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»Ich kann dir nicht helfen, Topas«, sagte sie. »Es tut mir leid.

Ich werde nie wieder töten. Auf gar keinen Fall.«

»Das geht schon in Ordnung«, antwortete Topas und rückte gegen Razor vor. »Halte dich einfach im Hintergrund, damit du nichts von seinem Blut abkriegst.«

Und dann schossen Topas und Razor gleichzeitig vor und prallten zusammen. Funken stoben im Nebel, und Rauch wirbelte auf, als ihre Schwerter aufeinanderprallten. Sie finteten und schwangen ihre Waffen mit beinahe übermenschlicher Kraft und Schnelligkeit, zwei Investigatoren auf dem Höhepunkt ihrer Fähigkeiten und ihres Geschicks. Sie umkreisten einander und bedachten sich mit Schlägen, die die Verteidigung jedes anderen Kämpfers einfach beiseite gefegt hätten, während sie nach den Schwachstellen des Gegners suchten. Sie waren stark und schnell und wunderbar, und keiner von beiden wollte auch nur einen Zoll weichen.

Doch am Ende war Razor der ältere von beiden, und er wurde nicht von rohem Haß und dem verzweifelten Wunsch nach Rache angetrieben, wie sie durch Topas’ Adern strömten.

Langsam und erbarmungslos, Fuß um Fuß, Schritt um Schritt trieb sie ihn zurück, zwang ihn immer weiter in die Defensive, und Razor erkannte mit einemmal, daß er dem Tod gefährlich nahe war. Sein Stolz ließ ihn länger kämpfen, als eigentlich gut gewesen wäre; doch der Schmerz und das Blut der ersten kleineren Wunden, die ihm Topas’ Klinge zugefügt hatte, brachte ihn wieder zu Verstand. Er nutzte seine letzte Energie zu einem Ausfall und bedachte Topas mit einem Hagel von Schlägen, bis sie mit dem Rücken zur Typhus-Marie stand; dann erhob er die Stimme zu einem donnernden Befehl.

»Marie! Kode Delta drei! Töte Topas!«

Marie begann zu taumeln, als die einprogrammierten Kontrollworte in ihr Unterbewußtsein drangen. Die Espervereinigung hatte sich die größte Mühe gegeben , alle Spuren der Imperialen Konditionierung zu entfernen; doch einige Dinge waren so tief in ihrem Unterbewußtsein vergraben, daß nur ein andere Hirntech sie hätte finden können. Marie schrie auf, als die Programmierung die Oberhand über ihren Willen gewann und ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse rücksichtslos beiseite fegte. Die alte konditionierte Typhus-Marie erwachte wieder. Ihr Gesicht erschlaffte, und plötzlich sah jemand anderes aus ihren Augen. Und noch während Topas staunend erkannte, was da vor sich ging, trat die Typhus-Marie einen Schritt vor und schlug ihr mit geübter Hand ins Genick. Topas ging in die Knie. Sie drohte , das Bewußtsein zu verlieren, und das Schwert fiel ihr aus den unvermittelt kraftlos gewordenen Fingern. Marie beugte sich vor und schlug erneut zu, und Topas lag rettungslos im aufgewühlten Schnee.

Razor stand für einen Augenblick einfach nur da , während er nach Luft rang und darauf wartete, daß sein Puls sich wieder beruhigte.

Dann steckte er das Schwert weg und untersuchte Topas. Er fühlte ihren Puls und runzelte die Stirn. Dann sah er zu Marie hoch.

»Investigator Topas lebt noch. Ich hatte dir befohlen, sie zu töten!«

»Ich kann nicht«, antwortete Marie. »Ich kann niemanden mehr töten.«

»Du wirst mir gehorchen!« befahl Razor. Er erhob sich, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und funkelte sie von oben herab an. »Töte Investigator Topas!«

Marie zitterte am ganzen Leib, doch sie machte keinerlei Anstalten, etwas gegen Topas zu unternehmen. Zwei Gegensätze bekämpften sich in ihrem Kopf, und keine der beiden Seiten wollte nachgeben. Schließlich seufzte Razor, nahm die Typhus-Marie bei der Hand und schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, Marie. Sie werden dich erneut brechen, und dann wirst du wieder jeden töten, den wir dir zu töten befehlen. Und du wirst dabei sogar lächeln. Was Topas angeht – sagen wir einfach, die Hexe ist im Kampf gegen mich gefallen

Er legte die Hand ans Schwert… und in diesem Augenblick traf ihn die Stahlkugel aus Katzes Schleuder mitten zwischen die Augen. Razors Kopf flog nach hinten, seine Augen drehten sich nach innen, und er stürzte zuckend in den Schnee. Katze fiel lautlos aus der Dunkelheit über den Dächern und eilte zu Topas. Er rüttelte sie heftig an der Schulter, doch sie reagierte nicht. Katze machte ein unglückliches Gesicht. Es war offensichtlich, daß sie mehr Hilfe benötigte, als er ihr geben konnte.

