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Nicholas Loder fragte verwirrt:»Was war es denn?«

«Ein Stück von dem Zerstäuber«, erklärte Rollway.

«Aber diese Frau, diese Mrs. Ostermeyer, die hat es dir doch wiedergegeben.«

«Nur den Gummiball. Ich hatte nicht mitbekommen, daß das Rohr auch runtergefallen war. Das merkte ich erst nach dem Rennen. Nach der Überprüfung des Ergebnisses.«

«Aber was ist denn daran so wichtig?«

Rollway hielt die Waffe unerschütterlich auf die Stelle gerichtet, wo sie mir tödlichen Schaden zufügen mußte, und beantwortete die Frage, ohne seine Augen von meinem Gesicht abzuwenden.

«Du hast mir doch selbst gesagt, Nick«, erklärte er dem Freund,»daß du dir wegen Franklin Sorgen machst, weil der zu achtsam wäre und zu schlau.«

«Aber das war wegen >Dozen Roses<, weil ich den habe kastrieren lassen.«

«Als ich spitzgekriegt hatte, daß der Zerstäuber in seinem Besitz war, habe ich ein paar andere Leute nach Derek Franklin gefragt, nach der Person, nicht nach dem Jok-key, und alle haben mir dasselbe gesagt. Köpfchen. Intelligent. Helle. «Er machte eine Pause.»Ich mag das nicht.«

Mir ging durch den Sinn, daß sich jenseits der Tür und jenseits des Hausflurs die Straße befand, wo alles normal war, Mittwoch und Regen und Feierabendverkehr, alles wie immer. Aber der Saturn war genauso leicht erreichbar.

«Ich halte nichts davon, abzuwarten, bis es Ärger gibt«, sagte Rollway.»Und Tote können keine Beschuldigungen erheben.«

Er sah mich scharf an.»Wo ist die Röhre?«

Ich antwortete aus den verschiedensten Gründen nicht. Wenn er Morde so auf die leichte Schulter nahm, dann konnte ich durch die Mitteilung, daß ich die Röhre an Phil Urquhart geschickt hatte, sehr wohl auch diesen zum Tode verurteilen. Und abgesehen davon würden, wenn ich meinen Mund aus was für einem Grund auch immer öffnete, sowieso keine Worten vergleichbare Laute herauskommen, sondern irgend etwas zwischen Schreien und Stöhnen, ein Geräusch, das ich in meinem Kopf laut hören konnte, das aber keine Bedeutung hatte, jedenfalls nicht genug, um mich von der Übelkeit erregenden Aussicht auf die nächsten paar Minuten zu befreien.

«Aber er hätte doch nie geargwöhnt…«, sagte Loder matt.

«Natürlich hat er das. Jeder hätte das getan. Warum, glaubst du wohl, hat er diesen Leibwächter an seinen Fersen kleben? Warum, glaubst du wohl, ist er nie nach Hause gegangen, sondern mal hierhin und mal dahin? Um mir zu entwischen. Und er hat in Lambourn eine Urinprobe von dem Pferd nehmen lassen, für Untersuchungen, und da gibt es auch die offizielle, in York genommene Probe. Ich sag dir, ich warte nicht ab, bis der Stunk macht. Ich geh nicht in den Knast, das verspreche ich dir.«

«Aber das brauchtest du doch gar nicht.«

«Sei doch kein Kindskopp, Nick«, sagte Rollway ironisch,»ich importiere das Zeug ja schließlich. Ich trage das Risiko. Und ich befreie mich immer von Schwierigkeiten, sobald sie auftauchen. Wenn du zu lange wartest, können sie dich kaputtmachen.«

Nicholas Loder hielt ihm jammernd vor:»Ich hab dir doch gesagt, daß es nichts bringt, wenn man’s Pferden gibt. Es macht sie nicht schneller.«

«Unsinn. Das kann man gar nicht wissen, weil’s nicht sehr oft gemacht wird. Das kann sich gar keiner leisten, nur Leute wie ich. Ich werde im Augenblick von dem Zeug geradezu überschwemmt, es kommt haufenweise vom Medellin-Kartell über Madrid… Wo ist die Röhre?«beendete er den Satz und wippte auf und ab.

Wenn mein Schweigen mich ein wenig länger am Leben erhalten konnte, dann würde ich nicht versuchen, ihm weiszumachen, daß ich es weggeworfen hätte.

«Du kannst ihn doch nicht einfach abknallen«, sagte Nicholas Loder verzweifelt.»Nicht, wo ich dabei zuschaue.«

«Du bist keine Gefahr für mich, Nick«, sagte Rollway ausdruckslos.»An wen solltest du dich denn von wegen deiner kleinen Sucht wenden? Nur ein Piepser von dir, und du wärst ruiniert. Ich würde schon dafür sorgen, daß man was bei dir findet. Würde aussagen, daß du dem Dopen von Pferden Vorschub geleistet hast. Dafür würden sie dir deine Lizenz entziehen. Nicholas Loder, der Trainer von Classic-Siegern, in der Gosse. «Er schwieg eine Weile.

