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Kathryn ging schnell hinaus, lief die Treppe hinunter und schlüpfte durch den Vorraum ins Freie, bevor jemand sie sehen konnte. Sie erkannte, daß sie mit diesem Besuch ihre Zeit vergeudet hatte. Alles, was sie über den Kontaktkult gehört hatte, war Wahrheit: Es war nichts als eine Masche zum Geldverdienen, ein Versuch, einfältige und leichtgläubige Gemüter auszubeuten. Frederic Storm war ein Großbetrüger, und seine Anhänger waren entweder verdreht oder fanatisch und borniert, wie die meisten intelligenten Menschen schon immer gesagt hatten. Kathryn fand es auf eine bittere Weise amüsant, daß Vorneen im Garten einer Skeptikerin gelandet war. Was wäre geschehen, wenn er einem wahren Gläubigen vor die Haustür gefallen wäre?

Sie lachte darüber. Sicherlich wäre Storm über Nacht erledigt, wenn einer seiner Anhänger mit einem authentischen Galaktiker im Schlepptau zur Abendfeier erschiene! Es wäre, wie wenn jemand Jesus zum Hochamt mitbrächte; eine unangenehme Lage für die kirchlichen Autoritäten.

Zu dumm, daß die Fahrt nutzlos gewesen war. In ihrer hoffnungslosen Naivität hatte sie beim Kontaktkult vernünftige Beratung zu finden erwartet. Statt dessen hatte man sie um ein paar Dollar erleichtert und einen verkaufsfördernden Hokuspokus aufgezogen, wie er dem Gehirn eines Strategen für Zigaretten- oder Waschmittelwerbung hätte entspringen können. Soviel für die Vereinigung für die Bruderschaft der Welten, dachte sie, als sie ihren Wagen in den dichter gewordenen Nachmittagsverkehr einfädelte. Der Kontaktkult hatte nichts zu bieten. Sie war auf sich selbst angewiesen.

Nachdem sie Jill bei der Nachbarin abgeholt hatte, ging Kathryn in ihr Haus und begann sich über das Abendessen Gedanken zu machen. Sie ging ins Schlafzimmer. Vorneen war wach.

»Wie war es in der Stadt?« fragte er höflich.

»Ich habe nichts erreicht.«

»Was haben Sie da in der Hand?«

Sie merkte, daß sie die Broschüren und Prospekte hielt, die sie beim Kontaktkult gekauft hatte. Ihre Wangen erglühten. »Nichts Besonderes. Werbematerial.«

»Ich könnte etwas zu lesen gebrauchen.«

Kathryn suchte nach einem Ausweg, fand keinen und sagte: »Na schön. Meinetwegen.« Sie warf den Umschlag auf das Bett. Vorneen breitete die Druckschriften vor sich aus.

»Was ist alles das?« fragte er.

»Literatur über Fliegende Untertassen. Ich habe sie in Albuquerque vom Kontaktkult bekommen. Wissen Sie, was ein Kontaktkult ist?«

»Die neue Religion, nicht? Sie gründet sich auf angenommene Zusammenkünfte von Menschen und Wesen aus dem Raum.«

»Richtig«, sagte Kathryn.

»Warum interessieren Sie sich für solche Sachen?« fragte er listig.

Sie schaute ihm in die Augen. »Ich interessiere mich für vieles, aber mit diesen Leuten habe ich meine Zeit verschwendet. Sie versuchen einem das unsinnigste Zeug aufzubinden. Ihre ganze Religion haben sie selbst erfunden. Sie würden ein echtes galaktisches Wesen nicht erkennen, wenn es zu ihnen käme und Guten Tag sagte.«

»Sind Sie dessen sicher?«

»Ja«, sagte sie fest.

11.

In den dunkleren Momenten der vergangenen Jahre hatte Tom Falkner sich gern eingeredet, daß er in der Hölle lebe. Aber nun, in den wenigen Tagen, seit er Glair in sein Haus aufgenommen hatte, war er zu der Erkenntnis gelangt, daß das eine Übertreibung gewesen war. In Wirklichkeit war er nicht in der Hölle gewesen, hatte nur ihre Außenbezirke kennengelernt. Erst jetzt war er im eigentlichen Zentrum angelangt.

