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»Es gab eine… eine Explosion«, sagte Miral leise, wobei er noch einen Schritt zurücktrat, als die Tür aufging. »Arelas wurde schwer verletzt. Ich tat, was ich konnte. Er riet mir, hierher zu gehen, weil sein Bruder schon einen Platz am Hof für mich finden würde. Du siehst, selbst Arelas, der doch ein guter Freund war, wußte, daß meine Zauberkünste nicht ausreichen würden, um aus eigener Kraft eine Stellung zu finden.«

In diesem Moment stürmte Tyresian durch die Tür und brüllte: »Tanthalas Halbelf! Ich warte…« Er sah die beiden und hielt inne, um dann den Magier offenbar als unter seiner Würde einzustufen. »Du kommst zu spät!« fauchte er den Halbelfen an.

Tanis beachtete den zornigen Elfenlord zunächst nicht weiter. »Und so seid Ihr hierhergekommen«, sagte der Halbelf zu Miral.

Der nickte. »Und bin seitdem nicht mehr fortgegangen. Ich bin glücklich hier – vermutlich glücklicher, als ich in Silvanesti gewesen wäre. Trotzdem vermisse ich Arelas. Ich träume immer noch von ihm.«

Während Tyresian hinter ihm still vor sich hin schäumte, sah Tanis mitleidig zu, wie der Magier wieder die Stufen hinaufstieg.

»Nimm den Kopf hoch«, schimpfte Tyresian. »Halt diesen Arm gerade. Und die Füße stellst du so. Laß das Ziel nicht aus den Augen. Bei den Göttern, willst du jemanden umbringen?«

Drüben an der Seite lachte Lady Selena. Sie war eine eindrucksvolle Elfendame mit Veilchenaugen und dunkelblonden Haaren, aber ihr Gesicht strahlte eine beunruhigende Härte aus. Das große Vermögen jedoch, das sie beim Tod ihrer Eltern erben würde, wertete ihre Attraktivität in den Augen vieler Elfenlords wieder auf.

Tanis schoß schon seit zwei Stunden Pfeil um Pfeil in mehrere Heuballen, die auf Tyresians Anordnung hin vor einer kahlen Wand des riesigen Hofes zu einem Block aufgetürmt waren. »Auf diese Weise können wir einigermaßen sicher sein, daß du nicht einen vorbeigehenden Höfling triffst«, hatte Tyresian erklärt, wodurch er Litanas, Ulthen und Selena noch mehr zum Lachen gebracht hatte. Porthios saß auf einer Bank und beobachtete seinen Vetter, den Halbelfen, so intensiv, daß Tanis schon allein deshalb neun von zehn Malen daneben traf.

»Könnt Ihr Eure Freude nicht bitten zu gehen?« hatte Tanis Tyresian gebeten, der die Augen zusammengekniffen hatte.

»Glaubst du, sie werden eines Tages das Schlachtfeld für dich räumen, Halbelf, damit du sicher bist, daß keine kritischen Blicke auf dir ruhen?« hatte der Elfenlord laut erwidert. Litanas hatte die Nase gerümpft, und Tanis war rot geworden. Mit Ausnahme von Porthios schien die Gruppe Tanis’ Vorstellung äußerst unterhaltsam zu finden.

Tanis tat der Arm weh, und seine Finger wurden langsam taub. Seine überanstrengten Hände ließen einen Pfeil fallen, und er lief rot an, als die Zuschauer hinter ihm sich darüber lustig machten, wie er sich bemühte, den Pfeil vom Moos aufzuheben. Seine Finger weigerten sich einfach, zu tun, was er wollte. Denn eigentlich wollten sich seine Finger um Tyresians Hals legen und zudrücken. Tanis fiel es schwer, seine Wut zu unterdrücken. Lady Selena hatte zudem ein besonders aufreizendes Lachen – ein Kichern, das die ganze Tonleiter hochlief und wieder zum Anfangston zurückgurgelte. Das reichte, um ihm die Haare zu Berge stehen zu lassen, aber Litanas und Ulthen schienen es bezaubernd zu finden.

»Es reicht absolut nicht, dich gegen einen Feind in der Ferne verteidigen zu können, wenn dich ein Feind verletzen kann, der vor dir steht«, sagte Tyresian wichtigtuerisch.

Allerdings, dachte Tanis, verzog aber das Gesicht, als der Elfenlord ihm ein schweres Stahlschwert in die Hand drückte. Der Halbelf war gezwungen, es zu einer hastigen Parade gegen den hinterhältig grinsenden Tyresian zu erheben. Schwungvoll stellte Tyresian einen Fuß hinter den von Tanis und schlug ihm mit der flachen Klinge vor die Brust. Tanis fiel strampelnd hintenüber, wobei er gerade noch seinem eigenen Schwert ausweichen konnte.