«Du wirst den Mund halten, das wissen wir beide.«

Es machte die Drohung nicht kleiner, daß sie mit gemessener, unaufgeregter, monotoner Stimme vorgetragen wurde. Sie ließ mir die Haare zu Berge stehen. Der Himmel mochte wissen, welche Wirkung sie auf Loder hatte.

Er würde wohl nicht mehr lange darauf warten, dachte ich, daß ich ihm sagte, wo die Röhre geblieben war. Vielleicht würde ja diese Röhre am Ende wenigstens seinen Untergang bewirken, denn Phil wußte, wem sie gehörte und daß die Ostermeyers Zeugen gewesen waren, als er sie verloren hatte, und wenn ich erschossen aufgefunden würde, dann würde er damit möglicherweise eine lange Zündschnur in Brand stecken… aber das alles war im Augenblick nur wenig tröstlich.

Mit der Kraft der Verzweiflung rollte ich meinen Körper herum und trat mit dem rechten Fuß hart gegen Rollways Bein. Er knurrte und nahm sein Gewicht von meinem Knöchel, und ich schob mich von ihm weg, rutschte rückwärts und versuchte, den Stuhl zu erreichen, auf dem ich vorhin gesessen hatte, um diesen als Waffe gegen ihn einzusetzen oder wenigstens nicht nur auf dem Rücken dazuliegen und darauf zu warten, daß er mich ab schlachtete, und ich sah, wie er sein ins Wanken gebrachtes Gleichgewicht wiederfand und seinen Arm auszustrecken begann, zielend am Lauf entlang blickte, um nicht vorbeizuschießen.

Diese so unmißverständliche Haltung würde wohl das letzte sein, was ich sähe. Und das letzte Gefühl, das ich verspüren würde, war wohl dieser brennende Zorn angesichts der Sinnlosigkeit meines Todes.

Nicholas Loder, der ebenfalls erkannt hatte, daß der Augenblick der endgültigen Entscheidung gekommen war, sprang entsetzt vom Sessel hoch und rief drängend:»Nein, Rollo, nein! Tu’s nicht!«

Da hätte auch eine Mücke surren können — Rollway schenkte ihm keinerlei Beachtung.

Nicholas Loder machte ein paar Schritte vorwärts und schnappte nach Rollways zielendem Arm.

Ich nutzte die Gelegenheit zu dem Versuch, etwas in die Hände zu bekommen. irgend etwas. und fühlte die andere Krücke unter meinen Fingern.

«Das lasse ich nicht zu«, beharrte Nicholas Loder, gänzlich außer sich.»Das darfst du nicht tun!«

Rollo schüttelte ihn ab und richtete die Pistole wieder auf mich.

«Nein!«Loder war völlig aufgebracht. Schockiert. Fast wahnsinnig.»Das ist nicht recht! Ich laß das nicht zu!«Er versuchte, Rollway mit dem Körper beiseite zu stoßen.

Rollo stieß ihn weg, ganz Muskelpaket und durch nichts zu beirren. Dann zielte er ganz plötzlich auf Nicholas Lo-ders Brust und drückte ohne zu zögern ab. Zweimal.

Ich hörte das schnelle futtt… futtt. Sah Nicholas Loder fallen, sah das Unverständnis in seinen Augen, das absolute Erstaunen.

Es hieß, jetzt keine Zeit an die Angst zu verschwenden, obwohl ich sie verspürte. Ich schnappte die Krücke, die neben mir lag, schlug mit dem schweren Ende nach Rollways rechter Hand und traf immerhin so gut, daß er die Pistole fallen ließ.

Sie fiel außerhalb meiner Reichweite zu Boden.

Ich reckte mich, rollte, krabbelte, aber er stand ja aufrecht und war viel schneller, und er bückte sich und hob sie mit einem angespannten Blick auf, der so zornerfüllt war wie der meine.

Wieder hob er den Arm, zielte in meine Richtung, und wieder schlug ich mit der Krücke danach — und wieder traf ich! Diesmal ließ er aber die Waffe nicht fallen, sondern nahm sie in die linke Hand und schüttelte die Finger der rechten aus, als schmerzten sie ihn, was sie, wie ich bei Gott hoffte, auch taten.

Ich trat gegen seine Beine. Wieder ein Treffer. Er machte ein, zwei Schritte rückwärts und zielte erneut, die Pistole noch immer in der linken Hand. Ich schlug nach ihm. Der Lauf der Pistole wackelte. Er drückte ab, die Waffe spuckte eine Flamme aus — und die Kugel verfehlte mich.