Irgend jemand zupfte ihn am Ärmel, und Katze wirbelte herum. Der nackte Mann kauerte neben ihm.

»Bitte«, flüsterte der lebende ESP-Blocker. »Bitte töte mich.

Laß mich nicht so weiterleben.«

Katze zog das Messer und schob es dem Mann ins Herz. Der nackte Mann zuckte zusammen und bemühte sich, Katze anzulächeln. Blut sprudelte aus seinem Mund. Katze zog das Messer wieder heraus, reinigte es an seinem Hosenbein und steckte es weg. Das Töten fiel ihm von Tag zu Tag leichter. Er wußte nicht, ob ihm gefiel, was dieser… Krieg aus ihm machte. Er beschloß, später darüber nachzudenken, und konzentrierte sich auf das, was vor ihm lag. Razor regte sich bereits wieder , und Katze überlegte, ob er ihn ebenfalls töten sollte. Er entschied sich dagegen; er wollte Razor nicht zu nahe kommen. Der Mann war schließlich ein Investigator. Er blickte von Topas zu Marie und wieder zurück. Er konnte nicht beide retten. Und Topas war zwar genaugenommen nicht sein Freund, aber er vertraute ihr doch ein verdammt gutes Stück mehr als der Typhus-Marie. Sie hatte schon einmal versucht, ihn umzubringen, damals, als sie zur Nebelwelt gekommen war, und nun, da ihre Konditionierung wieder erwacht war, konnte niemand sagen, was sie als nächstes tun würde. Also wandte er ihr fast ohne jedes Bedauern den Rücken zu, wuchtete sich Topas über die Schulter und verschwand rasch in den alles verbergenden Schatten.

Razor kam langsam wieder zu sich. Er setzte sich auf und zuckte unwillkürlich zusammen, als er den bösartigen Schmerz zwischen den Augen bemerkte. Er legte eine Hand auf die schmerzende Stirn und zwang sich auf die Beine. Offenbar wurde er alt. Seine Instinkte hätten ihn warnen müssen, daß noch ein dritter Mann im Spiel war. Fast wäre er über den toten ESP-Blocker gestolpert. Razor fluchte kurz. Der Hohe Lord Dram würde bestimmt nicht erfreut sein, daß er den Prototypen gleich beim ersten Einsatz verloren hatte. Außerdem war Topas verschwunden. Razor zuckte die Schultern. Er hatte immer noch die Typhus-Marie. Razor vernahm das Geräusch sich nähernder Schritte und blickte die Straße hinab. Er sah einen Trupp Marineinfanteristen, die sich durch den Nebel näherten.

Sie würden ausreichen, um ihn zur Herausforderung zurück zu eskortieren. Und dann würden die Hirntechs des Schiffes sich mit dem Verstand der Typhus-Marie auseinandersetzen und alles aus ihr heraussaugen, was sie wissen mußten. Marie hatte ganz eng mit der Ratsversammlung zusammengearbeitet, und sie wußte ohne Zweifel eine Menge nützlicher Dinge: einschließlich jenes Ortes, an dem sich der verstreute Rat wieder versammeln würde. Razor nahm die Typhus Marie beim Arm und führte sie mit sich davon. Sie begleitete ihn ohne Widerstand, und wenn sich hinter ihren starren Augen so etwas wie Angst regte, dann sah es zumindest niemand.

Owen Todtsteltzer, Hazel d’Ark und Jung Jakob Ohnesorg kämpften unvermindert weiter gegen eine unglaubliche und unaufhaltsame Übermacht, und Owen für seinen Teil wurde der ganzen Sache allmählich müde. Er wurde es müde zu kämpfen, ohne daß ein Ende in Sicht war; er wurde des Anblicks von Feinden müde, die fielen, nur um durch neue ersetzt zu werden; er wurde des niemals enden wollenden Schmerzes in Rücken und Armen müde, und er wurde des Gestanks von frisch vergossenem Blut und freiliegenden Eingeweiden müde, während irgendein weiteres armes Schwein durch seine Waffe fiel. Owen hatte an unzähligen Orten in ebenso unzähligen Schlachten gekämpft, und er hatte Verwundungen überlebt, die jeden geringeren Mann getötet hätten. Er war schon so oft der drohenden Niederlage entgangen, und nun fing wieder alles von vorne an.