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Er nickte.

»Jeden Monat schreibst du einen fiktiven Bericht über deine Treffen mit mir. Du wirst ausführlich berichten, wie positiv ich bin und wie gut es mit mir läuft. Eine Kopie schickst du an mich. Klar?« Er nickte wieder. Abwesend nahm Lisbeth Salander die Schweißperlen zur Kenntnis, die sich auf seiner Stirn sammelten.

»In … sagen wir mal … zwei Jahren wirst du eine Verhandlung beim Gericht beantragen, um meine Betreuung aufzuheben. Du wirst deine gefälschten Berichte über unsere monatlichen Treffen als Unterlagen benutzen. Du besorgst einen Hirndoktor, der jeden Eid schwört, dass ich völlig normal bin. Du wirst dich anstrengen. Du wirst alles, aber auch alles tun, was in deiner Macht steht, damit meine Betreuung aufgehoben wird.« Er nickte.

»Weißt du, warum du dein Bestes geben wirst? Weil du einen verdammt guten Anreiz hast. Und wenn es dir nicht gelingt, werde ich mit diesem Film an die Öffentlichkeit gehen.«

Er hörte jeder Silbe zu, die Lisbeth Salander aussprach. Plötzlich brannten seine Augen vor Hass. Das werde ich dir heimzahlen, verdammte Fotze. Früher oder später. Ich werde dich zerquetschen.

Aber er nickte weiterhin demütig als Antwort auf jede Frage.

»Dasselbe gilt, wenn du versuchen solltest, Kontakt mit mir aufzunehmen.« Sie zog die Hand quer über seinen Hals. »Dann kannst du dich von dieser Wohnung verabschieden, von deinen tollen Titeln und deinen Millionen auf dem Auslandskonto.«

Seine Augen weiteten sich, als sie das Geld erwähnte. Woher zur Hölle wusste sie …

Sie lächelte und nahm noch einen halben Zug. Dann ließ sie die Zigarette auf den Teppich fallen und trat sie mit dem Absatz aus.

»Außerdem will ich deine Reserveschlüssel, sowohl für diese Wohnung als auch für deine Kanzlei.« Er runzelte die Augenbrauen. Sie lehnte sich vor und lächelte selig.

»Ich werde dein Leben in Zukunft restlos kontrollieren. Wenn du es am wenigsten ahnst, vielleicht wenn du gerade im Bett liegst und schläfst, werde ich plötzlich mit diesem Ding hier in deinem Schlafzimmer stehen.« Sie hielt die Elektroschockwaffe hoch. »Ich werde dich im Auge behalten. Sollte ich dich jemals wieder mit einem Mädchen zusammen sehen - egal, ob sie freiwillig hier ist oder nicht -, sollte ich dich jemals überhaupt wieder mit einer Frau zusammen sehen …«

Lisbeth Salander zog abermals den Finger quer über seine Kehle.

»Sollte ich sterben … wenn ich in einen Unfall gerate oder von einem Auto überfahren werde oder irgendetwas anderes … dann werden Kopien des Films an alle Zeitungen geschickt. Dazu eine ausführliche Geschichte, in der ich erzähle, wie es ist, dich zum Betreuer zu haben.

Und noch etwas.« Sie lehnte sich vor, sodass ihr Gesicht nur noch wenige Zentimeter von seinem entfernt war. »Wenn du mich noch ein einziges Mal anfassen solltest, dann werde ich dich töten. Glaub mir.«

Bjurman glaubte ihr. Ihre Augen ließen keinen Zweifel.

»Denk immer dran, ich bin verrückt.«

Er nickte.

Sie musterte ihn nachdenklich.

»Ich glaube nicht, dass wir zwei gute Freunde werden«, sagte Lisbeth Salander ernst. »Jetzt liegst du da und gratulierst dir, dass ich so verrückt bin, dich leben zu lassen. Du denkst, dass du die Kontrolle hast, obwohl du mein Gefangener bist, denn du glaubst, wenn ich dich jetzt nicht töte, dann kann ich dich nur freilassen. Oder?«

Er schüttelte den Kopf. Auf einmal beschlichen ihn böse Vorahnungen.

»Du bekommst ein Geschenk von mir, damit du dich immer an unsere Vereinbarung erinnerst.«

Sie lächelte schief, kletterte plötzlich aufs Bett und kniete sich zwischen seine Beine. Bjurman begriff nicht, was sie meinte, aber er hatte auf einmal Angst.

Dann sah er die Nadel in ihrer Hand.

Er warf den Kopf hin und her und versuchte sich loszuwinden, bis sie ihm warnend ein Knie gegen den Schritt drückte.

»Still liegen bleiben. Ich benutze diese Geräte zum ersten Mal.«

Sie arbeitete zwei Stunden konzentriert. Als sie fertig war, hatte er aufgehört zu wimmern. Er schien sich in einem fast schon apathischen Zustand zu befinden.

