraden wurden in Sekundenbruchteilen gewechselt, und Arme und Schwerter bewegten sich zu rasch, als daß menschliche Augen ihnen noch hätten folgen können.

Beide Gegner funktionierten nur noch auf der Grundlage von Fertigkeit und Instinkt, waren gezwungen, bis an die Grenze ihrer Schwertkunst zu gehen, um dem anderen standzuhalten.

Die Hadenmänner sahen fasziniert zu, wie ihre beiden Opfer auf einer Ebene fochten, die nicht mal sie hoffen konnten zu erreichen. Letzten Endes kämpfte Owen jedoch, um zu töten, während Hazel das nicht tat. Er nutzte das zu seinem Vorteil, öffnete sich mörderischen Schlägen, von denen die Technik seiner goldenen Hand wußte, daß Hazel sie nicht ausnutzen würde. Und Schritt für Schritt wurde Hazel zurückgetrieben.

Den ersten Schnitt mußte sie oben an der Stirn hinnehmen, so daß ihr Blut ins linke Auge rieselte. Sie schüttelte gereizt den Kopf und sah, wie Tropfen ihres Bluts durch die Luft flogen.

Weitere Schnitte folgten hier und dort, und echtes Blut floß an Stellen, wo vorher die schwarze Droge ihren Lauf genommen hatte. Keine der Verletzungen war auch nur annähernd gefährlich, aber sie waren klare Zeichen, daß Hazel auf der Verliererstraße marschierte. Sie zweifelte nicht daran, daß die Hadenmänner Owen zwingen würden, sie zu töten, falls das nötig werden sollte. Eine nicht beherrschbare Versuchsperson nutzte ihnen nichts. Sie konnten dann immer noch ihre Leiche sezieren, und es blieben ihnen drei lebende Exemplare für Experimente. Hazel konnte nicht defensiv weiterkämpfen und gleichzeitig hoffen, daß sie überlebte. Aber sie konnte auch nicht Owen töten. Nicht Owen. Sie tat das einzige, was ihr übrig blieb, löste sich aus dem Kampf, trat zurück und senkte das Schwert.