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»Ich erinnere mich«, sagte er langsam. »Sie haben mir so viel von meinem Gedächtnis geraubt, als sie mich nachbauten, aber jetzt weiß ich es wieder. Damals hätte ich meine Erinnerungen behalten können, falls ich es wünschte, aber das war zu dem Zeitpunkt nicht der Fall. Ich wünschte mir so sehr, zu den Hadenmännern zu passen, daß ich sogar bereit war, einen Teil von mir aufzugeben. Aber jetzt ist alles von mir zurückgekehrt, und mir ist klar, daß ich nicht einfach irgendein beliebiger aufgerüsteter Mensch sein kann. Weil ich mehr bin als das. Vielleicht sogar mehr, als die übrigen Hadenmänner je sein können. Also stehe ich zu Euch, Owen. Obwohl wir wahrscheinlich gemeinsam umkommen.«

»Willkommen zurück, Mond«, sagte Owen mit breitem Grinsen.

»Gerade rechtzeitig für den großen Kampf«, sagte Hazel.

»Sieht aus, als würde es eine ganz ordentliche Sache werden.

Obwohl die meisten von uns den Ausgang wahrscheinlich nicht erleben werden.«

»Ach, zum Teufel«, sagte Mond. »Ich bin schon einmal gestorben.«

»Wie war es?« fragte Hazel.

»Erholsam«, antwortete Mond.

»Ach, zum Teufel«, meldete sich auch Owen. »Falls wir kämpfen und dabei alle unsere Kräfte und die implantierten Waffen der Hadenmänner zum Einsatz kommen, sterben wir, sterben sie und sterben die meisten der armen Schweine, die hier gefangengehalten werden. Und das mache ich nicht mit.

Niemand wird heute hier umkommen. Das Sterben steht mir bis hier.« Er streckte wieder die Fühler durch die Gedankenverbindung aus, trommelte alle zusammen, die das Labyrinth durchschritten hatten, und konzentrierte ihre Willenskräfte durch Tobias Mond. Gemeinsam drangen sie durch Monds Bewußtsein in das der aufgerüsteten Menschen hinein vor, wie Bojen aus Licht, die auf einen dunklen Ozean hinaustrieben.

Die Hadenmänner versuchten, sie hinauszuwerfen, unterstützt von den großen Lektronen, die sie alle miteinander verbanden, aber Mond gehörte noch zu ihnen und bildete damit eine Bresche in ihr Gemeinschaftsbewußtsein, und er duldete nicht, daß sie ihn ausschlossen. Das Gemeinschaftsbewußtsein der Hadenmänner – es war eine riesige Landschaft, das Produkt hunderttausender Einzelpersönlichkeiten, und zunächst gingen die Labyrinthdenker darin fast unter. Aber das Denken der Hadenmänner war begrenzt durch die Logik der Lektronen, denen sie gestatteten, den Zusammenschluß bereitzustellen. Owen und seine Gefährten ihrerseits wurden angetrieben von dem Zorn über das Grauen, das in den Laboratorien geschah, und verstärkt durch die Macht des Labyrinths kombinierten sie ihr Empfinden zu einem einzelnen Hammerschlag der Entrüstung, der krachend ins Gemeinschaftsbewußtsein der Hadenmänner fuhr und es wie einen Spiegel zertrümmerte. Hunderttausende einzelner Splitter fielen auseinander, zerbrochen auf dem Amboß eines stärkeren Glaubens, als sie ihn hatten. Die Dunkelheit wich, und es war nur noch Licht. Owen und seine Gefährtinnen betrachteten, was sie getan hatten, sahen, daß es gut war, zogen sich aus ihrer Verbindung zurück und sanken jeder ins eigene Bewußtsein zurück.

Owen blinzelte mehrfach, sammelte seine Gedanken und sah sich im Labor um. Die Hadenmänner standen immer noch an denselben Positionen wie zuvor, aber das Leuchten ihrer Augen war erloschen. Keiner von ihnen bewegte sich. Hazel streckte vorsichtig die Hand aus und versetzte dem nächststehenden einen leichten Stoß. Er schwankte auf den Beinen hin und her und wäre beinahe gestürzt, traf aber keinerlei Anstalten, sich zu halten. Owen verspürte ein fast hysterisches Bedürfnis, ihn hinfallen und alle anderen wie Dominosteine umreißen zu sehen.

»Sie sind nicht tot«, sagte Mond leise, »sondern abgeschaltet.

Sie alle. Ihre Gehirne haben sich lieber selbst abgeschaltet, als das zu betrachten, was wir ihnen zeigen wollten.«

»Jetzt mal langsam!« verlangte Hazel. »Wir haben sie alle ausgeschaltet? Im ganzen Gebäude?«

»Überall in der Stadt, überall auf Brahmin II«, sagte Mond.

»Ich stehe nach wie vor mit den Hauptrechnern in Verbindung.