Dann lag er keuchend da, litt unter dem schrillen Lachen der anderen und der Wucht des Falls, weigerte sich aber, zu den feinen Herrschaften zu sehen, die sich auf der Steinbank kugelten.

Plötzlich erhob sich Selenas Kreischen aus dem Lärm. »Er hat sich die Hosen zerrissen!« schrie sie und prustete wieder los. Tanis sah an sich herunter. Sein Schwert hatte wirklich die rechte Seite seiner Hose aufgeschlitzt, und beim Fall war sie noch weiter aufgerissen, wodurch ein Stück seines unanständig behaarten Oberschenkels den Blicken von Porthios’ Freunden ausgesetzt war. Schließlich hörte er eine neue Stimme zwischen den anderen, und Tanis sah, wie sich Porthios die Tränen aus den Augen wischte, als er aufstand und seine Freunde kopfschüttelnd durch die Stahltüren in den Palast zurückführte. Tyresian beugte sich herunter und hob mit Leichtigkeit Tanis’ Schwert auf, salutierte damit vor dem gestürzten Halbelfen und ging hinter seinen Freunden her. An der Tür blieb er jedoch stehen, während er sie mit starker Hand aufhielt.

»Bis morgen, Halbelf«, sagte er grinsend.

Von drinnen drang Selenas Lachen zu Tanis heraus.

5

Wettkampf mit Pfeilen

Am nächsten Morgen wartete Laurana im Hof, als Tanis mit Pfeil und Bogen ankam. Miral hatte ihm heute morgen frei gegeben, und deshalb wollte er schießen üben, bis Tyresian nichts mehr zu kritisieren hatte.

Aber nun stand da die Tochter der Stimme in einem jägergrünen Umhang und goldbestickten Schuhen. Ihre langen Haare waren offen, bis auf einen dicken Zopf an jeder Seite ihres Gesichts. Sie saß mit baumelnden Beinen auf einer Steinmauer, wodurch es ihr gelang, auf beides zu verweisen: die verführerische Frau, die sie werden würde, und das verwöhnte Kind, das sie derzeit war. Tanis stöhnte innerlich.

»Tanis!« rief sie und sprang von der Mauer. »Ich habe eine großartige Idee.«

Der Halbelf seufzte. Was sollte er mit ihr machen? Sie war erst zehn, und er war dreißig. Damit war sie praktisch noch ein Baby. Der Altersunterschied entsprach dem zwischen einem fünfjährigen und einem fünfzehnjährigen Menschen.

Er mochte das kleine Elfenmädchen, auch wenn sie etwas zu genau wußte, wie niedlich sie auf andere wirkte. »Was willst du, Laurana?«

Sie stand mit den Händen an den Hüften vor dem Halbelfen. Das Kinn hatte sie hoch erhoben, und die grünen Augen funkelten aufgeregt. »Ich finde, wir sollten heiraten.«

»Was?« Tanis ließ den Bogen fallen. Als er sich bückte, um ihn wieder aufzuheben, kitzelte ihn die Kleine und zog ihn ins Moos. Er kniete sich voller Ernst hin, stellte sie wieder auf die Beine und stand auf. »Ich glaube nicht, daß das geht, Lauralanthalasa Kanan.«

»Ach, immer wenn es Ärger gibt, benutzen alle meinen ganzen Namen«, schmollte sie. »Ich finde trotzdem, daß du mich heiraten solltest.«

Tanis konzentrierte sich auf sein verstümmeltes Ziel, aber Laurana hüpfte vor ihm im Weg herum. »Willst du, daß ich dich treffe?« wollte er wissen. »Setz dich da hin.« Er zeigte auf eine abseits stehende Bank links von sich, dieselbe, auf der gestern Lady Selena und die anderen gesessen hatten. Laurana gehorchte erstaunlicherweise.

»Warum nicht, Tanis?« zirpte sie, als er einen Pfeil abschoß, der am Ziel vorbeiging, zwei Fuß über dem Heuhaufen an die Steine klirrte und harmlos zu Boden fiel.

»Weil du noch zu klein bist.« Er legte einen neuen Pfeil auf und zielte.

Sie seufzte. »Das sagen alle.« Dieser Pfeil traf wenigstens die Heuballen, auch wenn er drei Fuß rechts vom Drachenauge einschlug. »Und wenn ich älter bin?«

»Dann bin ich vielleicht schon zu alt.«

»Du wirst nicht zu alt sein.« Sie stampfte mit dem Fuß auf, schob die Unterlippe vor, und die Tränen saßen ihr so locker wie der Schauer in einer Gewitterwolke. »Ich habe Porthios gefragt, wie lange Halbelfen leben, und er hat es mir gesagt. Wir haben viel Zeit.«

Tanis drehte sich um. »Hast du Porthios gesagt, daß du mich heiraten willst?«