Nachdem sie vom Bett gestiegen war, legte sie den Kopf schräg und betrachtete ihr Werk mit kritischem Blick. Ihr künstlerisches Talent war begrenzt. Die Buchstaben waren verwackelt, das Ganze wirkte irgendwie impressionistisch. Sie hatte rote und blaue Farbe für die Botschaft verwendet, die sie in fünf Reihen Großbuchstaben über seinen ganzen Bauch tätowiert hatte, von den Brustwarzen bis kurz über sein Geschlechtsorgan:

ICH BIN EIN SADISTISCHES SCHWEIN,

EIN WIDERLING

UND EIN VERGEWALTIGER

Sie sammelte die Nadeln wieder ein und steckte die Farbpatronen in ihren Rucksack. Danach ging sie ins Badezimmer und wusch sich die Hände. Sie bemerkte, dass es ihr wesentlich besser ging, als sie wieder ins Schlafzimmer kam.

»Gute Nacht«, sagte sie.

Sie schloss die eine Handfessel auf und legte den Schlüssel in Reichweite auf seinen Bauch, bevor sie ging. Ihren Film und seinen Schlüsselbund nahm sie mit.

Als sie sich kurz nach Mitternacht eine Zigarette teilten, sagte Mikael plötzlich, dass sie sich eine Weile nicht mehr sehen konnten. Cecilia wandte ihm erstaunt das Gesicht zu.

»Was willst du damit sagen?«, fragte sie.

Er sah beschämt drein.

»Am Montag gehe ich für drei Monate ins Gefängnis.«

Weitere Erklärungen waren nicht nötig. Cecilia blieb lange ganz still liegen. Plötzlich war ihr zum Heulen zumute.

Dragan Armanskij war schon am Verzweifeln, als Lisbeth Salander am Montagnachmittag plötzlich an seine Tür klopfte. Er hatte sie nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, seit er Anfang Januar die Untersuchung in der Wennerström-Affäre abgeblasen hatte, und jedes Mal, wenn er versucht hatte, sie anzurufen, hatte sie entweder nicht abgenommen oder mit der Erklärung aufgelegt, sie sei beschäftigt.

»Haben Sie Arbeit für mich?«, fragte sie, ohne sich mit unnötigen Begrüßungsfloskeln aufzuhalten.

»Ach, hallo! Wie schön, Sie mal wieder zu sehen. Ich dachte schon, Sie wären gestorben oder so.«

»Ich hatte da ein paar Dinge zu klären.«

»Sie haben ganz schön oft Dinge zu klären.«

»Es war ein Notfall. Aber jetzt bin ich ja wieder da. Haben Sie Arbeit für mich?«

Armanskij schüttelte den Kopf.

»Sorry. Im Moment nicht.«

Lisbeth Salander betrachtete ihn ruhig. Nach einem Weilchen nahm er innerlich Anlauf und sprach weiter.

»Lisbeth, Sie wissen, dass ich Sie mag und Ihnen gerne Aufträge gebe. Aber Sie waren zwei Monate fort, und ich hatte jede Menge Jobs. Sie sind ganz einfach nicht zuverlässig. Ich musste die Aufträge rausgeben, um Ihre Abwesenheit abzufedern, und im Moment habe ich gar nichts.«

»Können Sie bitte mal lauter machen?«

»Was?«

»Das Radio.«

»… das Millennium-Magazin. Die Nachricht, dass der Großindustrielle Henrik Vanger Teilhaber wird und einen Platz im Vorstand von Millennium einnehmen wird, wurde am selben Tag bekannt gegeben, an dem der ehemalige verantwortliche Herausgeber Mikael Blomkvist seine dreimonatige Gefängnisstrafe wegen böswilliger Verleumdung des Geschäftsmannes Hans-Erik Wennerström antritt. Die Millennium-Chefredakteurin Erika Berger erklärte auf der Pressekonferenz, dass Mikael Blomkvist seine Arbeit als Herausgeber wieder aufnehmen wird, sobald die Gefängnisstrafe vorbei ist.«

»Verdammt«, sagte Lisbeth Salander so leise, dass Armanskij kaum sah, wie sich ihre Lippen bewegten. Plötzlich stand sie auf und ging zur Tür.

»Warten Sie. Wo wollen Sie hin?«

»Nach Hause. Ich will ein paar Dinge überprüfen. Rufen Sie an, wenn Sie Arbeit haben.«

Die Neuigkeit, dass Millennium Verstärkung durch Henrik Vanger erfahren hatte, erregte bedeutend mehr Aufsehen, als Lisbeth Salander erwartet hätte. Das Aftonbladet hatte bereits einen längeren Artikel ins Netz gestellt, der Vangers Karriere darstellte und betonte, dies sei das erste Mal seit zwanzig Jahren, dass der ehemalige Großindustrielle öffentlich aktiv geworden sei. Die Nachricht, er sei Teilhaber bei Millennium geworden, schien ungefähr so abwegig, als würden die Großunternehmer Peter Wallenberg oder Erik Penser plötzlich als Sponsoren des radikal-alternativen Ordfront Magasin aktiv werden.