Die Systeme laufen weiter, aber niemand ist mehr da, der sie bedient. Die Hadenmänner auf anderen Planeten sind nicht beeinflußt, aber die Herrschaft der Hadenmänner hier ist vorbei.«

»Ich habe sie ins Imperium zurückgeholt«, sagte Owen. »Ich schätze, da ist nur passend, daß ich sie auch wieder abgeschaltet habe. Wer weiß, vielleicht können wir sie eines Tages… umprogrammieren und ihre menschliche Natur wiedererwecken, wie wir es bei Euch getan haben, Mond.«

»Ja«, sagte Mond. »Vielleicht eines Tages.«

»Bis dahin nehmen wir lieber Kontakt mit dem Imperium auf und fordern einen Hilfseinsatz an«, schlug Owen vor. »Eine Menge Leute hier brauchen eine Menge Hilfe, sobald wir sie erst mal aus den Maschinen der Hadenmänner befreit haben.

Vielleicht werden wir nie alles heilen können, was ihnen angetan wurde, aber wir müssen es zumindest versuchen. Wir müssen so viele retten, wie nur geht.«

»Du bist nicht dafür verantwortlich«, sagte Hazel sanft. »Für nichts von alldem. Laß es gut sein.«

»Vielleicht«, sagte Owen. Er sah Mond an. »Ihr habt Euer Volk wiederum verloren. Es tut mir leid.«

»Sie waren im Grunde nie mein Volk«, sagte Mond. »Ich habe mir nur gewünscht, sie wären es.«

»Komm mit uns«, schlug Hazel vor. »Sei wieder einer von uns. Wir sind jetzt deine Familie.«

Mond sah Bonnie und Mitternacht an. »Das dürfte… interessant werden. Seid Ihr beide wirklich andere Versionen von Hazel?«

»Wir denken lieber, daß sie eine andere Version von uns ist«, antwortete Mitternacht. »Und wir haben uns entschieden, noch eine Zeitlang zu bleiben und zu sehen, wie sich die Dinge in diesem Universum entwickeln.«

»Richtig«, bekräftigte Bonnie. »Ich könnte eine Pause brauchen, was die Regierungstätigkeit auf Nebelwelt angeht, und ich habe ein bißchen heiße Aktion hin und wieder richtig vermißt.«

»Und es bedeutet auch, daß wir mehr Zeit mit Owen verbringen können«, erklärte Mitternacht fröhlich.

»Oh, toll«, sagte Owen und hatte einen finsteren Blick für Hazel übrig, die ihr Lachen zu unterdrücken versuchte.

KAPITEL FÜNF

ALTER HASS UND NEUE RACHE

Jakob Ohnesorg schritt in Ruby Reises Luxuswohnung auf und ab und wartete ungeduldig darauf, daß sich die Wohnungsinhaberin blicken ließ. Es wurde allmählich wieder spät, was jedoch nicht ungewöhnlich war, wann immer es um Ruby ging.

Niemand konnte sie hetzen, es sei denn im Rahmen eines Kampfes unter Waffen. Unter Aufbietung äußerster Selbstbeherrschung verkniff es sich Jakob, erneut auf die Wanduhr zu blicken, und sah sich finster in der Wohnung um, als könnte er Ruby durch schiere Willenskraft zu erscheinen zwingen. Es funktionierte nicht.

Die Wohnung bot einiges zu besichtigen. Sie wies alle Luxusattribute auf, die man sich durch Geld und Einschüchterung verschaffen konnte, einschließlich einiger, die technisch gesehen illegal waren – obwohl Jakob daran zweifelte, daß irgend jemand es gewagt hatte, Ruby darauf hinzuweisen. Dicke Läufer bedeckten den Boden, billige Gemälde von zweifelhaftem Geschmack hingen an drei Wänden, und ein riesiger Holobildschirm bedeckte die vierte Wand komplett. Ein gläserner Kronleuchter, der in seiner täppischen Protzigkeit ganz erstaunlich scheußlich aussah, hing viel zu tief von der Decke eines Zimmers herunter, das viel zu klein für ihn war. Ruby hatte einen in jedem Zimmer. Sie mochte Kronleuchter.

Wackelige Antiquitäten standen in ostentativer Beziehungslosigkeit neben dem letzten Schrei an Freizeitmöbeln. Die Antiquitäten sahen ganz danach aus, als würden sie gleich zusammenbrechen, falls Jakob auch nur daran zu denken wagte, er würde sich gleich auf sie setzen, und die Komfortsessel drohten alle damit, ihm eine Massage zu verabreichen, ob er sie nun wünschte oder nicht. Jakob wich ihnen weiträumig aus. Er war ganz entschieden der Meinung, daß Möbel sich ihrer geringen Stellung bewußt sein und keine überzogene Vertraulichkeit zeigen sollten.