Er wußte nicht, wie lange er es noch ertragen konnte, ohne endgültig durchzudrehen. Er hatte in der Vergangenheit vieles hinnehmen müssen, von seiner verpfuschten Astronautenkarriere über die Versetzung zum AFAO bis zum Scheitern seiner Ehe, und er hatte den Verstand nicht verloren. Die Last hatte ihn gebeugt, aber nicht gebrochen. Doch dies hier war zu viel. Es traf ihn gerade da, wo die unauflösbaren Konflikte im Kern seines Wesens lagen, und er war im Begriff, einen irreparablen Knacks davonzutragen.

Glair sagte: »Nun mach schon und trink noch einen.«

»Woher weißt du, daß ich einen trinken will?«

»Das ist nicht schwer zu sehen. Armer Tom! Du tust mir so leid!«

»Ich tue mir selbst leid.«

»Ich weiß«, sagte sie und lächelte.

»Du kleiner Teufel! Es ist nicht fair, sich über anderer Leute Schwächen lustig zu machen. Kann ich etwa dafür, daß ich ein geborener Selbstbemitleider bin?«

»Du könntest dir ein wenig Mühe geben. Aber deswegen kannst du ruhig noch einen trinken.«

»Willst du einen?«

»Du weißt, ich sollte keinen Alkohol anrühren«, sagte Glair. Sie saß aufrecht im Bett, die Decken um ihre Taille gezogen. Die obere Hälfte ihres Körpers steckte in einer seiner Pyjamajacken. Er hatte darauf bestanden; außer dem gummiartigen Unterzeug und dem Raumanzug besaß sie keine eigenen Kleider, und in seinem augenblicklichen Gemütszustand fand er ihre lässige Einstellung zur Nacktheit beunruhigend. Ihre Brüste waren außerordentlich gut entwickelt — fast unglaubwürdig, um die Wahrheit zu sagen —, und ihr Anblick erfüllte ihn mit so wütendem Verlangen, daß er Glair das Pyjamaoberteil aufgenötigt hatte. Die Versuchung, zu ihr ins Bett zu steigen, war schon so stark genug.

Er holte eine Spraydose mit japanischem Scotch, schraubte eine Injektionsnadel darauf und stach sie sich in die Armvene. Gleich in die Venen; das war die beste Methode. Kein Ärger mit dem widerlichen Nachgeschmack, einfach den Alkohol in den Blutstrom, wo er hingehörte, damit er ins Gehirn konnte. Glair sah ihm zu. Schon nach wenigen Sekunden bildete er sich ein, daß er die Entspannung fühle.

»Mußt du dich nicht bald wieder im Büro blicken lassen?« fragte sie ihn.

»Ich habe Krankheitsurlaub. Vor Montag wird mich niemand behelligen. Das gibt mir noch ein paar Tage, damit ich mir über die Dinge klarwerden kann.«

»Hast du immer noch vor, mich den Behörden auszuliefern?«

»Ich sollte es tun. Aber ich kann nicht. Ich werde es nicht tun.«

»Meine Beine werden jetzt schnell besser«, sagte sie. »In zwei Wochen werden sie vielleicht geheilt sein. Dann bist du die Sorgen um mich los. Ich werde fortgehen, und meine Leute werden mich abholen, und du kannst wieder an deine Arbeit gehen.«

»Wie sollten sie dich finden, wenn der Sender in deinem Anzug zerbrochen ist?«

»Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen, Tom. Sie werden mich finden, oder ich sie, und dann werde ich die Erde sehr schnell verlassen.«

»Wohin? Zurück nach Dirna?«

»Wahrscheinlich nicht. Zu unserem Stützpunkt. Für eine medizinische Behandlung und einen Urlaub.«

Er runzelte die Brauen. »Wo ist das?«

»Das möchte ich dir nicht sagen. Ich habe dir schon zuviel erzählt.«

»Sicher«, sagte er mürrisch. »Wenn ich alle galaktischen Geheimnisse aus dir herausgepreßt habe, werde ich einen langen Bericht für die Luftwaffe verfassen. Glaubst du, ich behalte dich zum Spaß hier? Ich tue nur so, als ob ich dich hier versteckte. In Wirklichkeit weiß das AFAO genau darüber Bescheid, und dies ist bloß unsere subtile Methode, um…«

»Tom, warum haßt du dich selbst so sehr?«

»Ich, mich hassen?«

»Es zeigt sich in allem, was du sagst, sogar in deinen Bewegungen. Du bist so voller Bitterkeit und Spannungen. Dein Sarkasmus. Dein Gesichtsausdruck. Was ist los?«